Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
Tapfferkeit geschlagen worden wären; seineUnterthanen ihm wegen seiner Grausamkeit gram/ die Nachbarn wegen besagter Unterdrü- ckung heimlich feind/ die Deutschen im fechten grossen theils nackt/ die Römer gewaffnet wä- ren; jene im Grimm/ diese mit Vernunfft ihren Feind antasteten/ und ihre grosse Leiber zu Em- pfahung/ der Römer geschickte Glieder aber zu Beybringung der Wunden geschickter wären; so hörten sie ihn doch mit tauben Ohren/ und gefrornem Hertzen; also: daß er theils die/ auff welche er ein so grosses Vertrauen setzte/ zu großmüthiger Entschlüssung mehr entzündete/ theils die als furchtsam ihnen nachgesetzten durch Scham zu Leistung ihrer Pflicht brächte/ sich verlauten ließ: Er wolte mit der einigen zehen- den Legion Ariovisten die Stirne bieten/ und entweder den Sieg erwerben/ oder das Leben einbißen. Alles dieses aber hätte nicht vermocht denen/ die schon ein Hasen-Hertzim Busem hat- ten/ Bezeugungen der Löwen einzureden; wenn nicht der Verräther seines Vaterlandes Divi- tiak mit zwölff tausend Bojen/ Liscus mit so viel Heduern/ Divico mit zwantzig tausend Helve- tiern/ welchen die Alemänner in ihrem Vater- lande keinen Sitz hatten einräumen wollen/ Cavarin mit dreyßig tausend Leuzern/ Lingo- nen und Semnonern Cäsarn zu Hülffe kom- men wären; ja auch Divitiak ihn versichert hätte: daß er einen der fürnehmsten Kriegs- Obersten des Königs Ariovists durch die Liebe seiner Tochter derogestalt gefässelt hätte: daß er wieder sie kein Glied regen/ ja ihnen vielmehr selbst den Sieg in die Hände spielen würde. So wäre auch Ariovistens eigener Bruder A- dolf in die gefangene Tochter Orgetorichs Theudelinda so sehr verliebet: daß er sie zu ei- nem bequemen Werckzeuge seines Sieges ge- brauchen könte. Uber diß wären ihm in diesen Ländern/ ja in den tieffsten Wildnüßen alle Fußsteige und Löcher so bekandt: daß ihnen leicht niemand unversehens über den Hals kom- [Spaltenumbruch] men könte. Mit dieser versammleten Macht rückte Cäsar/ Divitiaks Wegweisung nach/ A- riovisten entgegen; welcher den siebenden Tag bey Näherung beyder Heere Cäsarn wissen ließ: Er wäre nun dar/ entweder durch Unterredung den Frieden zu unterhalten/ oder durch den Degen den unrechtmäßigen Einfall abzuleh- nen. Cäsar/ ob er wol keine Eintracht/ sondern alleine den Krieg im Schilde führte/ beliebte in der Mitte beyder Heere auf einem in einer Fläche liegenden Hügel eine Zusammenkunfft/ Ariovist nahm um keinem dem andern an Treu und Tapfferkeit nachzusetzen/ zu seiner Versi- cherung zehn aus so viel ihm gehorchenden Völ- ckern erlesene Ritter/ Cäsar aber so viel Römer/ die er alle aus der zehenden Legion auslaaß und zu Pferde setzte/ zu sich; er stellte aber aus Miß- trauen zwey hundert Schritte hinter einen Hü- gel selbige gantze Legion. Wie nun Cäsar bey der Zusammenkunfft sich zwar über der herrli- chen Gestalt Ariovistens verwunderte; Gleich- wol aber seinen vorigen Anmuthungen etwas abzunehmen ihm verkleinerlich hielt; hingegen König Ariovist sich auf seine Hoheit und Recht/ und daß er die ihn daselbst zum ersten mit Kriege antastenden Gallier durchs Kriegs-Recht