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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bald im Anfange des Treffens mit einem Pfei-
le tödtlich verwundet; zu einer Verwarnigung
aller Kriegs-Häupter: daß sie sich die Begierde
eitelen Ruhmes nicht zur Vermessenheit verlei-
ten lassen/ noch mit einem gemeinen Krieges-
Knechte das Ampt verwechseln/ sondern viel-
mehr erwegen sollen: daß ein Feldherr nichts
minder in seinem Heere/ als das Hertz im Leibe
zum allerletzten sterben dörffe. Es ist wol wahr/
sagte Zeno; daß ein Fürst/ als die Seele seines
Reiches sich nicht in allen Träffen befinden/ we-
niger in Schlachten sich an die Spitze stellen
solle. Wenn es aber um das Hefft der Herr-
schafft zu thun ist/ oder Kron und Zepter mit
dem Heile und der Wolfarth des Volcks auff
der Wagschale liegen/ scheinet der des Sieges
kaum würdig zu seyn/ der sich nicht zugleich der
Gefahr theilhafftig macht. Das Verlangen
sein Reich zu erweitern reitzte den König Philip
in Macedonien: daß er seine Vergnügung
suchte/ wo es am schärffsten zugieng. Den Ver-
lust seines Auges hielt er nach Erlegung seines
Feindes für Gewinn; und die Schrammen
seiner Glieder für Ehren-Maale. Sein noch
grösserer Sohn Alexander suchte allenthalben
die Gefahr/ wo sich sonst niemand wolte finden
lassen. Und es scheinet: daß so denn der Tod
sich für denselbigen scheue/ die ihm so hertzhafft
unter die Augen gehen. Wenn aber auch ja
das Verhängnüß ein anders über ihn bestim-
met; ist es besser: daß einer als ein Fürst sterbe;
als ein Verjagter der Welt ein Schauspiel des
Unglücks abgäbe. Zumahl auch Codrus für sein
Vaterland vorsetzlich dem Tode in die Armen
rennte. Es ist nicht ohne/ versetzte Malovend.
Aber damahls war es Gotarten nicht um die
Herrschafft/ sondern um eine fremde Würde zu
thun; auch war die Noth so noch nicht an Mann
kommen: daß Gotart selbst sich in die Gefahr
setzte; oder auch die Verrichtung so beschaffen:
daß kein ander Kriegs-Oberster selbte hätte ü-
bernehmen können. Jedoch verbesserte der
tapffere Gotart diese Ubereilung durch eine ver-
[Spaltenumbruch] nünfftige Erinnerung; da er nehmlich wegen
Unvermögenheit zu reden seine Hand auf den
Mund legte/ und dardurch seinen Tod geheim
zu halten anbefahl. Aber die Bestürtzung seiner
Leute/ oder das gewäschige Geschrey verrieth
seinen Fall in kurtzem durch das gantze fechten-
de Heer; wiewol es selbtes mehr zur Rache reitz-
te/ als einige Kleinmuth verursachte. Denn als
König Ariovist mit dem Feldherrn selbst; Her-
tzog Briton mit Terbaln/ der die Quaden/ Ly-
gier und Semnoner führte/ nichts minder das
Glücke/ als die Streiche verwechselte/ erlegten
die verbitterten Svionen den Chaßuarier
Hertzog/ und brachten den ihm unter gebenen
lincken Flügel in die Flucht. Gleichwol blieben
die andern Heerführer unverrückt gegen einan-
der in blutigem Gefechte biß in die sinckende
