Löhe, Wilhelm: Eine protestantische Missionspredigt von der Abendmahlszucht. Nürnberg, 1853.noch etwas anders für groß und wünschenswerth erachten, als was die Zeit bringt und Sinne und Vernunft erfaßen können. In einer solchen Stadt hätte man am allerwenigsten einen fruchtbaren Boden für das Evangelium vermuthen sollen; und doch war gerade dort die Arbeit des heiligen Paulus reichlich gesegnet; es fand sich ein großes, zahlreiches Volk, das die himmlische Berufung annahm; es bildete sich eine große Christengemeinde, die vor andern mit einer Fülle von geistlichen und außerordentlichen Gaben des heiligen Geistes ausgezeichnet wurde. Wie es aber häufig zu gehen pflegt, so gieng es auch in Corinth: nach den ersten Zeiten der Erweckung und der Liebe zu Christo tauchten die alten angeborenen oder altgewohnten Fehler, Neigungen und Sünden wieder auf, machten sich wieder geltend und drohten das Werk des heiligen Geistes in der Gemeinde von Corinth zu zerstören. Nicht bloß trugen die Corinther das echtgriechische Wohlgefallen an menschlich natürlicher Begabung, namentlich an der Redegabe, auf ihre Lehrer im Christentum über und trieben Wähler und Buhlerei mit den Lehrgaben derselben, als hätten sie es noch mit heidnischen Rednern und Schauspielern zu thun, - wie wir das aus Pauli eigenen Briefen wißen; sondern es spukte auch die alte heidnische Leichtfertigkeit wieder, und sie verziehen einander wie früherhin Sünden und Ausschweifungen, über welche der Geist des HErrn JEsus mit aller Strenge den Stab bricht. Und nachdem sie einmal diese abschüßige Bahn betreten hatten, kamen sie so weit und vergaßen sie ihre himmlische Berufung so sehr, daß sie es den Heiden an Gleichgiltigkeit und Leichtfertigkeit zuvor thaten. Sie konnten es vertragen, daß einer unter ihnen seine Stiefmutter zur Ehe nahm, d. i. eine Ehe schloß, welche der schändlichsten, frevelhaftesten Hurerei gleich zu achten war. Dieser Fall war es, welcher dem Apostel Paulus zu Ohren gekommen war und den er nun in unserm Textescapitel angreift. Es ist ein gewaltiger, apostolischer Ernst, der in noch etwas anders für groß und wünschenswerth erachten, als was die Zeit bringt und Sinne und Vernunft erfaßen können. In einer solchen Stadt hätte man am allerwenigsten einen fruchtbaren Boden für das Evangelium vermuthen sollen; und doch war gerade dort die Arbeit des heiligen Paulus reichlich gesegnet; es fand sich ein großes, zahlreiches Volk, das die himmlische Berufung annahm; es bildete sich eine große Christengemeinde, die vor andern mit einer Fülle von geistlichen und außerordentlichen Gaben des heiligen Geistes ausgezeichnet wurde. Wie es aber häufig zu gehen pflegt, so gieng es auch in Corinth: nach den ersten Zeiten der Erweckung und der Liebe zu Christo tauchten die alten angeborenen oder altgewohnten Fehler, Neigungen und Sünden wieder auf, machten sich wieder geltend und drohten das Werk des heiligen Geistes in der Gemeinde von Corinth zu zerstören. Nicht bloß trugen die Corinther das echtgriechische Wohlgefallen an menschlich natürlicher Begabung, namentlich an der Redegabe, auf ihre Lehrer im Christentum über und trieben Wähler und Buhlerei mit den Lehrgaben derselben, als hätten sie es noch mit heidnischen Rednern und Schauspielern zu thun, – wie wir das aus Pauli eigenen Briefen wißen; sondern es spukte auch die alte heidnische Leichtfertigkeit wieder, und sie verziehen einander wie früherhin Sünden und Ausschweifungen, über welche der Geist des HErrn JEsus mit aller Strenge den Stab bricht. Und nachdem sie einmal diese abschüßige Bahn betreten hatten, kamen sie so weit und vergaßen sie ihre himmlische Berufung so sehr, daß sie es den Heiden an Gleichgiltigkeit und Leichtfertigkeit zuvor thaten. Sie konnten es vertragen, daß einer unter ihnen seine Stiefmutter zur Ehe nahm, d. i. eine Ehe schloß, welche der schändlichsten, frevelhaftesten Hurerei gleich zu achten war. Dieser Fall war es, welcher dem Apostel Paulus zu Ohren gekommen war und den er nun in unserm Textescapitel angreift. Es ist ein gewaltiger, apostolischer Ernst, der in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="4"/> noch