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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] segelte mit einem schnautzichten Schiffe die ei-
serne Kette im Hafen entzwey/ erschlug im
See-Gefechte acht tausend Römer/ und Rho-
dier/ zündete vier Schiffe an/ und schlepte die
übrigen sechzig mit fünffthalb tausend Gefan-
genen weg. Daher über Rom aus Asien und Hi-
spanien zwey schreckliche Ungewitter aufzogen.
Aber das sich dieser Stadt gleichsam verschwor-
ne Glücke zohe ihr bald zwey schädliche Dör-
ner aus den Füssen. Denn weil Sertorius
auf der Celtiberier Beschwerde dem Perpenna
beweglich verwiesen hatte: daß er in etlichen
Treffen diese streitbare Bunds-Genossen allein
baden lassen; erstach der rachgierige Perpenna
den trunckenen Sertorius unversehens in sei-
nem Speise-Saale. Welch Meuchelmord
des Perpenna/ den doch Sertorius zum Erben
eingesetzt hatte/ die Celtiberier und Deutschen
verursachte: daß sie sich mit dem Pompejus
vertrugen/ den Perpenna im Stiche liessen;
der hierauf leicht überwunden und erschlagen
ward; wiewol die Römer noch genung zu thun
fanden/ ehe sie die Stüdte Os a/ Terme/ Tutia/
Valentia/ Auxima und Cale guris; in welcher
die Belägerten aus dringender Hungers-Noth
ihre geschlachteten Weiber und Kinder verspei-
seten/ und das übrige von ihnen einsaltzten/ wie-
der zum Gehorsam brachten. Der Römer an-
der Glücke war: daß Appius Claudius die mit
den Dardanern verbundene Skordiskischen
Deutschen/ welche auf Mithridatens heimliche
Verhetzung gantz Macedonien durchstreifften/
und zu grossem Schrecken der Römer/ aus al-
ler Erschlagenen Hirnschädeln Trinck geschirre
machten/ zweymahl aus dem Felde schlug/ und
sie biß an die Donau verfolgte; wie auch denen
mit dem Sertorius und Mithridates verbun-
denen Cicilischen See-Räubern einen heftigen
Streich versetzte; Publius Servilius aber
gantz Cilicien eroberte/ am ersten unter den Rö-
mern den Berg Taurus überstieg/ und in dem
mittagichten Galatien dem mit dem Hertzoge
[Spaltenumbruch] Dejotar strittigen Fürsten Konnachorich die
Stadt Jsara ab- und selbigen Deutschen so wol
als denen Lycaoniern eine Schatzung aufdrang/
und durch sein in Cilicien und Pamphilien ver-
legtes Heer dem Mithridates alle verdächtige
Gemeinschafft mit den See-Räubern abschnitt.
Den grösten Abbruch aber that Hertzog Dejo-
tar dem Mithridates. Denn weil dieser bey
seinem Durchzuge seine Galatische Deutschen
gleichsam als Feinde gedrückt hatte/ auch die
deutschen Hülffs-Völcker allenthalben zu ver-
zweiffelten Verrichtungen gebrauchte; und
wenn er sie mit dem Feinde ver wickelt hatte/ mit
Fleiß im Stiche ließ; gleich als wenn es ihm
nützlicher wäre: daß die Deutschen von Römern/
als diese von jenen erlegt würden; lehrte der ver-
schmitzte Dejotar bey Zeite den Rock um; und
verfügte sich/ so bald er des Lucullus Ankunfft zu
Pergamus vernahm/ zu ihm. Erkam gleich
den Abend an: als das in Gestalt eines grossen
silbernen Fasses vom Himmel fallende Feuer
des Lucullus/ und des Marcus Varius mit ein-
ander schlagendes Heer bey Otrye in Phrygien
von sammen getrennt hatte. Lucullus empfing
