selben Anstrengung schon fünfmal höhere Sprünge machen können, weil sie auch nur durch eine fünfmal geringere Kraft zu ihrer Erde zurückgezogen werden.
§. 47. (Meteorsteine.) Man hat in den neuern Zeiten die Vermuthung aufgestellt, daß die Steine, welche öfter unter heftigen Detonationen aus der Luft zur Erde fallen, und die unter der Benennung von Aerolithen oder Meteorsteinen bekannt sind, Produkte der Vulkane des Mondes seyn mögen.
Wenn man, um die Sache ganz einfach darzustellen, von der Bewegung des Mondes sowohl, als auch von jener der Erde abstrahirt und annimmt, daß der Wurf eines solchen Steines gerade gegen die Erde bin gerichtet sey, so ist es leicht, denjenigen Punkt zwischen Mond und Erde zu finden, wo dieser Stein von dem Monde ganz eben so stark, wie von der Erde angezogen wird. Setzt man nämlich voraus, daß die Kräfte dieser beiden Weltkörper sich wie ihre Massen dividirt durch die Entfernung des Steines von ihrem Mittelpunkte verhalten, so findet man, daß dieser Punkt nahe 7 Erdhalbmesser von dem Monde, also auch nahe 53 Erdhalbmesser von dem Mittelpunkte der Erde ent- fernt ist. Eine einfache Rechnung zeigt, daß die anfängliche Geschwindigkeit, die der Stein bei seinem Auswurfe durch den Vulkan erhalten, oder daß der Weg, welchen der Stein in der ersten Sekunde zurücklegen muß, um jenen Punkt der gleichen Anziehung zu erreichen, 8290 Par. Fuß beträgt, also nahe 12mal größer ist, als die Geschwindigkeit einer Kanonenkugel. Wir kennen aber die Kräfte nicht, welche unsere, und noch weniger jene, welche die Vulkane des Mondes entwickeln, als daß wir dadurch über die Wahrscheinlichkeit jenes Ursprungs der Aerolithen uns eine Entscheidung erlauben dürften. Gewiß ist, daß ein Körper, der mit dieser Geschwindigkeit die Oberfläche des Mondes verläßt, und in gerader Richtung auf die ruhende Erde fortgeht, jenen Punkt der gleichen Anziehung erreichen, und daß er ihn daher auch, wenn jene anfängliche Geschwindigkeit nur etwas größer ist, auch überholen wird. Dann tritt er aber in die Attractionssphäre der Erde ein, und gehört fortan nicht mehr dem Monde, sondern uns an. Da ohne Zweifel die meisten dieser Steine, wenn sie anders diesen Ursprung haben, in einer gegen
Maſſen und Dichtigkeiten der Himmelskörper.
ſelben Anſtrengung ſchon fünfmal höhere Sprünge machen können, weil ſie auch nur durch eine fünfmal geringere Kraft zu ihrer Erde zurückgezogen werden.
§. 47. (Meteorſteine.) Man hat in den neuern Zeiten die Vermuthung aufgeſtellt, daß die Steine, welche öfter unter heftigen Detonationen aus der Luft zur Erde fallen, und die unter der Benennung von Aerolithen oder Meteorſteinen bekannt ſind, Produkte der Vulkane des Mondes ſeyn mögen.
