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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Tage mit der Gewehr zubrachte. Er selbst
fuhr in einem so prächtigen Siegs-Gepränge/
als niemand für ihm/ auf einem mit Edelgestei-
nen gläntzenden Wagen/ mit des grossen Ale-
xanders Kriegs-Rocke angethan/ ein; für ihm
giengen der junge Tigranes/ König Olthaces/
und Aristobulus/ Artaphernes/ Cyrus/ Opa-
thres/ Darius/ Xerxes/ fünff Söhne/ wie auch
Osabaris und Eupatra zwey Töchter des Mi-
thridates; dessen aus Golde gegossenes sieben
Ellen langes Bild nebst vielen Uberschrifften
der Pompejischen Siege vor getragen ward.

Die Ubermasse so vielen die Römer gleich-
sam überschneienden Glückes/ war eine Mutter
des Ubermuthes/ und der sich täglich bey der
Wärmbde nach Art der Fliegen und Käfer
mehrenden Laster/ verursachte also: daß die Rö-
mer die in Jtalien noch gefangen habende Gal-
lier/ Scordisker/ Teutonen/ Cimbern und an-
dere Deutschen übel und grausam hielten/ sie/
wenn sie etwan ein Glaß zerbrachen/ zu Mä-
stung der Murenen abschlachteten; insonder-
heit fingernackt des Morgens Löwen und Bä-
ren zu zerreissen fürwarffen; nach Mittage aber
sie täglich in die Schau-Plätze einschlossen: daß
sie wieder ihre Landes-Leute und Blut-Ver-
wandte nur dem Pöfel zur Kurtzweil um Leib
und Leben fechten musten; welcher/ wenn sie
nicht geschwinde genung einander in die
Schwerdter renneten/ sie mit Peitschen schlug/
mit glüenden Zangen brennte/ und zum Tode
gleich einem Freuden-Spiele antrieb. Daher
ward endlich dieser hertzhafften Leute Gedult
in Verzweiflung verwandelt; sonderlich/ als
sie hörten: daß bey des Lucullus und andern künf-
tigen Siegs-Geprängen sie nun nicht mehr
einzelich; sondern hundert gegen hundert fech-
ten solten. Worzu denn sie bereit zu tausenden
in die untersten Gemächer des grossen Capua-
nischen Schau-Platzes/ allwo Lentulus dem
Römischen Volcke allerhand Lustspiele zu ge-
ben entschlossen war/ eingesperret sassen. Es
[Spaltenumbruch] traff sich aber: daß Spartacus ein Skordiski-
scher Deutscher aus Thracien/ welcher selbst et-
liche Jahre den Römern wieder ihre Feinde
gedient hatte/ Granicus ein Friese/ Oenomaus
ein Noricher/ und Crixus ein Cimbrischer Edel-
mann in ein Gefängnüß kamen; und sich mit
ihren Gefährten verschwuren/ lieber biß in Tod
für ihre Freyheit/ als dem Römischen Pöfel zur
Ergetzligkeit zu fechten. Hiermit erbrachen
sie den Kercker/ erwürgten ihre Hüter/ und ent-
kamen ihrer siebenzig von denen Hunderten
in Campanien; da sie denn unter weges nie-
manden als die Römer insonderheit ihrer Waf-
fen beraubten/ sich auf dem Berge Vesuvius
feste setzten/ daselbst eine grosse weisse Fahne/ in
welcher auf einer Seite ein Löwe/ mit einem
blutigen Klauen ein eisernes Gegitter zermal-
mete; mit der Uberschrifft: Wolangewehr-
tes Blut.
Auf der andern Seite ein Adler/
der in dem Schnabel einen güldenen Apffel
hatte/ aus einem Kefichte empor flohe; mit der
Uberschrifft: Die güldene Freyheit/
abwehen liessen; wordurch sie in weniger Zeit
über dreyßig tausend unter der Römischen
Dienstbarkeit schmachtende Deutschen/ und
noch zwantzig tausend andere ausländische
Knechte an sich zohen/ und die Landschafft
Campanien unter sich brachten; sonderlich;
weil ihre vier Kriegs-Obersten für sich keinen
Vortheil suchten/ sondern alle eroberte Beute
gleich eintheileten. Diese alle erwehlten den
Spartacus seiner Klugheit und Tapfferkeit/
wie auch deßhalben zu ihrem Hertzoge: weil sich
zu Rom um des Schlaffenden Haupt ein Dra-
che wie ein Krantz gewunden; eine edle Wahr-
sagerin auch ihm daher eine grosse Herrschafft
geweissagt/ und ihn deßhalben in seiner Dienst-
barkeit geheyrathet hatte. Claudius Pulcher
meinte diese verächtlichen Flüchtlinge mit
schlechter Müh zu erdrücken; sie jagten ihn a-
ber in die schimpflichste Flucht. Welch glück-

licher

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Tage mit der Gewehr zubrachte. Er ſelbſt
fuhr in einem ſo praͤchtigen Siegs-Gepraͤnge/
als niemand fuͤr ihm/ auf einem mit Edelgeſtei-
nen glaͤntzenden Wagen/ mit des groſſen Ale-
xanders Kriegs-Rocke angethan/ ein; fuͤr ihm
giengen der junge Tigranes/ Koͤnig Olthaces/
und Ariſtobulus/ Artaphernes/ Cyrus/ Opa-
thres/ Darius/ Xerxes/ fuͤnff Soͤhne/ wie auch
Oſabaris und Eupatra zwey Toͤchter des Mi-
thridates; deſſen aus Golde gegoſſenes ſieben
Ellen langes Bild nebſt vielen Uberſchrifften
der Pompejiſchen Siege vor getragen ward.

