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Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.

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CLEOPATRA.
Di Libe läß't ihr Reich durch Klugheit nicht verwirren;
660.Der Vogel siht den Leim und läßt sich dennoch kirren/
Di Mutte schant das Licht/ in dem sie sich versängt/
Das schnelle Reh das Garn in welchem es sich fängt/
Der Booßman kennt das Glas deß Ancker-losen Nachen:
Doch lan ihn Witz nicht klug/ Gesahr nicht zaghafft machen:
665.So renn't auch/ der da libt/ selbst sichtbar in di Noth.
Zwey Hafen hat man nur: gewehrt sein/ oder todt.
Cael. Wo läßt der bohe Geist sichendlich hin verleiten?
Man muß der Libe Macht mit mehrerm ernst bestreiten.
Di Wollust-Rosen sind der Natter heimlich Haus;
670.Es frist ein stinckend Wurin di güldnen Aepfel aus.
Jhr Gold ist süsses Gift; ihr Schimmer Blitz und Flammen.
Di Winde stäuben itzt das Jlium vonsammen/
Das auch ein schönes Weib hat in den Grauß gelegt.
Anton. Der Himmel hat di Brunst/ di Brunst den Fall erregt.
675.
Cael. Nein nein! der Himmel ließ dem Paris freien willen.
Anton. Was das Verhängnüß schleust muß Erd und Mensch
erfüllen;
Cael. Di Flamme ward vielmehr durch blinde Brunst gesucht.
Anton. Di Libe ließ ihn doch nicht gäntzlich sonder Frucht.
Cael. Das grosse Troja ward für Helenen verlohren.
660.
Anton. Di Flamme Trojens ward von Hernben gebohren.
Cael. Di durch der Tugend Wind gar bald zu dämpffen war.
Anton. Wer nicht di Libe kennt/ der baut ihr kein Altar.
Sos. Wer Thron und Krone kenn't/ nimmt Thron und Kron
für alles.
Anton. Wer hoch siebt/ tröste sich auch eines hoben Falles.
665.
Sos. Der fäll't offt tieffer ab der keinen Zepter trägt.
Anton. Man weiß: daß Blitz und Keil meist in di Gipfel
schlägt.
Sos. Wer kan di Herrligkeit der Krone sattsam rühmen.
Anton. Glaubt: daß mehr Dörner sie als Lilgen nicht be-
blümen.
Sos. Di Sternen weichen selbst der Diamanten Glutt.
600.
Anton. Der Diamant hegt schweiß/ Rubine deuten Blutt.
Sos. Wer
CLEOPATRA.
Di Libe laͤß’t ihr Reich durch Klugheit nicht verwirren;
660.Der Vogel ſiht den Leim und laͤßt ſich dennoch kirren/
Di Mutte ſchant das Licht/ in dem ſie ſich verſaͤngt/
Das ſchnelle Reh das Garn in welchem es ſich faͤngt/
Der Booßman kennt das Glas deß Ancker-loſen Nachen:
Doch lan ihn Witz nicht klug/ Geſahr nicht zaghafft machen:
665.So renn’t auch/ der da libt/ ſelbſt ſichtbar in di Noth.
Zwey Hafen hat man nur: gewehrt ſein/ oder todt.
Cæl. Wo laͤßt der bohe Geiſt ſichendlich hin verleiten?
Man muß der Libe Macht mit mehrerm ernſt beſtreiten.
Di Wolluſt-Roſen ſind der Natter heimlich Haus;
670.Es friſt ein ſtinckend Wurin di guͤldnen Aepfel aus.
Jhr Gold iſt ſuͤſſes Gift; ihr Schimmer Blitz und Flam̃en.
Di Winde ſtaͤuben itzt das Jlium vonſammen/
Das auch ein ſchoͤnes Weib hat in den Grauß gelegt.
Anton. Der Himmel hat di Brunſt/ di Brunſt den Fall erregt.
675.
Cæl. Nein nein! der Himmel ließ dem Paris freien willen.
