Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
fen würde. Hiermit konte sich Adolff längernicht enthalten; sondern redete den Procillus mit ernsthaffter Gebehrdung an: Verräther! ist es nicht genung: daß du und dein Vater dein Vaterland verkaufft? giebstu noch einen Kupler des Hurenbalgs Theudelindens ab? Meinestu: daß Cäsars Kebs-Weib einem deut- schen Fürsten zur Gemahlin wol tauge? und trauestu dir wol zu mich nicht nur zum Verrä- ther Deutschlandes/ sondern auch zum Bruder- Mörder zu machen? Adolff befahl auch alsbald den Procillus in Hafft zu nehmen/ gieng zum Könige/ erzehlte ihm des Procillus Anmuthen/ und bestärckte es durch das Schreiben Theu- delindens; in welchem sie Adolffen fürmahlete: daß sie ohne Ariovistens Unter gang ihrer Liebe nicht genüssen; mit selbtem aber er zugleich den Alemannischen Reichs-Stab in die Hand be- kommen könte. Ariovist ward hierüber so er- bittert: daß er den Procillus und Mettius in Band und Eisen schlagen; ihre Bedienten a- ber in das Römische Läger sicher bringen ließ- Ob nun wol Cäsar durch einen andern Gesand- ten solches für eine Verletzung des Völcker- Rechts/ welches die Gesandten für heilig und unversehrlich hielte/ auffnahm/ und mit Dreu- en ihre Erledigung suchte; so antwortete doch Ariovist: das Recht seiner selbst eigenen Be- schirmung wieder Verräther und Meuchel- Mörder wäre viel älter/ als die Freyheit der Gesandten; darunter diese nicht wäre: daß sie ohne Gefahr den Untergang eines Fürsten su- chen möchten; zu welchem sie sich unter dem Schein angezielter Friedenshandlung einspie- leten. Auskundschaffer und Verräther hör- ten den Augenblick/ als sie wieder das natürli- che Recht etwas anfiengen/ auf Gesandten zu seyn. Und da das Völcker-Recht erlaubte wie- der die Feinde eigene Rache auszuüben; lieffe wieder die Vernunfft: daß man einem wieder die viel ärgeren Verräther und Meuchelmör- der die Gewalt Urthel und Recht zu hegen/ be- [Spaltenumbruch] nehmen wolte. Ariovist brach auch noch selbige[n] Tag auf; und schlug sein Läger zwey tausend Schritte unter einem Berge neben dem Flus- se Alduadubis/ wo er sich mit dem Allius ver- einbart; zwey tausend Schritte hinter Cäsars zwey verschantzten Lägern; umb ihm die von denen Sequanern und Heduern zukommende Lebens-Mittel abzuschneiden. Aus welcher Ursache/ und weil seine. Wahrsagerinnen ihm wiederriethen: daß er für dem neuen Monden nach Art der Spartaner/ welche nicht für dem Voll-Monden ihr Heer ins Feld führten/ mit dem Feinde nicht schlagen wolte/ er denn fünff Tage sein Heer innen hielt/ nur aber täglich durch die tapfferen Ritter Baden/ Artenberg und Fryburg mit sechs tausend außerlesenen Reutern/ und so viel hinten auff die Pferde ge- nommenen Fuß-Knerhten/ welche beym An- fall von Pferden sprungen/ und zu Fuße ihren Feind antasteten; hierauff/ wenn es nöthig schien/ sich wieder auff die Pferde schwungen/ oder auch sich mit einer Hand an den Meyn der Pferde anhielten/ und selbten gleiche lieffen/ den Römern und Galliern grossen Schaden zufügte/ und daher den wegen verhinderter Zu- fuhre bekümmerten Cäsar nöthigte; daß er et- liche Tage nach einander sein Heer/ wiewol ver- gebens/ in Schlacht-Ordnung stellte/ auch ei- nes seiner Läger zurücke fortrücken muste. Wie nun den siebenden Tag Cäsar gegen den Abend sein Heer wieder in die Läger führte/ fiel Her- tzog Adolff/ die Grafen Habspurg/ Kyburg/ E- bersberg/ Solms und Falckenstein mit dreys- sig tausend Mann das kleinere Läger der Rö- mer/ in welcher zwey Legionen und zwantzig tausend Gallier unter dem Divitiak waren/ so grimmig an: daß nach Erlegung beyder Rö- mischen Obersten und Verwundung Diviti- aks/ wenn nicht der verrätherische Siwald mit Fleiß die zehende Legion mit sechs tausend Lin- gonen hätte durch/ und in das bestürmte Läger kommen lassen/ selbtes unzweiffelbar erobert worden
Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
fen wuͤrde. Hiermit konte ſich Adolff laͤngernicht enthalten; ſondern redete den Procillus mit ernſthaffter Gebehrdung an: Verraͤther! iſt es nicht genung: daß du und dein Vater dein Vaterland verkaufft? giebſtu noch einen Kupler des Hurenbalgs Theudelindens ab? Meineſtu: daß Caͤſars Kebs-Weib einem deut- ſchen Fuͤrſten zur Gemahlin wol tauge? und traueſtu dir wol zu mich nicht nur zum Verraͤ- ther Deutſchlandes/ ſondern auch zum Bruder- Moͤrder zu machen? Adolff befahl auch alsbald den Procillus in Hafft zu nehmen/ gieng zum Koͤnige/ erzehlte ihm des Procillus Anmuthen/ und beſtaͤrckte es durch das Schreiben Theu- delindens; in welchem ſie Adolffen fuͤrmahlete: daß ſie ohne Arioviſtens Unter gang ihrer Liebe nicht genuͤſſen; mit ſelbtem aber er zugleich den Alemanniſchen Reichs-Stab in die Hand be- kommen koͤnte. Arioviſt ward hieruͤber ſo er- bittert: daß er den Procillus und Mettius in Band und Eiſen ſchlagen; ihre Bedienten a- ber in das Roͤmiſche Laͤger ſicher bringen ließ- Ob nun wol Caͤſar durch einen andern Geſand- ten ſolches fuͤr eine Verletzung des Voͤlcker- Rechts/ welches die Geſandten fuͤr heilig und unverſehrlich hielte/ auffnahm/ und mit Dreu- en ihre Erledigung ſuchte; ſo antwortete doch Arioviſt: das Recht ſeiner ſelbſt eigenen Be- ſchirmung wieder Verraͤther und Meuchel- Moͤrder waͤre viel aͤlter/ als die Freyheit der Geſandten; darunter dieſe nicht waͤre: daß ſie ohne Gefahr den Untergang eines Fuͤrſten ſu- chen moͤchten; zu welchem ſie ſich unter dem Schein angezielter Friedenshandlung einſpie- leten. Auskundſchaffer und Verraͤther hoͤr- ten den Augenblick/ als ſie wieder das natuͤrli- che Recht etwas anfiengen/ auf Geſandten zu ſeyn. Und da das Voͤlcker-Recht erlaubte wie- der die Feinde eigene Rache auszuuͤben; lieffe wieder die Vernunfft: daß man einem wieder die viel aͤrgeren Verraͤther und Meuchelmoͤr- der die Gewalt Urthel und Recht zu hegen/ be- [Spaltenumbruch] nehmen wolte. Arioviſt brach auch noch ſelbige[n] Tag auf; und