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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] chen. Er ließ alsofort auch die andern Adler
gegen selbige Seite wenden; er aber bedeckte
mit der zehenden Legion an einem engen Orte
das übrige Heer so lange/ biß Labienus Meister
des feindlichen Lägers ward/ die Uberbleibung
der andern Legionen sich darein gezogen hat-
ten/ und er endlich nach empfangenen breyen
Wunden daselbst seine Sicherheit fand; also
nach einem so blutigen Tage iedes Theil in dem
feindlichen Läger ausruhete; keines aber selbige
Nacht auf des andern Antastung/ sondern nur
auf die Beerdigung ihrer Todten/ und Ver-
bindung ihrer Wunden bedacht war. Denn
auf beyden Theilen war kein hoher Kriegs-O-
berster/ ja auch selbst Fürst Boduognat nicht
unbeschädigt; fünff Häupter der Römischen
Legionen/ Egmont/ Areschot und Eroy auf der
Belgen Seite nebst vielen Kriegs-Obersten
todt. Ob nun zwar auf der Römer und Gal-
lier Seiten zweymahl so viel Volck/ als auf der
Belgen blieben war; so waren diese doch für sich
selbst noch kaum halb so starck/ als ihre Feinde;
das eroberte Römische Läger nicht nach dem
Vortheil der Deutschen Waffen befestigt; durch
Verlust ihres Lägers ihnen der Vortheil des
Flusses Sabis/ und die Gelegenheit mehr
Hülffs-Völcker an sich zu ziehen abgeschnitten.
Uber diß brachten die Kundschaffter der Nervi-
er noch selbige Nacht Gefangene ein/ mit
Schreiben vom Fürsten der Rhemer Vertis-
cus: daß er nicht allein mit zwantzig tausend
Galliern/ sondern auch Sergius Galba mit
den in Jllyricum gelegenen Legionen von sechs-
tausend außerlesener Romischer Mannschafft
im Anzuge wäre. Diese Zeitung bekümmer-
te den Hertzog Boduognat nicht wenig; inson-
derheit aber trug er Beysorge: daß selbte nicht
unter seinem Heere ruchbar würde/ und sie zu
einer glimpflichen Flucht veranlassete. Gleich-
wol aber befahl er die im Römischen Lager er-
oberte beste Beute aufzupacken/ und das gantze
Heer auf folgenden Tag sich so wol zur Schlacht
[Spaltenumbruch] als zum Fortzuge fertig zu machen. Jnzwi-
schen krie[g]te Cäsar ebenfalls Kundschafft: daß
dreyßig tausend streitbare Aduatiker/ welche ein
Theil von denen in Jtalien einbrechenden
Cimbern waren/ denen Nerviern zu Hülffe kä-
men. Welche Zeitung Cäsarn derogestalt
schreckte: daß er dem schon zu nächtlicher Zu-
rückweichung entschlossenem Boduognat einen
Friedens-Vergleich anbieten ließ; der auch/
weil iedem Feinde zwar seine/ nicht aber seines
Feindes Wunden bekandt waren/ nach kurtzer
Unterredung dahin geschlossen ward: daß die
Nervier/ Atrebater/ und Veromanduer in ih-
rer Freyheit ohne einige Schatzung bleiben/
hingegen sie Cäsars andern Feinden keine Hülf-
fe leisten solten. Wiewol nun diese Völcker für
sich nach gegenwärtigem Zustande einen vor-
träglichen Frieden erlangt zu haben schienen;
so war selbter doch der gemeinen Wolfarth der
Belgen über aus schädlich; und hatten die Ner-
vier hiervon keinen andern Vortheil/ als daß
die Reye der Dienstbarkeit an sie zum letzten
kommen würde. Sintemahl die Römer nicht
so wol ihre Tugend/ als der Mißverstand de-
rer nicht zusammen haltender Völcker zu Mei-
stern des Erdbodens gemacht hat. Denn wenn
auch die tapffersten eintzelich kämpffen/ werden
alle nach und nach überwunden; und die bey-
sammen stehenden Zwerge werden auch der ein-
zelen Riesen mächtig. Welchen Fehler die
Deutschen von dem unter gedrückten Grichen-
lande längst hätten lernen sollen; dessen sämtli-
che Städte dardurch ihre Herrschafft eingebüst;
weil eine iede herrschen wolte; indem sie nicht
alleine selbst einander ein Bein unterzufchla-
gen und zu Kopffe zu wachsen bemüht waren;
sondern auch lachende zusahen und die Hände
in die Schoß legten; als die Macedonier und
Römer bald dieser bald einer andern die Dienst-
barkeit aufhalseten; biß sie endlich alle es ehe
am Halse fühleten als sahen. Dieses Unglücke
traff zum ersten die streitbaren Aduaticher; wie-

der

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] chen. Er ließ alſofort auch die andern Adler
gegen ſelbige Seite wenden; er aber bedeckte
mit der zehenden Legion an einem engen Orte
das uͤbrige Heer ſo lange/ biß Labienus Meiſter
des feindlichen Laͤgers ward/ die Uberbleibung
der andern Legionen ſich darein gezogen hat-
ten/ und er endlich nach empfangenen breyen
Wunden daſelbſt ſeine Sicherheit fand; alſo
nach einem ſo blutigen Tage iedes Theil in dem
feindlichen Laͤger ausruhete; keines aber ſelbige
Nacht auf des andern Antaſtung/ ſondern nur
auf die Beerdigung ihrer Todten/ und Ver-
bindung ihrer Wunden bedacht war. Denn
auf beyden Theilen war kein hoher Kriegs-O-
berſter/ ja auch ſelbſt Fuͤrſt Boduognat nicht
unbeſchaͤdigt; fuͤnff Haͤupter der Roͤmiſchen
Legionen/ Egmont/ Areſchot und Eroy auf der
Belgen Seite nebſt vielen Kriegs-Oberſten
todt. Ob nun zwar auf der Roͤmer und Gal-
lier Seiten zweymahl ſo viel Volck/ als auf der
Belgen blieben war; ſo waren dieſe doch fuͤr ſich
ſelbſt noch kaum halb ſo ſtarck/ als ihre Feinde;
das eroberte Roͤmiſche Laͤger nicht nach dem
Vortheil der Deutſchen Waffen befeſtigt; durch
Verluſt ihres Laͤgers ihnen der Vortheil des
Fluſſes Sabis/ und die Gelegenheit mehr
Huͤlffs-Voͤlcker an ſich zu ziehen abgeſchnitten.