be- zwungen/ theils die ihn zum Schutzherrn frey- willig erkiesenden sich ihm unterworffen hätten/ gründete. Dahero er seine Unterthanen so wenig/ als die Römer die nur unter ihren Schirm genommenen/ ihm könte abspenstig machen lassen. Wären die Heduer der Römer Bundsgenossen gewest; hätten sie selbte von seiner Beleidigung abhalten sollen; und wäre ihm nicht unbekandt: daß selbiger Bund mehr in Worten als Wercken bestanden/ beyde Völ- cker auch ihre Freundsch afft vielmahl an Nagel gehenckt hätten. Es wäre genung: daß er der Römer den Heduern heimlich geleistete Hülffe für keinen Friedens-Bruch auffgenommen; al- so könte er ohne seine Verkleinerung mehr Un- recht nicht verschmertzen; und da Cäsar nicht sein
Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
Tapfferkeit geſchlagen worden waͤren; ſeineUnterthanen ihm wegen ſeiner Grauſamkeit gram/ die Nachbarn wegen beſagter Unterdruͤ- ckung heimlich feind/ die Deutſchen im fechten groſſen theils nackt/ die Roͤmer gewaffnet waͤ- ren; jene im Grimm/ dieſe mit Vernunfft ihren Feind antaſteten/ und ihre groſſe Leiber zu Em- pfahung/ der Roͤmer geſchickte Glieder aber zu Beybringung der Wunden geſchickter waͤren; ſo hoͤrten ſie ihn doch mit tauben Ohren/ und gefrornem Hertzen; alſo: daß er theils die/ auff welche er ein ſo groſſes Vertrauen ſetzte/ zu großmuͤthiger Entſchluͤſſung mehr entzuͤndete/ theils die als fuꝛchtſam ihnen nachgeſetzten duꝛch Scham zu Leiſtung ihrer Pflicht braͤchte/ ſich verlauten ließ: Er wolte mit der einigen zehen- den Legion Arioviſten die Stirne bieten/ und entweder den Sieg erwerben/ oder das Leben einbißen. Alles dieſes aber haͤtte nicht vermocht denen/ die ſchon ein Haſen-Hertzim Buſem hat- ten/ Bezeugungen der Loͤwen einzureden; weñ nicht der Verraͤther ſeines Vaterlandes Divi- tiak mit zwoͤlff tauſend Bojen/ Liſcus mit ſo viel Heduern/ Divico mit zwantzig tauſend Helve- tiern/ welchen die Alemaͤnner in ihrem Vater- lande keinen Sitz hatten einraͤumen wollen/ Cavarin mit dreyßig tauſend Leuzern/ Lingo- nen und Semnonern Caͤſarn zu Huͤlffe kom- men waͤren; ja auch Divitiak ihn verſichert haͤtte: daß er einen der fuͤrnehmſten Kriegs- Oberſten des Koͤnigs Arioviſts durch die Liebe ſeiner Tochter derogeſtalt gefaͤſſelt haͤtte: daß er wieder ſie kein Glied regen/ ja ihnen vielmehr ſelbſt den Sieg in die Haͤnde ſpielen wuͤrde. So waͤre auch Arioviſtens eigener Bruder A- dolf in die gefangene Tochter Orgetorichs Theudelinda ſo ſehr verliebet: daß er ſie zu ei- nem bequemen Werckzeuge ſeines Sieges ge- brauchen koͤnte. Uber diß waͤren ihm in dieſen Laͤndern/ ja in den tieffſten Wildnuͤßen alle Fußſteige und Loͤcher ſo bekandt: daß ihnen leicht niemand unverſehens uͤber den Hals kom- [Spaltenumbruch] men koͤnte. Mit dieſer verſammleten Macht ruͤckte Caͤſar/ Divitiaks Wegweiſung nach/ A- rioviſten entgegen; welcher den ſiebenden Tag bey Naͤherung beyder Heere Caͤſarn wiſſen ließ: Er waͤre nun dar/ entweder durch Unterredung den Frieden zu unterhalten/ oder durch den Degen den unrechtmaͤßigen Einfall abzuleh- nen. Caͤſar/ ob er wol keine Eintracht/ ſondern alleine den Krieg im Schilde fuͤhrte/ beliebte in der Mitte beyder