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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] eines Löwen/ und den Witz eines alten Feld-
hauptmanns für den Jahren derogestalt ausüb-
te: daß kein Theil sich des Sieges zu rühmen
hatte; sondern iedes auf eine Tage-Reise zurü-
cke wiech. Agrippa schätzte dieses gleiche Ge-
fechte gleichwol für einen nicht geringen Ver-
lust/ nicht allein wegen seiner selbst/ sondern auch
der Römischen Waffen/ welche nunmehr in
dem Ruffe waren: daß kein Volck ihnen zu be-
gegnen mehr mächtig wäre. Noch mehr aber
ward er durch die Zeitung aus Hispanien be-
kümmert: daß die vorhin überwundenen und
verkaufften Cantabrer ihre Römische Herren
erwürget/ sich nach Hause gewendet/ und da-
selbst bereit unterschiedene Festungen den Rö-
mern abgenommen hatten. Zu allem Glücke
kam Segesthes der Chaßuarier und Dulgibi-
ner Hertzog/ welcher in dem Kriege wieder den
Antonius dem Kayser grosse Dienste geleistet/
auch deßwegen von ihm das Römische Bürger-
Recht erlangt hatte/ zum Agrippa/ mit wel-
chem er in Egypten verträuliche Freundschafft
gemacht. Durch diesen bewegte er Jngviomern
durch Einräumung eines Stücke Landes an
der Mosel/ und den Divitiak durch Verspre-
chung der Römischen Raths-Würde: daß sie
mit Agrippen einen Vergleich eingiengen. Ja
Jngviomer zohe selbst mit Agrippen wieder die
Cantabrer/ für welcher Nahmen die Römer
gleichsam zitterten/ hielt sich auch mit seinen
Deutschen so tapffer: daß die edlen Cantabrer
sich aus Verzweiffelung mit Giffte hinrichte-
ten/ die gemeinen sich ergaben und von denen
Gebürgen ins flache Land versätzt wurden. Ze-
no fieng an: Es ist diß eine harte Art/ sich der
Uberwundenen zu versichern. Sintemal nichts
empfindlichers seyn kan/ als sein Vaterland mit
dem Rücken ansehen/ und das alte Volck auff-
hören zu seyn. Daher ich den Saguntinern
und Carthaginensern nicht für übel habe: daß
beyde sichlieber eingeäschert wissen/ als jene auf
Hannibals/ diese auf der Römer Befehl den al-
[Spaltenumbruch] ten Sitz/ die heilige Behältnüß ihrer Groß-
väterlichen Aschen verlassen wollen. Malo-
vend versetzte: Es ist diese Wanderung mehr
schmertzhafft als grausam; weil ieder Ort der
Welt einem vernünfftigen Menschen zum
Vaterlande dienet; und so viel Völcker frey-
willig ihre ersten Wohnungen verlassen/ die
Scythen in Parthen/ die Amyoler in Pelopon-
nesus/ die Athenienser in Asien/ die Phönicier
in Africa/ die Phrygen in Jtalien/ die Celten in
Hispanien/ die Deutschen in Grichenland und
Galatien einen annehmlichern Himmel gesucht
haben. Uber diß ist es ja eine grosse Gütig-
keit des Uberwinders/ wenn er denen Uber-
wundenen durch Veränderung ihres Sitzes
weh thut/ als seine durch das Kriegs-Recht ü-
ber sie erlangte Gewalt des Todes durch gäntz-
liche Vertilgung ausübet. Zumahl wenn er sie
nicht als Knechte/ wie Dionysius es denen Ca-
marinen/ die Persen den Juden mitspielten/
vertheilet und untersteckt; sondern sie nur an ei-
nem neuen Orte das alte Volck seyn/ und nach
ihren alten Gesetzen leben läst. Massen denn
auf diese Art den Feinden gleichsam aus Vor-
theilhafftigkeit des Ortes die Gelegenheit zu
sündigen/ und sich unglücklich zu machen be-
nommen ward; solches auch für ihm Pompejus
mit denen unter dem Caucasus zu wandern ge-
nöthigten Colchiern/ sonder einige übele
Nachrede/ nicht besser gemacht hat. Jch zweif-
fele auch fast: daß August mit den Cantabrern
so gelinde verfahren hätte/ wenn es nicht dem
für sie bittenden Jngviomer zu Liebe geschehen
wäre/ welchen der Kayser mit herrlichen Ge-
schäncken empfieng/ und ihn über seine deutsche
Leib-Wache setzte/ der er auch mit grossem An-
sehen fürstand/ biß der Kayser nach zweyen
Jahren mit Terentien in Gallien kam. Da
ihn denn der gemeine Wechsel des Hofes und
des Glückes/ welche beyde sich ins gemein vor-
werts weiß/ auf dem Rücken schwartz kleiden/
aus des Kaysers zu seines Vaterlandes rühm-

lichern

