Erde an ihrer Oberfläche zur Einheit genommen wird, so ist sie auf dem Gipfel jenes Berges nur mehr 0,998, also um ihren zweitausendsten Theil kleiner, als zuvor. Eine so geringe Ver- schiedenheit konnte allerdings durch unsere Beobachtungen nicht mehr entdeckt werden, daher man auch, zu Newtons Zeiten, die Schwere an allen Orten der Erde gleich groß voraussetzte.
Wenn aber der Körper um den ganzen Halbmesser der Erde über die Oberfläche derselben gebracht werden könnte, so würde er in dieser Entfernung, die die doppelte von jener an der Ober- fläche ist, in einer Sekunde nur mehr durch den vierten Theil von 15 oder nur durch 3,75 Fuß fallen. In einer dreimal so großen Entfernung, oder in der Distanz von drei Erdhalbmessern von dem Mittelpunkte der Erde, wird er durch den 9ten Theil jener Größe, oder nur durch 1,67 Fuß, in einer zehnmal größeren Entfernung nur durch den 100sten Theil, oder durch 0,15 Fuß fallen u. s. w.
Wenn also endlich derselbe Körper bis in den Ort, wo der Mond ist, d. h. wenn er in die Entfernung von 60,16 Erdhalb- messern von dem Mittelpunkte der Erde gebracht würde, so würde er daselbst in der ersten Sekunde durch 15, dividirt durch das Quadrat von 60,16, das heißt, er würde in der Gegend des Mondes nur mehr durch 0,00414 Fuß fallen, oder er würde in der ersten Sekunde sich nahe 6/10 einer Linie der Erde nähern.
Dieß Resultat ist, als Ergebniß der Rechnung, völlig gewiß, wenn anders die obige Voraussetzung, auf welche diese Rechnung gegründet ist, richtig ist, daß nämlich die Attractionskraft der Erde sich verkehrt, wie das Quadrat der Entfernung verhält. Allein ist diese Voraussetzung auch in der That richtig? -- Dieß eben soll hier entschieden werden, und zwar durch unmittelbare Beobachtungen, durch Beobachtungen an dem Monde entschieden werden. Wenn uns diese Beobachtungen zeigen könnten, daß der Mond in der That in jeder Sekunde durch 0,00414 Fuß zur Erde fällt, so ist unsere Voraussetzung richtig, und das Gesetz der Anziehung der Erde, das Gesetz der Schwere ist durch Experi- mente nachgewiesen, und muß sonach als wahr anerkannt werden.
Allein wie sollen uns die Mondsbeobachtungen zeigen, daß dieser Himmelskörper in der That in jeder Sekunde so viel zur
Allgemeine Schwere.
Erde an ihrer Oberfläche zur Einheit genommen wird, ſo iſt ſie auf dem Gipfel jenes Berges nur mehr 0,998, alſo um ihren zweitauſendſten Theil kleiner, als zuvor. Eine ſo geringe Ver- ſchiedenheit konnte allerdings durch unſere Beobachtungen nicht mehr entdeckt werden, daher man auch, zu Newtons Zeiten, die Schwere an allen Orten der Erde gleich groß vorausſetzte.
Wenn aber der Körper um den ganzen Halbmeſſer der Erde über die Oberfläche derſelben gebracht werden könnte, ſo würde er in dieſer Entfernung, die die doppelte von jener an der Ober- fläche iſt, in einer Sekunde nur mehr durch den vierten Theil von 15 oder nur durch 3,75 Fuß fallen. In einer dreimal ſo großen Entfernung, oder in der Diſtanz von drei Erdhalbmeſſern von dem Mittelpunkte der Erde, wird er durch den 9ten Theil jener Größe, oder nur durch 1,67 Fuß, in einer zehnmal größeren Entfernung nur durch den 100ſten Theil, oder durch 0,15 Fuß fallen u. ſ. w.
Wenn alſo endlich derſelbe Körper bis in den Ort, wo der Mond iſt, d. h. wenn er in die Entfernung von 60,16 Erdhalb- meſſern von dem Mittelpunkte der Erde gebracht würde, ſo würde er daſelbſt in der erſten Sekunde durch 15, dividirt durch das Quadrat von 60,16, das heißt, er würde in der Gegend des Mondes nur mehr durch 0,00414 Fuß fallen, oder er würde in der erſten Sekunde ſich nahe 6/10 einer Linie der Erde nähern.