Heere auf einem in einer Flaͤche liegenden Huͤgel eine Zuſammenkunfft/ Arioviſt nahm um keinem dem andern an Treu und Tapfferkeit nachzuſetzen/ zu ſeiner Verſi- cherung zehn aus ſo viel ihm gehorchenden Voͤl- ckern erleſene Ritter/ Caͤſar aber ſo viel Roͤmer/ die er alle aus der zehenden Legion auslaaß und zu Pferde ſetzte/ zu ſich; er ſtellte aber aus Miß- trauen zwey hundert Schritte hinter einen Huͤ- gel ſelbige gantze Legion. Wie nun Caͤſar bey der Zuſammenkunfft ſich zwar uͤber der herꝛli- chen Geſtalt Arioviſtens verwunderte; Gleich- wol aber ſeinen vorigen Anmuthungen etwas abzunehmen ihm verkleinerlich hielt; hingegen Koͤnig Arioviſt ſich auf ſeine Hoheit und Recht/ und daß er die ihn daſelbſt zum erſten mit Kriege antaſtenden Gallier durchs Kriegs-Recht be- zwungen/ theils die ihn zum Schutzherꝛn frey- willig erkieſenden ſich ihm unterwoꝛffen haͤtten/ gruͤndete. Dahero er ſeine Unterthanen ſo wenig/ als die Roͤmer die nur unter ihren Schirm genommenen/ ihm koͤnte abſpenſtig machen laſſen. Waͤren die Heduer der Roͤmer Bundsgenoſſen geweſt; haͤtten ſie ſelbte von ſeiner Beleidigung abhalten ſollen; und waͤre ihm nicht unbekandt: daß ſelbiger Bund mehr in Worten als Wercken beſtanden/ beyde Voͤl- cker auch ihre Freundſch afft vielmahl an Nagel gehenckt haͤtten. Es waͤre genung: daß er der Roͤmer den Heduern heimlich geleiſtete Huͤlffe fuͤr keinen Friedens-Bruch auffgenommen; al- ſo koͤnte er ohne ſeine Verkleinerung mehr Un- recht nicht verſchmertzen; und da Caͤſar nicht ſein
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Siebendes Buch
Tapfferkeit geſchlagen worden waͤren; ſeine
Unterthanen ihm wegen ſeiner Grauſamkeit
gram/ die Nachbarn wegen beſagter Unterdruͤ-
ckung heimlich feind/ die Deutſchen im fechten
groſſen theils nackt/ die Roͤmer gewaffnet waͤ-
ren; jene im Grimm/ dieſe mit Vernunfft ihren
Feind antaſteten/ und ihre groſſe Leiber zu Em-
pfahung/ der Roͤmer geſchickte Glieder aber zu
Beybringung der Wunden geſchickter waͤren;
ſo hoͤrten ſie ihn doch mit tauben Ohren/ und
gefrornem Hertzen; alſo: daß er theils die/ auff
welche er ein ſo groſſes Vertrauen ſetzte/ zu
großmuͤthiger Entſchluͤſſung mehr entzuͤndete/
theils die als fuꝛchtſam ihnen nachgeſetzten duꝛch
Scham zu Leiſtung ihrer Pflicht braͤchte/ ſich
verlauten ließ: Er wolte mit der einigen zehen-
den Legion Arioviſten die Stirne bieten/ und
entweder den Sieg erwerben/ oder das Leben
einbißen. Alles dieſes aber haͤtte nicht vermocht
denen/ die ſchon ein Haſen-Hertzim Buſem hat-
ten/ Bezeugungen der Loͤwen einzureden; weñ
nicht der Verraͤther ſeines Vaterlandes Divi-
tiak mit zwoͤlff tauſend Bojen/ Liſcus mit ſo viel
Heduern/ Divico mit zwantzig tauſend Helve-
tiern/ welchen die Alemaͤnner in ihrem Vater-
lande keinen Sitz hatten einraͤumen wollen/
Cavarin mit dreyßig tauſend Leuzern/ Lingo-
nen und Semnonern Caͤſarn zu Huͤlffe kom-
men waͤren; ja auch Divitiak ihn verſichert
haͤtte: daß er einen der fuͤrnehmſten Kriegs-
Oberſten des Koͤnigs Arioviſts durch die Liebe
ſeiner Tochter derogeſtalt gefaͤſſelt haͤtte: daß er
wieder ſie kein Glied regen/ ja ihnen vielmehr
ſelbſt den Sieg in die Haͤnde ſpielen wuͤrde.
