Erde und den Mond gefunden hatte, auch für die Sonne, für die Planeten und überhaupt für alle Körper unseres Sonnensystems gelten könne, und diese letzte Frage war es auch eigentlich, die, als die bei weitem allgemeinere und wichtigere, hier vorzüglich beantwortet werden sollte. Newton schloß sie aus Induction, indem er das, was er für die Erde in Beziehung auf den Mond gefunden hatte, auch sofort, der Analogie gemäß, auf die Sonne in Beziehung auf die Planeten übertrug. Zwar ließ es der große Mann später nicht an Beweisen fehlen, daß seine Induction richtig ist, und eigentlich kann jedes Blatt seiner Principien als ein solcher Beweis dienen, so daß in dieser Rücksicht allerdings nichts mehr zu wünschen übrig ist.
Indeß darf man doch gestehen, daß er schneller zu seinem Ziele, zur gewünschten Ueberzeugung gekommen, und daß er in seiner Entdeckung nicht so lange aufgehalten worden wäre, wenn er, um die Wahrheit seiner Schlüsse in der Natur selbst nachzuweisen, nicht den Mond, sondern die Planeten selbst zum Gegenstande seiner Prüfung gewählt hätte. Dadurch würde er zugleich die Auflösung jenes allgemeinen Problemes, das er eigentlich suchte, gefunden haben, von welchem das vorhergehende mit dem Monde, nur als ein Beispiel, als ein bloßer besonderer Fall erscheint.
In der That war die Bewegung der Planeten um die Sonne zu Newtons Zeiten nicht nur schon sehr genau bekannt, sondern Kepler hatte bereits ein Jahrhundert vorher das Gesetz angegeben, nach welchem diese Bewegungen vor sich gehen. Er hatte näm- lich (Vergl. I. §. 146) gefunden, daß die Quadrate der Umlaufs- zeiten dieser Himmelskörper sich wie die Würfel der Halbmesser ihrer Bahnen verhalten. Schon Kepler hatte gezeigt, daß dieses, nach ihm benannte Gesetz, besonders bei den vier Jupiterssatelliten, sehr gut mit den Beobachtungen übereinstimme, und daß man daher an der Wahrheit desselben nicht weiter zweifeln kann.
Diesem gemäß hätte Newton, um die Richtigkeit seiner Schlüsse oder seiner Entdeckung darzuthun, nur zeigen dürfen. daß dieselbe unmittelbar auf das von Kepler entdeckte Gesetz führe, so daß jedes dieser beiden Gesetze nur gleichsam als ein anderer Ausdruck desselben Satzes betrachtet werden könne.
Allgemeine Schwere.
Erde und den Mond gefunden hatte, auch für die Sonne, für die Planeten und überhaupt für alle Körper unſeres Sonnenſyſtems gelten könne, und dieſe letzte Frage war es auch eigentlich, die, als die bei weitem allgemeinere und wichtigere, hier vorzüglich beantwortet werden ſollte. Newton ſchloß ſie aus Induction, indem er das, was er für die Erde in Beziehung auf den Mond gefunden hatte, auch ſofort, der Analogie gemäß, auf die Sonne in Beziehung auf die Planeten übertrug. Zwar ließ es der große Mann ſpäter nicht an Beweiſen fehlen, daß ſeine Induction richtig iſt, und eigentlich kann jedes Blatt ſeiner Principien als ein ſolcher Beweis dienen, ſo daß in dieſer Rückſicht allerdings nichts mehr zu wünſchen übrig iſt.
Indeß darf man doch geſtehen, daß er ſchneller zu ſeinem Ziele, zur gewünſchten Ueberzeugung gekommen, und daß er in ſeiner Entdeckung nicht ſo lange aufgehalten worden wäre, wenn er, um die Wahrheit ſeiner Schlüſſe in der Natur ſelbſt nachzuweiſen, nicht den Mond, ſondern die Planeten ſelbſt zum Gegenſtande ſeiner Prüfung gewählt hätte. Dadurch würde er zugleich die Auflöſung jenes allgemeinen Problemes, das er eigentlich ſuchte, gefunden haben, von welchem das vorhergehende mit dem Monde, nur als ein Beiſpiel, als ein bloßer beſonderer Fall erſcheint.