ſchlug ſein Laͤger zwey tauſend Schritte unter einem Berge neben dem Fluſ- ſe Alduadubis/ wo er ſich mit dem Allius ver- einbart; zwey tauſend Schritte hinter Caͤſars zwey verſchantzten Laͤgern; umb ihm die von denen Sequanern und Heduern zukommende Lebens-Mittel abzuſchneiden. Aus welcher Urſache/ und weil ſeine. Wahrſagerinnen ihm wiederriethen: daß er fuͤr dem neuen Monden nach Art der Spartaner/ welche nicht fuͤr dem Voll-Monden ihr Heer ins Feld fuͤhrten/ mit dem Feinde nicht ſchlagen wolte/ er denn fuͤnff Tage ſein Heer innen hielt/ nur aber taͤglich durch die tapfferen Ritter Baden/ Artenberg und Fryburg mit ſechs tauſend außerleſenen Reutern/ und ſo viel hinten auff die Pferde ge- nommenen Fuß-Kneꝛhten/ welche beym An- fall von Pferden ſprungen/ und zu Fuße ihren Feind antaſteten; hierauff/ wenn es noͤthig ſchien/ ſich wieder auff die Pferde ſchwungen/ oder auch ſich mit einer Hand an den Meyn der Pferde anhielten/ und ſelbten gleiche lieffen/ den Roͤmern und Galliern groſſen Schaden zufuͤgte/ und daher den wegen verhinderter Zu- fuhre bekuͤmmerten Caͤſar noͤthigte; daß er et- liche Tage nach einander ſein Heer/ wiewol ver- gebens/ in Schlacht-Ordnung ſtellte/ auch ei- nes ſeiner Laͤger zuruͤcke fortruͤcken muſte. Wie nun den ſiebenden Tag Caͤſar gegen den Abend ſein Heer wieder in die Laͤger fuͤhrte/ fiel Her- tzog Adolff/ die Grafen Habſpurg/ Kyburg/ E- bersberg/ Solms und Falckenſtein mit dreyſ- ſig tauſend Mann das kleinere Laͤger der Roͤ- mer/ in welcher zwey Legionen und zwantzig tauſend Gallier unter dem Divitiak waren/ ſo grimmig an: daß nach Erlegung beyder Roͤ- miſchen Oberſten und Verwundung Diviti- aks/ wenn nicht der verraͤtheriſche Siwald mit Fleiß die zehende Legion mit ſechs tauſend Lin- gonen haͤtte durch/ und in das beſtuͤrmte Laͤger kommen laſſen/ ſelbtes unzweiffelbar erobert worden
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Siebendes Buch
fen wuͤrde. Hiermit konte ſich Adolff laͤnger
nicht enthalten; ſondern redete den Procillus
mit ernſthaffter Gebehrdung an: Verraͤther!
iſt es nicht genung: daß du und dein Vater
dein Vaterland verkaufft? giebſtu noch einen
Kupler des Hurenbalgs Theudelindens ab?
Meineſtu: daß Caͤſars Kebs-Weib einem deut-
ſchen Fuͤrſten zur Gemahlin wol tauge? und
traueſtu dir wol zu mich nicht nur zum Verraͤ-
ther Deutſchlandes/ ſondern auch zum Bruder-
Moͤrder zu machen? Adolff befahl auch alsbald
den Procillus in Hafft zu nehmen/ gieng zum
Koͤnige/ erzehlte ihm des Procillus Anmuthen/
und beſtaͤrckte es durch das Schreiben Theu-
delindens; in welchem ſie Adolffen fuͤrmahlete:
daß ſie ohne Arioviſtens Unter gang ihrer Liebe
nicht genuͤſſen; mit ſelbtem aber er zugleich den
Alemanniſchen Reichs-Stab in die Hand be-
kommen koͤnte. Arioviſt ward hieruͤber ſo er-
bittert: daß er den Procillus und Mettius in
Band und Eiſen ſchlagen; ihre Bedienten a-
ber in das Roͤmiſche Laͤger ſicher bringen ließ-
Ob nun wol Caͤſar durch einen andern Geſand-
