Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.Erstes Tausend Doch kan mein Reim/ noch was/ das Zoilus nicht kan/Daß meinen Reim wie jhr/ besticht nicht Jedermann. 70. Von meinen Sinn-Getichten. DAß meine Reime klar/ rund/ klug nicht fallen künnen Jst nicht der Sprache Schuld/ die Schuld ist meiner Sinnen: Jst löblich etwa nicht/ was ich hier schreibe das/ Jst löblich etwa doch/ daß ich versuche was. 71. Ein gläubiger Schuldner. Veit ist mein Gläubiger vnd Schuldner für vnd für: Den Glauben hält er jhm/ die Schuld die läst er mir. 72. Eine statliche Mitgifft. Deß Weibes grosse Gifft/ ist recht deß Mannes Gifft/ Die nicht den Leib so sehr/ als seine Freyheit trifft. 73. Geschmünckte Weiber/ sind willige Weiber. WJewol es noch nicht Brauch/ daß Witwen/ daß Jungfrauen Sich selbsten bitten an vnd fragen ums Vertrauen; Jedoch/ wil gleich der Mund sich noch in etwas schämen/ Fragt Schmuck vnd Schmüncke doch: Ey wil mich niemand nemen. 74. Glaubens-Zwang. Den an Apostels stat bekehren die Pistolen/ Glaubt anders offen bar/ glaubt anders dann verholen. 75. Abfall. ES ist ein Wunderding/ der durch zehn/ zwantzig Jahre Und länger/ nicht gewust was rechter Glaube ware/ Wann
Erſtes Tauſend Doch kan mein Reim/ noch was/ das Zoilus nicht kan/Daß meinen Reim wie jhr/ beſticht nicht Jedermann. 70. Von meinen Sinn-Getichten. DAß meine Reime klar/ rund/ klug nicht fallen kuͤnnen Jſt nicht der Sprache Schuld/ die Schuld iſt meiner Sinnen: Jſt loͤblich etwa nicht/ was ich hier ſchreibe das/ Jſt loͤblich etwa doch/ daß ich verſuche was. 71. Ein glaͤubiger Schuldner. Veit iſt mein Glaͤubiger vnd Schuldner fuͤr vnd fuͤr: Den Glauben haͤlt er jhm/ die Schuld die laͤſt er mir. 72. Eine ſtatliche Mitgifft. Deß Weibes groſſe Gifft/ iſt recht deß Mannes Gifft/ Die nicht den Leib ſo ſehr/ als ſeine Freyheit trifft. 73. Geſchmuͤnckte Weiber/ ſind willige Weiber. WJewol es noch nicht Brauch/ daß Witwen/ daß Jungfrauen Sich ſelbſten bitten an vnd fragen ums Vertrauen; Jedoch/ wil gleich der Mund ſich noch in etwas ſchaͤmen/ Fragt Schmuck vnd Schmuͤncke doch: Ey wil mich niemand nemen. 74. Glaubens-Zwang. Den an Apoſtels ſtat bekehren die Piſtolen/ Glaubt anders offen bar/ glaubt anders dann verholen. 75. Abfall. ES iſt ein Wunderding/ der durch zehn/ zwantzig Jahre Und laͤnger/ nicht gewuſt was rechter Glaube ware/ Wann
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Erſtes Tauſend
Doch kan mein Reim/ noch was/ das Zoilus nicht kan/
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70.
Von meinen Sinn-Getichten.
DAß meine Reime klar/ rund/ klug nicht fallen kuͤnnen
Jſt nicht der Sprache Schuld/ die Schuld iſt meiner Sinnen:
Jſt loͤblich etwa nicht/ was ich hier ſchreibe das/
Jſt loͤblich etwa doch/ daß ich verſuche was.
71.
Ein glaͤubiger Schuldner.
Veit iſt mein Glaͤubiger vnd Schuldner fuͤr vnd fuͤr:
Den Glauben haͤlt er jhm/ die Schuld die laͤſt er mir.
72.
Eine ſtatliche Mitgifft.
Deß Weibes groſſe Gifft/ iſt recht deß Mannes Gifft/
Die nicht den Leib ſo ſehr/ als ſeine Freyheit trifft.
73.
Geſchmuͤnckte Weiber/ ſind willige
Weiber.
WJewol es noch nicht Brauch/ daß Witwen/ daß Jungfrauen
Sich ſelbſten bitten an vnd fragen ums Vertrauen;
Jedoch/ wil gleich der Mund ſich noch in etwas ſchaͤmen/
Fragt Schmuck vnd Schmuͤncke doch: Ey wil mich niemand
nemen.
74.
Glaubens-Zwang.
Den an Apoſtels ſtat bekehren die Piſtolen/
Glaubt anders offen bar/ glaubt anders dann verholen.
75.
Abfall.
ES iſt ein Wunderding/ der durch zehn/ zwantzig Jahre
Und laͤnger/ nicht gewuſt was rechter Glaube ware/
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Zitationshilfe: | Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/130>, abgerufen am 16.02.2025. |