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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] veralternden Seele aber die verdrüßlichen
Binden des Leibes nicht loß zu binden/ sondern
ihre Vereinbarung mit den Sternen zu ver-
hindern. Malovend brach ein: Es hatten die
Japyden freylich wol wenig Ursache vom Au-
gust einiger Gnade sich zu versehen; und ist
aus seiner letzten Erklärung ihr Thun nicht
bald als ein Jrrthum oder Laster zu verdammen.
Denn auch die grausamsten Wütteriche streben
nach dem Ruhme der Gütigkeit/ und wissen
von ihrer Gnade viel Werckes zu machen/ wenn
die Gelegenheit gnädig zu seyn schon verspielt
ist. Wormit aber August nicht ohne Sieg nach
Rom kehrete/ grieff er die Pannonier an/ und
belägerte die zwischen dem Flusse Sau und
Colops gelegene Stadt Sciscia; die aber so wol
zu Lande/ als zu Wasser den Römern grossen
Abbruch thät. Der fürtrefliche Kriegs-Ober-
ste Menas ward selbst erschlagen. Endlich aber
als ihre Mauren fast allenthalben von den
Sturmböcken zerstossen waren/ musten sie sich
auf erträgliche Bedingungen dem Kayser er-
geben. Dieser warff alle eroberte Waffen ins
Wasser/ um den andern Pannoniern ein Schre-
cken einzujagen; Welches denn auch so ferne
gelückte: daß sie mit ihm und denen Cherus-
kern Friede machten.

Alleine dieser Sonnenschein ward bald von
einem grausamen Ungewitter verstellet. Denn
Stordeston überfiel mit seinem von so viel Sie-
gen muthigen Krieges-Heere den Cheruski-
schen Feldhauptmann Salgal einmahl an dem
Fluße Chalusus/ das ander mahl auf der Flucht
bey der Stadt Mesovium. Arabars Sohn/
welcher von seinem nunmehr auch abgelebten
Vater die Herrschafft und den Haß gegen die
Cherusker geerbt hatte/ nahm denen Ubiern
und andern Cheruskischen Bundgenossen die
besten Oerter weg. Und ob zwar der Ubier
Hertzog die Catten einmahl in die Flucht brach-
te/ wetzten sie doch bald die Scharte mit einer
grössern Niederlage der Ubier und ihres tapfer-
[Spaltenumbruch] sten Feldhauptmanns aus. Einen noch grös-
sern Sieg erlangte Stordeston über die Cherus-
ker und Quaden bey der Stadt Boviasmum;
welches die Hermundurer vollends gar von ih-
nen abzusetzen/ und die Pannonier auffs neue
in der Cherusker Gebiete einzufallen bewegte;
wiewol diese Fulvius Geminus nach etlichen
blutigen Schlachten/ Meßala aber ihre Ge-
färthen die Saloßier/ Agrippa und August
selbst die Dalmatier wieder zur Ruh brachte;
nach dem er vorher denen Ubiern und Cherus-
kern durch seine Anwesenheit in Gallien/ von
dar er mit einer Schiffs-Flotte nach dem
Beyspiele des Kaysers Julius in Britannien
überzusetzen vermeint/ durch blosse Näherung
seiner Waffen Lufft gemacht/ und in Gallien
dem Zwirbel-Winde/ der ihn in Britannien
dißmahl zu schiffen hinderte/ einen Tempel ge-
baut hatte. So ferne bediente sich der kluge
Aembrich des Römischen Bundes; wolte aber
dem darnach seuffzenden August keines Weges
erlauben: daß die Römischen Adler ihnen zu
Hülffe über den Rhein fliegen solten. Hierü-
ber zerfiel August mit dem Antonius aufs neue;
und geriethen die Römer selbst wieder einander
in die Haare. Daher sassen die Pannonier den
Quaden wieder auf den Hals. Die Catten/
Alemänner und Svioner spielten gleichfalls
wieder den Meister; und entsetzten die wan-
ckenden/ aber hernach wieder beständig bleiben-
den Fürsten der Ubier und Usipier fast ihrer
gantzen Herrschafft/ namen auch durch Kriegs-
List ein Theil der mächtigen Stadt Bovias-
mum ein.

Die Herrschafft des Cheruskischen Hauses
hieng gleichsam nunmehr nur noch an einem
seidenen Fademe; als der fast für verlohren ge-
schätzte Fürst Segimer Deutschlande gleichsam
als ein neuer Glücksstern aufgieng. Jede Zeit
ist geschickt die Kräfften gemeiner Leute zu prü-
fen; die Noth aber nur einen Fürsten/ wie das
Ungewitter einen Steuermann. Also hatte Se-