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] eines Loͤwen/ und den Witz eines alten Feld-
hauptmanns fuͤr den Jahren derogeſtalt ausuͤb-
te: daß kein Theil ſich des Sieges zu ruͤhmen
hatte; ſondern iedes auf eine Tage-Reiſe zuruͤ-
cke wiech. Agrippa ſchaͤtzte dieſes gleiche Ge-
fechte gleichwol fuͤr einen nicht geringen Ver-
luſt/ nicht allein wegen ſeiner ſelbſt/ ſondern auch
der Roͤmiſchen Waffen/ welche nunmehr in
dem Ruffe waren: daß kein Volck ihnen zu be-
gegnen mehr maͤchtig waͤre. Noch mehr aber
ward er durch die Zeitung aus Hiſpanien be-
kuͤmmert: daß die vorhin uͤberwundenen und
verkaufften Cantabrer ihre Roͤmiſche Herren
erwuͤrget/ ſich nach Hauſe gewendet/ und da-
ſelbſt bereit unterſchiedene Feſtungen den Roͤ-
mern abgenommen hatten. Zu allem Gluͤcke
kam Segeſthes der Chaßuarier und Dulgibi-
ner Hertzog/ welcher in dem Kriege wieder den
Antonius dem Kayſer groſſe Dienſte geleiſtet/
auch deßwegen von ihm das Roͤmiſche Buͤrger-
Recht erlangt hatte/ zum Agrippa/ mit wel-
chem er in Egypten vertraͤuliche Freundſchafft
gemacht. Durch dieſen bewegte er Jngviomern
durch Einraͤumung eines Stuͤcke Landes an
der Moſel/ und den Divitiak durch Verſpre-
chung der Roͤmiſchen Raths-Wuͤrde: daß ſie
mit Agrippen einen Vergleich eingiengen. Ja
Jngviomer zohe ſelbſt mit Agrippen wieder die
Cantabrer/ fuͤr welcher Nahmen die Roͤmer
gleichſam zitterten/ hielt ſich auch mit ſeinen
Deutſchen ſo tapffer: daß die edlen Cantabrer
ſich aus Verzweiffelung mit Giffte hinrichte-
ten/ die gemeinen ſich ergaben und von denen
Gebuͤrgen ins flache Land verſaͤtzt wurden. Ze-
no fieng an: Es iſt diß eine harte Art/ ſich der
Uberwundenen zu verſichern. Sintemal nichts
empfindlichers ſeyn kan/ als ſein Vaterland mit
dem Ruͤcken anſehen/ und das alte Volck auff-
hoͤren zu ſeyn. Daher ich den Saguntinern
und Carthaginenſern nicht fuͤr uͤbel habe: daß
beyde ſichlieber eingeaͤſchert wiſſen/ als jene auf
Hannibals/ dieſe auf der Roͤmer Befehl den al-
[Spaltenumbruch] ten Sitz/ die heilige Behaͤltnuͤß ihrer Groß-
vaͤterlichen Aſchen verlaſſen wollen. Malo-
vend verſetzte: Es iſt dieſe Wanderung mehr
ſchmertzhafft als grauſam; weil ieder Ort der
Welt einem vernuͤnfftigen Menſchen zum
Vaterlande dienet; und ſo viel Voͤlcker frey-
willig ihre erſten Wohnungen verlaſſen/ die
Scythen in Parthen/ die Amyoler in Pelopon-
neſus/ die Athenienſer in Aſien/ die Phoͤnicier
in Africa/ die Phrygen in Jtalien/ die Celten in
Hiſpanien/ die Deutſchen in Grichenland und
Galatien einen annehmlichern Himmel geſucht
haben. Uber diß iſt es ja eine groſſe Guͤtig-
keit des Uberwinders/ wenn er denen Uber-
wundenen durch Veraͤnderung ihres Sitzes
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ber ſie erlangte Gewalt des Todes durch gaͤntz-
liche Vertilgung ausuͤbet. Zumahl wenn er ſie
nicht als Knechte/ wie Dionyſius es denen Ca-
marinen/ die Perſen den Juden mitſpielten/
vertheilet und unterſteckt; ſondern ſie nur an ei-
nem neuen Orte das alte Volck ſeyn/ und nach
ihren alten Geſetzen leben laͤſt. Maſſen denn
auf dieſe Art den Feinden gleichſam aus Vor-
theilhafftigkeit des Ortes die Gelegenheit zu
ſuͤndigen/ und ſich ungluͤcklich zu machen be-
nommen ward; ſolches auch fuͤr ihm Pompejus
mit denen unter dem Caucaſus zu wandern ge-
noͤthigten Colchiern/ ſonder einige uͤbele
Nachrede/ nicht beſſer gemacht hat. Jch zweif-
fele auch faſt: daß Auguſt mit den Cantabrern
ſo gelinde verfahren haͤtte/ wenn es nicht dem
fuͤr ſie bittenden Jngviomer zu Liebe geſchehen
waͤre/ welchen der Kayſer mit herrlichen Ge-
ſchaͤncken empfieng/ und ihn uͤber ſeine deutſche
Leib-Wache ſetzte/ der er auch mit groſſem An-
ſehen fuͤrſtand/ biß der Kayſer nach zweyen
Jahren mit Terentien in Gallien kam. Da
ihn denn der gemeine Wechſel des Hofes und
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lichern
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1062[1064]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1126>, abgerufen am 23.11.2024.