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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Deutschland zu fliehen nöthigten; welchem
Fürst Comius gleichfalls folgte/ nach dem sich
Volusenus ihn meuchelmörderisch hinzurichten
vergebens bemüht hatte. Als auch Caninius
die Festung Uxellodun belägerte/ die Fürsten
Drapes und Luterius aber in selbte einen gros-
sen Vorrath zu bringen bemüht waren/ schlug
die deutsche Reuterey diesem nicht allein alle
Wagen ab/ sondern eroberte auch das Läger der
Gallier/ und kriegte der Ritter Waldenburg
den Drapes selbst gefangen; welcher sich her-
nach durch Abbruch der Speisen selbst entseelte;
als er vernahm: daß Cäsar den Carnutischen
Fürsten Guturvat hatte zu tode prügeln/ allen
Gefangenen in Uxellodun aber die Hände ab-
hauen lassen; wormit zugleich allen Galliern
der Degen/ oder vielmehr gar das Hertze ent-
fiel.

Gallien war derogestalt wol überwältigt/ a-
ber Cäsars Hertze nicht gesättigt. Denn die
Herrschsucht ist geartet wie das Feuer/ das von
seinem Zunder nur mehr hungrig wird. Sie
ist weder mit sich noch mit andern vergnügt; und
hält selbst die Zeit für ihren Feind/ weil sie sich
zwischen seine Begierde und den Besitz verlang-
ter Dinge eindringet/ und zwischen beyden eine
Entfernung macht. Die Wehen ihrer Sehn-
sucht lassen niemahls nach. Denn ihre Miß-
geburten lassen immer Affter-Bürden der ohn-
mächtigen Ehrsucht hinter sich. Weil nun Cä-
sar nach überwundenem Gallien keinen Ober-
herren/ der grosse Pompejus nach untergedrück-
tem Asien aber nicht mehr seines gleichen ver-
tragen konte/ suchte das nunmehr allzugrosse
Rom aus Mangel eines ausländischen Feindes
ihm einen in sich selbst. Ein Ehrsüchtiger hält
diß schon für einen Raub/ wenn er nicht bekommt/
was seine Hoffnung seinen Verdiensten zuge-
sagt hat. Daher war es Cäsarn zu Anspinnung
des bürgerlichen Krieges schon genung: da der
Rath ihm die Bürgermeister-Würde versagte/
und nach geendig[t]em Kriege die Waffen nie-
[Spaltenumbruch] derzulegen ermahnte; gleich als wenn diese im
Kriege wieder die Feinde/ im Friede wieder die
Bürger zu brauchen wären: daß sie niemahls
verrosteten. Beyde Uhrheber des grausamen
Bürger-Krieges Cäsar und Pompejus mein-
ten solchen allzu kaltsinnig anzufangen/ wenn
sie nicht die hertzhafftesten Ausländer mit ins
Spiel wickelten. Diesemnach nahm Cäsar alle
in Gallien geprüffte Deutsche Kriegs-Völcker
mit in Jtalien; Pompejus aber zohe deßhalben
Dejotarn mit seinen in Asien eingesessenen
Deutschen an sich. Dieser allem Ansehen nach
nicht so wol aus Kurtzweil des Glückes/ welches
durch unterschiedene Unfälle Cäsars Siege so
viel herrlicher machen wolte/ als Dejotarn zu
Liebe er aus dem besetzten Brundusischen See-
Hafen mit genauer Noth auf einem lecken Na-
chen entkam/ durch dessen Hülffe er seine Sa-
chen wieder zu Stande brachte/ dem Dolabella
und Antonius grossen Abbruch that/ in Epirus
Cäsarn friedsame Gedancken abnöthigte/ und
ihn mit grossem Verlust von der Stadt Dyr-
rhachium abschlug. Hingegen halffen die Deut-
schen bey Eroberung der Stadt Maßilien/ bey
Uberwindung des Petrejus und Afranius in
Hispanien/ nicht wenig zu Cäsars Siegen;
weßwegen auch in dem Cäsarn auf dem Pyre-
neischen Gebürge aufgerichteten Siegs-Mah-
le auf der einen Seite des Cattischen Fürsten
Acrumers Nahme mit in Marmel eingegra-
ben ward. Den Gewinn aber der Pharsali-
schen Schlacht/ da nicht nur der Stadt Rom
und der beyden unersättlichen Kriegs-Häup-
ter/ sondern gleichsam der Welt und des mensch-
lichen Geschlechtes Verhängnüß auf der Wag-
Schale lag/ hat Cäsar niemanden/ als denen
dreytausend deutschen Reutern unter denen
Fürsten Erdmund und Acrumern ohne Wie-
derrede zu dancken. Denn nach dem P[o]mpejus
fast zweyfach stärcker/ als Cäsar war/ insonder-
heit aber dreymahl mehr Reuterey hatte/ wor-
mit er Cäsars Kriegs-Volck auf allen Seiten

anfiel/
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Deutſchland zu fliehen noͤthigten; welchem
Fuͤrſt Comius gleichfalls folgte/ nach dem ſich
Voluſenus ihn meuchelmoͤrderiſch hinzurichten
vergebens bemuͤht hatte. Als auch Caninius
die Feſtung Uxellodun belaͤgerte/ die Fuͤrſten
Drapes und Luterius aber in ſelbte einen groſ-
ſen Vorrath zu bringen bemuͤht waren/ ſchlug
die deutſche Reuterey dieſem nicht allein alle
Wagen ab/ ſondern eroberte auch das Laͤger der
Gallier/ und kriegte der Ritter Waldenburg
den Drapes ſelbſt gefangen; welcher ſich her-
nach durch Abbruch der Speiſen ſelbſt entſeelte;
als er vernahm: daß Caͤſar den Carnutiſchen
Fuͤrſten Guturvat hatte zu tode pruͤgeln/ allen
Gefangenen in Uxellodun aber die Haͤnde ab-
hauen laſſen; wormit zugleich allen Galliern
der Degen/ oder vielmehr gar das Hertze ent-
fiel.

