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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Cäsar die gegen dem Flusse Ligeris absackenden
Helvetier verlassen/ und aus Mangel der Le-
bens-Mittel sich recht und Ostwerts gegen Bi-
bracte wenden muste. Die Helvetier wendeten
hiermit ihre Deichsel um/ verfolgten die Rö-
mer/ die Cäsar auf einem zu ersteigen schweren
Berge in vortheilhafftige Schlacht-Ordnung
gestellt hatte. Gleichwol brachte der junge
Fürst Orgetorich der Römer und Heduer
Reuterey in die Flucht. Die fünff Römischen
Legionen aber thäten mehr verzweiffelte als
hertzhaffte Gegenwehr; und konte Labienus
mit Forwerffung eines Römischen Adlers
Cäsarn mit genauer Noth aus den Händen der
ihn umringenden Bojen erretten. Die
Schlacht währete vom Morgen biß drey
Stunden für Abend mit solcher Hartnäckigkeit:
daß kein Theil dem andern einen Fuß breit Er-
de einräumete. Nach dem aber die Römer
an einem allzuvortheilhafftigen Orte fochten/
da die Reuterey ihnen nicht bey konte/ durch
der Helvetier höltzerne oder lederne Schilde
hingegen die Römischen Wurff-Spiesse meist
durchdrangen/ und sich darinnen das Eisen
krümmete: daß sie selbte nicht heraus ziehen/
sondern die Schilde wegwerffen und unbe-
deckt fechten musten/ liessen ihre Krieges-Ober-
sten sie sich mit Fleiß gegen einem andern Ber-
ge zurücke ziehen. Wie nun die Römer ih-
nen aus eingebildeten Siege folgeten/ fielen
funffzehn tausend Bojen und Tulinger ihnen
in die Seite; verwundeten den Labienus; und
hielten beyde Heere biß in den sinckenden Abend
derogestalt einander die Wage: daß kein Theil
des Sieges; oder daß er seinen Feind ihm hät-
te den Rücken drehen sehen/ sich rühmen dorff-
te. Um Mitternacht stürmeten beyde Thei-
le einander das Läger; worüber aber zu gros-
sem Nachtheile der Helvetier der sich allezeit
unter die Feinde wagende Orgetorich mit ei-
nem Sohne und einer streitbaren Tochter Li-
[Spaltenumbruch] sanue/ welche den Tag vorher zehn Feinde er-
legt hatte/ gefangen ward. Weil nun Cäsar
in Sorgen stand: daß die Helvetier früh auffs
neue mit ihm anbinden würden/ erkauffte er
einen Gallier: daß er zu den Helvetiern über-
lieff/ und als wenn er vom Fürsten Dumno-
rich geschickt wäre/ sie warnigte: daß den [a]n-
dern Tag zwey frische Legionen Römer und
zwantzig tausend Narbonische Gallier zum
Cäsar stossen würden; der Fluß Ligeris auch
allbereit gegen sie starck besetzt wäre. Dieses
bewegte die Helvetier: daß sie ihren Zug in
der Lingoner Gebiete gegen die Stadt Ando-
matum an dem Brunnen des Flusses Matro-
na einrichteten. Weil aber die Lingonen auf
Divitiaks Beredung so/ wie die Heduer/ mit
den Römern in Bündniß getreten waren/ und
sich für der Helvetier Unterdrückung besorg-
ten/ verhieben sie ihnen die Wälder/ besetzten
alle Wege; also: daß sie nunmehr in nicht
geringe Hungers-Noth verfielen; iedoch weil
Cäsar mit einem verzweiffelten Feinde noch
einmahl zu schlagen Bedencken trug/ auch die
ihm verdächtigen Alemänner und Helvetier
an einander zu hetzen vermeinte/ mit ihnen
einen Vergleich machte: daß sie über den Fluß
Arar durch der Rauraker Landschafft wieder
ihren alten Sitz einnehmen mochten/ die Al-
lobroger ihnen auch einen grossen Vorschub
an Gecreide verschaffen musten. Ein Theil
derer/ die an dem Flusse und bey der Stadt Ur-
ba gewohnt hatten/ nahmen das Vogesische
Gebürge ein/ machten ihnen mit dem Schwer-
te einen Weg durch der Leutzer Land/ und
liessen sich am Rheine nieder; Die Heduer a-
ber baten die wegen Enge ihres Landes ausge-
wichenen Bojen: daß sie sich zu ihren Landes-
Leuten um Gergovia niederlassen/ und wie-
der die bey den Sequanern eingenisteten
Deutschen auff den Nothfall beystehen möch-
ten.