Wenn man, um die Sache ganz einfach darzuſtellen, von der Bewegung des Mondes ſowohl, als auch von jener der Erde abſtrahirt und annimmt, daß der Wurf eines ſolchen Steines gerade gegen die Erde bin gerichtet ſey, ſo iſt es leicht, denjenigen Punkt zwiſchen Mond und Erde zu finden, wo dieſer Stein von dem Monde ganz eben ſo ſtark, wie von der Erde angezogen wird. Setzt man nämlich voraus, daß die Kräfte dieſer beiden Weltkörper ſich wie ihre Maſſen dividirt durch die Entfernung des Steines von ihrem Mittelpunkte verhalten, ſo findet man, daß dieſer Punkt nahe 7 Erdhalbmeſſer von dem Monde, alſo auch nahe 53 Erdhalbmeſſer von dem Mittelpunkte der Erde ent- fernt iſt. Eine einfache Rechnung zeigt, daß die anfängliche Geſchwindigkeit, die der Stein bei ſeinem Auswurfe durch den Vulkan erhalten, oder daß der Weg, welchen der Stein in der erſten Sekunde zurücklegen muß, um jenen Punkt der gleichen Anziehung zu erreichen, 8290 Par. Fuß beträgt, alſo nahe 12mal größer iſt, als die Geſchwindigkeit einer Kanonenkugel. Wir kennen aber die Kräfte nicht, welche unſere, und noch weniger jene, welche die Vulkane des Mondes entwickeln, als daß wir dadurch über die Wahrſcheinlichkeit jenes Urſprungs der Aerolithen uns eine Entſcheidung erlauben dürften. Gewiß iſt, daß ein Körper, der mit dieſer Geſchwindigkeit die Oberfläche des Mondes verläßt, und in gerader Richtung auf die ruhende Erde fortgeht, jenen Punkt der gleichen Anziehung erreichen, und daß er ihn daher auch, wenn jene anfängliche Geſchwindigkeit nur etwas größer iſt, auch überholen wird. Dann tritt er aber in die Attractionsſphäre der Erde ein, und gehört fortan nicht mehr dem Monde, ſondern uns an. Da ohne Zweifel die meiſten dieſer Steine, wenn ſie anders dieſen Urſprung haben, in einer gegen
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Maſſen und Dichtigkeiten der Himmelskörper.
ſelben Anſtrengung ſchon fünfmal höhere Sprünge machen können,
weil ſie auch nur durch eine fünfmal geringere Kraft zu ihrer
Erde zurückgezogen werden.
§. 47. (Meteorſteine.) Man hat in den neuern Zeiten die
Vermuthung aufgeſtellt, daß die Steine, welche öfter unter
heftigen Detonationen aus der Luft zur Erde fallen, und die unter
der Benennung von Aerolithen oder Meteorſteinen bekannt ſind,
Produkte der Vulkane des Mondes ſeyn mögen.
Wenn man, um die Sache ganz einfach darzuſtellen, von
der Bewegung des Mondes ſowohl, als auch von jener der Erde
abſtrahirt und annimmt, daß der Wurf eines ſolchen Steines
gerade gegen die Erde bin gerichtet ſey, ſo iſt es leicht, denjenigen
Punkt zwiſchen Mond und Erde zu finden, wo dieſer Stein von
dem Monde ganz eben ſo ſtark, wie von der Erde angezogen
wird. Setzt man nämlich voraus, daß die Kräfte dieſer beiden
Weltkörper ſich wie ihre Maſſen dividirt durch die Entfernung
des Steines von ihrem Mittelpunkte verhalten, ſo findet man,
daß dieſer Punkt nahe 7 Erdhalbmeſſer von dem Monde, alſo
auch nahe 53 Erdhalbmeſſer von dem Mittelpunkte der Erde ent-
fernt iſt. Eine einfache Rechnung zeigt, daß die anfängliche
Geſchwindigkeit, die der Stein bei ſeinem Auswurfe durch den
Vulkan erhalten, oder daß der Weg, welchen der Stein in
der erſten Sekunde zurücklegen muß, um jenen Punkt der gleichen
Anziehung zu erreichen, 8290 Par. Fuß beträgt, alſo nahe 12mal
größer iſt, als die Geſchwindigkeit einer Kanonenkugel. Wir
kennen aber die Kräfte nicht, welche unſere, und noch weniger
jene, welche die Vulkane des Mondes entwickeln, als daß wir
dadurch über die Wahrſcheinlichkeit jenes Urſprungs der Aerolithen
uns eine Entſcheidung erlauben dürften. Gewiß iſt, daß ein
Körper, der mit dieſer Geſchwindigkeit die Oberfläche des Mondes
verläßt, und in gerader Richtung auf die ruhende Erde fortgeht,
jenen Punkt der gleichen Anziehung erreichen, und daß er ihn
daher auch, wenn jene anfängliche Geſchwindigkeit nur etwas
größer iſt, auch überholen wird. Dann tritt er aber in die
Attractionsſphäre der Erde ein, und gehört fortan nicht mehr dem
Monde, ſondern uns an. Da ohne Zweifel die meiſten dieſer
Steine, wenn ſie anders dieſen Urſprung haben, in einer gegen
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/86>, abgerufen am 24.11.2024.
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