etwas anders für groß und wünschenswerth erachten, als was die Zeit bringt und Sinne und Vernunft erfaßen können. In einer solchen Stadt hätte man am allerwenigsten einen fruchtbaren Boden für das Evangelium vermuthen sollen; und doch war gerade dort die Arbeit des heiligen Paulus reichlich gesegnet; es fand sich ein großes, zahlreiches Volk, das die himmlische Berufung annahm; es bildete sich eine große Christengemeinde, die vor andern mit einer Fülle von geistlichen und außerordentlichen Gaben des heiligen Geistes ausgezeichnet wurde. Wie es aber häufig zu gehen pflegt, so gieng es auch in Corinth: nach den ersten Zeiten der Erweckung und der Liebe zu Christo tauchten die alten angeborenen oder altgewohnten Fehler, Neigungen und Sünden wieder auf, machten sich wieder geltend und drohten das Werk des heiligen Geistes in der Gemeinde von Corinth zu zerstören. Nicht bloß trugen die Corinther das echtgriechische Wohlgefallen an menschlich natürlicher Begabung, namentlich an der Redegabe, auf ihre Lehrer im Christentum über und trieben Wähler und Buhlerei mit den Lehrgaben derselben, als hätten sie es noch mit heidnischen Rednern und Schauspielern zu thun, – wie wir das aus Pauli eigenen Briefen wißen; sondern es spukte auch die alte heidnische Leichtfertigkeit wieder, und sie verziehen einander wie früherhin Sünden und Ausschweifungen, über welche der Geist des HErrn JEsus mit aller Strenge den Stab bricht. Und nachdem sie einmal diese abschüßige Bahn betreten hatten, kamen sie so weit und vergaßen sie ihre himmlische Berufung so sehr, daß sie es den Heiden an Gleichgiltigkeit und Leichtfertigkeit zuvor thaten. Sie konnten es vertragen, daß einer unter ihnen seine Stiefmutter zur Ehe nahm, d. i. eine Ehe schloß, welche der schändlichsten, frevelhaftesten Hurerei gleich zu achten war. Dieser Fall war es, welcher dem Apostel Paulus zu Ohren gekommen war und den er nun in unserm Textescapitel angreift. Es ist ein gewaltiger, apostolischer Ernst, der in </p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
noch etwas anders für groß und wünschenswerth erachten, als was die Zeit bringt und Sinne und Vernunft erfaßen können. In einer solchen Stadt hätte man am allerwenigsten einen fruchtbaren Boden für das Evangelium vermuthen sollen; und doch war gerade dort die Arbeit des heiligen Paulus reichlich gesegnet; es fand sich ein großes, zahlreiches Volk, das die himmlische Berufung annahm; es bildete sich eine große Christengemeinde, die vor andern mit einer Fülle von geistlichen und außerordentlichen Gaben des heiligen Geistes ausgezeichnet wurde. Wie es aber häufig zu gehen pflegt, so gieng es auch in Corinth: nach den ersten Zeiten der Erweckung und der Liebe zu Christo tauchten die alten angeborenen oder altgewohnten Fehler, Neigungen und Sünden wieder auf, machten sich wieder geltend und drohten das Werk des heiligen Geistes in der Gemeinde von Corinth zu zerstören. Nicht bloß trugen die Corinther das echtgriechische Wohlgefallen an menschlich natürlicher Begabung, namentlich an der Redegabe, auf ihre Lehrer im Christentum über und trieben Wähler und Buhlerei mit den Lehrgaben derselben, als hätten sie es noch mit heidnischen Rednern und Schauspielern zu thun, – wie wir das aus Pauli eigenen Briefen wißen; sondern es spukte auch die alte heidnische Leichtfertigkeit wieder, und sie verziehen einander wie früherhin Sünden und Ausschweifungen, über welche der Geist des HErrn JEsus mit aller Strenge den Stab bricht. Und nachdem sie einmal diese abschüßige Bahn betreten hatten, kamen sie so weit und vergaßen sie ihre himmlische Berufung so sehr, daß sie es den Heiden an Gleichgiltigkeit und Leichtfertigkeit zuvor thaten. Sie konnten es vertragen, daß einer unter ihnen seine Stiefmutter zur Ehe nahm, d. i. eine Ehe schloß, welche der schändlichsten, frevelhaftesten Hurerei gleich zu achten war. Dieser Fall war es, welcher dem Apostel Paulus zu Ohren gekommen war und den er nun in unserm Textescapitel angreift. Es ist ein gewaltiger, apostolischer Ernst, der in
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