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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] daß Cäsar auff des Römischen Raths Befehl
ihm sein Recht abzwingen/ und ihre Freund-
schafft zertrennen solte. Wolten sie aber sich
an ihn reiben; müste er mit seinen Deutschen/
derer Handwerck ohne diß der Krieg wäre/ und
die schon vierzehn Jahr unter freyem Himmel
geschlaffen/ nur Gewalt mit Gewalt ableh-
nen. Der Römische Rath konte Cäsars Be-
ginnen nicht billichen; ja/ weil kurtz hierauff
nach Rom verlautete: daß Cäsar in Ariovistens
Gebiete feindlich eingefallen wäre; riethen
Bibulus/ Cato/ Lucius Domitius/ Cicero/ Ra-
birius und Metellus: man solte den unruhigen
Kopff Cäsarn/ welcher ohne diß nicht mit Wil-
len des Raths/ sondern durch Unterschlieff/ und
das Vatinische Gesetze Galliens Verwaltung
an sich gezogen hätte/ wegen unrechtmäßigen
Krieges Ariovisten zur Straffe lieffern. Sei-
ne Freunde/ und das Absehen auf das in seinen
Händen stehende Hefft der Kriegs-Macht mil-
derte es so weit: daß Cäsarn allein dieser Krieg
verboten ward. Aber Cäsar hatte schon der
Sequaner zwar wegen des sie fast gar umströ-
menden Flusses Alduasdubis/ und einer natür-
lichen Berg-Mauer feste/ aber unbesetzte
Stadt Vesontio überrumpelt; Daher schrieb
er nach Rom: das Spiel wäre schon/ wiewol
anfangs durch Ariovisten/ angefangen; welcher
auffs neue zwantzig tausend Haruden aus
Deutschland bey der Stadt Arborosa zu höch-
ster Gefahr der Segusianer eingesetzt/ und
durch sie von den Heduern die alte Schatzung
erprest hätte. So hätten ihm auch die Trevi-
rer Kummer-hafft geklagt: daß Ariovistens
Vettern Nasua und Cimber mit hundert tau-
send Catten bey ihnen einzubrechen am Rheine
fertig stünden. Also würde bey längerer Nach-
sicht nicht nur das Narbonische Gallien/ son-
dern Jtalien selbst abermahls dieser unbändi-
gen Völcker Raub werden.

Jnzwischen kam das Geschrey nach Veson-
tio: daß König Ariovist mit einem mächtigen
Heere im Anzuge wäre; die Fürsten Nasua und
[Spaltenumbruch] Cimber aber mit einem nicht geringern den Rö-
mern auflauerten. Wie nun die Heduer und
andern Gallier der Alemänner Grösse und
Streitbarkeit/ derer Angesichter sie nicht einst
hätten vertragen können/ heraus striechen; in
dem wie der Mittag dem kalten Saturnus/
der die Menschen tieffsinnig machte/ also der
kalte Nord dem feurigen Kriegs-Gotte unter-
worffen wäre/ und durch die eusserliche Kälte
die innerliche Hitze beysammen hielte; kam die
Römer eine solche Furcht an: daß die Edlen
aus allerhand Fürwand/ und insonderheit/ weil
der Römische Rath den Krieg wieder die Deut-
schen nie beliebt/ Ariovist nichts verbrochen hät-
te/ und eines unrechten Krieges Ausschlag
nichts als Verterben seyn könte/ das Läger ver-
liessen; die aus Noth oder Scham zurück blei-
benden aber sich weibischer Thränen nicht ent-
halten konten/ und ihren letzten Willen versie-
gelten; die vernünfftigsten ihre Zagheit mit der
gefährlichen Reise/ dicken Wäldern/ und Ab-
gang der Lebens-Mittel verkleideten; ja end-
lich die zitternden Kriegs-Knechte ihren Obern
nicht mehr gehorsamten. Ob nun wol Cäsar
durch allerhand Schein/ und fürnehmlich: daß
der Rath ihm über vier Legionen auf fünff Jahr
lang die Verwaltung anvertrauet; also wieder
wen er zu kriegen für Recht und rathsam hielte/
heimgestellt/ Ariovist zwar noch keine thätliche
Feindschafft wieder Rom verübt; aber/ wie aus
seiner verweigerten Unterredung leicht zu schlüs-
sen wäre/ Gall und Gifft im Hertzen gekocht/
und durch sein Mißtrauen seine Beleidigung
erkennet/ ja durch sein blosses Aussenbleiben ei-
nen Römischen Feldherrn zu sehr beschimpfft/
und Rom beleidiget hätte/ sein Beginnen zu
rechtfertigen; seinem Heere aber dadurch ein
Hertz einzureden versuchte: daß die von ihnen
überwundenen Helvetier mehrmahls denen A-
lemännern ob gesiegt hätten; die Gallier aber
bey der Stadt Amagetrobia von dem lange
eingeschlossenen und bey nahe zur Verzweife-
lung gebrachten Ariovist mehr durch Arglist als