Dejotarn mit offenen Armen/ dieser aber gab
ihm von Mithridatens Macht und Anschlägen
heilsame Nachricht; und so bald dieser mit sei-
ner gantzen Macht die in dem Bebrycischen
Meere gantz vertieffte/ und überaus feste Stadt
Cycicus belägerte/ stieß Dejotars gantze deut-
sche Macht zum Lucullus. Und weil beyde Mi-
thridatens unzehlbares Heer ehe mit Hunger
als Fechten zu überwinden getrauten/ rückten
beyde jenem an den Rücken; und spielte es De-
jotar so künstlich: daß er den Magius mit dem
Lucullus versöhnte; dieser aber Dejotarn zu
Eroberung eines zwischen beyden Bebrycischen
Meer-Spitzen gelegenen Berges halff; durch
dessen Befestigung und Besetzung dem Ponti-
schen Heere auf einmahl alle Zufuhre zu Lande
abgeschnitten ward. Die Stadt ward inzwi-
schen zu Lande und Waßer vom Mithridates

auffs

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] ſegelte mit einem ſchnautzichten Schiffe die ei-
ſerne Kette im Hafen entzwey/ erſchlug im
See-Gefechte acht tauſend Roͤmer/ und Rho-
dier/ zuͤndete vier Schiffe an/ und ſchlepte die
uͤbrigen ſechzig mit fuͤnffthalb tauſend Gefan-
genen weg. Daher uͤber Rom aus Aſien und Hi-
ſpanien zwey ſchreckliche Ungewitter aufzogen.
Aber das ſich dieſer Stadt gleichſam verſchwor-
ne Gluͤcke zohe ihr bald zwey ſchaͤdliche Doͤr-
ner aus den Fuͤſſen. Denn weil Sertorius
auf der Celtiberier Beſchwerde dem Perpenna
beweglich verwieſen hatte: daß er in etlichen
Treffen dieſe ſtreitbare Bunds-Genoſſen allein
baden laſſen; erſtach der rachgierige Perpenna
den trunckenen Sertorius unverſehens in ſei-
nem Speiſe-Saale. Welch Meuchelmord
des Perpenna/ den doch Sertorius zum Erben
eingeſetzt hatte/ die Celtiberier und Deutſchen
verurſachte: daß ſie ſich mit dem Pompejus
vertrugen/ den Perpenna im Stiche lieſſen;
der hierauf leicht uͤberwunden und erſchlagen
ward; wiewol die Roͤmer noch genung zu thun
fanden/ ehe ſie die Stuͤdte Oſ a/ Terme/ Tutia/
Valentia/ Auxima und Cale guris; in welcher
die Belaͤgerten aus dringender Hungers-Noth
ihre geſchlachteten Weiber und Kinder verſpei-
ſeten/ und das uͤbrige von ihnen einſaltzten/ wie-
der zum Gehorſam brachten. Der Roͤmer an-
der Gluͤcke war: daß Appius Claudius die mit
den Dardanern verbundene Skordiskiſchen
Deutſchen/ welche auf Mithridatens heimliche
Verhetzung gantz Macedonien durchſtreifften/
und zu groſſem Schrecken der Roͤmer/ aus al-
ler Erſchlagenen Hirnſchaͤdeln Trinck geſchirre
machten/ zweymahl aus dem Felde ſchlug/ und
ſie biß an die Donau verfolgte; wie auch denen
mit dem Sertorius und Mithridates verbun-
denen Ciciliſchen See-Raͤubern einen heftigen
Streich verſetzte; Publius Servilius aber
gantz Cilicien eroberte/ am erſten unter den Roͤ-
mern den Berg Taurus uͤberſtieg/ und in dem
mittagichten Galatien dem mit dem Hertzoge
[Spaltenumbruch] Dejotar ſtrittigen Fuͤrſten Konnachorich die
Stadt Jſara ab- und ſelbigen Deutſchen ſo wol
als denen Lycaoniern eine Schatzung aufdrang/
und durch ſein in Cilicien und Pamphilien ver-
legtes Heer dem Mithridates alle verdaͤchtige
Gemeinſchafft mit den See-Raͤubeꝛn abſchnitt.
