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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] falls Uhrheber gewest; entbot er ihn freundlich
zu sich/ schlug ihn in güldene Fessel/ und ließ ihn
endlich durch den Rauch einer vergiffteten Fa-
ckel tödten; zu einem traurigen Merckmahle:
daß herrschsüchtige Eltern nicht nur ihr Leben
aufopffern den Kindern Kronen zu erwerben;
sondern auch Kinder schlachten/ um Kronen
nicht zu verlieren. Bald darauf rüstete er et-
liche hundert Schiffe über hundert tausend
Kriegs-Leute aus/ solche wieder die aufrühri-
schen Bosphoraner zu führen. Weil aber Ar-
chelaus darbey keinen Dienst bekam/ flohe er
zum Murena/ und brachte unter dem Vor-
wandte: daß Mithridatens allzugrosse Rüstung
nicht wider die schwachen Sarmater/ sondern
die Römer angesehen wäre/ zu wege: daß der
Kriegs-begierige Muvena in Cappadocien
rückte/ und alles/ was noch Mithridatisch war/
einnahm; ja die Stadt Cumana durch Sturm
eroberte. Mithridates schickte hierauf zwar
drey Grichische Weltweisen an Murena; diese
aber riethen verrätherisch mehr zum Kriege als
davon ab. Daher auch Sylla das gantze Land
durchstreiffte/ und mit Raub und Brand so gar
nicht der Heiligthümer schonte. Mithridates
schickte zwar auch eine Bothschafft an den Syl-
la/ und den Römischen Rath/ welche sich über
diesen unverschuldeten Friedenbruch besch wer-
te; mit Bitte: Es möchten die Römer doch un-
ter Feinden und Bundgenossen einen Unter-
scheid machen; Aber Murena ließ sich nichts
irren; sondern setzte über den Fluß Halys/ raub-
te/ plündetzte und kehrte mit grosser Beute durch
Galatien in Phrygien. Ungeachtet auch Callidius
von Rom kam/ und dem Murena einen Stille-
stand gebot; so kehrte er sich doch wenig hieran/
und bedrängte so wol die Deutschen als den Mi-
thridates. Wie nun jene zu den Waffen griffen;
wagte es endlich auch Mithridates; und jagte
beyder vereinbarte Macht nicht allein den Mu-
rena über den Fluß Parthenius/ sondern gar
in Phrygien. Viel des Römischen Geitzes ü-
[Spaltenumbruch] berdrüßige Völcker in Asien fielen dem Mi-
thridates wieder zu; und in weniger Zeit ero-
berte er die von den Römern besetzte Oerter in
Cappadocien. Welchen Sieges halber er nach
dem Beyspiele der auf des Cyrus Begräbnüß-
Berge bey der Stadt Pasargada opffernden
Persen/ von welchen er entsprossen war/ auf die
Spitze des Lyndinischen Gebürges selbst Holtz
trug/ und in einem auff hundert und dreyßig
Meilen sichtbaren Feuer dem Kriegs-Gotte
Milch/ Honig und Oel opfferte. Nach diesem
Verluste kriegte Murena durch den Gabinius
von Syllen auffs neue Befehl den Mithrida-
tes und die Deutschen nicht ferner zu reitzen;
zumahl den Römern die einige Stadt Mytile-
ne so viel zu schaffen machte: daß sie sie nicht er-
obern konten. Gleich wol aber ward ihm zu
Rom ein Siegs-Gepränge erlaubt. Mithri-
dates verglich sich inzwischen mit dem Ariobar-
zanes; Und damit er die Cappadocischen Fe-
stungen in seinen Händen behalten konte/ gab
