Sekunde fallen, und so Fragen zu beantworten, welche die Alten sich, vernünftiger Weise, nicht einmal aufgeben konnten. So fand er z. B., daß die Masse der Sonne 355000mal größer, als die der Erde ist, daß die Dichte der Sonne nur der vierte Theil der Dichte der Erdmasse ist, daß die Körper auf der Ober- fläche der Sonne in einer Sekunde durch 430, auf der Oberfläche Jupiters aber durch 39 Fuß fallen u. s. w.
Die große Abplattung Jupiters, die kurz zuvor Cassini ent- deckt hatte, brachte Newton auf die Untersuchung der Ursache derselben, und dadurch auf die Bestimmung der wahren Gestalt der Erde, die auch, wenn gleich viel weniger als jener Planet, an ihren Polen abgeplattet ist. Er fand, daß die aus der Rotation der Erde entstehende Centrifugalkraft an dem Aequator den 289sten Theil der Schwere beträgt, daß der Halbmesser des Aequators sich zu der halben Rotationsaxe der Erde wie 230 zu 229 verhält, und daß die Gestalt der Erde die eines Körpers ist, der durch die Rotation einer Ellipse um seine kleine Axe entsteht.
Newton zeigte ferner, daß die wunderbaren Erscheinungen der Ebbe und Fluth des Meeres eine bloße Wirkung der Attraction des Mondes, verbunden mit jener der Sonne sind, und lehrte die Größe und Zeit derselben bestimmen. Er erklärte die größeren Ungleichheiten der Mondbewegungen, vorzüglich die Evection, Variation und die jährliche Gleichung (I. §. 173) aus dem von ihm entdeckten Naturgesetze, und zeigte, daß sie eben so eine bloße Folge dieses Gesetzes sind, wie die schnelle Bewegung der Knoten und der Absiden (I. §. 170) dieses Satelliten. Selbst die Prä- cession der Nachtgleichen (I. §. 190) stellt er, den Beobachtungen gemäß, aus diesem Gesetze, d. h. aus der Anziehung der Sonne und des Mondes auf die an ihren Polen abgeplattete Erde dar. Die Kometen betrachtete er als Himmelskörper, die in eben so regelmäßigen Bahnen, wie die Planeten, um die Sonne gehen, und er lehrte uns, die Elemente dieser Bahnen aus den Beobach- tungen zu berechnen, wovon er selbst ein Beispiel für den merk- würdigen Kometen d. J. 1680 gegeben hatte. Ueberdieß findet man noch in demselben Werke zum ersten Male die vorzüglichsten Lehren unserer Hydrostatik und Hydrodynamik oder die Theorie des Gleichgewichts und der Bewegung der Flüssigkeiten; tiefe und
Allgemeine Schwere.
Sekunde fallen, und ſo Fragen zu beantworten, welche die Alten ſich, vernünftiger Weiſe, nicht einmal aufgeben konnten. So fand er z. B., daß die Maſſe der Sonne 355000mal größer, als die der Erde iſt, daß die Dichte der Sonne nur der vierte Theil der Dichte der Erdmaſſe iſt, daß die Körper auf der Ober- fläche der Sonne in einer Sekunde durch 430, auf der Oberfläche Jupiters aber durch 39 Fuß fallen u. ſ. w.
Die große Abplattung Jupiters, die kurz zuvor Caſſini ent- deckt hatte, brachte Newton auf die Unterſuchung der Urſache derſelben, und dadurch auf die Beſtimmung der wahren Geſtalt der Erde, die auch, wenn gleich viel weniger als jener Planet, an ihren Polen abgeplattet iſt. Er fand, daß die aus der Rotation der Erde entſtehende Centrifugalkraft an dem Aequator den 289ſten Theil der Schwere beträgt, daß der Halbmeſſer des Aequators ſich zu der halben Rotationsaxe der Erde wie 230 zu 229 verhält, und daß die Geſtalt der Erde die eines Körpers iſt, der durch die Rotation einer Ellipſe um ſeine kleine Axe entſteht.