In der That war die Bewegung der Planeten um die Sonne zu Newtons Zeiten nicht nur ſchon ſehr genau bekannt, ſondern Kepler hatte bereits ein Jahrhundert vorher das Geſetz angegeben, nach welchem dieſe Bewegungen vor ſich gehen. Er hatte näm- lich (Vergl. I. §. 146) gefunden, daß die Quadrate der Umlaufs- zeiten dieſer Himmelskörper ſich wie die Würfel der Halbmeſſer ihrer Bahnen verhalten. Schon Kepler hatte gezeigt, daß dieſes, nach ihm benannte Geſetz, beſonders bei den vier Jupitersſatelliten, ſehr gut mit den Beobachtungen übereinſtimme, und daß man daher an der Wahrheit deſſelben nicht weiter zweifeln kann.
Dieſem gemäß hätte Newton, um die Richtigkeit ſeiner Schlüſſe oder ſeiner Entdeckung darzuthun, nur zeigen dürfen. daß dieſelbe unmittelbar auf das von Kepler entdeckte Geſetz führe, ſo daß jedes dieſer beiden Geſetze nur gleichſam als ein anderer Ausdruck deſſelben Satzes betrachtet werden könne.
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Allgemeine Schwere.
Erde und den Mond gefunden hatte, auch für die Sonne, für die
Planeten und überhaupt für alle Körper unſeres Sonnenſyſtems
gelten könne, und dieſe letzte Frage war es auch eigentlich, die,
als die bei weitem allgemeinere und wichtigere, hier vorzüglich
beantwortet werden ſollte. Newton ſchloß ſie aus Induction,
indem er das, was er für die Erde in Beziehung auf den Mond
gefunden hatte, auch ſofort, der Analogie gemäß, auf die Sonne
in Beziehung auf die Planeten übertrug. Zwar ließ es der große
Mann ſpäter nicht an Beweiſen fehlen, daß ſeine Induction
richtig iſt, und eigentlich kann jedes Blatt ſeiner Principien als
ein ſolcher Beweis dienen, ſo daß in dieſer Rückſicht allerdings
nichts mehr zu wünſchen übrig iſt.
Indeß darf man doch geſtehen, daß er ſchneller zu ſeinem
Ziele, zur gewünſchten Ueberzeugung gekommen, und daß er in
ſeiner Entdeckung nicht ſo lange aufgehalten worden wäre, wenn er,
um die Wahrheit ſeiner Schlüſſe in der Natur ſelbſt nachzuweiſen,
nicht den Mond, ſondern die Planeten ſelbſt zum Gegenſtande
ſeiner Prüfung gewählt hätte. Dadurch würde er zugleich die
Auflöſung jenes allgemeinen Problemes, das er eigentlich ſuchte,
gefunden haben, von welchem das vorhergehende mit dem Monde,
nur als ein Beiſpiel, als ein bloßer beſonderer Fall erſcheint.
In der That war die Bewegung der Planeten um die Sonne
zu Newtons Zeiten nicht nur ſchon ſehr genau bekannt, ſondern
Kepler hatte bereits ein Jahrhundert vorher das Geſetz angegeben,
nach welchem dieſe Bewegungen vor ſich gehen. Er hatte näm-
lich (Vergl. I. §. 146) gefunden, daß die Quadrate der Umlaufs-
zeiten dieſer Himmelskörper ſich wie die Würfel der Halbmeſſer
ihrer Bahnen verhalten. Schon Kepler hatte gezeigt, daß dieſes,
nach ihm benannte Geſetz, beſonders bei den vier Jupitersſatelliten,
ſehr gut mit den Beobachtungen übereinſtimme, und daß man
daher an der Wahrheit deſſelben nicht weiter zweifeln kann.
Dieſem gemäß hätte Newton, um die Richtigkeit ſeiner
Schlüſſe oder ſeiner Entdeckung darzuthun, nur zeigen dürfen.
daß dieſelbe unmittelbar auf das von Kepler entdeckte Geſetz
führe, ſo daß jedes dieſer beiden Geſetze nur gleichſam als ein
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/73>, abgerufen am 27.07.2024.
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