Dieß Reſultat iſt, als Ergebniß der Rechnung, völlig gewiß, wenn anders die obige Vorausſetzung, auf welche dieſe Rechnung gegründet iſt, richtig iſt, daß nämlich die Attractionskraft der Erde ſich verkehrt, wie das Quadrat der Entfernung verhält. Allein iſt dieſe Vorausſetzung auch in der That richtig? — Dieß eben ſoll hier entſchieden werden, und zwar durch unmittelbare Beobachtungen, durch Beobachtungen an dem Monde entſchieden werden. Wenn uns dieſe Beobachtungen zeigen könnten, daß der Mond in der That in jeder Sekunde durch 0,00414 Fuß zur Erde fällt, ſo iſt unſere Vorausſetzung richtig, und das Geſetz der Anziehung der Erde, das Geſetz der Schwere iſt durch Experi- mente nachgewieſen, und muß ſonach als wahr anerkannt werden.
Allein wie ſollen uns die Mondsbeobachtungen zeigen, daß dieſer Himmelskörper in der That in jeder Sekunde ſo viel zur
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Allgemeine Schwere.
Erde an ihrer Oberfläche zur Einheit genommen wird, ſo iſt ſie
auf dem Gipfel jenes Berges nur mehr 0,998, alſo um ihren
zweitauſendſten Theil kleiner, als zuvor. Eine ſo geringe Ver-
ſchiedenheit konnte allerdings durch unſere Beobachtungen nicht
mehr entdeckt werden, daher man auch, zu Newtons Zeiten, die
Schwere an allen Orten der Erde gleich groß vorausſetzte.
Wenn aber der Körper um den ganzen Halbmeſſer der Erde
über die Oberfläche derſelben gebracht werden könnte, ſo würde
er in dieſer Entfernung, die die doppelte von jener an der Ober-
fläche iſt, in einer Sekunde nur mehr durch den vierten Theil
von 15 oder nur durch 3,75 Fuß fallen. In einer dreimal ſo
großen Entfernung, oder in der Diſtanz von drei Erdhalbmeſſern
von dem Mittelpunkte der Erde, wird er durch den 9ten Theil
jener Größe, oder nur durch 1,67 Fuß, in einer zehnmal größeren
Entfernung nur durch den 100ſten Theil, oder durch 0,15 Fuß
fallen u. ſ. w.
Wenn alſo endlich derſelbe Körper bis in den Ort, wo der
Mond iſt, d. h. wenn er in die Entfernung von 60,16 Erdhalb-
meſſern von dem Mittelpunkte der Erde gebracht würde, ſo würde
er daſelbſt in der erſten Sekunde durch 15, dividirt durch das
Quadrat von 60,16, das heißt, er würde in der Gegend des
Mondes nur mehr durch 0,00414 Fuß fallen, oder er würde in der
erſten Sekunde ſich nahe 6/10 einer Linie der Erde nähern.
Dieß Reſultat iſt, als Ergebniß der Rechnung, völlig gewiß,
wenn anders die obige Vorausſetzung, auf welche dieſe Rechnung
gegründet iſt, richtig iſt, daß nämlich die Attractionskraft der
Erde ſich verkehrt, wie das Quadrat der Entfernung verhält.
Allein iſt dieſe Vorausſetzung auch in der That richtig? — Dieß
eben ſoll hier entſchieden werden, und zwar durch unmittelbare
Beobachtungen, durch Beobachtungen an dem Monde entſchieden
werden. Wenn uns dieſe Beobachtungen zeigen könnten, daß der
Mond in der That in jeder Sekunde durch 0,00414 Fuß zur Erde
fällt, ſo iſt unſere Vorausſetzung richtig, und das Geſetz der
Anziehung der Erde, das Geſetz der Schwere iſt durch Experi-
mente nachgewieſen, und muß ſonach als wahr anerkannt werden.
Allein wie ſollen uns die Mondsbeobachtungen zeigen, daß
dieſer Himmelskörper in der That in jeder Sekunde ſo viel zur
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/55>, abgerufen am 25.07.2024.
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