Die Ubermaſſe ſo vielen die Roͤmer gleich-
ſam uͤberſchneienden Gluͤckes/ war eine Mutter
des Ubermuthes/ und der ſich taͤglich bey der
Waͤrmbde nach Art der Fliegen und Kaͤfer
mehrenden Laſter/ verurſachte alſo: daß die Roͤ-
mer die in Jtalien noch gefangen habende Gal-
lier/ Scordisker/ Teutonen/ Cimbern und an-
dere Deutſchen uͤbel und grauſam hielten/ ſie/
wenn ſie etwan ein Glaß zerbrachen/ zu Maͤ-
ſtung der Murenen abſchlachteten; inſonder-
heit fingernackt des Morgens Loͤwen und Baͤ-
ren zu zerreiſſen fuͤrwarffen; nach Mittage aber
ſie taͤglich in die Schau-Plaͤtze einſchloſſen: daß
ſie wieder ihre Landes-Leute und Blut-Ver-
wandte nur dem Poͤfel zur Kurtzweil um Leib
und Leben fechten muſten; welcher/ wenn ſie
nicht geſchwinde genung einander in die
Schwerdter renneten/ ſie mit Peitſchen ſchlug/
mit gluͤenden Zangen brennte/ und zum Tode
gleich einem Freuden-Spiele antrieb. Daher
ward endlich dieſer hertzhafften Leute Gedult
in Verzweiflung verwandelt; ſonderlich/ als
ſie hoͤrten: daß bey des Lucullus uñ andern kuͤnf-
tigen Siegs-Gepraͤngen ſie nun nicht mehr
einzelich; ſondern hundert gegen hundert fech-
ten ſolten. Worzu denn ſie bereit zu tauſenden
in die unterſten Gemaͤcher des groſſen Capua-
niſchen Schau-Platzes/ allwo Lentulus dem
Roͤmiſchen Volcke allerhand Luſtſpiele zu ge-
ben entſchloſſen war/ eingeſperret ſaſſen. Es
[Spaltenumbruch] traff ſich aber: daß Spartacus ein Skordiski-
ſcher Deutſcher aus Thracien/ welcher ſelbſt et-
liche Jahre den Roͤmern wieder ihre Feinde
gedient hatte/ Granicus ein Frieſe/ Oenomaus
ein Noricher/ und Crixus ein Cimbriſcher Edel-
mann in ein Gefaͤngnuͤß kamen; und ſich mit
ihren Gefaͤhrten verſchwuren/ lieber biß in Tod
fuͤr ihre Freyheit/ als dem Roͤmiſchen Poͤfel zur
Ergetzligkeit zu fechten. Hiermit erbrachen
ſie den Kercker/ erwuͤrgten ihre Huͤter/ und ent-
kamen ihrer ſiebenzig von denen Hunderten
in Campanien; da ſie denn unter weges nie-
manden als die Roͤmer inſonderheit ihrer Waf-
fen beraubten/ ſich auf dem Berge Veſuvius
feſte ſetzten/ daſelbſt eine groſſe weiſſe Fahne/ in
welcher auf einer Seite ein Loͤwe/ mit einem
blutigen Klauen ein eiſernes Gegitter zermal-
mete; mit der Uberſchrifft: Wolangewehr-
tes Blut.
Auf der andern Seite ein Adler/
der in dem Schnabel einen guͤldenen Apffel
hatte/ aus einem Kefichte empor flohe; mit der
Uberſchrifft: Die guͤldene Freyheit/
abwehen lieſſen; wordurch ſie in weniger Zeit
uͤber dreyßig tauſend unter der Roͤmiſchen
Dienſtbarkeit ſchmachtende Deutſchen/ und
noch zwantzig tauſend andere auslaͤndiſche
Knechte an ſich zohen/ und die Landſchafft
Campanien unter ſich brachten; ſonderlich;
weil ihre vier Kriegs-Oberſten fuͤr ſich keinen
Vortheil ſuchten/ ſondern alle eroberte Beute
gleich eintheileten. Dieſe alle erwehlten den
Spartacus ſeiner Klugheit und Tapfferkeit/
wie auch deßhalben zu ihrem Hertzoge: weil ſich
zu Rom um des Schlaffenden Haupt ein Dra-
che wie ein Krantz gewunden; eine edle Wahr-
ſagerin auch ihm daher eine groſſe Herrſchafft
geweiſſagt/ und ihn deßhalben in ſeiner Dienſt-
barkeit geheyrathet hatte. Claudius Pulcher
meinte dieſe veraͤchtlichen Fluͤchtlinge mit
ſchlechter Muͤh zu erdruͤcken; ſie jagten ihn a-
ber in die ſchimpflichſte Flucht. Welch gluͤck-

licher
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 951[953]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1013>, abgerufen am 21.11.2024.