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Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.

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CLEOPATRA.
105.Must ich der Eltern Todt des Brudern Haß empfinden
Und/ was sich Drachen nicht auf Drachen unterwinden/
Mein Kristallinen Glas mit Giffte schaun befleckt/
Seh'n auf der Schwester Hals das grimme Schwerd entdeck't.
Jst auch gleich ein Anton mir einig Licht erschinen:
110.Di Hochzeit Fackel muß oft auch zu Grabe dinen.
Der Krocodil beweint deu den er fressen wil/
Und di Sirene regt beim Strudel Seiten-spiel:
So lib-kost' auch das Glück' uns/ wenn's wil vergraben.
Behertzigt/ was wir nicht zeither erlitten haben/
115.Seit uns bey Actium Gelück' und Sieg verließ/
Und unser Königreichin frembde Banden stieß.
Mein Athem-loser Geist mein abgemergelt Hertze
Fäll't nun ohnmächtig hin/ und ist so herbem Schmertze/
Nicht mächtig zu bestehn. Dis Leben ist nicht wehrt:
120.Daß es di Seele stets mit Thränen-Saltze nähr't.
Dis fehlt mir ja nur noch/ von seinem Zucker-Thaue:
Daß ich di Kinder nicht der Römer-Sklaven schaue;
Nein! dis zu schaun bin ich zu edel vom Geblütt'
An Tugend viel zu groß/ zu Hertzhafft im Gemütt'.
125.Entschleuß dich/ hoher Geist/ wi du dir vorgenommen/
Durch den behertzten Tod den Fässeln vorzukommen[;]
Vollbring' es hoher Geist! Ein rühmlich Todt ist mehr/
Als tause[nd] Jahre wehrt. Gebt/ Libste/ nicht so sehr
Di Kleinmuth an den Tag-Laßt Thrän' und Seufzer schwin-
den.
130.
Iras. Ach! Königin/ wer kan den Trieb der Libe binden?
Cleop. Wo Furcht und Wehmuth herrscht/ da ist di Libe
blind.
Cyllen. So schlägt sie Reich und Mann und Kinder in den
Wind?
Cleopatr. Reich/ Mann und Kinder sein der Götter Schutz
ergeben.
Cyll. Sie werden ohne sie verweis't und hülf-loß leben/ (stützt.
135.
Cleopatr. Der ligt schon in der Grufft/ der sich auf Menschen
Cyll. Der umbgefallne Baum lehrt was sein Schatten nützt.
Setzt
D
CLEOPATRA.
105.Muſt ich der Eltern Todt des Brudern Haß empfinden
Und/ was ſich Drachen nicht auf Drachen unterwinden/
Mein Kriſtallinen Glas mit Giffte ſchaun befleckt/
Seh’n auf der Schweſter Hals das grimme Schwerd entdeck’t.
Jſt auch gleich ein Anton mir einig Licht erſchinen:
110.Di Hochzeit Fackel muß oft auch zu Grabe dinen.
Der Krocodil beweint deu den er freſſen wil/
Und di Sirene regt beim Strudel Seiten-ſpiel:
So lib-koſt’ auch das Gluͤck’ uns/ wenn’s wil vergraben.
Behertzigt/ was wir nicht zeither erlitten haben/
115.Seit uns bey Actium Geluͤck’ und Sieg verließ/
Und unſer Koͤnigreichin frembde Banden ſtieß.
Mein Athem-loſer Geiſt mein abgemergelt Hertze
Faͤll’t nun ohnmaͤchtig hin/ und iſt ſo herbem Schmertze/
Nicht maͤchtig zu beſtehn. Dis Leben iſt nicht wehrt:
120.Daß es di Seele ſtets mit Thraͤnen-Saltze naͤhr’t.
Dis fehlt mir ja nur noch/ von ſeinem Zucker-Thaue:
Daß ich di Kinder nicht der Roͤmer-Sklaven ſchaue;
Nein! dis zu ſchaun bin ich zu edel vom Gebluͤtt’
An Tugend viel zu groß/ zu Hertzhafft im Gemuͤtt’.
