Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
ma sich über diesen Raub und Friedens-Bruchzu beschweren; aber Hertzog Segimer ließ ihn wissen: daß er mit seinen Deutschen sein in Per- sien erlittenes Unrecht gerächet/ und Orodens Söhne für seiner Gemahlin Asblaste erlangter Freyheit nicht loß zu lassen beschlossen hätte. König Orodes schickte hiermit auf der Post nach Hecatompylus/ um Asblasten zur Auswechse- lung nach Zeugma zu lieffern. Aber Phraa- tes hatte inzwischen daselbst den Kercker mit Gewalt erbrochen/ den sich wiedersetzenden Stadthalter Moneses aus der Stadt verjagt/ und Asblasten nach Rhodis/ wo im Frühlinge pflegte die Hof-Statt zu seyn/ geführet. Sin- temahl nunmehr/ da Orodes durch Alter und Hertzeleid über des Pacorn Niederlage gantz verfiel/ iederman am Phraates die aufgehende Sonne anbetete. Wiewol nun Asblaste Phraa- tens unzüchtigen Anmuthungen durch tau- senderley kluge und hertzhaffte Begegnungen hintertrieb/ und er nach allen theils selbst/ theils durch die dreyhundert Frauen-Zimmer/ die ihn nach Königlicher Gewonheit des Nachts bewa- chen musten/ vergebens angewendeten Versu- chungen an ihrer Gegen-Liebe zu zweifeln hat- te; konte er sich doch nicht überwinden/ diesen Schatz aus seinen Händen und Hertzen zu las- sen; ob ihm schon Orodes die Königliche Ge- walt abzutreten Vertröstung thät; entweder/ wei[l] Phraates schon das Hefft in Händen zu haben vermeinte/ oder ihm anständiger hielt Kron und Zepter zu nehmen als zu überkommen; Ja weil er vielmehr in seinen Kram dienlich zu seyn erachtete: daß Orodens zwey Schooß- Kinder Pharnabazes und Orosmanes entwe- der in Segimers Dienstbarkeit verschmachte- ten/ oder durch seine Rache aufgerieben würden/ überwand seine Ehrsucht die Liebe/ oder diese verwandelte sich nach langer Verschmähung in eine Unholdin. Sintemahl er Asblasten mit Giffte hinzurichten schlüßig ward. Dieses zu vollziehen befahl er Ternamenen seiner Schwe- [Spaltenumbruch] ster und geheimsten Rathgeberin; welche solchen Meuchel-Mord an Asblasten zu vollbringen/ theils wegen angebohrner Grausamkeit/ theils aus Beysorge: es möchte Asblaste sich einst von Phraäten erweichen lassen/ und ihr also zu Kopffe steigen/ kein Bedencken gehabt hätte; wenn sie nicht in Pharnabazes verliebt gewest wäre/ und durch die Hinrichtung Asblastens auch ihrem Pharnabazes das Messer an die Gurgel zu setzen besorgt hätte. Weil sie aber auch gegen den grimmigen Phraates vorsichtig verfahren muste/ ließ sie Asblasten zu ihrer Ta- fel beruffen/ und an statt des Gifftes ihr einen Safft von gewissen Kräutern beybringen; wel- cher sie im Augenblick aller eusserlichen Sinnen beraubte: daß sie für tod auf den Bodem sanck. Ternamene ließ alsbald Phraaten erfordern ihm die Würckung des Giffts zu zeigen; welcher denn seine Grausamkeit mit vielen Thränen be- deckte/ iedoch nicht wissende: daß seiner Blän- dung vielmehr ein blauer Dunst für die Augen gemacht ward. Ternamene ließ zu desto mehrer Bescheinigung: daß