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Löwenfeld, Leopold: Student und Alkohol. München, 1910.

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Ich selbst hatte Gelegenheit, einen Bierwirt zu behandeln, der während eines Zeitraums von 20 Jahren täglich 18--20 l Bier ohne irgendwelche Berauschung zu sich genommen hatte. Er starb ebenfalls Ende der 40er Jahre und es fand sich bei ihm das Münchener Bierherz in ausgeprägtester Form. Diese Herzerkrankung entsteht nicht über Nacht, sie entwickelt sich in schleichender Form. Die Aufnahme so großer Flüssigkeitsmengen, wie sie der frühere tägliche Bierkonsum der hiesigen Braugehilfen mit sich brachte, bedingt eine bedeutende Vermehrung der Herzarbeit. Diese verursacht zunächst eine Hypertrophie der muskulösen Wandungen des Organs, die bei Fortdauer der enormen Flüssigkeitszufuhr unter dem toxischen Einflusse des Alkohols allmählich in Entartung übergeht, einen Zustand, der früher oder später zur Erlahmung des Herzens führt.

In schleichender Weise entwickeln sich auch die sogenannte Arterienverkalkung, die Leber- und Nierenleiden der trinkfesten Trinker. In beklagenswerter Verblendung fahren diese mit ihren alkoholischen Gewohnheiten fort, bis ein Stadium der Erkrankung eintritt, das keinen Zweifel mehr über die schädigende Wirkung ihrer Trinkgewohnheiten läßt. Die Einsicht, die damit gewonnen wird, und die Einschränkung des Alkoholgenusses oder gänzlicher Verzicht auf denselben hält aber dann oft den schlimmen Ausgang des Leidens nur wenig auf.

Wir sind also nicht in der Lage, anzugeben, welches Quantum Alkohol, wenn wir von ganz kleinen Mengen absehen, bei andauerndem täglichem Genusse sicher ohne schädigenden Einfluß auf den Organismus bleibt, und deßhalb ist die Abstinenz vom hygienischen Standpunkte aus, der Mäßigkeit in alcoholicis entschieden vorzuziehen. Dies ergibt sich auch aus den Tatsachen, welche mehrere englische Lebensversicherungsgesellschaften bezüglich der Lebensdauer und der Häufigkeit der Erkrankungen bei Abstinenten und mäßigen Trinkern ermittelt haben. So ergab sich bei der englischen Lebensversicherungsgesellschaft Sceptre, daß bei den von ihr versicherten Abstinenten in einem Zeitraum von 5 Jahren nahezu 19% weniger Todesfälle vorkamen als bei den versicherten Nichtabstinenten, obwohl auch diese sich zum großen Teile aus Personen zusammensetzten, bei denen man entschiedene Mäßigkeit voraussetzen kann.

Eine andere englische Lebensversicherungsgesellschaft "Temperance and General Provident Institution" hatte bei den Abstinenten sogar 29% weniger Todesfälle als bei den übrigen Versicherten. Ebenso ergab ein Vergleich der Krankheitswochen bei den Mitgliedern verschiedener Krankenkassen, daß die Abstinenten bedeutend weniger von Erkrankungen heimgesucht wurden, als die Nichtabstinenten. Die Zahl der Krankheitswochen betrug für den Zeitraum von fünf Jahren bei den Sons of

Ich selbst hatte Gelegenheit, einen Bierwirt zu behandeln, der während eines Zeitraums von 20 Jahren täglich 18—20 l Bier ohne irgendwelche Berauschung zu sich genommen hatte. Er starb ebenfalls Ende der 40er Jahre und es fand sich bei ihm das Münchener Bierherz in ausgeprägtester Form. Diese Herzerkrankung entsteht nicht über Nacht, sie entwickelt sich in schleichender Form. Die Aufnahme so großer Flüssigkeitsmengen, wie sie der frühere tägliche Bierkonsum der hiesigen Braugehilfen mit sich brachte, bedingt eine bedeutende Vermehrung der Herzarbeit. Diese verursacht zunächst eine Hypertrophie der muskulösen Wandungen des Organs, die bei Fortdauer der enormen Flüssigkeitszufuhr unter dem toxischen Einflusse des Alkohols allmählich in Entartung übergeht, einen Zustand, der früher oder später zur Erlahmung des Herzens führt.

In schleichender Weise entwickeln sich auch die sogenannte Arterienverkalkung, die Leber- und Nierenleiden der trinkfesten Trinker. In beklagenswerter Verblendung fahren diese mit ihren alkoholischen Gewohnheiten fort, bis ein Stadium der Erkrankung eintritt, das keinen Zweifel mehr über die schädigende Wirkung ihrer Trinkgewohnheiten läßt. Die Einsicht, die damit gewonnen wird, und die Einschränkung des Alkoholgenusses oder gänzlicher Verzicht auf denselben hält aber dann oft den schlimmen Ausgang des Leidens nur wenig auf.