Die

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Caͤſar die gegen dem Fluſſe Ligeris abſackenden
Helvetier verlaſſen/ und aus Mangel der Le-
bens-Mittel ſich recht und Oſtwerts gegen Bi-
bracte wenden muſte. Die Helvetier wendeten
hiermit ihre Deichſel um/ verfolgten die Roͤ-
mer/ die Caͤſar auf einem zu erſteigen ſchweren
Berge in vortheilhafftige Schlacht-Ordnung
geſtellt hatte. Gleichwol brachte der junge
Fuͤrſt Orgetorich der Roͤmer und Heduer
Reuterey in die Flucht. Die fuͤnff Roͤmiſchen
Legionen aber thaͤten mehr verzweiffelte als
hertzhaffte Gegenwehr; und konte Labienus
mit Forwerffung eines Roͤmiſchen Adlers
Caͤſarn mit genauer Noth aus den Haͤnden der
ihn umringenden Bojen erretten. Die
Schlacht waͤhrete vom Morgen biß drey
Stunden fuͤr Abend mit ſolcher Hartnaͤckigkeit:
daß kein Theil dem andern einen Fuß breit Er-
de einraͤumete. Nach dem aber die Roͤmer
an einem allzuvortheilhafftigen Orte fochten/
da die Reuterey ihnen nicht bey konte/ durch
der Helvetier hoͤltzerne oder lederne Schilde
hingegen die Roͤmiſchen Wurff-Spieſſe meiſt
durchdrangen/ und ſich darinnen das Eiſen
kruͤmmete: daß ſie ſelbte nicht heraus ziehen/
ſondern die Schilde wegwerffen und unbe-
deckt fechten muſten/ lieſſen ihre Krieges-Ober-
ſten ſie ſich mit Fleiß gegen einem andern Ber-
ge zuruͤcke ziehen. Wie nun die Roͤmer ih-
nen aus eingebildeten Siege folgeten/ fielen
funffzehn tauſend Bojen und Tulinger ihnen
in die Seite; verwundeten den Labienus; und
hielten beyde Heere biß in den ſinckenden Abend
derogeſtalt einander die Wage: daß kein Theil
des Sieges; oder daß er ſeinen Feind ihm haͤt-
te den Ruͤcken drehen ſehen/ ſich ruͤhmen dorff-
te. Um Mitternacht ſtuͤrmeten beyde Thei-
le einander das Laͤger; woruͤber aber zu groſ-
ſem Nachtheile der Helvetier der ſich allezeit
unter die Feinde wagende Orgetorich mit ei-
nem Sohne und einer ſtreitbaren Tochter Li-
[Spaltenumbruch] ſanue/ welche den Tag vorher zehn Feinde er-
legt hatte/ gefangen ward. Weil nun Caͤſar
in Sorgen ſtand: daß die Helvetier fruͤh auffs
neue mit ihm anbinden wuͤrden/ erkauffte er
einen Gallier: daß er zu den Helvetiern uͤber-
lieff/ und als wenn er vom Fuͤrſten Dumno-
rich geſchickt waͤre/ ſie warnigte: daß den [a]n-
dern Tag zwey friſche Legionen Roͤmer und
zwantzig tauſend Narboniſche Gallier zum
Caͤſar ſtoſſen wuͤrden; der Fluß Ligeris auch
allbereit gegen ſie ſtarck beſetzt waͤre. Dieſes
bewegte die Helvetier: daß ſie ihren Zug in
der Lingoner Gebiete gegen die Stadt Ando-
matum an dem Brunnen des Fluſſes Matro-
na einrichteten. Weil aber die Lingonen auf
Divitiaks Beredung ſo/ wie die Heduer/ mit
den Roͤmern in Buͤndniß getreten waren/ und
ſich fuͤr der Helvetier Unterdruͤckung beſorg-
ten/ verhieben ſie ihnen die Waͤlder/ beſetzten
alle Wege; alſo: daß ſie nunmehr in nicht
geringe Hungers-Noth verfielen; iedoch weil
Caͤſar mit einem verzweiffelten Feinde noch
einmahl zu ſchlagen Bedencken trug/ auch die
ihm verdaͤchtigen Alemaͤnner und Helvetier
an einander zu hetzen vermeinte/ mit ihnen
einen Vergleich machte: daß ſie uͤber den Fluß
Arar durch der Rauraker Landſchafft wieder
ihren alten Sitz einnehmen mochten/ die Al-
lobroger ihnen auch einen groſſen Vorſchub
an Gecreide verſchaffen muſten. Ein Theil
derer/ die an dem Fluſſe und bey der Stadt Ur-
ba gewohnt hatten/ nahmen das Vogeſiſche
Gebuͤrge ein/ machten ihnen mit dem Schwer-
te einen Weg durch der Leutzer Land/ und
lieſſen ſich am Rheine nieder; Die Heduer a-
ber baten die wegen Enge ihres Landes ausge-
wichenen Bojen: daß ſie ſich zu ihren Landes-
Leuten um Gergovia niederlaſſen/ und wie-
der die bey den Sequanern eingeniſteten
Deutſchen auff den Nothfall beyſtehen moͤch-
ten.

Die
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 991[993]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1055>, abgerufen am 23.11.2024.