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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] der wären Hirsche und Löwen/ sind mehr Ent-
schuldigens werth/ als des grossen Alexanders
und Scipions Mütter/ welche sich von Schlan-
gen geschwängert zu seyn hielten; Als Midas/
welcher aus Aberglauben durch Ochsenblut/ und
der Milesische König Aristodemus/ der wegen
eines an seinem Hause gewachsenen Krautes
durchs Schwerdt sich hinrichtete. Und ich weiß
nicht: was ich vom Nicias und seinem gantzen
Heere urtheilen soll; welches in währender
Schlacht bey sich ereignendem Monden-
Finsternüße Degen und Hände sincken/ und
sich ohne Gegenwehr niedermachen ließ? Hin-
gegen trugen die Einwohner der Atlantischen
Jnsel unsern fast erhungerten Friesen reichliche
Lebens-Mittel zu; als diese die bevorstehende
Monden - Finsternüß vorsehende jenen den
Unter gang dräuten/ und durch Verfinsterung
dieses Gestirnes hierzu den Anfang machen
wolten.

Aber ich muß/ sagte Malovend/ nun wieder
zu unsers Vaterlandes Gottesdienste kehren;
welcher zwar durch der abergläubischen Nach-
barn Träume sehr verfälscht; iedoch derogestalt
nicht vertilgt ward: daß aus den Schlacken
nicht das eingebohrne Gold herfür leuchtete.
Sintemahl die Deutschen außer den Estiern
und Hieren/ die denen Schlangen Eyer und
Hüner opfferten/ und sie zu beleidigen für Tod-
Sünde hielten/ kein Geschöpffe niemahls für
GOtt den Schöpffer angenommen. Denn
der Druyden Einweihung der Bäume/ des
streitbaren Bojus Andacht bey zweyen Eichen
an der Donau machte sie so wenig/ als die Go-
then ihre Berge zu Göttern/ wenn sie auf ihnen/
wie die Syrier auf ihrem Berge Karmel ihrer
Andacht abwarteten. Sintemahl diese so
wol/ als fast alle andere Völcker/ hierdurch
nur die Höhe ihrer angebeteten Gottheit
andeuten wollen. Des Tuisko/ des Her-
cules/ der Aurinia Verehrung stehet noch
in den Schrancken eines danckbaren Anden-
[Spaltenumbruch] ckens/ und in einer heiligen Anweisung ihrem
rühmlichen Beyspiele zu folgen. Die Anbetung
geschiehet allein einer einigen/ ewigen/ und un-
sichtbaren Gottheit; ob schon die Art der Anbe-
tung und der Opffer unterschieden ist. Unter
diesen ist nunmehr die Weise der Druyden die
gemeinste; und hat ihr Glantz von etlichen hun-
dert Jahren her allen andern verdüstert/ und
selbte in die steilesten Gebürge/ oder in die fin-
stersten Hölen und Kolhütten eingesperrt. Hier-
zu ist ihnen nicht wenig behülflich eine Wahr-
sagung/ welche der erste in Deutschland kommen-
de Druys Serapio noch ehe/ als Rom vom
Brennus eingeäschert worden/ im Herzinischen
Walde in einem Felsen eingegraben; so in fol-
genden Reymen noch nicht serne von der Elbe
zu lesen ist:

Zwar das Verhängniß hat ins Buch aus Diamant
Geschrieben: daß für Rom der heisse Mittag schwitzen;
Daß Löw und Drache nicht soll Africa beschützen;
Daß Ost die Palmen ihm muß lieffern in die Hand.
Die Elefanten solln in Siegs-Karn seyn gespannt/
Auch wird gantz West erstarr'n für seiner Schwerdter blitzen;
Doch auf den kalten Nord wird sichs umsonst erhitzen/
Und Deutschland leisten ihm behertzten Wiederstand.
Ja selbst die Tiber wird die Donan und den Rhein
Anbeten; Rom und Welt den Deutschen dienstbar seyn.
Diß und nichts anders kan mit Fug der Himmel schicken/
Als daß für Riesen nur ein Zwerg die Segel streicht;
Daß eine Wölfin zwey gestirnten Bären weicht;
Roms sieben Berge sich für sieben Sternen bücken.

Weil nun die Menschen diß/ was sie selbst
wünschen/ oder ihnen einbilden/ leicht glauben;
über diß nach und nach ein und anders von den
Römern eintraff/ ward es gleichsam für eine
Missethat gehalten/ an der Druyden Mey-
nung zu zweiffeln. Die Fürsten liessen selbst ih-
re jüngsten Söhne/ um den ältesten ihre Län-
der unzertheilet zu lassen/ Druyden werden; ja
die Cimbern wehlten ihrer zwey nemlich den
Sciold und Hiarn zu ihren Königen; in Mey-
nung: daß weil eines Fürsten herrlichstes Vor-
recht für niedrigern Leuten darinnen bestehet: daß
er mehr/ als alle andere Gutes stifften kan; es

würden

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] der waͤren Hirſche und Loͤwen/ ſind mehr Ent-
ſchuldigens werth/ als des groſſen Alexanders
und Scipions Muͤtter/ welche ſich von Schlan-
gen geſchwaͤngert zu ſeyn hielten; Als Midas/
welcher aus Aberglauben durch Ochſenblut/ und
der Mileſiſche Koͤnig Ariſtodemus/ der wegen
eines an ſeinem Hauſe gewachſenen Krautes
durchs Schwerdt ſich hinrichtete. Und ich weiß
nicht: was ich vom Nicias und ſeinem gantzen
Heere urtheilen ſoll; welches in waͤhrender
Schlacht bey ſich ereignendem Monden-
Finſternuͤße Degen und Haͤnde ſincken/ und
ſich ohne Gegenwehr niedermachen ließ? Hin-
gegen trugen die Einwohner der Atlantiſchen
Jnſel unſern faſt erhungerten Frieſen reichliche
Lebens-Mittel zu; als dieſe die bevorſtehende
Monden - Finſternuͤß vorſehende jenen den
Unter gang draͤuten/ und durch Verfinſterung
dieſes Geſtirnes hierzu den Anfang machen
wolten.