er ihm eines seiner Kinder zur Geißel. Hierauf
setzte er nach Colchis über; überstieg den Cauca-
sus/ und er weiterte sein Gebiete biß an den Fluß
Cyrus. Hernach zähmete er die noch unru-
higen Bosphoraner. Bey denen zwischen dem
Flusse Jcarusa und Nesus unter dem Caucasus
liegenden Acheern aber büste er theils durch
Arglist der Feinde/ theils durch Einbrechung
des Eyßes bey nahe zwey Theil seines Heeres
ein. Zu Rom hatte Sylla zeither als ein Herr
über seine Leibeigene gebahrt/ den Lucretius
und andere zu hoch empor wachsende Köpffe ab-
geschnitten/ Egypten einen König gegeben/
zehntausend Knechte frey gelassen/ und sie alle
nach seinem Vornahmen genennet; nunmehr
aber schien ihm der aus Africa sieghafft zurück-
kommende Pompejus zu Kopffe zu wachsen;
welcher daselbst Hiempsaln das Reich Numidi-
en eingeräumt hatte; weßwegen ihm Sylla
ehrerbietig entgegen zoh/ ihn den grossen Pom-
pejus hieß/ und ihm wieder die Gesetze ein

Siegs-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] falls Uhrheber geweſt; entbot er ihn freundlich
zu ſich/ ſchlug ihn in guͤldene Feſſel/ und ließ ihn
endlich durch den Rauch einer vergiffteten Fa-
ckel toͤdten; zu einem traurigen Merckmahle:
daß herrſchſuͤchtige Eltern nicht nur ihr Leben
aufopffern den Kindern Kronen zu erwerben;
ſondern auch Kinder ſchlachten/ um Kronen
nicht zu verlieren. Bald darauf ruͤſtete er et-
liche hundert Schiffe uͤber hundert tauſend
Kriegs-Leute aus/ ſolche wieder die aufruͤhri-
ſchen Boſphoraner zu fuͤhren. Weil aber Ar-
chelaus darbey keinen Dienſt bekam/ flohe er
zum Murena/ und brachte unter dem Vor-
wandte: daß Mithridatens allzugroſſe Ruͤſtung
nicht wider die ſchwachen Sarmater/ ſondern
die Roͤmer angeſehen waͤre/ zu wege: daß der
Kriegs-begierige Muvena in Cappadocien
ruͤckte/ und alles/ was noch Mithridatiſch war/
einnahm; ja die Stadt Cumana durch Sturm
eroberte. Mithridates ſchickte hierauf zwar
drey Grichiſche Weltweiſen an Murena; dieſe
aber riethen verraͤtheriſch mehr zum Kriege als
davon ab. Daher auch Sylla das gantze Land
durchſtreiffte/ und mit Raub und Brand ſo gar
nicht der Heiligthuͤmer ſchonte. Mithridates
ſchickte zwar auch eine Bothſchafft an den Syl-
la/ und den Roͤmiſchen Rath/ welche ſich uͤber
dieſen unverſchuldeten Friedenbruch beſch wer-
te; mit Bitte: Es moͤchten die Roͤmer doch un-
ter Feinden und Bundgenoſſen einen Unter-
ſcheid machen; Aber Murena ließ ſich nichts
irren; ſondern ſetzte uͤber den Fluß Halys/ raub-
te/ pluͤndetzte und kehrte mit groſſer Beute durch
Galatiẽ in Phꝛygien. Ungeachtet auch Callidius
von Rom kam/ und dem Murena einen Stille-
ſtand gebot; ſo kehrte er ſich doch wenig hieran/
und bedraͤngte ſo wol die Deutſchen als den Mi-
thridates. Wie nun jene zu den Waffen griffen;
wagte es endlich auch Mithridates; und jagte
beyder vereinbarte Macht nicht allein den Mu-
rena uͤber den Fluß Parthenius/ ſondern gar
in Phrygien. Viel des Roͤmiſchen Geitzes uͤ-
[Spaltenumbruch] berdruͤßige Voͤlcker in Aſien fielen dem Mi-
