Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.

Bild:
<< vorherige Seite
Andres Tausend
12.
Kleider.
PFerde kennt man an den Haaren:
Kleider/ künnen offenbaren/
Wie deß Menschen Sinn bestellt
Vnd wie weit er Farbe hält.
13.
Fruchtbringende Gesellschafft.
JEh bin zwar auch ein Theil vnd denen beygestellet
Die jhres Geistes hoch zusammen hat gesellet
Zu treffen einen Bund/ zu würcken tapffre Frucht/
Daß Deutsches Hertz vnd Mund von neuem auffgesucht
Und seiner Würd vnd Zier sey wieder übergeben/
Und dürffe ferner nicht ein armer Sclave leben
Der fremden Pralerey: Das Miltzkraut soll ich seyn/
Verkleinern soll ich stets/ soll helffen treiben ein
Den auffgeschwollnen Miltz/ die Art der stoltzen Sinnen
Die sich in jhnen selbst beherbergen nicht künnen/
Und denen viel zu eng jhr Deutsches Vaterland;
Sie lassen eignen Werth vnd wehlen fremden Tand/
Erkiesen Glas für Gold/ vnd wollen nichts beginnen
Was diesem ist gemäß/ was etwa kümmt von hinnen:
So/ wie in Kleidern sie nunmehr sind Deutschen nicht/
So soll auch nicht mehr Deutsch seyn was die Zunge spricht.
Wie muß das Hertze seyn? Jch wil zwar nicht ermüden
Daß stets an jhren Orth sey meine Pflicht beschieden;
Daß ich Verkleinernder/ verkleinre nicht den Stand
Den m[e]in Kraut vnverhofft in diesem Garten fand
Wo so viel Cedern stehn vnd reiche Palmen prangen:
So aber/ was ich soll vnd wil/ nicht zu erlangen/
So neme man für gut/ ob Saamen ich nicht zieh/
Daß ich doch blüh/ das ist/ mich jmmerdar bemüh.
14. Rai-
Andres Tauſend
12.
Kleider.
PFerde kennt man an den Haaren:
Kleider/ kuͤnnen offenbaren/
Wie deß Menſchen Sinn beſtellt
Vnd wie weit er Farbe haͤlt.
13.
Fruchtbringende Geſellſchafft.
JEh bin zwar auch ein Theil vnd denen beygeſtellet
Die jhres Geiſtes hoch zuſammen hat geſellet
Zu treffen einen Bund/ zu wuͤrcken tapffre Frucht/
Daß Deutſches Hertz vnd Mund von neuem auffgeſucht
Und ſeiner Wuͤrd vnd Zier ſey wieder uͤbergeben/
Und duͤrffe ferner nicht ein armer Sclave leben
Der fremden Pralerey: Das Miltzkraut ſoll ich ſeyn/
Verkleinern ſoll ich ſtets/ ſoll helffen treiben ein
Den auffgeſchwollnen Miltz/ die Art der ſtoltzen Sinnen
Die ſich in jhnen ſelbſt beherbergen nicht kuͤnnen/
Und denen viel zu eng jhr Deutſches Vaterland;
Sie laſſen eignen Werth vnd wehlen fremden Tand/
Erkieſen Glas fuͤr Gold/ vnd wollen nichts beginnen
Was dieſem iſt gemaͤß/ was etwa kuͤm̃t von hinnen:
So/ wie in Kleidern ſie nunmehr ſind Deutſchen nicht/
So ſoll auch nicht mehr Deutſch ſeyn was die Zunge ſpricht.
Wie muß das Hertze ſeyn? Jch wil zwar nicht ermuͤden
Daß ſtets an jhren Orth ſey meine Pflicht beſchieden;
Daß ich Verkleinernder/ verkleinre nicht den Stand
Den m[e]in Kraut vnverhofft in dieſem Garten fand
Wo ſo viel Cedern ſtehn vnd reiche Palmen prangen:
So aber/ was ich ſoll vnd wil/ nicht zu erlangen/
So neme man fuͤr gut/ ob Saamen ich nicht zieh/
Daß ich doch bluͤh/ das iſt/ mich jmmerdar bemuͤh.
