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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Bür germeister Carbo selbst aus Jtalien lieff/ und
dreyßig tausend Mann im Stiche ließ; so ließ
doch allein der Samniter tapfferer Fürst Pon-
tius Telesius und Sultz ein deutscher Ritter mit
seinen Hülffs-Völckern den Muth nicht gar
sincken/ sondern munterten den zu ihnen stos-
senden Carnias/ Damasippus und Marcius
auf: daß sie zwischen des Sylla und Pompejus
Heeren durch/ und gerade nach Rom rückten;
und sich auf dem Albanischen Berge im Ge-
sichte der Stadt lägerten/ und den ausfallenden
Appius Claudius mit vielem Adel erschlugen.
Sylla eilte gleichfalls nach Rom/ und liefferte
ihnen für der Collatonischen Pforte eine
Schlacht; in welcher der den rechten Flügel füh-
rende Marius Craßus zwar des Carinas lin-
cken Flügel gestellten Samnitern und Deut-
schen so warm: daß der schon halb verzweiffeln-
de Sylla ein aus dem Delphischen Tempel ge-
raubtes/ und in einen Rubin gegrabenes Bild
des Apollo herfür zoh/ und selbtes kniende um
den Sieg anruffte. Hierauff rennte er zwar
auf einem weißen Pferde allenthalben hin/ wo
die Noth am grösten war/ hielt die Flüchtigen
mit eigner Hand auf; und hielt da festen Fuß/
wo niemand mehr stehen konte; so/ daß Telesin
einen/ und Sultz den andern Wurffspieß ihm
nahe am Leibe vorbey schmiessen/ aber alles
war umsonst; und konte niemand gegen den
schäumenden Sultz und Telesin stehen; welcher
immer rieff: Man müsse diese für Augen ste-
hende Stadt als Jtaliens Wald ausrotten/
wenn man wolte der Wölffe loß werden. Also
gerieth der gantze Flügel in die Flucht; die Rö-
mer liessen an den Stadt-Thoren die Fall-
Gatter nieder. Dieser Auffenthalt zwang die
fliehenden Römer sich wie der zu wenden; und
ihre Verzweiffelung verneuerte das Gefech-
te; welches biß in die sinckende Nacht währte;
also: daß beyde Theile biß auff eine geringe U-
berbleibung von des Sylla Volcke einander
[Spaltenumbruch] im Finstern gleichsam blind aufrieben; und
funffzig tausend Leichen auf der Wallstatt ge-
zehlet wurden. Darunter war Sultz/ Carnias/
Damasippus/ und der noch unter den Todten
athmende Telesin/ welchen Sylla die Köpffe
abschlagen/ und sie dem den Marius in Prene-
ste belägernden Lucretius zubringen ließ. Hier-
auf verfiel Sylla in so unmenschliche Grausam-
keit: daß er bey Ermordung acht tausend Erge-
bener nur im Rathe lächelte/ den Marcus Ma-
rius nach aus gestochenen Augen/ geprügeltem
Rücken/ tausenderley Pein auf des Catulus
Grabe zerfleischen/ durchgehends alle Samni-
ter vertilgen/ alle vermögende in die Acht er-
klären ließ; so/ daß auch der dreyzehnjährige
Knabe Cato seiner Raserey durch einen Dolch
abgeholffen hätte/ wenn es nicht sein Lehrmei-
ster Sarpedo verhindert. Nach diesem erklär-
ten die Römer ihn zu ihrem ewigen Feldherrn/
räumten ihm auch über sich eine so unver-
schränckte Macht ein: daß er Städte bauen
und einäschern/ Königreiche nehmen und ge-
ben/ auch ohne Rechts-weg verdammen und
tödten möchte/ wen er wolte. Und endlich
beschloß er mit einem prächtigen Siegs-Ge-
pränge wegen des besiegten Mithridates; dar-
innen unter so einer unsäglichen Menge Gol-
des und Silbers/ und so viel unzehlbaren Sel-
tzamkeiten wol nichts bessers zu sehen war: als
daß die vom Marius vertriebenen Bürger sei-
nem Siegs-Wagen folgten/ und den Sylla
ihren Vater und Erhalter/ das Volck aber den
Glückseligen ausrufften.

Mitler Zeit wendete Mithridates allen mög-
lichsten Fleiß an die Gemüther der Deutschen in
Galatien wieder zu gewinnen/ mit derer Beystand
er unschwer die beym Römischen Kriege abge-
fallenen Colchier überwand/ und auf ihre Bitte
ihnen seinen Sohn Mithridates zum König gab.
Weil sie diesem jungen Fürsten aber zu sehr lieb-
kosten/ argwohnte er: sein Sohn wäre ihres Ab-