Nacht stehen; da denn der Feldherr seinem Fein-
de für den Verlust eines so tapfferen Fürsten die
Ehre eines theuer bezahlten Sieges einzuräu-
men gezwungen ward. Hertzog Aembrich büste
dißmahl mehr als die Helffte seines Heeres/ a-
ber nichts von seinem Hertzen ein. Ja seine
Tapfferkeit war niemahls sichtbarer/ als wenn
es ihm übel gieng. Die finsteren Wolcken der
Unruh erleuchteten gleichsam seinen Verstand;
und die Gefährligkeiten befestigten seine Hertz-
hafftigkeit. Daher verstärckte er sein Heer nicht
mehr durch neue Kriegs-Scharen/ als mit sei-
nem muthigen Beyspiele. Seinen Feinden
hingegen verschwand durch Zwytracht der
Heerführer nicht allein die Frucht alles Sieges
aus den Händen; sondern ihre Kräfften verge-
ringerten sich auch unempfindlich/ und ohne
Wahrnehmung einiger Ursache. Sinte-
mahl der Zwist der Aertzte nicht mehr Lei-
chen zu Grabe schickt/ als Uneinigkeit der
Häupter denen mächtigen Heeren heim
hilfft/ oder wenigstens ihnen ihre Spann-
Adern verschneidet. Der Hermundurer Her-
tzog Briton hatte schon für geraumer Zeit auf
seiner Bundsgenossen anwachsende Gewalt ein
scheles Auge gehabt; welche diesen so wenig zu

seinen
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bald im Anfange des Treffens mit einem Pfei-
le toͤdtlich verwundet; zu einer Verwarnigung
aller Kriegs-Haͤupter: daß ſie ſich die Begierde
eitelen Ruhmes nicht zur Vermeſſenheit verlei-
ten laſſen/ noch mit einem gemeinen Krieges-
Knechte das Ampt verwechſeln/ ſondern viel-
mehr erwegen ſollen: daß ein Feldherꝛ nichts
minder in ſeinem Heere/ als das Hertz im Leibe
zum allerletzten ſterben doͤrffe. Es iſt wol wahr/
ſagte Zeno; daß ein Fuͤrſt/ als die Seele ſeines
Reiches ſich nicht in allen Traͤffen befinden/ we-
niger in Schlachten ſich an die Spitze ſtellen
ſolle. Wenn es aber um das Hefft der Herr-
ſchafft zu thun iſt/ oder Kron und Zepter mit
dem Heile und der Wolfarth des Volcks auff
der Wagſchale liegen/ ſcheinet der des Sieges
kaum wuͤrdig zu ſeyn/ der ſich nicht zugleich der
Gefahr theilhafftig macht. Das Verlangen
ſein Reich zu erweitern reitzte den Koͤnig Philip
in Macedonien: daß er ſeine Vergnuͤgung
ſuchte/ wo es am ſchaͤrffſten zugieng. Den Ver-
luſt ſeines Auges hielt er nach Erlegung ſeines
Feindes fuͤr Gewinn; und die Schrammen
ſeiner Glieder fuͤr Ehren-Maale. Sein noch
groͤſſerer Sohn Alexander ſuchte allenthalben
die Gefahr/ wo ſich ſonſt niemand wolte finden
laſſen. Und es ſcheinet: daß ſo denn der Tod
ſich fuͤr denſelbigen ſcheue/ die ihm ſo hertzhafft
unter die Augen gehen. Wenn aber auch ja
das Verhaͤngnuͤß ein anders uͤber ihn beſtim-
met; iſt es beſſer: daß einer als ein Fuͤrſt ſterbe;
als ein Verjagter der Welt ein Schauſpiel des
Ungluͤcks abgaͤbe. Zumahl auch Codrus fuͤr ſein
Vaterland vorſetzlich dem Tode in die Armen
rennte. Es iſt nicht ohne/ verſetzte Malovend.