Wir sind also nicht in der Lage, anzugeben, welches Quantum Alkohol, wenn wir von ganz kleinen Mengen absehen, bei andauerndem täglichem Genusse sicher ohne schädigenden Einfluß auf den Organismus bleibt, und deßhalb ist die Abstinenz vom hygienischen Standpunkte aus, der Mäßigkeit in alcoholicis entschieden vorzuziehen. Dies ergibt sich auch aus den Tatsachen, welche mehrere englische Lebensversicherungsgesellschaften bezüglich der Lebensdauer und der Häufigkeit der Erkrankungen bei Abstinenten und mäßigen Trinkern ermittelt haben. So ergab sich bei der englischen Lebensversicherungsgesellschaft Sceptre, daß bei den von ihr versicherten Abstinenten in einem Zeitraum von 5 Jahren nahezu 19% weniger Todesfälle vorkamen als bei den versicherten Nichtabstinenten, obwohl auch diese sich zum großen Teile aus Personen zusammensetzten, bei denen man entschiedene Mäßigkeit voraussetzen kann.

Eine andere englische Lebensversicherungsgesellschaft „Temperance and General Provident Institution“ hatte bei den Abstinenten sogar 29% weniger Todesfälle als bei den übrigen Versicherten. Ebenso ergab ein Vergleich der Krankheitswochen bei den Mitgliedern verschiedener Krankenkassen, daß die Abstinenten bedeutend weniger von Erkrankungen heimgesucht wurden, als die Nichtabstinenten. Die Zahl der Krankheitswochen betrug für den Zeitraum von fünf Jahren bei den Sons of

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[18/0020] Ich selbst hatte Gelegenheit, einen Bierwirt zu behandeln, der während eines Zeitraums von 20 Jahren täglich 18—20 l Bier ohne irgendwelche Berauschung zu sich genommen hatte. Er starb ebenfalls Ende der 40er Jahre und es fand sich bei ihm das Münchener Bierherz in ausgeprägtester Form. Diese Herzerkrankung entsteht nicht über Nacht, sie entwickelt sich in schleichender Form. Die Aufnahme so großer Flüssigkeitsmengen, wie sie der frühere tägliche Bierkonsum der hiesigen Braugehilfen mit sich brachte, bedingt eine bedeutende Vermehrung der Herzarbeit. Diese verursacht zunächst eine Hypertrophie der muskulösen Wandungen des Organs, die bei Fortdauer der enormen Flüssigkeitszufuhr unter dem toxischen Einflusse des Alkohols allmählich in Entartung übergeht, einen Zustand, der früher oder später zur Erlahmung des Herzens führt. In schleichender Weise entwickeln sich auch die sogenannte Arterienverkalkung, die Leber- und Nierenleiden der trinkfesten Trinker. In beklagenswerter Verblendung fahren diese mit ihren alkoholischen Gewohnheiten fort, bis ein Stadium der Erkrankung eintritt, das keinen Zweifel mehr über die schädigende Wirkung ihrer Trinkgewohnheiten läßt. Die Einsicht, die damit gewonnen wird, und die Einschränkung des Alkoholgenusses oder gänzlicher Verzicht auf denselben hält aber dann oft den schlimmen Ausgang des Leidens nur wenig auf. Wir sind also nicht in der Lage, anzugeben, welches Quantum Alkohol, wenn wir von ganz kleinen Mengen absehen, bei andauerndem täglichem Genusse sicher ohne schädigenden Einfluß auf den Organismus bleibt, und deßhalb ist die Abstinenz vom hygienischen Standpunkte aus, der Mäßigkeit in alcoholicis entschieden vorzuziehen. Dies ergibt sich auch aus den Tatsachen, welche mehrere englische Lebensversicherungsgesellschaften bezüglich der Lebensdauer und der Häufigkeit der Erkrankungen bei Abstinenten und mäßigen Trinkern ermittelt haben. So ergab sich bei der englischen Lebensversicherungsgesellschaft Sceptre, daß bei den von ihr versicherten Abstinenten in einem Zeitraum von 5 Jahren nahezu 19% weniger Todesfälle vorkamen als bei den versicherten Nichtabstinenten, obwohl auch diese sich zum großen Teile aus Personen zusammensetzten, bei denen man entschiedene Mäßigkeit voraussetzen kann. Eine andere englische Lebensversicherungsgesellschaft „Temperance and General Provident Institution“ hatte bei den Abstinenten sogar 29% weniger Todesfälle als bei den übrigen Versicherten. Ebenso ergab ein Vergleich der Krankheitswochen bei den Mitgliedern verschiedener Krankenkassen, daß die Abstinenten bedeutend weniger von Erkrankungen heimgesucht wurden, als die Nichtabstinenten. Die Zahl der Krankheitswochen betrug für den Zeitraum von fünf Jahren bei den Sons of

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Zitationshilfe: Löwenfeld, Leopold: Student und Alkohol. München, 1910, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loewenfeld_student_1910/20>, abgerufen am 21.11.2024.