Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665. Octav. Jhr glühte Stirn' und Ohr als sie sich sein ent- brach. Seneca. Sie selbst/ Octavie/ hat Schuld/ ist was gesche- hen. Octav. Hilf Himmel! Wil man so die Laster auff uns dre- 265.hen? Seneca. Sie lock't den Käyser nicht liebreitzende zur Lust. Agrip. Was Libreitz bey ihm gilt/ ist leider! uns bewust. Senec. Wie hett' ihr sonst Poppe' im Liben abgewonnen? Octav. Man siht begieriger Cometen an/ als Sonnen. Burrh. Wie? Daß der gantze Hof denn ihr schäl' Antlitz 270.haß't? Agrip. Wer haß't die nicht/ auff die der Käyser Schäl- sucht faß't. Senec. Der Sanftmuth Zucker muß der Fürsten Unhold läutern. Octav. Die Natter sauget Gifft aus Zucker-süssen Kräu- tern. Burrh. Miß't sie dem Ehgemahl der Nattern Würckung bey? Octav. Ach! Daß er grimmer nicht als grimme Nattern 275.sey! Seuec. Die Eyfer-sucht verkehr't zu Mitternacht den Schatten. Agrip. Jhr sollet nichts/ was uns zu Eyfer reitz't/ gestat- ten. Senec. Man muß den Fürsten oft was durch die Finger seh'n. Octav. Wenn diß in Lastern gilt/ so ist's umb uns ge- gescheh'n. Burrh. Geduld! Poppeens Gunst wird nicht so lange blü- 280.hen. Octav. Biß man das Purpur-Kleid uns aus/ ihr an- wird zihen. Seneca. Gebrauchte Schönheit wird ein Rosen-leerer Strauch. Octav. Jst Acte libes Kind nicht noch nach dem Ge- brauch? Burrh. C 2
Octav. Jhr gluͤhte Stirn’ und Ohr als ſie ſich ſein ent- brach. Seneca. Sie ſelbſt/ Octavie/ hat Schuld/ iſt was geſche- hen. Octav. Hilf Himmel! Wil man ſo die Laſter auff uns dre- 265.hen? Seneca. Sie lock’t den Kaͤyſer nicht liebreitzende zur Luſt. Agrip. Was Libreitz bey ihm gilt/ iſt leider! uns bewuſt. Senec. Wie hett’ ihr ſonſt Poppe’ im Liben abgewonnen? Octav. Man ſiht begieriger Cometen an/ als Sonnen. Burrh. Wie? Daß der gantze Hof denn ihr ſchaͤl’ Antlitz 270.haß’t? Agrip. Wer haß’t die nicht/ auff die der Kaͤyſer Schaͤl- ſucht faß’t. Senec. Der Sanftmuth Zucker muß der Fuͤrſten Unhold laͤutern. Octav. Die Natter ſauget Gifft aus Zucker-ſuͤſſen Kraͤu- tern. Burrh. Miß’t ſie dem Ehgemahl der Nattern Wuͤrckung bey? Octav. Ach! Daß er grimmer nicht als grimme Nattern 275.ſey! Seuec. Die Eyfer-ſucht verkehr’t zu Mitternacht den Schatten. Agrip. Jhr ſollet nichts/ was uns zu Eyfer reitz’t/ geſtat- ten. Senec. Man muß den Fuͤrſten oft was durch die Finger ſeh’n. Octav. Wenn diß in Laſtern gilt/ ſo iſt’s umb uns ge- geſcheh’n. Burrh. Geduld! Poppeens Gunſt wird nicht ſo lange bluͤ- 280.hen. Octav. Biß man das Purpur-Kleid uns aus/ ihr an- wird zihen. Seneca. Gebrauchte Schoͤnheit wird ein Roſen-leerer Strauch. Octav. Jſt Acte libes Kind nicht noch nach dem Ge- brauch? Burrh. C 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0053" n="35."/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Jhr gluͤhte Stirn’ und Ohr als ſie ſich ſein ent-<lb/><hi rendition="#et">brach.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Seneca.</hi> </speaker> <p>Sie ſelbſt/ Octavie/ hat Schuld/ iſt was geſche-<lb/><hi rendition="#et">hen.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Hilf Himmel! Wil man ſo die Laſter auff uns dre-<lb/><hi rendition="#et">hen?</hi></p> </sp><lb/> <note place="left">265.</note> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Seneca.</hi> </speaker> <p>Sie lock’t den Kaͤyſer nicht liebreitzende zur Luſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker> <p>Was Libreitz bey ihm gilt/ iſt leider! uns bewuſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Senec.</hi> </speaker> <p>Wie hett’ ihr ſonſt Poppe’ im Liben abgewonnen?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Man ſiht begieriger Cometen an/ als Sonnen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Burrh.