Den groͤſten Abbruch aber that Hertzog Dejo-
tar dem Mithridates. Denn weil dieſer bey
ſeinem Durchzuge ſeine Galatiſche Deutſchen
gleichſam als Feinde gedruͤckt hatte/ auch die
deutſchen Huͤlffs-Voͤlcker allenthalben zu ver-
zweiffelten Verrichtungen gebrauchte; und
wenn er ſie mit dem Feinde ver wickelt hatte/ mit
Fleiß im Stiche ließ; gleich als wenn es ihm
nuͤtzlicher waͤre: daß die Deutſchen von Roͤmern/
als dieſe von jenen erlegt wuͤrdẽ; lehrte der ver-
ſchmitzte Dejotar bey Zeite den Rock um; und
verfuͤgte ſich/ ſo bald er des Lucullus Ankunfft zu
Pergamus vernahm/ zu ihm. Erkam gleich
den Abend an: als das in Geſtalt eines groſſen
ſilbernen Faſſes vom Himmel fallende Feuer
des Lucullus/ und des Marcus Varius mit ein-
ander ſchlagendes Heer bey Otrye in Phrygien
von ſammen getrennt hatte. Lucullus empfing
Dejotarn mit offenen Armen/ dieſer aber gab
ihm von Mithridatens Macht und Anſchlaͤgen
heilſame Nachricht; und ſo bald dieſer mit ſei-
ner gantzen Macht die in dem Bebryciſchen
Meere gantz vertieffte/ und uͤberaus feſte Stadt
Cycicus belaͤgerte/ ſtieß Dejotars gantze deut-
ſche Macht zum Lucullus. Und weil beyde Mi-
thridatens unzehlbares Heer ehe mit Hunger
als Fechten zu uͤberwinden getrauten/ ruͤckten
beyde jenem an den Ruͤcken; und ſpielte es De-
jotar ſo kuͤnſtlich: daß er den Magius mit dem
Lucullus verſoͤhnte; dieſer aber Dejotarn zu
Eroberung eines zwiſchen beyden Bebryciſchen
Meer-Spitzen gelegenen Berges halff; durch
deſſen Befeſtigung und Beſetzung dem Ponti-
ſchen Heere auf einmahl alle Zufuhre zu Lande
abgeſchnitten ward. Die Stadt ward inzwi-
ſchen zu Lande und Waßer vom Mithridates

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[946[948]/1008] Sechſtes Buch ſegelte mit einem ſchnautzichten Schiffe die ei- ſerne Kette im Hafen entzwey/ erſchlug im See-Gefechte acht tauſend Roͤmer/ und Rho- dier/ zuͤndete vier Schiffe an/ und ſchlepte die uͤbrigen ſechzig mit fuͤnffthalb tauſend Gefan- genen weg. Daher uͤber Rom aus Aſien und Hi- ſpanien zwey ſchreckliche Ungewitter aufzogen. Aber das ſich dieſer Stadt gleichſam verſchwor- ne Gluͤcke zohe ihr bald zwey ſchaͤdliche Doͤr- ner aus den Fuͤſſen. Denn weil Sertorius auf der Celtiberier Beſchwerde dem Perpenna beweglich verwieſen hatte: daß er in etlichen Treffen dieſe ſtreitbare Bunds-Genoſſen allein baden laſſen; erſtach der rachgierige Perpenna den trunckenen Sertorius unverſehens in ſei- nem Speiſe-Saale. Welch Meuchelmord des Perpenna/ den doch Sertorius zum Erben eingeſetzt hatte/ die Celtiberier und Deutſchen verurſachte: daß ſie ſich mit dem Pompejus vertrugen/ den Perpenna im Stiche lieſſen; der hierauf leicht uͤberwunden und erſchlagen ward; wiewol die Roͤmer noch genung zu thun fanden/ ehe ſie die Stuͤdte Oſ a/ Terme/ Tutia/ Valentia/ Auxima und Cale guris; in welcher die Belaͤgerten aus dringender