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Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

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Hist. medii aevi.
andern vorgesetzet worden. Freylinge waren alle geringere/
die in den Städten wohneten/ und niemand leibeigen waren/
und diese nebst den Adelingen durften zuerst allein in Krieg zie-
hen. Servi waren alle übrige Einwohner/ sonderlich auff dem
Lande/ in denen von den Franckeu bezwungenen Ländern/ inson-
derheit in denen ersten Seculis alle Handwercksleute/ als welche
ihren Eigenthums-Herren mit Leib und Haabe haften musten.
Sie wurden eingetheilet in fervos fisci, sive regios, welche zu
den Käyserl. Domanial-Gütern gehörten/ servos Ecclesiae,
welche denen Stiftern und Klöstern geschencket wurden/ und ser-
vos privatorum,
welche denen Landherren und Adelingen zu ei-
gen gehörten. Diese wurden unterschieden in Casatos, so ihre
besondere casas oder Häußergen und zugetheilte Gütergen hatten/
davon die ietzigen Coßaten herkommen/ und Gasindos, Gesin-
de/ welche bloß zu Hoffe dieneten/ in den Buden des Eigenthums-
Herrn wohnten/ und meistens aus Handwercksleuten bestun-
den. Käyser Henricus Auceps hat sehr viel von diesen Ser-
vis
frey gemacht; So haben auch die Clerici fast alle die ihri-
gen zur Bezeugung Christl. Liebe manumittiret und befreyet/
auch nach und nach bey denen Käysern/ Fürsten und Edelleuten/
die übrigen meistens loß gebeten: Daß sich also die Leibeigen-
schafft fast verlohren.

Von dem Uhrsprung der Städte ist folgendes wohl zu fas-
sen: Jn Süd-Deutschland haben die von den Römern civili-
sir
te Deutschen bald Städte angelegt/ wie denn auch die Rö-
mer allda einige erbauet haben; Umb Nord-Deutschland aber
ist es uns hier am meisten zu thun. Daselbst waren vor dem
8ten Sec. keine eigentlichen Städte/ sondern nur Schlösser der
Landherrn und grosse Dörffer/ dergleichen Heresburg/ Stade
Frizlar/ Herstall etc. sind. Jm 9. und 10den Sec. aber entstun-
den die Städte/ theils von denen grossen Kirchen/ so im Lande
gebauet wurden/ darzu ein starcker Zulauff ward/ und sonder-
lich die gewesenen Servi dahin zu den Geistlichen/ als ihren Pa-
tronen/ zogen; theils von den Burgwardiis, oder Haupt-

Schlös-

Hiſt. medii ævi.
andern vorgeſetzet worden. Freylinge waren alle geringere/
die in den Staͤdten wohneten/ und niemand leibeigen waren/
und dieſe nebſt den Adelingen durften zuerſt allein in Krieg zie-
hen. Servi waren alle uͤbrige Einwohner/ ſonderlich auff dem
Lande/ in denen von den Franckeu bezwungenen Laͤndern/ inſon-
derheit in denen erſten Seculis alle Handwercksleute/ als welche
ihren Eigenthums-Herren mit Leib und Haabe haften muſten.
Sie wurden eingetheilet in fervos fiſci, ſive regios, welche zu
den Kaͤyſerl. Domanial-Guͤtern gehoͤrten/ ſervos Eccleſiæ,
welche denen Stiftern und Kloͤſtern geſchencket wurden/ und ſer-
vos privatorum,
welche denen Landherren und Adelingen zu ei-
gen gehoͤrten. Dieſe wurden unterſchieden in Caſatos, ſo ihre
beſondere caſas oder Haͤußergen und zugetheilte Guͤtergen hatten/
davon die ietzigen Coßaten herkommen/ und Gaſindos, Geſin-
de/ welche bloß zu Hoffe dieneten/ in den Buden des Eigenthums-
Herrn wohnten/ und meiſtens aus Handwercksleuten beſtun-
den. Kaͤyſer Henricus Auceps hat ſehr viel von dieſen Ser-
vis
frey gemacht; So haben auch die Clerici faſt alle die ihri-
gen zur Bezeugung Chriſtl. Liebe manumittiret und befreyet/
auch nach und nach bey denen Kaͤyſern/ Fuͤrſten und Edelleuten/
die uͤbrigen meiſtens loß gebeten: Daß ſich alſo die Leibeigen-
ſchafft faſt verlohren.