Aber damahls war es Gotarten nicht um die
Herꝛſchafft/ ſondern um eine fremde Wuͤrde zu
thun; auch war die Noth ſo noch nicht an Mann
kommen: daß Gotart ſelbſt ſich in die Gefahr
ſetzte; oder auch die Verrichtung ſo beſchaffen:
daß kein ander Kriegs-Oberſter ſelbte haͤtte uͤ-
bernehmen koͤnnen. Jedoch verbeſſerte der
tapffere Gotart dieſe Ubereilung durch eine ver-
[Spaltenumbruch] nuͤnfftige Erinnerung; da er nehmlich wegen
Unvermoͤgenheit zu reden ſeine Hand auf den
Mund legte/ und dardurch ſeinen Tod geheim
zu halten anbefahl. Aber die Beſtuͤrtzung ſeiner
Leute/ oder das gewaͤſchige Geſchrey verrieth
ſeinen Fall in kurtzem durch das gantze fechten-
de Heer; wiewol es ſelbtes mehr zur Rache reitz-
te/ als einige Kleinmuth verurſachte. Denn als
Koͤnig Arioviſt mit dem Feldherꝛn ſelbſt; Her-
tzog Briton mit Terbaln/ der die Quaden/ Ly-
gier und Semnoner fuͤhrte/ nichts minder das
Gluͤcke/ als die Streiche verwechſelte/ erlegten
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Hertzog/ und brachten den ihm unter gebenen
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der in blutigem Gefechte biß in die ſinckende
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men gezwungen ward. Hertzog Aembrich buͤſte
dißmahl mehr als die Helffte ſeines Heeres/ a-
ber nichts von ſeinem Hertzen ein. Ja ſeine
Tapfferkeit war niemahls ſichtbarer/ als wenn
es ihm uͤbel gieng. Die finſteren Wolcken der
Unruh erleuchteten gleichſam ſeinen Verſtand;
und die Gefaͤhrligkeiten befeſtigten ſeine Hertz-
hafftigkeit. Daher verſtaͤrckte er ſein Heer nicht
mehr durch neue Kriegs-Scharen/ als mit ſei-
nem muthigen Beyſpiele. Seinen Feinden
hingegen verſchwand durch Zwytracht der
Heerfuͤhrer nicht allein die Frucht alles Sieges
aus den Haͤnden; ſondern ihre Kraͤfften verge-
ringerten ſich auch unempfindlich/ und ohne
Wahrnehmung einiger Urſache. Sinte-
mahl der Zwiſt der Aertzte nicht mehr Lei-
chen zu Grabe ſchickt/ als Uneinigkeit der
Haͤupteꝛ denen maͤchtigen Heeren heim
hilfft/ oder wenigſtens ihnen ihre Spann-
Adern verſchneidet. Der Hermundurer Her-
tzog Briton hatte ſchon fuͤr geraumer Zeit auf
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[1019[1021]/1083] Arminius und Thußnelda. bald im Anfange des Treffens mit einem Pfei- le toͤdtlich verwundet; zu einer Verwarnigung aller Kriegs-Haͤupter: daß ſie ſich die Begierde eitelen Ruhmes nicht zur Vermeſſenheit verlei- ten laſſen/ noch mit einem gemeinen Krieges- Knechte das Ampt verwechſeln/ ſondern viel- mehr erwegen ſollen: daß ein Feldherꝛ nichts minder in ſeinem Heere/ als das Hertz im Leibe zum allerletzten ſterben doͤrffe. Es iſt wol wahr/ ſagte Zeno; daß ein Fuͤrſt/ als die Seele ſeines Reiches ſich nicht in allen Traͤffen befinden/ we- niger in Schlachten ſich an die Spitze ſtellen ſolle. Wenn es aber um das Hefft der Herr- ſchafft zu thun iſt/ oder Kron und Zepter mit dem Heile und der Wolfarth des Volcks auff der Wagſchale liegen/ ſcheinet der des Sieges kaum wuͤrdig zu ſeyn/ der ſich nicht zugleich der Gefahr theilhafftig macht. Das Verlangen ſein Reich zu erweitern reitzte den Koͤnig Philip in Macedonien: daß er ſeine Vergnuͤgung ſuchte/ wo es am