Gallien war derogeſtalt wol uͤberwaͤltigt/ a-
ber Caͤſars Hertze nicht geſaͤttigt. Denn die
Herꝛſchſucht iſt geartet wie das Feuer/ das von
ſeinem Zunder nur mehr hungrig wird. Sie
iſt weder mit ſich noch mit andern vergnuͤgt; und
haͤlt ſelbſt die Zeit fuͤr ihren Feind/ weil ſie ſich
zwiſchen ſeine Begierde und den Beſitz verlang-
ter Dinge eindringet/ und zwiſchen beyden eine
Entfernung macht. Die Wehen ihrer Sehn-
ſucht laſſen niemahls nach. Denn ihre Miß-
geburten laſſen immer Affter-Buͤrden der ohn-
maͤchtigen Ehrſucht hinter ſich. Weil nun Caͤ-
ſar nach uͤberwundenem Gallien keinen Ober-
herꝛen/ der groſſe Pompejus nach untergedruͤck-
tem Aſien aber nicht mehr ſeines gleichen ver-
tragen konte/ ſuchte das nunmehr allzugroſſe
Rom aus Mangel eines auslaͤndiſchen Feindes
ihm einen in ſich ſelbſt. Ein Ehrſuͤchtiger haͤlt
diß ſchon fuͤr einen Raub/ wenn er nicht bekom̃t/
was ſeine Hoffnung ſeinen Verdienſten zuge-
ſagt hat. Daher war es Caͤſarn zu Anſpinnung
des buͤrgerlichen Krieges ſchon genung: da der
Rath ihm die Buͤrgermeiſter-Wuͤrde verſagte/
und nach geendig[t]em Kriege die Waffen nie-
[Spaltenumbruch] derzulegen ermahnte; gleich als wenn dieſe im
Kriege wieder die Feinde/ im Friede wieder die
Buͤrger zu brauchen waͤren: daß ſie niemahls
verroſteten. Beyde Uhrheber des grauſamen
Buͤrger-Krieges Caͤſar und Pompejus mein-
ten ſolchen allzu kaltſinnig anzufangen/ wenn
ſie nicht die hertzhaffteſten Auslaͤnder mit ins
Spiel wickelten. Dieſemnach nahm Caͤſar alle
in Gallien gepruͤffte Deutſche Kriegs-Voͤlcker
mit in Jtalien; Pompejus aber zohe deßhalben
Dejotarn mit ſeinen in Aſien eingeſeſſenen
Deutſchen an ſich. Dieſer allem Anſehen nach
nicht ſo wol aus Kurtzweil des Gluͤckes/ welches
durch unterſchiedene Unfaͤlle Caͤſars Siege ſo
viel herꝛlicher machen wolte/ als Dejotarn zu
Liebe er aus dem beſetzten Brunduſiſchen See-
Hafen mit genauer Noth auf einem lecken Na-
chen entkam/ durch deſſen Huͤlffe er ſeine Sa-
chen wieder zu Stande brachte/ dem Dolabella
und Antonius groſſen Abbruch that/ in Epirus
Caͤſarn friedſame Gedancken abnoͤthigte/ und
ihn mit groſſem Verluſt von der Stadt Dyr-
rhachium abſchlug. Hingegen halffen die Deut-
ſchen bey Eroberung der Stadt Maßilien/ bey
Uberwindung des Petrejus und Afranius in
Hiſpanien/ nicht wenig zu Caͤſars Siegen;
weßwegen auch in dem Caͤſarn auf dem Pyre-
neiſchen Gebuͤrge aufgerichteten Siegs-Mah-
le auf der einen Seite des Cattiſchen Fuͤrſten
Acrumers Nahme mit in Marmel eingegra-
ben ward. Den Gewinn aber der Pharſali-
ſchen Schlacht/ da nicht nur der Stadt Rom
und der beyden unerſaͤttlichen Kriegs-Haͤup-
ter/ ſondern gleichſam der Welt und des menſch-
lichen Geſchlechtes Verhaͤngnuͤß auf der Wag-
Schale lag/ hat Caͤſar niemanden/ als denen
dreytauſend deutſchen Reutern unter denen
Fuͤrſten Erdmund und Acrumern ohne Wie-
derrede zu dancken. Denn nach dem P[o]mpejus
faſt zweyfach ſtaͤrcker/ als Caͤſar war/ inſonder-
heit aber dreymahl mehr Reuterey hatte/ wor-
mit er Caͤſars Kriegs-Volck auf allen Seiten

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1035[1037]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1099>, abgerufen am 23.11.2024.