thridates wieder zu; und in weniger Zeit ero-
berte er die von den Roͤmern beſetzte Oerter in
Cappadocien. Welchen Sieges halber er nach
dem Beyſpiele der auf des Cyrus Begraͤbnuͤß-
Berge bey der Stadt Paſargada opffernden
Perſen/ von welchen er entſproſſen war/ auf die
Spitze des Lyndiniſchen Gebuͤrges ſelbſt Holtz
trug/ und in einem auff hundert und dreyßig
Meilen ſichtbaren Feuer dem Kriegs-Gotte
Milch/ Honig und Oel opfferte. Nach dieſem
Verluſte kriegte Murena durch den Gabinius
von Syllen auffs neue Befehl den Mithrida-
tes und die Deutſchen nicht ferner zu reitzen;
zumahl den Roͤmern die einige Stadt Mytile-
ne ſo viel zu ſchaffen machte: daß ſie ſie nicht er-
obern konten. Gleich wol aber ward ihm zu
Rom ein Siegs-Gepraͤnge erlaubt. Mithri-
dates verglich ſich inzwiſchen mit dem Ariobar-
zanes; Und damit er die Cappadociſchen Fe-
ſtungen in ſeinen Haͤnden behalten konte/ gab
er ihm eines ſeiner Kinder zur Geißel. Hierauf
ſetzte er nach Colchis uͤber; uͤberſtieg den Cauca-
ſus/ und er weiterte ſein Gebiete biß an den Fluß
Cyrus. Hernach zaͤhmete er die noch unru-
higen Boſphoraner. Bey denen zwiſchen dem
Fluſſe Jcaruſa und Neſus unter dem Caucaſus
liegenden Acheern aber buͤſte er theils durch
Argliſt der Feinde/ theils durch Einbrechung
des Eyßes bey nahe zwey Theil ſeines Heeres
ein. Zu Rom hatte Sylla zeither als ein Herr
uͤber ſeine Leibeigene gebahrt/ den Lucretius
und andere zu hoch empor wachſende Koͤpffe ab-
geſchnitten/ Egypten einen Koͤnig gegeben/
zehntauſend Knechte frey gelaſſen/ und ſie alle
nach ſeinem Vornahmen genennet; nunmehr
aber ſchien ihm der aus Africa ſieghafft zuruͤck-
kommende Pompejus zu Kopffe zu wachſen;
welcher daſelbſt Hiempſaln das Reich Numidi-
en eingeraͤumt hatte; weßwegen ihm Sylla
ehrerbietig entgegen zoh/ ihn den groſſen Pom-
pejus hieß/ und ihm wieder die Geſetze ein

Siegs-
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[942[944]/1004] Sechſtes Buch falls Uhrheber geweſt; entbot er ihn freundlich zu ſich/ ſchlug ihn in guͤldene Feſſel/ und ließ ihn endlich durch den Rauch einer vergiffteten Fa- ckel toͤdten; zu einem traurigen Merckmahle: daß herrſchſuͤchtige Eltern nicht nur ihr Leben aufopffern den Kindern Kronen zu erwerben; ſondern auch Kinder ſchlachten/ um Kronen nicht zu verlieren. Bald darauf ruͤſtete er et- liche hundert Schiffe uͤber hundert tauſend Kriegs-Leute aus/ ſolche wieder die aufruͤhri- ſchen Boſphoraner zu fuͤhren. Weil aber Ar- chelaus darbey keinen Dienſt bekam/ flohe er zum Murena/ und brachte unter dem Vor- wandte: daß Mithridatens allzugroſſe Ruͤſtung nicht wider die ſchwachen Sarmater/ ſondern die Roͤmer angeſehen waͤre/ zu wege: daß der Kriegs-begierige Muvena in Cappadocien ruͤckte/ und alles/ was noch Mithridatiſch war/ einnahm; ja die Stadt Cumana durch Sturm eroberte. Mithridates ſchickte hierauf zwar drey Grichiſche Weltweiſen an Murena; dieſe aber riethen verraͤtheriſch mehr zum Kriege als davon