So waͤre auch Arioviſtens eigener Bruder A-
dolf in die gefangene Tochter Orgetorichs
Theudelinda ſo ſehr verliebet: daß er ſie zu ei-
nem bequemen Werckzeuge ſeines Sieges ge-
brauchen koͤnte. Uber diß waͤren ihm in dieſen
Laͤndern/ ja in den tieffſten Wildnuͤßen alle
Fußſteige und Loͤcher ſo bekandt: daß ihnen
leicht niemand unverſehens uͤber den Hals kom-
men koͤnte. Mit dieſer verſammleten Macht
ruͤckte Caͤſar/ Divitiaks Wegweiſung nach/ A-
rioviſten entgegen; welcher den ſiebenden Tag
bey Naͤherung beyder Heere Caͤſarn wiſſen ließ:
Er waͤre nun dar/ entweder durch Unterredung
den Frieden zu unterhalten/ oder durch den
Degen den unrechtmaͤßigen Einfall abzuleh-
nen. Caͤſar/ ob er wol keine Eintracht/ ſondern
alleine den Krieg im Schilde fuͤhrte/ beliebte in
der Mitte beyder Heere auf einem in einer
Flaͤche liegenden Huͤgel eine Zuſammenkunfft/
Arioviſt nahm um keinem dem andern an Treu
und Tapfferkeit nachzuſetzen/ zu ſeiner Verſi-
cherung zehn aus ſo viel ihm gehorchenden Voͤl-
ckern erleſene Ritter/ Caͤſar aber ſo viel Roͤmer/
die er alle aus der zehenden Legion auslaaß und
zu Pferde ſetzte/ zu ſich; er ſtellte aber aus Miß-
trauen zwey hundert Schritte hinter einen Huͤ-
gel ſelbige gantze Legion. Wie nun Caͤſar bey
der Zuſammenkunfft ſich zwar uͤber der herꝛli-
chen Geſtalt Arioviſtens verwunderte; Gleich-
wol aber ſeinen vorigen Anmuthungen etwas
abzunehmen ihm verkleinerlich hielt; hingegen
Koͤnig Arioviſt ſich auf ſeine Hoheit und Recht/
und daß er die ihn daſelbſt zum erſten mit Kriege
antaſtenden Gallier durchs Kriegs-Recht be-
zwungen/ theils die ihn zum Schutzherꝛn frey-
willig erkieſenden ſich ihm unterwoꝛffen haͤtten/
gruͤndete. Dahero er ſeine Unterthanen ſo
wenig/ als die Roͤmer die nur unter ihren
Schirm genommenen/ ihm koͤnte abſpenſtig
machen laſſen. Waͤren die Heduer der Roͤmer
Bundsgenoſſen geweſt; haͤtten ſie ſelbte von
ſeiner Beleidigung abhalten ſollen; und waͤre
ihm nicht unbekandt: daß ſelbiger Bund mehr
in Worten als Wercken beſtanden/ beyde Voͤl-
cker auch ihre Freundſch afft vielmahl an Nagel
gehenckt haͤtten. Es waͤre genung: daß er der
Roͤmer den Heduern heimlich geleiſtete Huͤlffe
fuͤr keinen Friedens-Bruch auffgenommen; al-
ſo koͤnte er ohne ſeine Verkleinerung mehr Un-
recht nicht verſchmertzen; und da Caͤſar nicht
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