14. Rai-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0330" n="56"/>
          <fw place="top" type="header">Andres Tau&#x017F;end</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">12.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <head> <hi rendition="#b">Kleider.</hi> </head><lb/>
              <lg>
                <l><hi rendition="#in">P</hi>Ferde kennt man an den Haaren:</l><lb/>
                <l>Kleider/ ku&#x0364;nnen offenbaren/</l><lb/>
                <l>Wie deß Men&#x017F;chen Sinn be&#x017F;tellt</l><lb/>
                <l>Vnd wie weit er Farbe ha&#x0364;lt.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">13.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <head> <hi rendition="#b">Fruchtbringende Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft.</hi> </head><lb/>
              <lg>
                <l><hi rendition="#in">J</hi>Eh bin zwar auch ein Theil vnd denen beyge&#x017F;tellet</l><lb/>
                <l>Die jhres Gei&#x017F;tes <hi rendition="#fr">hoch</hi> zu&#x017F;ammen hat <hi rendition="#fr">ge&#x017F;ellet</hi></l><lb/>
                <l>Zu treffen einen Bund/ zu wu&#x0364;rcken tapffre <hi rendition="#fr">Frucht/</hi></l><lb/>
                <l>Daß Deut&#x017F;ches Hertz vnd Mund von neuem auffge&#x017F;ucht</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;einer Wu&#x0364;rd vnd Zier &#x017F;ey wieder u&#x0364;bergeben/</l><lb/>
                <l>Und du&#x0364;rffe ferner nicht ein armer Sclave leben</l><lb/>
                <l>Der fremden Pralerey: Das <hi rendition="#fr">Miltzkraut</hi> &#x017F;oll ich &#x017F;eyn/</l><lb/>
                <l><hi rendition="#fr">Verkleinern</hi> &#x017F;oll ich &#x017F;tets/ &#x017F;oll helffen treiben ein</l><lb/>
                <l>Den <hi rendition="#fr">auffge&#x017F;chwollnen Miltz/</hi> die Art der &#x017F;toltzen Sinnen</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;ich in jhnen &#x017F;elb&#x017F;t beherbergen nicht ku&#x0364;nnen/</l><lb/>
                <l>Und denen viel zu eng jhr Deut&#x017F;ches Vaterland;</l><lb/>
                <l>Sie la&#x017F;&#x017F;en eignen <hi rendition="#fr">Werth</hi> vnd wehlen fremden <hi rendition="#fr">Tand/</hi></l><lb/>
                <l>Erkie&#x017F;en Glas fu&#x0364;r Gold/ vnd wollen nichts beginnen</l><lb/>
                <l>Was die&#x017F;em i&#x017F;t gema&#x0364;ß/ was etwa ku&#x0364;m&#x0303;t von hinnen:</l><lb/>
                <l>So/ wie in Kleidern &#x017F;ie nunmehr &#x017F;ind Deut&#x017F;chen nicht/</l><lb/>
                <l>So &#x017F;oll auch nicht mehr Deut&#x017F;ch &#x017F;eyn was die Zunge &#x017F;pricht.</l><lb/>
                <l>Wie muß das Hertze &#x017F;eyn? Jch wil zwar nicht ermu&#x0364;den</l><lb/>
                <l>Daß &#x017F;tets an jhren Orth &#x017F;ey meine Pflicht be&#x017F;chieden;</l><lb/>
                <l>Daß ich <hi rendition="#fr">Verkleinernder/ verkleinre</hi> nicht den Stand</l><lb/>
                <l>Den m<supplied>e</supplied>in Kraut vnverhofft in die&#x017F;em Garten fand</l><lb/>
                <l>Wo &#x017F;o viel Cedern &#x017F;tehn vnd reiche Palmen prangen:</l><lb/>
                <l>So aber/ was ich &#x017F;oll vnd wil/ nicht zu erlangen/</l><lb/>
                <l>So neme man fu&#x0364;r gut/ ob Saamen ich nicht zieh/</l><lb/>
                <l>Daß ich doch blu&#x0364;h/ das i&#x017F;t/ mich jmmerdar bemu&#x0364;h.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">14. Rai-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0330] Andres Tauſend 12. Kleider. PFerde kennt man an den Haaren: Kleider/ kuͤnnen offenbaren/ Wie deß Menſchen Sinn beſtellt Vnd wie weit er Farbe haͤlt. 13. Fruchtbringende Geſellſchafft. JEh bin zwar auch ein Theil vnd denen beygeſtellet Die jhres Geiſtes hoch zuſammen hat geſellet Zu treffen einen Bund/ zu wuͤrcken tapffre Frucht/ Daß Deutſches Hertz vnd Mund von neuem auffgeſucht Und ſeiner Wuͤrd vnd Zier ſey wieder uͤbergeben/ Und duͤrffe ferner nicht ein armer Sclave leben Der fremden Pralerey: Das Miltzkraut ſoll ich ſeyn/ Verkleinern ſoll ich ſtets/ ſoll helffen treiben ein Den auffgeſchwollnen Miltz/ die Art der ſtoltzen Sinnen Die ſich in jhnen ſelbſt beherbergen nicht kuͤnnen/ Und denen viel zu eng jhr Deutſches Vaterland; Sie laſſen eignen Werth vnd wehlen fremden Tand/ Erkieſen Glas fuͤr Gold/ vnd wollen nichts beginnen Was dieſem iſt gemaͤß/ was etwa kuͤm̃t von hinnen: So/ wie in Kleidern ſie nunmehr ſind Deutſchen nicht/ So ſoll auch nicht mehr Deutſch ſeyn was die Zunge ſpricht. Wie muß das Hertze ſeyn? Jch wil zwar nicht ermuͤden Daß ſtets an jhren Orth ſey meine Pflicht beſchieden; Daß ich Verkleinernder/ verkleinre nicht den Stand Den mein Kraut vnverhofft in dieſem Garten fand Wo ſo viel Cedern ſtehn vnd reiche Palmen prangen: So aber/ was ich ſoll vnd wil/ nicht zu erlangen/ So neme man fuͤr gut/ ob Saamen ich nicht zieh/ Daß ich doch bluͤh/ das iſt/ mich jmmerdar bemuͤh. 14. Rai-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/330
Zitationshilfe: Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/330>, abgerufen am 25.11.2024.