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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Einfahrt im Meer zwischen den Eylanden Vi-
lar und Antros durch eingesenckte Schiffe ver-
stopfft/ also ihnen der Hibernier Hülffe abge-
schnitten/ und sie also durch unmenschlichen
Hunger zur Ubergabe gezwungen wurden. Die
Druyden schaften ihnen ihren Gottesdienst mit
grosser Schärffe ab; da sie doch den Greuel de-
nen Samnitischen Weibern erlaubten/ welche
die Eylande des Aquitanischen Meeres bewoh-
nen/ daselbst gleichsam rasende dem Bacchus
opffern/ ihren Männern auf den Eylanden zu
wohnen nicht verstatten/ sondern zum Bey-
schlaffe ans feste Land überfahren; alle Jahr
das Dach ihres Tempels abbrechen/ und noch
selbige Nacht für der Sonnen Aufgange wie-
der erbauen; worzu iedes Weib eine gewisse Last
herbey schleppen muß/ und die es fallen läst/
von denen andern gleichsam zum Opffer mit ih-
ren Nägeln zerrissen wird. Wiewohl auch her-
nach der großmüthige König der Svessoner
Divitiak denen Eubagen beypflichtete/ und
durch seine Tapfferkeit nicht nur gantz Galli-
en/ sondern auch ein grosses Theil Britanniens
unterwarff; ward er doch durch einen Druys
Meuchelmörderisch aufgerieben; sein unwür-
diger Sohn Galba aber von seiner denen
Druyden zugethanen Mutter ihnen zur Un-
terweisung untergeben. Jnzwischen führten
auch die Bellovaker/ Ambianer/ und Vero-
manduer wieder die Bataver und Menapier/
welche aus Deutschland kommen/ sich an der
Schelde/ Maaß und zwischen dem Rheine nie-
dergelassen/ und in dem Megusianischen Her-
cules-Tempel ihren Gottesdienst eingeführet
hatten/ einen so grausamen Krieg: daß in die-
sem mehr durch die Hände des Henckers/ als
durchs Schwerdt hinfielen. Weil über den
zwischen den Batavern und Galliern einge-
pflantzten Haß die Gallier die Entweihung ih-
rer Heiligthümer/ und sonderlich obigen Tem-
pels zu unmenschlicher Rache verhetzte; welche
sie so weit verleitete: daß sie zwey Morinischen
[Spaltenumbruch] Fürsten/ nur weil sie mit den Menapiern und
Batavern einen billichen Vergleich zu treffen
einriethen/ und deßhalben mit ihrem Fürsten
Julius Tutor/ dessen Enkel gleiches Nahmens
hernach auch mit dem Civilis wieder die Römer
aufstand/ Brieffe gewechselt hatten/ öffentlich
die Köpffe abschlagen liessen/ für denen vorher
etliche mahl der Gallier Feinde erzittert waren.
Wiewol die Bataver und Menapier mit Hülf-
fe ihrer Blutsverwandten der Tribozer und
Catten/ wie auch des Cheruskischen Hertzogs
Aembrichs/ dessen Bruder Cattivolck sie bey
ihm zu ihrem Feld-Herrn ausbaten/ mit dem
Degen ihre Freyheit behaupteten; ja Aembrich
es so weit brachte: daß die in diesen Krieg mit
eingeflochtenen Eburoner seinen Bruder Cat-
tivolck zu ihrem Hertzoge erkieseten.

Jn Deutschland aber dämpfften theils die
Klugheit der Feldherren und anderer glimpff-
lichen Fürsten/ theils die mit denen Daciern
und Sarmatern geführten Kriege das einhei-
mische unter der Aschen glimmende Feuer zwi-
schen den Druyden/ Barden und Eubagen.
Denn wie eusserliche Kälte innerliche Wärm-
de beysammen hält; also ist die auswerts sich nä-
hernde Gefahr auch das kräfftigste Mittel die
gegen einander verbitterten Bürger zur Ein-
tracht zu bringen.

Als aber der deutsche Feld-Herr Malorich
bey ziemlichem Friede starb/ seinen Vetter
Aembrich der Cherusker Hertzog unsers Feld-
Herrn Herrmanns Groß-Vater zum Feld-
Herrn fürschlug; gerieth gantz Deutschland in
ein grausames Krieges-Feuer. Denn ein gros-
ses Reich kan so wenig als ein grosser Leib lange
in Ruh bestehen; indem/ wenn es eusserlich kei-
nen Feind hat/ ihm einen in sich selbst machet.
Die gröste Ursache aber war: daß auf einmahl
in Deutschland vier Fürsten lebten/ derer ieder
würdig war/ das gantze zu beherrschen; nehm-
lich Aembrich der Cherusker und Quaden/ A-
riovist der Alemänner/ Arabar der Catten und