gimer

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] veralternden Seele aber die verdruͤßlichen
Binden des Leibes nicht loß zu binden/ ſondern
ihre Vereinbarung mit den Sternen zu ver-
hindern. Malovend brach ein: Es hatten die
Japyden freylich wol wenig Urſache vom Au-
guſt einiger Gnade ſich zu verſehen; und iſt
aus ſeiner letzten Erklaͤrung ihr Thun nicht
bald als ein Jrrthum oder Laſter zu verdam̃en.
Denn auch die grauſamſten Wuͤtteriche ſtreben
nach dem Ruhme der Guͤtigkeit/ und wiſſen
von ihrer Gnade viel Werckes zu machen/ weñ
die Gelegenheit gnaͤdig zu ſeyn ſchon verſpielt
iſt. Wormit aber Auguſt nicht ohne Sieg nach
Rom kehrete/ grieff er die Pannonier an/ und
belaͤgerte die zwiſchen dem Fluſſe Sau und
Colops gelegene Stadt Sciſcia; die aber ſo wol
zu Lande/ als zu Waſſer den Roͤmern groſſen
Abbruch thaͤt. Der fuͤrtrefliche Kriegs-Ober-
ſte Menas ward ſelbſt erſchlagen. Endlich aber
als ihre Mauren faſt allenthalben von den
Sturmboͤcken zerſtoſſen waren/ muſten ſie ſich
auf ertraͤgliche Bedingungen dem Kayſer er-
geben. Dieſer warff alle eroberte Waffen ins
Waſſer/ um den andern Pañoniern ein Schre-
cken einzujagen; Welches denn auch ſo ferne
geluͤckte: daß ſie mit ihm und denen Cherus-
kern Friede machten.

Alleine dieſer Sonnenſchein ward bald von
einem grauſamen Ungewitter verſtellet. Denn
Stordeſton uͤberfiel mit ſeinem von ſo viel Sie-
gen muthigen Krieges-Heere den Cheruski-
ſchen Feldhauptmann Salgal einmahl an dem
Fluße Chaluſus/ das ander mahl auf der Flucht
bey der Stadt Meſovium. Arabars Sohn/
welcher von ſeinem nunmehr auch abgelebten
Vater die Herrſchafft und den Haß gegen die
Cherusker geerbt hatte/ nahm denen Ubiern
und andern Cheruskiſchen Bundgenoſſen die
beſten Oerter weg. Und ob zwar der Ubier
Hertzog die Catten einmahl in die Flucht brach-
te/ wetzten ſie doch bald die Scharte mit einer
groͤſſern Niederlage der Ubier und ihres tapfer-
[Spaltenumbruch] ſten Feldhauptmanns aus. Einen noch groͤſ-
ſern Sieg erlangte Stordeſton uͤber die Cherus-
ker und Quaden bey der Stadt Boviaſmum;
welches die Hermundurer vollends gar von ih-
nen abzuſetzen/ und die Pannonier auffs neue
in der Cherusker Gebiete einzufallen bewegte;
wiewol dieſe Fulvius Geminus nach etlichen
blutigen Schlachten/ Meßala aber ihre Ge-
faͤrthen die Saloßier/ Agrippa und Auguſt
ſelbſt die Dalmatier wieder zur Ruh brachte;
nach dem er vorher denen Ubiern und Cherus-
kern durch ſeine Anweſenheit in Gallien/ von
dar er mit einer Schiffs-Flotte nach dem
Beyſpiele des Kayſers Julius in Britannien
uͤberzuſetzen vermeint/ durch bloſſe Naͤherung
ſeiner Waffen Lufft gemacht/ und in Gallien
dem Zwirbel-Winde/ der ihn in Britannien
dißmahl zu ſchiffen hinderte/ einen Tempel ge-
baut hatte. So ferne bediente ſich der kluge
Aembrich des Roͤmiſchen Bundes; wolte aber
dem darnach ſeuffzenden Auguſt keines Weges
erlauben: daß die Roͤmiſchen Adler ihnen zu
Huͤlffe uͤber den Rhein fliegen ſolten. Hieruͤ-
ber zerfiel Auguſt mit dem Antonius aufs neue;
und geriethen die Roͤmer ſelbſt wieder einander
in die Haare. Daher ſaſſen die Pannonier den
Quaden wieder auf den Hals. Die Catten/
Alemaͤnner und Svioner ſpielten gleichfalls
wieder den Meiſter; und entſetzten die wan-
ckenden/ aber hernach wieder beſtaͤndig bleiben-
den Fuͤrſten der Ubier und Uſipier faſt ihrer
gantzen Herꝛſchafft/ namen auch durch Kriegs-
Liſt ein Theil der maͤchtigen Stadt Boviaſ-
mum ein.