Asblaste todt wäre/ sie in einem Cypressenen Sarche in das Königliche Begräbnüß tragen/ welches König Arsaces in einem Lustgarten nach Art des alten Pasarga- dischen vom Cyrus aufgeführten/ iedoch mit viel höhern Säulen und weitern Bogen hatte auf- führen/ und die Wände über und über mit hertz- färbichten Persischen Flecksteinen künstlich be- setzen lassen; in willens sie folgende Nacht von dar weiter zu bringen; wie sie denn gegen den Abend/ da sie muthmaste: es würde die todte As- blaste nun allbereit anfangen wieder Athem zu schöpffen/ sich unter dem Scheine der Andacht/ und des Arsaces auf einem güldenen Stule auf- gethrönten Leiche mit neuem Balsame der Per- ser Gewonheit nach zu erfrischen/ selbst in das Begräbnüß verfügte/ durch kräftige Stärckun- gen Asblasten wieder zu rechte halff/ und selbter das gantze Geheimnüß ihrer angezielten Erlö- sung entdeckte. Asblaste wuste mit nicht ge- nung-
Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
ma ſich uͤber dieſen Raub und Friedens-Bruchzu beſchweren; aber Hertzog Segimer ließ ihn wiſſen: daß er mit ſeinen Deutſchen ſein in Per- ſien erlittenes Unrecht geraͤchet/ und Orodens Soͤhne fuͤr ſeiner Gemahlin Asblaſte erlangter Freyheit nicht loß zu laſſen beſchloſſen haͤtte. Koͤnig Orodes ſchickte hiermit auf der Poſt nach Hecatompylus/ um Asblaſten zur Auswechſe- lung nach Zeugma zu lieffern. Aber Phraa- tes hatte inzwiſchen daſelbſt den Kercker mit Gewalt erbrochen/ den ſich wiederſetzenden Stadthalter Moneſes aus der Stadt verjagt/ und Asblaſten nach Rhodis/ wo im Fruͤhlinge pflegte die Hof-Statt zu ſeyn/ gefuͤhret. Sin- temahl nunmehr/ da Orodes durch Alter und Hertzeleid uͤber des Pacorn Niederlage gantz verfiel/ iederman am Phraates die aufgehende Sonne anbetete. Wiewol nun Asblaſte Phraa- tens unzuͤchtigen Anmuthungen durch tau- ſenderley kluge und hertzhaffte Begegnungen hintertrieb/ und er nach allen theils ſelbſt/ theils durch die dreyhundert Frauen-Zimmer/ die ihn nach Koͤniglicher Gewonheit des Nachts bewa- chen muſten/ vergebens angewendeten Verſu- chungen an ihrer Gegen-Liebe zu zweifeln hat- te; konte er ſich doch nicht uͤberwinden/ dieſen Schatz aus ſeinen Haͤnden und Hertzen zu laſ- ſen; ob ihm ſchon Orodes die Koͤnigliche Ge- walt abzutreten Vertroͤſtung thaͤt; entweder/ wei[l] Phraates ſchon das Hefft in Haͤnden zu haben vermeinte/ oder ihm anſtaͤndiger hielt Kron und Zepter zu nehmen als zu uͤberkom̃en; Ja weil er vielmehr in ſeinen Kram dienlich zu ſeyn erachtete: daß Orodens zwey Schooß- Kinder Pharnabazes und Oroſmanes entwe- der in Segimers Dienſtbarkeit verſchmachte- ten/ oder durch ſeine Rache aufgerieben wuͤrden/ uͤberwand ſeine Ehrſucht die Liebe/ oder dieſe verwandelte ſich nach langer Verſchmaͤhung in eine Unholdin. Sintemahl er Asblaſten mit Giffte hinzurichten ſchluͤßig ward. Dieſes zu vollziehen befahl er Ternamenen ſeiner Schwe- [Spaltenumbruch] ſter und geheimſten Rathgeberin; welche ſolchen Meuchel-Mord an Asblaſten zu vollbringen/ theils