Tapfer-
Erster Theil. K k k k k k

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] daß Caͤſar auff des Roͤmiſchen Raths Befehl
ihm ſein Recht abzwingen/ und ihre Freund-
ſchafft zertrennen ſolte. Wolten ſie aber ſich
an ihn reiben; muͤſte er mit ſeinen Deutſchen/
derer Handwerck ohne diß der Krieg waͤre/ und
die ſchon vierzehn Jahr unter freyem Himmel
geſchlaffen/ nur Gewalt mit Gewalt ableh-
nen. Der Roͤmiſche Rath konte Caͤſars Be-
ginnen nicht billichen; ja/ weil kurtz hierauff
nach Rom verlautete: daß Caͤſar in Arioviſtens
Gebiete feindlich eingefallen waͤre; riethen
Bibulus/ Cato/ Lucius Domitius/ Cicero/ Ra-
birius und Metellus: man ſolte den unruhigen
Kopff Caͤſarn/ welcher ohne diß nicht mit Wil-
len des Raths/ ſondern durch Unterſchlieff/ und
das Vatiniſche Geſetze Galliens Verwaltung
an ſich gezogen haͤtte/ wegen unrechtmaͤßigen
Krieges Arioviſten zur Straffe lieffern. Sei-
ne Freunde/ und das Abſehen auf das in ſeinen
Haͤnden ſtehende Hefft der Kriegs-Macht mil-
derte es ſo weit: daß Caͤſarn allein dieſer Krieg
verboten ward. Aber Caͤſar hatte ſchon der
Sequaner zwar wegen des ſie faſt gar umſtroͤ-
menden Fluſſes Alduasdubis/ und einer natuͤr-
lichen Berg-Mauer feſte/ aber unbeſetzte
Stadt Veſontio uͤberrumpelt; Daher ſchrieb
er nach Rom: das Spiel waͤre ſchon/ wiewol
anfangs durch Arioviſten/ angefangen; welcher
auffs neue zwantzig tauſend Haruden aus
Deutſchland bey der Stadt Arboroſa zu hoͤch-
ſter Gefahr der Seguſianer eingeſetzt/ und
durch ſie von den Heduern die alte Schatzung
erpreſt haͤtte. So haͤtten ihm auch die Trevi-
rer Kummer-hafft geklagt: daß Arioviſtens
Vettern Naſua und Cimber mit hundert tau-
ſend Catten bey ihnen einzubrechen am Rheine
fertig ſtuͤnden. Alſo wuͤrde bey laͤngerer Nach-
ſicht nicht nur das Narboniſche Gallien/ ſon-
dern Jtalien ſelbſt abermahls dieſer unbaͤndi-
gen Voͤlcker Raub werden.

Jnzwiſchen kam das Geſchrey nach Veſon-
tio: daß Koͤnig Arioviſt mit einem maͤchtigen
Heere im Anzuge waͤre; die Fuͤrſten Naſua und
[Spaltenumbruch] Cimber aber mit einem nicht geringern den Roͤ-
mern auflauerten. Wie nun die Heduer und
andern Gallier der Alemaͤnner Groͤſſe und
Streitbarkeit/ derer Angeſichter ſie nicht einſt
haͤtten vertragen koͤnnen/ heraus ſtriechen; in
dem wie der Mittag dem kalten Saturnus/
der die Menſchen tieffſinnig machte/ alſo der
kalte Nord dem feurigen Kriegs-Gotte unter-
worffen waͤre/ und durch die euſſerliche Kaͤlte
die innerliche Hitze beyſammen hielte; kam die
Roͤmer eine ſolche Furcht an: daß die Edlen
aus allerhand Fuͤrwand/ und inſonderheit/ weil
der Roͤmiſche Rath den Krieg wieder die Deut-
ſchen nie beliebt/ Arioviſt nichts verbrochen haͤt-
te/ und eines unrechten Krieges Ausſchlag
nichts als Verterben ſeyn koͤnte/ das Laͤger ver-
lieſſen; die aus Noth oder Scham zuruͤck blei-
benden aber ſich weibiſcher Thraͤnen nicht ent-
halten konten/ und ihren letzten Willen verſie-
gelten; die vernuͤnfftigſten ihre Zagheit mit der
gefaͤhrlichen Reiſe/ dicken Waͤldern/ und Ab-
gang der Lebens-Mittel verkleideten; ja end-
lich die zitternden Kriegs-Knechte ihren Obern
nicht mehr gehorſamten. Ob nun wol Caͤſar
durch allerhand Schein/ und fuͤrnehmlich: daß
der Rath ihm uͤber vier Legionen auf fuͤnff Jahr
lang die Verwaltung anvertrauet; alſo wieder
wen er zu kriegen fuͤr Recht und rathſam hielte/
heimgeſtellt/ Arioviſt zwar noch keine thaͤtliche
Feindſchafft wieder Rom veruͤbt; aber/ wie aus
ſeiner verweigeꝛten Unterꝛedung leicht zu ſchluͤſ-
ſen waͤre/ Gall und Gifft im Hertzen gekocht/
und durch ſein Mißtrauen ſeine Beleidigung
erkennet/ ja durch ſein bloſſes Auſſenbleiben ei-
nen Roͤmiſchen Feldherꝛn zu ſehr beſchimpfft/
und Rom beleidiget haͤtte/ ſein Beginnen zu
rechtfertigen; ſeinem Heere aber dadurch ein
Hertz einzureden verſuchte: daß die von ihnen
uͤberwundenen Helvetier mehrmahls denen A-
lemaͤnnern ob geſiegt haͤtten; die Gallier aber
bey der Stadt Amagetrobia von dem lange
eingeſchloſſenen und bey nahe zur Verzweife-
lung gebrachten Arioviſt mehr durch Argliſt als

Tapfer-
Erſter Theil. K k k k k k
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 993[995]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1057>, abgerufen am 23.11.2024.