Anton. Was das Verhaͤngnuͤß ſchleuſt muß Erd und Menſch
erfuͤllen;
Cæl. Di Flamme ward vielmehr durch blinde Brunſt geſucht.
Anton. Di Libe ließ ihn doch nicht gaͤntzlich ſonder Frucht.
Cæl. Das groſſe Troja ward fuͤr Helenen verlohren.
660.
Anton. Di Flamme Trojens ward von Hernben gebohren.
Cæl. Di durch der Tugend Wind gar bald zu daͤmpffen war.
Anton. Wer nicht di Libe kennt/ der baut ihr kein Altar.
Soſ. Wer Thron und Krone kenn’t/ nim̃t Thron und Kron
fuͤr alles.
Anton. Wer hoch ſiebt/ troͤſte ſich auch eines hoben Falles.
665.
Soſ. Der faͤll’t offt tieffer ab der keinen Zepter traͤgt.
Anton. Man weiß: daß Blitz und Keil meiſt in di Gipfel
ſchlaͤgt.
Soſ. Wer kan di Herrligkeit der Krone ſattſam ruͤhmen.
Anton. Glaubt: daß mehr Doͤrner ſie als Lilgen nicht be-
bluͤmen.
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600.
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[0052] CLEOPATRA. Di Libe laͤß’t ihr Reich durch Klugheit nicht verwirren; Der Vogel ſiht den Leim und laͤßt ſich dennoch kirren/ Di Mutte ſchant das Licht/ in dem ſie ſich verſaͤngt/ Das ſchnelle Reh das Garn in welchem es ſich faͤngt/ Der Booßman kennt das Glas deß Ancker-loſen Nachen: Doch lan ihn Witz nicht klug/ Geſahr nicht zaghafft machen: So renn’t auch/ der da libt/ ſelbſt ſichtbar in di Noth. Zwey Hafen hat man nur: gewehrt ſein/ oder todt. Cæl. Wo laͤßt der bohe Geiſt ſichendlich hin verleiten? Man muß der Libe Macht mit mehrerm ernſt beſtreiten. Di Wolluſt-Roſen ſind der Natter heimlich Haus; Es friſt ein ſtinckend Wurin di guͤldnen Aepfel aus. Jhr Gold iſt ſuͤſſes Gift; ihr Schimmer Blitz und Flam̃en. Di Winde ſtaͤuben itzt das Jlium vonſammen/ Das auch ein ſchoͤnes Weib hat in den Grauß gelegt. Anton. Der Himmel hat di Brunſt/ di Brunſt den Fall erregt. Cæl. Nein nein! der Himmel ließ dem Paris freien willen. Anton. Was das Verhaͤngnuͤß ſchleuſt muß Erd und Menſch erfuͤllen; Cæl. Di Flamme ward vielmehr durch blinde Brunſt geſucht. Anton. Di Libe ließ ihn doch nicht gaͤntzlich ſonder Frucht. Cæl. Das groſſe Troja ward fuͤr Helenen verlohren. Anton. Di Flamme Trojens ward von Hernben gebohren. Cæl. Di durch der Tugend Wind gar bald zu daͤmpffen war. Anton. Wer nicht di Libe kennt/ der baut ihr kein Altar. Soſ. Wer Thron und Krone kenn’t/ nim̃t Thron und Kron fuͤr alles. Anton. Wer hoch ſiebt/ troͤſte ſich auch eines hoben Falles. Soſ. Der faͤll’t offt tieffer ab der keinen Zepter traͤgt. Anton. Man weiß: daß Blitz und Keil meiſt in di Gipfel ſchlaͤgt. Soſ. Wer kan di Herrligkeit der Krone ſattſam ruͤhmen. Anton. Glaubt: daß mehr Doͤrner ſie als Lilgen nicht be- bluͤmen. Soſ. Di Sternen weichen ſelbſt der Diamanten Glutt. Anton. Der Diamant hegt ſchweiß/ Rubine deuten Blutt. Soſ. Wer

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/52>, abgerufen am 25.11.2024.