ſchaͤrffſten zugieng. Den Ver- luſt ſeines Auges hielt er nach Erlegung ſeines Feindes fuͤr Gewinn; und die Schrammen ſeiner Glieder fuͤr Ehren-Maale. Sein noch groͤſſerer Sohn Alexander ſuchte allenthalben die Gefahr/ wo ſich ſonſt niemand wolte finden laſſen. Und es ſcheinet: daß ſo denn der Tod ſich fuͤr denſelbigen ſcheue/ die ihm ſo hertzhafft unter die Augen gehen. Wenn aber auch ja das Verhaͤngnuͤß ein anders uͤber ihn beſtim- met; iſt es beſſer: daß einer als ein Fuͤrſt ſterbe; als ein Verjagter der Welt ein Schauſpiel des Ungluͤcks abgaͤbe. Zumahl auch Codrus fuͤr ſein Vaterland vorſetzlich dem Tode in die Armen rennte. Es iſt nicht ohne/ verſetzte Malovend. Aber damahls war es Gotarten nicht um die Herꝛſchafft/ ſondern um eine fremde Wuͤrde zu thun; auch war die Noth ſo noch nicht an Mann kommen: daß Gotart ſelbſt ſich in die Gefahr ſetzte; oder auch die Verrichtung ſo beſchaffen: daß kein ander Kriegs-Oberſter ſelbte haͤtte uͤ- bernehmen koͤnnen. Jedoch verbeſſerte der tapffere Gotart dieſe Ubereilung durch eine ver- nuͤnfftige Erinnerung; da er nehmlich wegen Unvermoͤgenheit zu reden ſeine Hand auf den Mund legte/ und dardurch ſeinen Tod geheim zu halten anbefahl. Aber die Beſtuͤrtzung ſeiner Leute/ oder das gewaͤſchige Geſchrey verrieth ſeinen Fall in kurtzem durch das gantze fechten- de Heer; wiewol es ſelbtes mehr zur Rache reitz- te/ als einige Kleinmuth verurſachte. Denn als Koͤnig Arioviſt mit dem Feldherꝛn ſelbſt; Her- tzog Briton mit Terbaln/ der die Quaden/ Ly- gier und Semnoner fuͤhrte/ nichts minder das Gluͤcke/ als die Streiche verwechſelte/ erlegten die verbitterten Svionen den Chaßuarier Hertzog/ und brachten den ihm unter gebenen lincken Fluͤgel in die Flucht. Gleichwol blieben die andern Heerfuͤhrer unverruͤckt gegen einan- der in blutigem Gefechte biß in die ſinckende Nacht ſtehen; da deñ der Feldherꝛ ſeinem Fein- de fuͤr den Verluſt eines ſo tapfferen Fuͤrſten die Ehre eines theuer bezahlten Sieges einzuraͤu- men gezwungen ward. Hertzog Aembrich buͤſte dißmahl mehr als die Helffte ſeines Heeres/ a- ber nichts von ſeinem Hertzen ein. Ja ſeine Tapfferkeit war niemahls ſichtbarer/ als wenn es ihm uͤbel gieng. Die finſteren Wolcken der Unruh erleuchteten gleichſam ſeinen Verſtand; und die Gefaͤhrligkeiten befeſtigten ſeine Hertz- hafftigkeit. Daher verſtaͤrckte er ſein Heer nicht mehr durch neue Kriegs-Scharen/ als mit ſei- nem muthigen Beyſpiele. Seinen Feinden hingegen verſchwand durch Zwytracht der Heerfuͤhrer nicht allein die Frucht alles Sieges aus den Haͤnden; ſondern ihre Kraͤfften verge- ringerten ſich auch unempfindlich/ und ohne Wahrnehmung einiger Urſache. Sinte- mahl der Zwiſt der Aertzte nicht mehr Lei- chen zu Grabe ſchickt/ als Uneinigkeit der Haͤupteꝛ denen maͤchtigen Heeren heim hilfft/ oder wenigſtens ihnen ihre Spann- Adern verſchneidet. Der Hermundurer Her- tzog Briton hatte ſchon fuͤr geraumer Zeit auf ſeiner Bundsgenoſſen anwachſende Gewalt ein ſcheles Auge gehabt; welche dieſen ſo wenig zu ſeinen N n n n n n 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1019[1021]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1083>, abgerufen am 23.07.2024.