falls
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Buͤr germeiſter Carbo ſelbſt aus Jtalien lieff/ uñ
dreyßig tauſend Mann im Stiche ließ; ſo ließ
doch allein der Samniter tapfferer Fuͤrſt Pon-
tius Teleſius und Sultz ein deutſcher Ritter mit
ſeinen Huͤlffs-Voͤlckern den Muth nicht gar
ſincken/ ſondern munterten den zu ihnen ſtoſ-
ſenden Carnias/ Damaſippus und Marcius
auf: daß ſie zwiſchen des Sylla und Pompejus
Heeren durch/ und gerade nach Rom ruͤckten;
und ſich auf dem Albaniſchen Berge im Ge-
ſichte der Stadt laͤgerten/ und den ausfallenden
Appius Claudius mit vielem Adel erſchlugen.
Sylla eilte gleichfalls nach Rom/ und liefferte
ihnen fuͤr der Collatoniſchen Pforte eine
Schlacht; in welcher der den rechten Fluͤgel fuͤh-
rende Marius Craßus zwar des Carinas lin-
cken Fluͤgel geſtellten Samnitern und Deut-
ſchen ſo warm: daß der ſchon halb verzweiffeln-
de Sylla ein aus dem Delphiſchen Tempel ge-
raubtes/ und in einen Rubin gegrabenes Bild
des Apollo herfuͤr zoh/ und ſelbtes kniende um
den Sieg anruffte. Hierauff rennte er zwar
auf einem weißen Pferde allenthalben hin/ wo
die Noth am groͤſten war/ hielt die Fluͤchtigen
mit eigner Hand auf; und hielt da feſten Fuß/
wo niemand mehr ſtehen konte; ſo/ daß Teleſin
einen/ und Sultz den andern Wurffſpieß ihm
nahe am Leibe vorbey ſchmieſſen/ aber alles
war umſonſt; und konte niemand gegen den
ſchaͤumenden Sultz und Teleſin ſtehen; welcher
immer rieff: Man muͤſſe dieſe fuͤr Augen ſte-
hende Stadt als Jtaliens Wald ausrotten/
wenn man wolte der Woͤlffe loß werden. Alſo
gerieth der gantze Fluͤgel in die Flucht; die Roͤ-
mer lieſſen an den Stadt-Thoren die Fall-
Gatter nieder. Dieſer Auffenthalt zwang die
fliehenden Roͤmer ſich wie der zu wenden; und
ihre Verzweiffelung verneuerte das Gefech-
te; welches biß in die ſinckende Nacht waͤhrte;
alſo: daß beyde Theile biß auff eine geringe U-
berbleibung von des Sylla Volcke einander
[Spaltenumbruch] im Finſtern gleichſam blind aufrieben; und
funffzig tauſend Leichen auf der Wallſtatt ge-
zehlet wurden. Darunter war Sultz/ Carnias/
Damaſippus/ und der noch unter den Todten
athmende Teleſin/ welchen Sylla die Koͤpffe
abſchlagen/ und ſie dem den Marius in Prene-
ſte belaͤgernden Lucretius zubringen ließ. Hier-
auf verfiel Sylla in ſo unmenſchliche Grauſam-
keit: daß er bey Ermordung acht tauſend Erge-
bener nur im Rathe laͤchelte/ den Marcus Ma-
rius nach aus geſtochenen Augen/ gepruͤgeltem
Ruͤcken/ tauſenderley Pein auf des Catulus
Grabe zerfleiſchen/ durchgehends alle Samni-
ter vertilgen/ alle vermoͤgende in die Acht er-
klaͤren ließ; ſo/ daß auch der dreyzehnjaͤhrige
Knabe Cato ſeiner Raſerey durch einen Dolch
abgeholffen haͤtte/ wenn es nicht ſein Lehrmei-
ſter Sarpedo verhindert. Nach dieſem erklaͤr-
ten die Roͤmer ihn zu ihrem ewigen Feldherrn/
raͤumten ihm auch uͤber ſich eine ſo unver-
ſchraͤnckte Macht ein: daß er Staͤdte bauen
und einaͤſchern/ Koͤnigreiche nehmen und ge-
ben/ auch ohne Rechts-weg verdammen und
toͤdten moͤchte/ wen er wolte. Und endlich
beſchloß er mit einem praͤchtigen Siegs-Ge-
praͤnge wegen des beſiegten Mithridates; dar-
innen unter ſo einer unſaͤglichen Menge Gol-
des und Silbers/ und ſo viel unzehlbaren Sel-
tzamkeiten wol nichts beſſers zu ſehen war: als
daß die vom Marius vertriebenen Buͤrger ſei-
nem Siegs-Wagen folgten/ und den Sylla
ihren Vater und Erhalter/ das Volck aber den
Gluͤckſeligen ausrufften.

Mitler Zeit wendete Mithridates allen moͤg-
lichſten Fleiß an die Gemuͤther der Deutſchen in
Galatiẽ wieder zu gewiñen/ mit derer Beyſtand
er unſchwer die beym Roͤmiſchen Kriege abge-
fallenen Colchier uͤberwand/ und auf ihre Bitte
ihnẽ ſeinen Sohn Mithridates zum Koͤnig gab.
Weil ſie dieſem jungen Fuͤrſten aber zu ſehr lieb-
koſten/ argwohnte er: ſein Sohn waͤre ihres Ab-

falls
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 941[943]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1003>, abgerufen am 23.11.2024.