ten ſolches fuͤr eine Verletzung des Voͤlcker-
Rechts/ welches die Geſandten fuͤr heilig und
unverſehrlich hielte/ auffnahm/ und mit Dreu-
en ihre Erledigung ſuchte; ſo antwortete doch
Arioviſt: das Recht ſeiner ſelbſt eigenen Be-
ſchirmung wieder Verraͤther und Meuchel-
Moͤrder waͤre viel aͤlter/ als die Freyheit der
Geſandten; darunter dieſe nicht waͤre: daß ſie
ohne Gefahr den Untergang eines Fuͤrſten ſu-
chen moͤchten; zu welchem ſie ſich unter dem
Schein angezielter Friedenshandlung einſpie-
leten. Auskundſchaffer und Verraͤther hoͤr-
ten den Augenblick/ als ſie wieder das natuͤrli-
che Recht etwas anfiengen/ auf Geſandten zu
ſeyn. Und da das Voͤlcker-Recht erlaubte wie-
der die Feinde eigene Rache auszuuͤben; lieffe
wieder die Vernunfft: daß man einem wieder
die viel aͤrgeren Verraͤther und Meuchelmoͤr-
der die Gewalt Urthel und Recht zu hegen/ be-
nehmen wolte. Arioviſt brach auch noch ſelbigen
Tag auf; und ſchlug ſein Laͤger zwey tauſend
Schritte unter einem Berge neben dem Fluſ-
ſe Alduadubis/ wo er ſich mit dem Allius ver-
einbart; zwey tauſend Schritte hinter Caͤſars
zwey verſchantzten Laͤgern; umb ihm die von
denen Sequanern und Heduern zukommende
Lebens-Mittel abzuſchneiden. Aus welcher
Urſache/ und weil ſeine. Wahrſagerinnen ihm
wiederriethen: daß er fuͤr dem neuen Monden
nach Art der Spartaner/ welche nicht fuͤr dem
Voll-Monden ihr Heer ins Feld fuͤhrten/ mit
dem Feinde nicht ſchlagen wolte/ er denn fuͤnff
Tage ſein Heer innen hielt/ nur aber taͤglich
durch die tapfferen Ritter Baden/ Artenberg
und Fryburg mit ſechs tauſend außerleſenen
Reutern/ und ſo viel hinten auff die Pferde ge-
nommenen Fuß-Kneꝛhten/ welche beym An-
fall von Pferden ſprungen/ und zu Fuße ihren
Feind antaſteten; hierauff/ wenn es noͤthig
ſchien/ ſich wieder auff die Pferde ſchwungen/
oder auch ſich mit einer Hand an den Meyn der
Pferde anhielten/ und ſelbten gleiche lieffen/
den Roͤmern und Galliern groſſen Schaden
zufuͤgte/ und daher den wegen verhinderter Zu-
fuhre bekuͤmmerten Caͤſar noͤthigte; daß er et-
liche Tage nach einander ſein Heer/ wiewol ver-
gebens/ in Schlacht-Ordnung ſtellte/ auch ei-
nes ſeiner Laͤger zuruͤcke fortruͤcken muſte. Wie
nun den ſiebenden Tag Caͤſar gegen den Abend
ſein Heer wieder in die Laͤger fuͤhrte/ fiel Her-
tzog Adolff/ die Grafen Habſpurg/ Kyburg/ E-
bersberg/ Solms und Falckenſtein mit dreyſ-
ſig tauſend Mann das kleinere Laͤger der Roͤ-
mer/ in welcher zwey Legionen und zwantzig
tauſend Gallier unter dem Divitiak waren/ ſo
grimmig an: daß nach Erlegung beyder Roͤ-
miſchen Oberſten und Verwundung Diviti-
aks/ wenn nicht der verraͤtheriſche Siwald mit
Fleiß die zehende Legion mit ſechs tauſend Lin-
gonen haͤtte durch/ und in das beſtuͤrmte Laͤger
kommen laſſen/ ſelbtes unzweiffelbar erobert
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 996[998]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1060>, abgerufen am 23.07.2024. |