Van-
Erster Theil. J i i i i i

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Einfahrt im Meer zwiſchen den Eylanden Vi-
lar und Antros durch eingeſenckte Schiffe ver-
ſtopfft/ alſo ihnen der Hibernier Huͤlffe abge-
ſchnitten/ und ſie alſo durch unmenſchlichen
Hunger zuꝛ Ubergabe gezwungen wurden. Die
Druyden ſchaften ihnen ihren Gottesdienſt mit
groſſer Schaͤrffe ab; da ſie doch den Greuel de-
nen Samnitiſchen Weibern erlaubten/ welche
die Eylande des Aquitaniſchen Meeres bewoh-
nen/ daſelbſt gleichſam raſende dem Bacchus
opffern/ ihren Maͤnnern auf den Eylanden zu
wohnen nicht verſtatten/ ſondern zum Bey-
ſchlaffe ans feſte Land uͤberfahren; alle Jahr
das Dach ihres Tempels abbrechen/ und noch
ſelbige Nacht fuͤr der Sonnen Aufgange wie-
der erbauen; worzu iedes Weib eine gewiſſe Laſt
herbey ſchleppen muß/ und die es fallen laͤſt/
von denen andern gleichſam zum Opffer mit ih-
ren Naͤgeln zerriſſen wird. Wiewohl auch her-
nach der großmuͤthige Koͤnig der Sveſſoner
Divitiak denen Eubagen beypflichtete/ und
durch ſeine Tapfferkeit nicht nur gantz Galli-
en/ ſondern auch ein groſſes Theil Britanniens
unterwarff; ward er doch durch einen Druys
Meuchelmoͤrderiſch aufgerieben; ſein unwuͤr-
diger Sohn Galba aber von ſeiner denen
Druyden zugethanen Mutter ihnen zur Un-
terweiſung untergeben. Jnzwiſchen fuͤhrten
auch die Bellovaker/ Ambianer/ und Vero-
manduer wieder die Bataver und Menapier/
welche aus Deutſchland kommen/ ſich an der
Schelde/ Maaß und zwiſchen dem Rheine nie-
dergelaſſen/ und in dem Meguſianiſchen Her-
cules-Tempel ihren Gottesdienſt eingefuͤhret
hatten/ einen ſo grauſamen Krieg: daß in die-
ſem mehr durch die Haͤnde des Henckers/ als
durchs Schwerdt hinfielen. Weil uͤber den
zwiſchen den Batavern und Galliern einge-
pflantzten Haß die Gallier die Entweihung ih-
rer Heiligthuͤmer/ und ſonderlich obigen Tem-
pels zu unmenſchlicher Rache verhetzte; welche
ſie ſo weit verleitete: daß ſie zwey Moriniſchen
[Spaltenumbruch] Fuͤrſten/ nur weil ſie mit den Menapiern und
Batavern einen billichen Vergleich zu treffen
einriethen/ und deßhalben mit ihrem Fuͤrſten
Julius Tutor/ deſſen Enkel gleiches Nahmens
hernach auch mit dem Civilis wieder die Roͤmer
aufſtand/ Brieffe gewechſelt hatten/ oͤffentlich
die Koͤpffe abſchlagen lieſſen/ fuͤr denen vorher
etliche mahl der Gallier Feinde erzittert waren.
Wiewol die Bataver und Menapier mit Huͤlf-
fe ihrer Blutsverwandten der Tribozer und
Catten/ wie auch des Cheruskiſchen Hertzogs
Aembrichs/ deſſen Bruder Cattivolck ſie bey
ihm zu ihrem Feld-Herrn ausbaten/ mit dem
Degen ihre Freyheit behaupteten; ja Aembrich
es ſo weit brachte: daß die in dieſen Krieg mit
eingeflochtenen Eburoner ſeinen Bruder Cat-
tivolck zu ihrem Hertzoge erkieſeten.

Jn Deutſchland aber daͤmpfften theils die
Klugheit der Feldherren und anderer glimpff-
lichen Fuͤrſten/ theils die mit denen Daciern
und Sarmatern gefuͤhrten Kriege das einhei-
miſche unter der Aſchen glimmende Feuer zwi-
ſchen den Druyden/ Barden und Eubagen.
Denn wie euſſerliche Kaͤlte innerliche Waͤrm-
de beyſammen haͤlt; alſo iſt die auswerts ſich naͤ-
hernde Gefahr auch das kraͤfftigſte Mittel die
gegen einander verbitterten Buͤrger zur Ein-
tracht zu bringen.

Als aber der deutſche Feld-Herr Malorich
bey ziemlichem Friede ſtarb/ ſeinen Vetter
Aembrich der Cherusker Hertzog unſers Feld-
Herrn Herrmanns Groß-Vater zum Feld-
Herrn fuͤrſchlug; gerieth gantz Deutſchland in
ein grauſames Krieges-Feuer. Denn ein groſ-
ſes Reich kan ſo wenig als ein groſſer Leib lange
in Ruh beſtehen; indem/ wenn es euſſerlich kei-
nen Feind hat/ ihm einen in ſich ſelbſt machet.
Die groͤſte Urſache aber war: daß auf einmahl
in Deutſchland vier Fuͤrſten lebten/ derer ieder
wuͤrdig war/ das gantze zu beherrſchen; nehm-
lich Aembrich der Cherusker und Quaden/ A-
rioviſt der Alemaͤnner/ Arabar der Catten und

Van-
Erſter Theil. J i i i i i
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 985[987]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1049>, abgerufen am 23.11.2024.