wegen angebohrner Grauſamkeit/ theils aus Beyſorge: es moͤchte Asblaſte ſich einſt von Phraaͤten erweichen laſſen/ und ihr alſo zu Kopffe ſteigen/ kein Bedencken gehabt haͤtte; wenn ſie nicht in Pharnabazes verliebt geweſt waͤre/ und durch die Hinrichtung Asblaſtens auch ihrem Pharnabazes das Meſſer an die Gurgel zu ſetzen beſorgt haͤtte. Weil ſie aber auch gegen den grimmigen Phraates vorſichtig verfahren muſte/ ließ ſie Asblaſten zu ihrer Ta- fel beruffen/ und an ſtatt des Gifftes ihr einen Safft von gewiſſen Kraͤutern beybringen; wel- cher ſie im Augenblick aller euſſerlichen Siñen beraubte: daß ſie fuͤr tod auf den Bodem ſanck. Ternamene ließ alsbald Phraaten erfordern ihm die Wuͤrckung des Giffts zu zeigen; welcher denn ſeine Grauſamkeit mit vielen Thraͤnen be- deckte/ iedoch nicht wiſſende: daß ſeiner Blaͤn- dung vielmehr ein blauer Dunſt fuͤr die Augen gemacht ward. Ternamene ließ zu deſto mehrer Beſcheinigung: daß Asblaſte todt waͤre/ ſie in einem Cypreſſenen Sarche in das Koͤnigliche Begraͤbnuͤß tragen/ welches Koͤnig Arſaces in einem Luſtgarten nach Art des alten Paſarga- diſchen vom Cyrus aufgefuͤhrten/ iedoch mit viel hoͤhern Saͤulen und weitern Bogen hatte auf- fuͤhren/ und die Waͤnde uͤber und uͤber mit hertz- faͤrbichten Perſiſchen Fleckſteinen kuͤnſtlich be- ſetzen laſſen; in willens ſie folgende Nacht von dar weiter zu bringen; wie ſie denn gegen den Abend/ da ſie muthmaſte: es wuͤrde die todte As- blaſte nun allbereit anfangen wieder Athem zu ſchoͤpffen/ ſich unter dem Scheine der Andacht/ und des Arſaces auf einem guͤldenen Stule auf- gethroͤnten Leiche mit neuem Balſame der Per- ſer Gewonheit nach zu erfriſchen/ ſelbſt in das Begraͤbnuͤß verfuͤgte/ durch kraͤftige Staͤrckun- gen Asblaſten wieder zu rechte halff/ und ſelbter das gantze Geheimnuͤß ihrer angezielten Erloͤ- ſung entdeckte. Asblaſte wuſte mit nicht ge- nung-
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Siebendes Buch
ma ſich uͤber dieſen Raub und Friedens-Bruch
zu beſchweren; aber Hertzog Segimer ließ ihn
wiſſen: daß er mit ſeinen Deutſchen ſein in Per-
ſien erlittenes Unrecht geraͤchet/ und Orodens
Soͤhne fuͤr ſeiner Gemahlin Asblaſte erlangter
Freyheit nicht loß zu laſſen beſchloſſen haͤtte.
Koͤnig Orodes ſchickte hiermit auf der Poſt nach
Hecatompylus/ um Asblaſten zur Auswechſe-
lung nach Zeugma zu lieffern. Aber Phraa-
tes hatte inzwiſchen daſelbſt den Kercker mit
Gewalt erbrochen/ den ſich wiederſetzenden
Stadthalter Moneſes aus der Stadt verjagt/
und Asblaſten nach Rhodis/ wo im Fruͤhlinge
pflegte die Hof-Statt zu ſeyn/ gefuͤhret. Sin-
temahl nunmehr/ da Orodes durch Alter und
Hertzeleid uͤber des Pacorn Niederlage gantz
verfiel/ iederman am Phraates die aufgehende
Sonne anbetete. Wiewol nun Asblaſte Phraa-
tens unzuͤchtigen Anmuthungen durch tau-
ſenderley kluge und hertzhaffte Begegnungen
hintertrieb/ und er nach allen theils ſelbſt/ theils
durch die dreyhundert Frauen-Zimmer/ die ihn
nach Koͤniglicher Gewonheit des Nachts bewa-