Uber diß brachten die Kundſchaffter der Nervi-
er noch ſelbige Nacht Gefangene ein/ mit
Schreiben vom Fuͤrſten der Rhemer Vertiſ-
cus: daß er nicht allein mit zwantzig tauſend
Galliern/ ſondern auch Sergius Galba mit
den in Jllyricum gelegenen Legionen von ſechs-
tauſend außerleſener Romiſcher Mannſchafft
im Anzuge waͤre. Dieſe Zeitung bekuͤmmer-
te den Hertzog Boduognat nicht wenig; inſon-
derheit aber trug er Beyſorge: daß ſelbte nicht
unter ſeinem Heere ruchbar wuͤrde/ und ſie zu
einer glimpflichen Flucht veranlaſſete. Gleich-
wol aber befahl er die im Roͤmiſchen Lager er-
oberte beſte Beute aufzupacken/ und das gantze
Heer auf folgenden Tag ſich ſo wol zur Schlacht
[Spaltenumbruch] als zum Fortzuge fertig zu machen. Jnzwi-
ſchen krie[g]te Caͤſar ebenfalls Kundſchafft: daß
dreyßig tauſend ſtreitbare Aduatiker/ welche ein
Theil von denen in Jtalien einbrechenden
Cimbern waren/ denen Nerviern zu Huͤlffe kaͤ-
men. Welche Zeitung Caͤſarn derogeſtalt
ſchreckte: daß er dem ſchon zu naͤchtlicher Zu-
ruͤckweichung entſchloſſenem Boduognat einen
Friedens-Vergleich anbieten ließ; der auch/
weil iedem Feinde zwar ſeine/ nicht aber ſeines
Feindes Wunden bekandt waren/ nach kurtzer
Unterredung dahin geſchloſſen ward: daß die
Nervier/ Atrebater/ und Veromanduer in ih-
rer Freyheit ohne einige Schatzung bleiben/
hingegen ſie Caͤſars andern Feinden keine Huͤlf-
fe leiſten ſolten. Wiewol nun dieſe Voͤlcker fuͤr
ſich nach gegenwaͤrtigem Zuſtande einen vor-
traͤglichen Frieden erlangt zu haben ſchienen;
ſo war ſelbter doch der gemeinen Wolfarth der
Belgen uͤber aus ſchaͤdlich; und hatten die Ner-
vier hiervon keinen andern Vortheil/ als daß
die Reye der Dienſtbarkeit an ſie zum letzten
kommen wuͤrde. Sintemahl die Roͤmer nicht
ſo wol ihre Tugend/ als der Mißverſtand de-
rer nicht zuſammen haltender Voͤlcker zu Mei-
ſtern des Erdbodens gemacht hat. Denn wenn
auch die tapfferſten eintzelich kaͤmpffen/ werden
alle nach und nach uͤberwunden; und die bey-
ſammen ſtehenden Zwerge werden auch der ein-
zelen Rieſen maͤchtig. Welchen Fehler die
Deutſchen von dem unter gedruͤckten Grichen-
lande laͤngſt haͤtten lernen ſollen; deſſen ſaͤmtli-
che Staͤdte dardurch ihre Herꝛſchafft eingebuͤſt;
weil eine iede herꝛſchen wolte; indem ſie nicht
alleine ſelbſt einander ein Bein unterzufchla-
gen und zu Kopffe zu wachſen bemuͤht waren;
ſondern auch lachende zuſahen und die Haͤnde
in die Schoß legten; als die Macedonier und
Roͤmer bald dieſer bald einer andern die Dienſt-
barkeit aufhalſeten; biß ſie endlich alle es ehe
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traff zum erſten die ſtreitbaren Aduaticher; wie-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1007[1009]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1071>, abgerufen am 23.11.2024.