Die Herꝛſchafft des Cheruskiſchen Hauſes
hieng gleichſam nunmehr nur noch an einem
ſeidenen Fademe; als der faſt fuͤr verlohren ge-
ſchaͤtzte Fuͤrſt Segimer Deutſchlande gleichſam
als ein neuer Gluͤcksſtern aufgieng. Jede Zeit
iſt geſchickt die Kraͤfften gemeiner Leute zu pruͤ-
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gimer
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[1044[1046]/1108] Siebendes Buch veralternden Seele aber die verdruͤßlichen Binden des Leibes nicht loß zu binden/ ſondern ihre Vereinbarung mit den Sternen zu ver- hindern. Malovend brach ein: Es hatten die Japyden freylich wol wenig Urſache vom Au- guſt einiger Gnade ſich zu verſehen; und iſt aus ſeiner letzten Erklaͤrung ihr Thun nicht bald als ein Jrrthum oder Laſter zu verdam̃en. Denn auch die grauſamſten Wuͤtteriche ſtreben nach dem Ruhme der Guͤtigkeit/ und wiſſen von ihrer Gnade viel Werckes zu machen/ weñ die Gelegenheit gnaͤdig zu ſeyn ſchon verſpielt iſt. Wormit aber Auguſt nicht ohne Sieg nach Rom kehrete/ grieff er die Pannonier an/ und belaͤgerte die zwiſchen dem Fluſſe Sau und Colops gelegene Stadt Sciſcia; die aber ſo wol zu Lande/ als zu Waſſer den Roͤmern groſſen Abbruch thaͤt. Der fuͤrtrefliche Kriegs-Ober- ſte Menas ward ſelbſt erſchlagen. Endlich aber als ihre Mauren faſt allenthalben von den Sturmboͤcken zerſtoſſen waren/ muſten ſie ſich auf ertraͤgliche Bedingungen dem Kayſer er- geben. Dieſer warff alle eroberte Waffen ins Waſſer/ um den andern Pañoniern ein Schre- cken einzujagen; Welches denn auch ſo ferne geluͤckte: daß ſie mit ihm und denen Cherus- kern Friede machten. Alleine dieſer Sonnenſchein ward bald von einem grauſamen Ungewitter verſtellet. Denn Stordeſton uͤberfiel mit ſeinem von ſo viel Sie- gen muthigen Krieges-Heere den Cheruski- ſchen Feldhauptmann Salgal einmahl an dem Fluße Chaluſus/ das ander mahl auf der Flucht bey der Stadt Meſovium. Arabars Sohn/ welcher von ſeinem nunmehr auch abgelebten Vater die Herrſchafft und den Haß gegen die Cherusker geerbt hatte/ nahm denen Ubiern und andern Cheruskiſchen Bundgenoſſen die beſten Oerter weg. Und ob zwar der Ubier Hertzog die Catten einmahl in die Flucht brach- te/ wetzten ſie doch bald die Scharte mit einer groͤſſern Niederlage der Ubier und ihres tapfer- ſten Feldhauptmanns aus. Einen noch groͤſ- ſern Sieg erlangte Stordeſton uͤber die Cherus- ker und Quaden bey der Stadt Boviaſmum; welches die Hermundurer vollends gar von ih- nen abzuſetzen/ und die Pannonier auffs neue in der Cherusker Gebiete einzufallen bewegte; wiewol dieſe Fulvius Geminus nach etlichen blutigen Schlachten/ Meßala aber ihre Ge- faͤrthen die Saloßier/ Agrippa und Auguſt ſelbſt die Dalmatier wieder zur Ruh brachte; nach dem er vorher denen Ubiern und Cherus- kern durch ſeine Anweſenheit in Gallien/ von dar er mit einer Schiffs-Flotte nach dem Beyſpiele des Kayſers Julius in Britannien uͤberzuſetzen vermeint/ durch bloſſe Naͤherung ſeiner Waffen Lufft gemacht/ und in Gallien dem Zwirbel-Winde/ der ihn in Britannien dißmahl zu ſchiffen hinderte/ einen Tempel ge- baut hatte. So ferne bediente ſich der kluge Aembrich des Roͤmiſchen Bundes; wolte aber dem darnach ſeuffzenden Auguſt keines Weges erlauben: daß die Roͤmiſchen Adler ihnen zu Huͤlffe uͤber den Rhein fliegen ſolten. Hieruͤ- ber zerfiel Auguſt mit dem Antonius aufs neue; und geriethen die Roͤmer ſelbſt wieder einander in die Haare. Daher ſaſſen die Pannonier den Quaden wieder auf den Hals. Die Catten/ Alemaͤnner und Svioner ſpielten gleichfalls wieder den Meiſter; und entſetzten die wan- ckenden/ aber hernach wieder beſtaͤndig bleiben- den Fuͤrſten der Ubier und Uſipier faſt ihrer gantzen Herꝛſchafft/ namen auch durch Kriegs- Liſt ein Theil der maͤchtigen Stadt Boviaſ- mum ein. Die Herꝛſchafft des Cheruskiſchen Hauſes hieng gleichſam nunmehr nur noch an einem ſeidenen Fademe; als der faſt fuͤr verlohren ge- ſchaͤtzte Fuͤrſt Segimer Deutſchlande gleichſam als ein neuer Gluͤcksſtern aufgieng. Jede Zeit iſt geſchickt die Kraͤfften gemeiner Leute zu pruͤ- fen; die Noth aber nur einen Fuͤrſten/ wie das Ungewitter einen Steuermañ. Alſo hatte Se- gimer

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1044[1046]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1108>, abgerufen am 23.11.2024.