Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.CLEOPATRA. 525.Auch libt der nicht/ der todte Steine liebet/Der sich nur zu erhöhn begehrt/ Durch falsche Gunst/ di nicht Vergnügung giebet. Di Seelen sind nur Liebens werth: Nicht aber di geschmüuckten Gaben/ 530.Di keine Gegen-Liebe haben. 2. Satz der Schäfer. Was ist das Blutt der Schnecke? Mörder-Farbe.Der Thron? ein würmicht Seelen-Grab. Des Zepters Glas krigt mehrmahls Brüch' und Narbe/ Denn unser leichter Hirten-Stab. 535.Wir dürffen Kelch und Ruhstatt nicht verstecken/ Wi/ di auf Sammet furchtsam ruhn. Jhr Nectar kan/ wi unsre Milch nicht schmecken. Man pflegt oft Gift dort nein zn thun. Und wenn di Sonn' uns gönnt den Morgen/ 540.So fühln wir Wollust/ jene Sorgen. 2. Gegen-Satz der Schäfferinnen. Gönnt Wurmgespünst' und Bisam den Prinzessen:Di Schönheit ist in Woll' auch schön: Ziebeth-Koth wird beim Blumwerg leicht vergessen. Laßt si für stählern Spigeln stehn/ 545.Das Haar mit Staub id Haut mit Schminck' anfärben. Ein Brunn dihn't uns zu allem dem. Dort muß ihr Schmuck durch Milb' und Gift verterben; Hier bleibt der Glantz stets angenehm. Dort höret man mehr Schlangeu zischen 545.Jn Zimmern/ als hier in Gepüschen. Zu-Satz der Schäffer. Di Liebe wird in Geilheit dort verkehret.Dort solln di Wespen Binen sein/ Von denen nur das Honig wird verzehret/ Das di Natur uns pflantzet ein. Ja F 3
CLEOPATRA. 525.Auch libt der nicht/ der todte Steine liebet/Der ſich nur zu erhoͤhn begehrt/ Durch falſche Gunſt/ di nicht Vergnuͤgung giebet. Di Seelen ſind nur Liebens werth: Nicht aber di geſchmuͤuckten Gaben/ 530.Di keine Gegen-Liebe haben. 2. Satz der Schaͤfer. Was iſt das Blutt der Schnecke? Moͤrder-Farbe.Der Thron? ein wuͤrmicht Seelen-Grab. Des Zepters Glas krigt mehrmahls Bruͤch’ und Narbe/ Denn unſer leichter Hirten-Stab. 535.Wir duͤrffen Kelch und Ruhſtatt nicht verſtecken/ Wi/ di auf Sammet furchtſam ruhn. Jhr Nectar kan/ wi unſre Milch nicht ſchmecken. Man pflegt oft Gift dort nein zn thun. Und wenn di Sonn’ uns goͤnnt den Morgen/ 540.So fuͤhln wir Wolluſt/ jene Sorgen. 2. Gegen-Satz der Schaͤfferinnen. Goͤnnt Wurmgeſpuͤnſt’ und Biſam den Prinzeſſen:Di Schoͤnheit iſt in Woll’ auch ſchoͤn: Ziebeth-Koth wird beim Blumwerg leicht vergeſſen. Laßt ſi fuͤr ſtaͤhlern Spigeln ſtehn/ 545.Das Haar mit Staub id Haut mit Schminck’ anfaͤrben. Ein Brunn dihn’t uns zu allem dem. Dort muß ihr Schmuck durch Milb’ und Gift verterben; Hier bleibt der Glantz ſtets angenehm. Dort hoͤret man mehr Schlangeu ziſchen 545.Jn Zimmern/ als hier in Gepuͤſchen. Zu-Satz der Schaͤffer. Di Liebe wird in Geilheit dort verkehret.Dort ſolln di Weſpen Binen ſein/ Von denen nur das Honig wird verzehret/ Das di Natur uns pflantzet ein. Ja F 3
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CLEOPATRA.
Auch libt der nicht/ der todte Steine liebet/
Der ſich nur zu erhoͤhn begehrt/
Durch falſche Gunſt/ di nicht Vergnuͤgung giebet.
Di Seelen ſind nur Liebens werth:
Nicht aber di geſchmuͤuckten Gaben/
Di keine Gegen-Liebe haben.
2. Satz der Schaͤfer.
Was iſt das Blutt der Schnecke? Moͤrder-Farbe.
Der Thron? ein wuͤrmicht Seelen-Grab.
Des Zepters Glas krigt mehrmahls Bruͤch’ und Narbe/
Denn unſer leichter Hirten-Stab.
Wir duͤrffen Kelch und Ruhſtatt nicht verſtecken/
Wi/ di auf Sammet furchtſam ruhn.
Jhr Nectar kan/ wi unſre Milch nicht ſchmecken.
Man pflegt oft Gift dort nein zn thun.
Und wenn di Sonn’ uns goͤnnt den Morgen/
So fuͤhln wir Wolluſt/ jene Sorgen.
2. Gegen-Satz der Schaͤfferinnen.
Goͤnnt Wurmgeſpuͤnſt’ und Biſam den Prinzeſſen:
Di Schoͤnheit iſt in Woll’ auch ſchoͤn:
Ziebeth-Koth wird beim Blumwerg leicht vergeſſen.
Laßt ſi fuͤr ſtaͤhlern Spigeln ſtehn/
Das Haar mit Staub id Haut mit Schminck’ anfaͤrben.
Ein Brunn dihn’t uns zu allem dem.
Dort muß ihr Schmuck durch Milb’ und Gift verterben;
Hier bleibt der Glantz ſtets angenehm.
Dort hoͤret man mehr Schlangeu ziſchen
Jn Zimmern/ als hier in Gepuͤſchen.
Zu-Satz der Schaͤffer.
Di Liebe wird in Geilheit dort verkehret.
Dort ſolln di Weſpen Binen ſein/
Von denen nur das Honig wird verzehret/
Das di Natur uns pflantzet ein.
Ja
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/115>, abgerufen am 23.07.2024. |