Newton zeigte ferner, daß die wunderbaren Erſcheinungen der Ebbe und Fluth des Meeres eine bloße Wirkung der Attraction des Mondes, verbunden mit jener der Sonne ſind, und lehrte die Größe und Zeit derſelben beſtimmen. Er erklärte die größeren Ungleichheiten der Mondbewegungen, vorzüglich die Evection, Variation und die jährliche Gleichung (I. §. 173) aus dem von ihm entdeckten Naturgeſetze, und zeigte, daß ſie eben ſo eine bloße Folge dieſes Geſetzes ſind, wie die ſchnelle Bewegung der Knoten und der Abſiden (I. §. 170) dieſes Satelliten. Selbſt die Prä- ceſſion der Nachtgleichen (I. §. 190) ſtellt er, den Beobachtungen gemäß, aus dieſem Geſetze, d. h. aus der Anziehung der Sonne und des Mondes auf die an ihren Polen abgeplattete Erde dar. Die Kometen betrachtete er als Himmelskörper, die in eben ſo regelmäßigen Bahnen, wie die Planeten, um die Sonne gehen, und er lehrte uns, die Elemente dieſer Bahnen aus den Beobach- tungen zu berechnen, wovon er ſelbſt ein Beiſpiel für den merk- würdigen Kometen d. J. 1680 gegeben hatte. Ueberdieß findet man noch in demſelben Werke zum erſten Male die vorzüglichſten Lehren unſerer Hydroſtatik und Hydrodynamik oder die Theorie des Gleichgewichts und der Bewegung der Flüſſigkeiten; tiefe und
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[58/0070]
Allgemeine Schwere.
Sekunde fallen, und ſo Fragen zu beantworten, welche die Alten
ſich, vernünftiger Weiſe, nicht einmal aufgeben konnten. So fand
er z. B., daß die Maſſe der Sonne 355000mal größer, als die
der Erde iſt, daß die Dichte der Sonne nur der vierte Theil
der Dichte der Erdmaſſe iſt, daß die Körper auf der Ober-
fläche der Sonne in einer Sekunde durch 430, auf der Oberfläche
Jupiters aber durch 39 Fuß fallen u. ſ. w.
Die große Abplattung Jupiters, die kurz zuvor Caſſini ent-
deckt hatte, brachte Newton auf die Unterſuchung der Urſache
derſelben, und dadurch auf die Beſtimmung der wahren Geſtalt
der Erde, die auch, wenn gleich viel weniger als jener Planet, an
ihren Polen abgeplattet iſt. Er fand, daß die aus der Rotation der
Erde entſtehende Centrifugalkraft an dem Aequator den 289ſten
Theil der Schwere beträgt, daß der Halbmeſſer des Aequators ſich
zu der halben Rotationsaxe der Erde wie 230 zu 229 verhält, und
daß die Geſtalt der Erde die eines Körpers iſt, der durch die
Rotation einer Ellipſe um ſeine kleine Axe entſteht.
Newton zeigte ferner, daß die wunderbaren Erſcheinungen der
Ebbe und Fluth des Meeres eine bloße Wirkung der Attraction
des Mondes, verbunden mit jener der Sonne ſind, und lehrte
die Größe und Zeit derſelben beſtimmen. Er erklärte die größeren
Ungleichheiten der Mondbewegungen, vorzüglich die Evection,
Variation und die jährliche Gleichung (I. §. 173) aus dem von
ihm entdeckten Naturgeſetze, und zeigte, daß ſie eben ſo eine bloße
Folge dieſes Geſetzes ſind, wie die ſchnelle Bewegung der Knoten
und der Abſiden (I. §. 170) dieſes Satelliten. Selbſt die Prä-
ceſſion der Nachtgleichen (I. §. 190) ſtellt er, den Beobachtungen
gemäß, aus dieſem Geſetze, d. h. aus der Anziehung der Sonne
und des Mondes auf die an ihren Polen abgeplattete Erde dar.
Die Kometen betrachtete er als Himmelskörper, die in eben ſo
regelmäßigen Bahnen, wie die Planeten, um die Sonne gehen,
und er lehrte uns, die Elemente dieſer Bahnen aus den Beobach-
tungen zu berechnen, wovon er ſelbſt ein Beiſpiel für den merk-
würdigen Kometen d. J. 1680 gegeben hatte. Ueberdieß findet
man noch in demſelben Werke zum erſten Male die vorzüglichſten
Lehren unſerer Hydroſtatik und Hydrodynamik oder die Theorie
des Gleichgewichts und der Bewegung der Flüſſigkeiten; tiefe und
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/70>, abgerufen am 25.11.2024.
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