ab. Daher auch Sylla das gantze Land durchſtreiffte/ und mit Raub und Brand ſo gar nicht der Heiligthuͤmer ſchonte. Mithridates ſchickte zwar auch eine Bothſchafft an den Syl- la/ und den Roͤmiſchen Rath/ welche ſich uͤber dieſen unverſchuldeten Friedenbruch beſch wer- te; mit Bitte: Es moͤchten die Roͤmer doch un- ter Feinden und Bundgenoſſen einen Unter- ſcheid machen; Aber Murena ließ ſich nichts irren; ſondern ſetzte uͤber den Fluß Halys/ raub- te/ pluͤndetzte und kehrte mit groſſer Beute durch Galatiẽ in Phꝛygien. Ungeachtet auch Callidius von Rom kam/ und dem Murena einen Stille- ſtand gebot; ſo kehrte er ſich doch wenig hieran/ und bedraͤngte ſo wol die Deutſchen als den Mi- thridates. Wie nun jene zu den Waffen griffen; wagte es endlich auch Mithridates; und jagte beyder vereinbarte Macht nicht allein den Mu- rena uͤber den Fluß Parthenius/ ſondern gar in Phrygien. Viel des Roͤmiſchen Geitzes uͤ- berdruͤßige Voͤlcker in Aſien fielen dem Mi- thridates wieder zu; und in weniger Zeit ero- berte er die von den Roͤmern beſetzte Oerter in Cappadocien. Welchen Sieges halber er nach dem Beyſpiele der auf des Cyrus Begraͤbnuͤß- Berge bey der Stadt Paſargada opffernden Perſen/ von welchen er entſproſſen war/ auf die Spitze des Lyndiniſchen Gebuͤrges ſelbſt Holtz trug/ und in einem auff hundert und dreyßig Meilen ſichtbaren Feuer dem Kriegs-Gotte Milch/ Honig und Oel opfferte. Nach dieſem Verluſte kriegte Murena durch den Gabinius von Syllen auffs neue Befehl den Mithrida- tes und die Deutſchen nicht ferner zu reitzen; zumahl den Roͤmern die einige Stadt Mytile- ne ſo viel zu ſchaffen machte: daß ſie ſie nicht er- obern konten. Gleich wol aber ward ihm zu Rom ein Siegs-Gepraͤnge erlaubt. Mithri- dates verglich ſich inzwiſchen mit dem Ariobar- zanes; Und damit er die Cappadociſchen Fe- ſtungen in ſeinen Haͤnden behalten konte/ gab er ihm eines ſeiner Kinder zur Geißel. Hierauf ſetzte er nach Colchis uͤber; uͤberſtieg den Cauca- ſus/ und er weiterte ſein Gebiete biß an den Fluß Cyrus. Hernach zaͤhmete er die noch unru- higen Boſphoraner. Bey denen zwiſchen dem Fluſſe Jcaruſa und Neſus unter dem Caucaſus liegenden Acheern aber buͤſte er theils durch Argliſt der Feinde/ theils durch Einbrechung des Eyßes bey nahe zwey Theil ſeines Heeres ein. Zu Rom hatte Sylla zeither als ein Herr uͤber ſeine Leibeigene gebahrt/ den Lucretius und andere zu hoch empor wachſende Koͤpffe ab- geſchnitten/ Egypten einen Koͤnig gegeben/ zehntauſend Knechte frey gelaſſen/ und ſie alle nach ſeinem Vornahmen genennet; nunmehr aber ſchien ihm der aus Africa ſieghafft zuruͤck- kommende Pompejus zu Kopffe zu wachſen; welcher daſelbſt Hiempſaln das Reich Numidi- en eingeraͤumt hatte; weßwegen ihm Sylla ehrerbietig entgegen zoh/ ihn den groſſen Pom- pejus hieß/ und ihm wieder die Geſetze ein Siegs-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 942[944]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1004>, abgerufen am 23.11.2024.