Aber ich muß/ ſagte Malovend/ nun wieder
zu unſers Vaterlandes Gottesdienſte kehren;
welcher zwar durch der aberglaͤubiſchen Nach-
barn Traͤume ſehr verfaͤlſcht; iedoch derogeſtalt
nicht vertilgt ward: daß aus den Schlacken
nicht das eingebohrne Gold herfuͤr leuchtete.
Sintemahl die Deutſchen außer den Eſtiern
und Hieren/ die denen Schlangen Eyer und
Huͤner opfferten/ und ſie zu beleidigen fuͤr Tod-
Suͤnde hielten/ kein Geſchoͤpffe niemahls fuͤr
GOtt den Schoͤpffer angenommen. Denn
der Druyden Einweihung der Baͤume/ des
ſtreitbaren Bojus Andacht bey zweyen Eichen
an der Donau machte ſie ſo wenig/ als die Go-
then ihre Berge zu Goͤttern/ wenn ſie auf ihnen/
wie die Syrier auf ihrem Berge Karmel ihrer
Andacht abwarteten. Sintemahl dieſe ſo
wol/ als faſt alle andere Voͤlcker/ hierdurch
nur die Hoͤhe ihrer angebeteten Gottheit
andeuten wollen. Des Tuisko/ des Her-
cules/ der Aurinia Verehrung ſtehet noch
in den Schrancken eines danckbaren Anden-
[Spaltenumbruch] ckens/ und in einer heiligen Anweiſung ihrem
ruͤhmlichen Beyſpiele zu folgen. Die Anbetung
geſchiehet allein einer einigen/ ewigen/ und un-
ſichtbaren Gottheit; ob ſchon die Art der Anbe-
tung und der Opffer unterſchieden iſt. Unter
dieſen iſt nunmehr die Weiſe der Druyden die
gemeinſte; und hat ihr Glantz von etlichen hun-
dert Jahren her allen andern verduͤſtert/ und
ſelbte in die ſteileſten Gebuͤrge/ oder in die fin-
ſterſten Hoͤlen und Kolhuͤtten eingeſperꝛt. Hier-
zu iſt ihnen nicht wenig behuͤlflich eine Wahr-
ſagung/ welche der erſte in Deutſchland kom̃en-
de Druys Serapio noch ehe/ als Rom vom
Brennus eingeaͤſchert worden/ im Herziniſchen
Walde in einem Felſen eingegraben; ſo in fol-
genden Reymen noch nicht ſerne von der Elbe
zu leſen iſt:

Zwar das Verhaͤngniß hat ins Buch aus Diamant
Geſchrieben: daß fuͤr Rom der heiſſe Mittag ſchwitzen;
Daß Loͤw und Drache nicht ſoll Africa beſchuͤtzen;
Daß Oſt die Palmen ihm muß lieffern in die Hand.
Die Elefanten ſolln in Siegs-Karn ſeyn geſpannt/
Auch wird gantz Weſt erſtarr’n fuͤr ſeiner Schwerdter blitzen;
Doch auf den kalten Nord wird ſichs umſonſt erhitzen/
Und Deutſchland leiſten ihm behertzten Wiederſtand.
Ja ſelbſt die Tiber wird die Donan und den Rhein
Anbeten; Rom und Welt den Deutſchen dienſtbar ſeyn.
Diß und nichts anders kan mit Fug der Himmel ſchicken/
Als daß fuͤr Rieſen nur ein Zwerg die Segel ſtreicht;
Daß eine Woͤlfin zwey geſtirnten Baͤren weicht;
Roms ſieben Berge ſich fuͤr ſieben Sternen buͤcken.

Weil nun die Menſchen diß/ was ſie ſelbſt
wuͤnſchen/ oder ihnen einbilden/ leicht glauben;
uͤber diß nach und nach ein und anders von den
Roͤmern eintraff/ ward es gleichſam fuͤr eine
Miſſethat gehalten/ an der Druyden Mey-
nung zu zweiffeln. Die Fuͤrſten lieſſen ſelbſt ih-
re juͤngſten Soͤhne/ um den aͤlteſten ihre Laͤn-
der unzertheilet zu laſſen/ Druyden werden; ja
die Cimbern wehlten ihrer zwey nemlich den
Sciold und Hiarn zu ihren Koͤnigen; in Mey-
nung: daß weil eines Fuͤrſten herrlichſtes Vor-
recht fuͤr niedrigeꝛn Leuten dariñen beſtehet: daß
er mehr/ als alle andere Gutes ſtifften kan; es

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 980[982]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1044>, abgerufen am 23.11.2024.