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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mit Feuer und Schwerdt dräueten/ die ver-
nünfftigen ihn erinnerten: Er möchte die Lehre
der Druyden nicht gar verwerffen/ sondern die
Spreu von dem Weitzen absondern; so fuhr er
doch mit einem rechten Helden-Muthe fort;
brachte die auf dem Melibokischen Gebürge
wohnenden Druyden selbst/ ja auch die Fürsten
der Hermundurer/ Alemänner und Catten auf
seine Seite. Allem Ansehen nach wäre es um
die Druyden damahls gar geschehen gewest;
sonderlich/ weil Divitiack seine Nachfolger zur
alten Armuth anverwieß/ und sich der weltli-
chen Herrschafft anzumassen verbot; also die
Fürsten nicht nur ihre erste Gewalt/ sondern
auch die unter dem Scheine der Andacht ihnen
entzogene Güter zurück bekamen. Alleine die-
ser scheinbare Anfang kriegte einen gewaltigen
Stoß durch den tieffsinnigen Eubages; welcher
zwar in den meisten Sachen dem Divitiak wie-
der die Druyden beypflichtete; aber alle Ge-
heimnüße nach dem allzuschwachen Mäßstabe
der Vernunfft ausecken; alle Zufälle denen
natürlichen Ursachen zueignen; dem Menschen
den freyen Willen entziehen/ und selbten der
Nothwendigkeit des einflüssenden Gestirnes
unterwerffen wolte. Also spalteten sich die/
welche dem Divitiak und Eubages anhiengen/
gleicher Gestalt/ und nahmen jene den Nahmen
der alten Barden an; diese aber nennten sich
alle Eubagen/ oder auch Vaties. Jedes Theil
erlangte gleichwol von vielen mächtigen Für-
sten in Deutschland/ Gallien und Britannien
eine Beypflichtung; also: daß es fast allenthal-
ben zu bürgerlichen Kriegen ausschlug/ und viel
tausend Seelen unter dem Scheine der Andacht
der blutbegierigen Rache aufgeopffert wurden.
Denn so offt als der Ancker des Gottesdienstes
bewegt wird; so offt erschüttert sich das gantze
Schiff eines Reiches; weil mit dem Glauben
ins gemein die Art und das Gemüthe eines
Volckes verändert wird. Der kluge und gü-
tige Marcomir pflichtete im Hertzen selbst Di-
[Spaltenumbruch] vitiaks Meynungen bey/ ungeachtet er aus
Staats-Klugheit solches nicht öffentlich mer-
cken lassen dorffte. Gleichwol aber hielt er ihm
wieder die Gewalt der Druyden Schutz brach-
te es auch zu einem Frieden. Aber weil die
Einheimischen Zwytrachten selten von Grund
aus geheilet werden/ brachen diese Wunden
nach seinem Tode bey den Celten in Gallien
wieder grausamer auf; indem sein Sohn Hip-
pon den Druyden auffs allereifrigste beypflich-
tete/ und nicht nur viel tausend dem Divitiak
beypflichtende Barden hinrichten; ja auch den
Druys/ in dessen Armen Marcomir gestorben
war/ aus Verdacht gleichmäßigen Glaubens
verbrennen ließ; zu geschweigen: daß etliche
Druyden ihn verhetzten: Er solte seines Vaters
eigene Gebeine ausscharren/ und in Asche ver-
wandeln lassen. Nichts minder verfolgten die
Druyden in Gallien die Eubagen als Tod-
Feinde; wordurch/ den Römern sich täglich da-
selbst zu vergrössern/ Thür und Thor aufgesper-
ret ward. Jnsonderheit wurden die an dem
Fluße Alduaria liegenden Heduer/ bey denen
Divitiak/ und hernach Eubages sich lange auf-
gehalten und ihren Gottesdienst eingeführt hat-
ten/ auf der Sudwesten Seite von den Arver-
nern/ gegen Nord-Ost von denen an dem Flus-
se Alduaria gelegenen Sequanern derogestalt
beängstiget: daß sie sich unter der Römer Schutz
begeben musten. Worzu ihnen denn die Vor-
schrifft des weisen Divitiak an den grossen Rod-
ner hernach Bürgermeister Cicero/ mit wel-
chem er in Gallien verträuliche Freundschafft
gemacht hatte/ sehr behülflich war; wordurch
denn die von ihren Feinden in die Enge we-
niger Festungen getriebene/ aller Kriegs-
Macht und Aecker beraubte Heduer/ welche der
Alemänner König Ariovist gezwungen hatte
ihm Geißeln und jährliche Schatzung zu ge-
ben/ durch die Tapfferkeit ihres Fürsten Pfer-
derichs und den Beystand der Römer wieder
Lufft schöpfften/ ihre vorige Unterthanen und