125.Entſchleuß dich/ hoher Geiſt/ wi du dir vorgenommen/
Durch den behertzten Tod den Faͤſſeln vorzukommen[;]
Vollbring’ es hoher Geiſt! Ein ruͤhmlich Todt iſt mehr/
Als tauſe[nd] Jahre wehrt. Gebt/ Libſte/ nicht ſo ſehr
Di Kleinmuth an den Tag-Laßt Thraͤn’ und Seufzer ſchwin-
den.
130.
Iras. Ach! Koͤnigin/ wer kan den Trieb der Libe binden?
Cleop. Wo Furcht und Wehmuth herrſcht/ da iſt di Libe
blind.
Cyllen. So ſchlaͤgt ſie Reich und Mann und Kinder in den
Wind?
Cleopatr. Reich/ Mann und Kinder ſein der Goͤtter Schutz
ergeben.
Cyll. Sie werden ohne ſie verweiſ’t und huͤlf-loß leben/ (ſtuͤtzt.
135.
Cleopatr. Der ligt ſchon in der Grufft/ der ſich auf Menſchen
Cyll. Der umbgefallne Baum lehrt was ſein Schatten nuͤtzt.
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[0079] CLEOPATRA. Muſt ich der Eltern Todt des Brudern Haß empfinden Und/ was ſich Drachen nicht auf Drachen unterwinden/ Mein Kriſtallinen Glas mit Giffte ſchaun befleckt/ Seh’n auf der Schweſter Hals das grimme Schwerd entdeck’t. Jſt auch gleich ein Anton mir einig Licht erſchinen: Di Hochzeit Fackel muß oft auch zu Grabe dinen. Der Krocodil beweint deu den er freſſen wil/ Und di Sirene regt beim Strudel Seiten-ſpiel: So lib-koſt’ auch das Gluͤck’ uns/ wenn’s wil vergraben. Behertzigt/ was wir nicht zeither erlitten haben/ Seit uns bey Actium Geluͤck’ und Sieg verließ/ Und unſer Koͤnigreichin frembde Banden ſtieß. Mein Athem-loſer Geiſt mein abgemergelt Hertze Faͤll’t nun ohnmaͤchtig hin/ und iſt ſo herbem Schmertze/ Nicht maͤchtig zu beſtehn. Dis Leben iſt nicht wehrt: Daß es di Seele ſtets mit Thraͤnen-Saltze naͤhr’t. Dis fehlt mir ja nur noch/ von ſeinem Zucker-Thaue: Daß ich di Kinder nicht der Roͤmer-Sklaven ſchaue; Nein! dis zu ſchaun bin ich zu edel vom Gebluͤtt’ An Tugend viel zu groß/ zu Hertzhafft im Gemuͤtt’. Entſchleuß dich/ hoher Geiſt/ wi du dir vorgenommen/ Durch den behertzten Tod den Faͤſſeln vorzukommen; Vollbring’ es hoher Geiſt! Ein ruͤhmlich Todt iſt mehr/ Als tauſend Jahre wehrt. Gebt/ Libſte/ nicht ſo ſehr Di Kleinmuth an den Tag-Laßt Thraͤn’ und Seufzer ſchwin- den. Iras. Ach! Koͤnigin/ wer kan den Trieb der Libe binden? Cleop. Wo Furcht und Wehmuth herrſcht/ da iſt di Libe blind. Cyllen. So ſchlaͤgt ſie Reich und Mann und Kinder in den Wind? Cleopatr. Reich/ Mann und Kinder ſein der Goͤtter Schutz ergeben. Cyll. Sie werden ohne ſie verweiſ’t und huͤlf-loß leben/ (ſtuͤtzt. Cleopatr. Der ligt ſchon in der Grufft/ der ſich auf Menſchen Cyll. Der umbgefallne Baum lehrt was ſein Schatten nuͤtzt. Setzt D

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/79>, abgerufen am 25.11.2024.