</hi> </speaker> <p>Wie? Daß der gantze Hof denn ihr ſchaͤl’ Antlitz<lb/><hi rendition="#et">haß’t?</hi></p> </sp><lb/> <note place="left">270.</note> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker> <p>Wer haß’t die nicht/ auff die der Kaͤyſer Schaͤl-<lb/><hi rendition="#et">ſucht faß’t.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Senec.</hi> </speaker> <p>Der Sanftmuth Zucker muß der Fuͤrſten Unhold<lb/><hi rendition="#et">laͤutern.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Die Natter ſauget Gifft aus Zucker-ſuͤſſen Kraͤu-<lb/><hi rendition="#et">tern.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Burrh.</hi> </speaker> <p>Miß’t ſie dem Ehgemahl der Nattern Wuͤrckung<lb/><hi rendition="#et">bey?</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Ach! Daß er grimmer nicht als grimme Nattern<lb/><hi rendition="#et">ſey!</hi></p> </sp><lb/> <note place="left">275.</note> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Seuec.</hi> </speaker> <p>Die Eyfer-ſucht verkehr’t zu Mitternacht den<lb/><hi rendition="#et">Schatten.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Agrip.</hi> </speaker> <p>Jhr ſollet nichts/ was uns zu Eyfer reitz’t/ geſtat-<lb/><hi rendition="#et">ten.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Senec.</hi> </speaker> <p>Man muß den Fuͤrſten oft was durch die Finger<lb/><hi rendition="#et">ſeh’n.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Wenn diß in Laſtern gilt/ ſo iſt’s umb uns ge-<lb/><hi rendition="#et">geſcheh’n.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Burrh.</hi> </speaker> <p>Geduld! Poppeens Gunſt wird nicht ſo lange bluͤ-<lb/><hi rendition="#et">hen.</hi></p> </sp><lb/> <note place="left">280.</note> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Biß man das Purpur-Kleid uns aus/ ihr an-<lb/><hi rendition="#et">wird zihen.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Seneca.</hi> </speaker> <p>Gebrauchte Schoͤnheit wird ein Roſen-leerer<lb/><hi rendition="#et">Strauch.</hi></p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#aq">Octav.</hi> </speaker> <p>Jſt Acte libes Kind nicht noch nach dem Ge-<lb/><hi rendition="#et">brauch?</hi></p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Burrh.</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [35./0053]
Octav. Jhr gluͤhte Stirn’ und Ohr als ſie ſich ſein ent-
brach.
Seneca. Sie ſelbſt/ Octavie/ hat Schuld/ iſt was geſche-
hen.
Octav. Hilf Himmel! Wil man ſo die Laſter auff uns dre-
hen?
Seneca. Sie lock’t den Kaͤyſer nicht liebreitzende zur Luſt.
Agrip. Was Libreitz bey ihm gilt/ iſt leider! uns bewuſt.
Senec. Wie hett’ ihr ſonſt Poppe’ im Liben abgewonnen?
Octav. Man ſiht begieriger Cometen an/ als Sonnen.
Burrh. Wie? Daß der gantze Hof denn ihr ſchaͤl’ Antlitz
haß’t?
Agrip. Wer haß’t die nicht/ auff die der Kaͤyſer Schaͤl-
ſucht faß’t.
Senec. Der Sanftmuth Zucker muß der Fuͤrſten Unhold
laͤutern.
Octav. Die Natter ſauget Gifft aus Zucker-ſuͤſſen Kraͤu-
tern.
Burrh. Miß’t ſie dem Ehgemahl der Nattern Wuͤrckung
bey?
Octav. Ach! Daß er grimmer nicht als grimme Nattern
ſey!
Seuec. Die Eyfer-ſucht verkehr’t zu Mitternacht den
Schatten.
Agrip. Jhr ſollet nichts/ was uns zu Eyfer reitz’t/ geſtat-
ten.
Senec. Man muß den Fuͤrſten oft was durch die Finger
ſeh’n.
Octav. Wenn diß in Laſtern gilt/ ſo iſt’s umb uns ge-
geſcheh’n.
Burrh. Geduld! Poppeens Gunſt wird nicht ſo lange bluͤ-
hen.
Octav. Biß man das Purpur-Kleid uns aus/ ihr an-
wird zihen.
Seneca. Gebrauchte Schoͤnheit wird ein Roſen-leerer
Strauch.
Octav. Jſt Acte libes Kind nicht noch nach dem Ge-
brauch?
Burrh.
C 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/53 |
Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 35.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/53>, abgerufen am 29.07.2024. |