Lehns-

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mit Feuer und Schwerdt draͤueten/ die ver-
nuͤnfftigen ihn erinnerten: Er moͤchte die Lehre
der Druyden nicht gar verwerffen/ ſondern die
Spreu von dem Weitzen abſondern; ſo fuhr er
doch mit einem rechten Helden-Muthe fort;
brachte die auf dem Melibokiſchen Gebuͤrge
wohnenden Druyden ſelbſt/ ja auch die Fuͤrſten
der Hermundurer/ Alemaͤnner und Catten auf
ſeine Seite. Allem Anſehen nach waͤre es um
die Druyden damahls gar geſchehen geweſt;
ſonderlich/ weil Divitiack ſeine Nachfolger zur
alten Armuth anverwieß/ und ſich der weltli-
chen Herrſchafft anzumaſſen verbot; alſo die
Fuͤrſten nicht nur ihre erſte Gewalt/ ſondern
auch die unter dem Scheine der Andacht ihnen
entzogene Guͤter zuruͤck bekamen. Alleine die-
ſer ſcheinbare Anfang kriegte einen gewaltigen
Stoß durch den tieffſinnigen Eubages; welcher
zwar in den meiſten Sachen dem Divitiak wie-
der die Druyden beypflichtete; aber alle Ge-
heimnuͤße nach dem allzuſchwachen Maͤßſtabe
der Vernunfft ausecken; alle Zufaͤlle denen
natuͤrlichen Urſachen zueignen; dem Menſchen
den freyen Willen entziehen/ und ſelbten der
Nothwendigkeit des einfluͤſſenden Geſtirnes
unterwerffen wolte. Alſo ſpalteten ſich die/
welche dem Divitiak und Eubages anhiengen/
gleicher Geſtalt/ und nahmen jene den Nahmen
der alten Barden an; dieſe aber nennten ſich
alle Eubagen/ oder auch Vaties. Jedes Theil
erlangte gleichwol von vielen maͤchtigen Fuͤr-
ſten in Deutſchland/ Gallien und Britannien
eine Beypflichtung; alſo: daß es faſt allenthal-
ben zu buͤrgerlichen Kriegen ausſchlug/ und viel
tauſend Seelen unter dem Scheine der Andacht
der blutbegierigen Rache aufgeopffert wurden.
Denn ſo offt als der Ancker des Gottesdienſtes
bewegt wird; ſo offt erſchuͤttert ſich das gantze
Schiff eines Reiches; weil mit dem Glauben
ins gemein die Art und das Gemuͤthe eines
Volckes veraͤndert wird. Der kluge und guͤ-
tige Marcomir pflichtete im Hertzen ſelbſt Di-
[Spaltenumbruch] vitiaks Meynungen bey/ ungeachtet er aus
Staats-Klugheit ſolches nicht oͤffentlich mer-
cken laſſen dorffte. Gleichwol aber hielt er ihm
wieder die Gewalt der Druyden Schutz brach-
te es auch zu einem Frieden. Aber weil die
Einheimiſchen Zwytrachten ſelten von Grund
aus geheilet werden/ brachen dieſe Wunden
nach ſeinem Tode bey den Celten in Gallien
wieder grauſamer auf; indem ſein Sohn Hip-
pon den Druyden auffs allereifrigſte beypflich-
tete/ und nicht nur viel tauſend dem Divitiak
beypflichtende Barden hinrichten; ja auch den
Druys/ in deſſen Armen Marcomir geſtorben
war/ aus Verdacht gleichmaͤßigen Glaubens
verbrennen ließ; zu geſchweigen: daß etliche
Druyden ihn verhetzten: Er ſolte ſeines Vaters
eigene Gebeine ausſcharren/ und in Aſche ver-
wandeln laſſen. Nichts minder verfolgten die
Druyden in Gallien die Eubagen als Tod-
Feinde; wordurch/ den Roͤmern ſich taͤglich da-
ſelbſt zu vergroͤſſern/ Thuͤr und Thor aufgeſper-
ret ward. Jnſonderheit wurden die an dem
Fluße Alduaria liegenden Heduer/ bey denen
Divitiak/ und hernach Eubages ſich lange auf-
gehalten und ihren Gottesdienſt eingefuͤhrt hat-
ten/ auf der Sudweſten Seite von den Arver-
nern/ gegen Nord-Oſt von denen an dem Fluſ-
ſe Alduaria gelegenen Sequanern derogeſtalt
beaͤngſtiget: daß ſie ſich unter der Roͤmer Schutz
begeben muſten. Worzu ihnen denn die Vor-
ſchrifft des weiſen Divitiak an den groſſen Rod-
ner hernach Buͤrgermeiſter Cicero/ mit wel-
chem er in Gallien vertraͤuliche Freundſchafft
gemacht hatte/ ſehr behuͤlflich war; wordurch
denn die von ihren Feinden in die Enge we-
niger Feſtungen getriebene/ aller Kriegs-
Macht und Aecker beraubte Heduer/ welche der
Alemaͤnner Koͤnig Arioviſt gezwungen hatte
ihm Geißeln und jaͤhrliche Schatzung zu ge-
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Lufft ſchoͤpfften/ ihre vorige Unterthanen und

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 983[985]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1047>, abgerufen am 23.11.2024.