Von dem Uhrſprung der Staͤdte iſt folgendes wohl zu faſ-
ſen: Jn Suͤd-Deutſchland haben die von den Roͤmern civili-
ſir
te Deutſchen bald Staͤdte angelegt/ wie denn auch die Roͤ-
mer allda einige erbauet haben; Umb Nord-Deutſchland aber
iſt es uns hier am meiſten zu thun. Daſelbſt waren vor dem
8ten Sec. keine eigentlichen Staͤdte/ ſondern nur Schloͤſſer der
Landherrn und groſſe Doͤrffer/ dergleichen Heresburg/ Stade
Frizlar/ Herſtall ꝛc. ſind. Jm 9. und 10den Sec. aber entſtun-
den die Staͤdte/ theils von denen groſſen Kirchen/ ſo im Lande
gebauet wurden/ darzu ein ſtarcker Zulauff ward/ und ſonder-
lich die geweſenen Servi dahin zu den Geiſtlichen/ als ihren Pa-
tronen/ zogen; theils von den Burgwardiis, oder Haupt-

Schloͤſ-
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[295/0313] Hiſt. medii ævi. andern vorgeſetzet worden. Freylinge waren alle geringere/ die in den Staͤdten wohneten/ und niemand leibeigen waren/ und dieſe nebſt den Adelingen durften zuerſt allein in Krieg zie- hen. Servi waren alle uͤbrige Einwohner/ ſonderlich auff dem Lande/ in denen von den Franckeu bezwungenen Laͤndern/ inſon- derheit in denen erſten Seculis alle Handwercksleute/ als welche ihren Eigenthums-Herren mit Leib und Haabe haften muſten. Sie wurden eingetheilet in fervos fiſci, ſive regios, welche zu den Kaͤyſerl. Domanial-Guͤtern gehoͤrten/ ſervos Eccleſiæ, welche denen Stiftern und Kloͤſtern geſchencket wurden/ und ſer- vos privatorum, welche denen Landherren und Adelingen zu ei- gen gehoͤrten. Dieſe wurden unterſchieden in Caſatos, ſo ihre beſondere caſas oder Haͤußergen und zugetheilte Guͤtergen hatten/ davon die ietzigen Coßaten herkommen/ und Gaſindos, Geſin- de/ welche bloß zu Hoffe dieneten/ in den Buden des Eigenthums- Herrn wohnten/ und meiſtens aus Handwercksleuten beſtun- den. Kaͤyſer Henricus Auceps hat ſehr viel von dieſen Ser- vis frey gemacht; So haben auch die Clerici faſt alle die ihri- gen zur Bezeugung Chriſtl. Liebe manumittiret und befreyet/ auch nach und nach bey denen Kaͤyſern/ Fuͤrſten und Edelleuten/ die uͤbrigen meiſtens loß gebeten: Daß ſich alſo die Leibeigen- ſchafft faſt verlohren. Von dem Uhrſprung der Staͤdte iſt folgendes wohl zu faſ- ſen: Jn Suͤd-Deutſchland haben die von den Roͤmern civili- ſirte Deutſchen bald Staͤdte angelegt/ wie denn auch die Roͤ- mer allda einige erbauet haben; Umb Nord-Deutſchland aber iſt es uns hier am meiſten zu thun. Daſelbſt waren vor dem 8ten Sec. keine eigentlichen Staͤdte/ ſondern nur Schloͤſſer der Landherrn und groſſe Doͤrffer/ dergleichen Heresburg/ Stade Frizlar/ Herſtall ꝛc. ſind. Jm 9. und 10den Sec. aber entſtun- den die Staͤdte/ theils von denen groſſen Kirchen/ ſo im Lande gebauet wurden/ darzu ein ſtarcker Zulauff ward/ und ſonder- lich die geweſenen Servi dahin zu den Geiſtlichen/ als ihren Pa- tronen/ zogen; theils von den Burgwardiis, oder Haupt- Schloͤſ-

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Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/313>, abgerufen am 24.11.2024.