Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
durch einen scheinbaren Frieden geschwächet:daß er kaum auf einem Nachen entkommen; A- gathocles und Antigonus aber ihre Königliche Gewalt dardurch behauptet; da sie Kron und Zepter dem aufrührischen Volcke für die Füsse geworffen. Marbod hatte gleichwol seinen endlichen nicht U u u u u u 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
durch einen ſcheinbaren Frieden geſchwaͤchet:daß er kaum auf einem Nachen entkommen; A- gathocles und Antigonus aber ihre Koͤnigliche Gewalt dardurch behauptet; da ſie Kron und Zepter dem aufruͤhriſchen Volcke fuͤr die Fuͤſſe geworffen. Marbod hatte gleichwol ſeinen endlichen nicht U u u u u u 2
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Arminius und Thußnelda.
durch einen ſcheinbaren Frieden geſchwaͤchet:
daß er kaum auf einem Nachen entkommen; A-
gathocles und Antigonus aber ihre Koͤnigliche
Gewalt dardurch behauptet; da ſie Kron und
Zepter dem aufruͤhriſchen Volcke fuͤr die Fuͤſſe
geworffen.
Marbod hatte gleichwol ſeinen endlichen
Zweck zu erlangen einen ziemlichen Grundſtein
gelegt/ in dem er ſich durch Freygebigkeit und
Befoͤrderung der Wolverdienten bey dem Hee-
re/ durch fuͤrgebildete Einfuͤhrung aber einer
Buͤrgerlichen Herꝛſchafft bey dem gantzen Vol-
cke uͤberaus beliebt gemacht. Denn Geſchen-
cke und Freyheit ſind die zwey Klammern/ wel-
che die Kronen auch auf eines Wuͤtterichs
Haupte befeſtigen. Keine andere Tugend eines
Fuͤrſten iſt allen Unterthanen beliebt. Denn
die Rachgierigen wuͤnſchen einen grauſamen/
die Wolluͤſtigen einen uͤppigen/ die Ehrgeitzi-
gen einen albern/ die Boßhafften einen unge-
rechten Fuͤrſten. Allen dieſen aber gefaͤllt ein
Wolthaͤtiger. Ja die Freygebigkeit macht alles
Thun eines Fuͤrſten reiff/ das boͤſe gut/ das gute
beſſer. Sie entſchuldiget alle Fehler im Leben/
und bereichert auch den Tod mit Thraͤnen der
Unterthanen. Mit dieſer Angel hatte Marbod
ſchon die meiſten Gemuͤther gefangen/ als ſich
ihm die Gelegenheit das Hefft alleine zu behal-
ten in die Hand ſpielte. Denn der Reichs-Rath
ſahe vernuͤnfftig: daß er nunmehr allererſt ſich
fuͤr dem groͤſten Feinde fuͤrzuſehen haͤtte/ da kein
Feind zu bekaͤmpffen mehr verhanden war.
Denn weil das Kriegs-Volck zwar den Sieg/
nicht aber den Frieden gerne hat/ machet es ihm
auch gegen ſeine Freunde was zu thun. Daher
beſchloß der Rath ein Theil deſſelbten abzudan-
cken/ und dardurch ſo wol das Volck der Ver-
pflegung/ als ſich der Sorgen zu entbuͤrden;
vorher aber ſelbte zu zertheilen. Alſo ergieng
ein Befehl: daß die Helffte wieder die aufruͤhri-
ſchen Seduſier ziehen ſolten. Marbod ließ durch
ſeine Vertrauten diß nicht allein dahin deuten:
daß man fuͤr ihre treue Dienſte und den ruͤck-
ſtaͤndigen Sold ſie auſſer Landes auf die
Schlachtbanck lieffern wolte/ ſondern auch aus-
ſtreuen: es ſolten die Kriegs-Voͤlcker unterge-
ſteckt/ die Befehlhaber abgedanckt werden.
Hieruͤber kam das Kriegs-Volck mit vielem
Wehklagen an Marbod; Sintemahl es ſelbtem
weher thut von den Seinigen veraͤchtlich gehal-
ten/ als vom Feinde uͤberwunden werden.
Marbod machte ihm des Reichs-Raths Vor-
haben zwar fremde; vorgebende: Er koͤnte ſelb-
tem ſo grauſamen Undanck nicht zutrauen: daß
ſie ſo wol verdiente Kriegs-Leute/ welche die
Merckmahle ihrer Tapfferkeit mit ſo viel Nar-
ben zeigeten/ derogeſtalt beleidigen ſolte; er bließ
aber unter der Hand das Feuer ſo weit auf: daß
das gantze Heer ſich verſchwor/ ſich nicht tren-
nen/ noch auſſer Landes ſchleppen zu laſſen;
ſondern es drang vielmehr auf Befriedigung;
und erinnerte den Rath nunmehr des Volckes
Glauben und Freyheit zu befeſtigen. Der
Reichs-Rath hielt dieſes Beginnen fuͤr eine
Kuͤhnheit weniger unruhigen Koͤpffe; ſonder-
lich/ weil Fackſariff und etliche andere Haͤupter
nichts hierum wiſſen wolten; erklaͤrte ſie daher
fuͤr Verraͤther. Welches das Kriegs-Volck
ſo verbitterte: daß ſie geraden Weges nach
Calegia ruͤcken und Rache uͤben wolte. Mar-
bod zohe hiermit die Larve vom Antlitz/ pflich-
tete dem Buͤndnuͤße des Kriegs-Volckes bey;
iedoch beſaͤnfftigte er ein wenig ihre allzuwilde
Entſchluͤſſung; Hingegen brachte er den Fuͤr-
ſten Britton aus der Verwahrnuͤß des Reichs-
Raths in die Haͤnde des Kriegs-Volckes; und
endlich auch den Feldhauptmann Fackſariff auf
ſeine Meynung; die Einwohner aber dahin:
daß ſie ihnen viel tauſend Beſchwerden wieder
unterſchiedene Glieder des Raths einhaͤndig-
ten. Hierauff ruͤckte das Kriegs-Heer gegen
Calegia zu/ und begehrte obige Glieder aus
dem Rathe zu ſtoſſen. Denn dieſes iſt das Mei-
ſterſtuͤcke aller verſchmitzten Aufruͤhrer: daß ſie
nicht
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