Hungers-Noth ihre geſchlachteten Weiber und Kinder verſpei- ſeten/ und das uͤbrige von ihnen einſaltzten/ wie- der zum Gehorſam brachten. Der Roͤmer an- der Gluͤcke war: daß Appius Claudius die mit den Dardanern verbundene Skordiskiſchen Deutſchen/ welche auf Mithridatens heimliche Verhetzung gantz Macedonien durchſtreifften/ und zu groſſem Schrecken der Roͤmer/ aus al- ler Erſchlagenen Hirnſchaͤdeln Trinck geſchirre machten/ zweymahl aus dem Felde ſchlug/ und ſie biß an die Donau verfolgte; wie auch denen mit dem Sertorius und Mithridates verbun- denen Ciciliſchen See-Raͤubern einen heftigen Streich verſetzte; Publius Servilius aber gantz Cilicien eroberte/ am erſten unter den Roͤ- mern den Berg Taurus uͤberſtieg/ und in dem mittagichten Galatien dem mit dem Hertzoge Dejotar ſtrittigen Fuͤrſten Konnachorich die Stadt Jſara ab- und ſelbigen Deutſchen ſo wol als denen Lycaoniern eine Schatzung aufdrang/ und durch ſein in Cilicien und Pamphilien ver- legtes Heer dem Mithridates alle verdaͤchtige Gemeinſchafft mit den See-Raͤubeꝛn abſchnitt. Den groͤſten Abbruch aber that Hertzog Dejo- tar dem Mithridates. Denn weil dieſer bey ſeinem Durchzuge ſeine Galatiſche Deutſchen gleichſam als Feinde gedruͤckt hatte/ auch die deutſchen Huͤlffs-Voͤlcker allenthalben zu ver- zweiffelten Verrichtungen gebrauchte; und wenn er ſie mit dem Feinde ver wickelt hatte/ mit Fleiß im Stiche ließ; gleich als wenn es ihm nuͤtzlicher waͤre: daß die Deutſchen von Roͤmern/ als dieſe von jenen erlegt wuͤrdẽ; lehrte der ver- ſchmitzte Dejotar bey Zeite den Rock um; und verfuͤgte ſich/ ſo bald er des Lucullus Ankunfft zu Pergamus vernahm/ zu ihm. Erkam gleich den Abend an: als das in Geſtalt eines groſſen ſilbernen Faſſes vom Himmel fallende Feuer des Lucullus/ und des Marcus Varius mit ein- ander ſchlagendes Heer bey Otrye in Phrygien von ſammen getrennt hatte. Lucullus empfing Dejotarn mit offenen Armen/ dieſer aber gab ihm von Mithridatens Macht und Anſchlaͤgen heilſame Nachricht; und ſo bald dieſer mit ſei- ner gantzen Macht die in dem Bebryciſchen Meere gantz vertieffte/ und uͤberaus feſte Stadt Cycicus belaͤgerte/ ſtieß Dejotars gantze deut- ſche Macht zum Lucullus. Und weil beyde Mi- thridatens unzehlbares Heer ehe mit Hunger als Fechten zu uͤberwinden getrauten/ ruͤckten beyde jenem an den Ruͤcken; und ſpielte es De- jotar ſo kuͤnſtlich: daß er den Magius mit dem Lucullus verſoͤhnte; dieſer aber Dejotarn zu Eroberung eines zwiſchen beyden Bebryciſchen Meer-Spitzen gelegenen Berges halff; durch deſſen Befeſtigung und Beſetzung dem Ponti- ſchen Heere auf einmahl alle Zufuhre zu Lande abgeſchnitten ward. Die Stadt ward inzwi- ſchen zu Lande und Waßer vom Mithridates auffs

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 946[948]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1008>, abgerufen am 23.11.2024.