chen muſten/ vergebens angewendeten Verſu-
chungen an ihrer Gegen-Liebe zu zweifeln hat-
te; konte er ſich doch nicht uͤberwinden/ dieſen
Schatz aus ſeinen Haͤnden und Hertzen zu laſ-
ſen; ob ihm ſchon Orodes die Koͤnigliche Ge-
walt abzutreten Vertroͤſtung thaͤt; entweder/
weil Phraates ſchon das Hefft in Haͤnden zu
haben vermeinte/ oder ihm anſtaͤndiger hielt
Kron und Zepter zu nehmen als zu uͤberkom̃en;
Ja weil er vielmehr in ſeinen Kram dienlich zu
ſeyn erachtete: daß Orodens zwey Schooß-
Kinder Pharnabazes und Oroſmanes entwe-
der in Segimers Dienſtbarkeit verſchmachte-
ten/ oder durch ſeine Rache aufgerieben wuͤrden/
uͤberwand ſeine Ehrſucht die Liebe/ oder dieſe
verwandelte ſich nach langer Verſchmaͤhung in
eine Unholdin. Sintemahl er Asblaſten mit
Giffte hinzurichten ſchluͤßig ward. Dieſes zu
vollziehen befahl er Ternamenen ſeiner Schwe-
ſter und geheimſten Rathgeberin; welche ſolchen
Meuchel-Mord an Asblaſten zu vollbringen/
theils wegen angebohrner Grauſamkeit/ theils
aus Beyſorge: es moͤchte Asblaſte ſich einſt von
Phraaͤten erweichen laſſen/ und ihr alſo zu
Kopffe ſteigen/ kein Bedencken gehabt haͤtte;
wenn ſie nicht in Pharnabazes verliebt geweſt
waͤre/ und durch die Hinrichtung Asblaſtens
auch ihrem Pharnabazes das Meſſer an die
Gurgel zu ſetzen beſorgt haͤtte. Weil ſie aber
auch gegen den grimmigen Phraates vorſichtig
verfahren muſte/ ließ ſie Asblaſten zu ihrer Ta-
fel beruffen/ und an ſtatt des Gifftes ihr einen
Safft von gewiſſen Kraͤutern beybringen; wel-
cher ſie im Augenblick aller euſſerlichen Siñen
beraubte: daß ſie fuͤr tod auf den Bodem ſanck.
Ternamene ließ alsbald Phraaten erfordern
ihm die Wuͤrckung des Giffts zu zeigen; welcher
denn ſeine Grauſamkeit mit vielen Thraͤnen be-
deckte/ iedoch nicht wiſſende: daß ſeiner Blaͤn-
dung vielmehr ein blauer Dunſt fuͤr die Augen
gemacht ward. Ternamene ließ zu deſto mehrer
Beſcheinigung: daß Asblaſte todt waͤre/ ſie in
einem Cypreſſenen Sarche in das Koͤnigliche
Begraͤbnuͤß tragen/ welches Koͤnig Arſaces in
einem Luſtgarten nach Art des alten Paſarga-
diſchen vom Cyrus aufgefuͤhrten/ iedoch mit viel
hoͤhern Saͤulen und weitern Bogen hatte auf-
fuͤhren/ und die Waͤnde uͤber und uͤber mit hertz-
faͤrbichten Perſiſchen Fleckſteinen kuͤnſtlich be-
ſetzen laſſen; in willens ſie folgende Nacht von
dar weiter zu bringen; wie ſie denn gegen den
Abend/ da ſie muthmaſte: es wuͤrde die todte As-
blaſte nun allbereit anfangen wieder Athem zu
ſchoͤpffen/ ſich unter dem Scheine der Andacht/
und des Arſaces auf einem guͤldenen Stule auf-
gethroͤnten Leiche mit neuem Balſame der Per-
ſer Gewonheit nach zu erfriſchen/ ſelbſt in das
Begraͤbnuͤß verfuͤgte/ durch kraͤftige Staͤrckun-
gen Asblaſten wieder zu rechte halff/ und ſelbter
das gantze Geheimnuͤß ihrer angezielten Erloͤ-
ſung entdeckte. Asblaſte wuſte mit nicht ge-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1052[1054]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1116>, abgerufen am 01.07.2024. |