auf Irrwegen und grundloser Spekulation herumführte, hin- derten ihn, seinem Haupte die Krone aufzusetzen, deren er so würdig war, und die er, nicht aus Mangel an eigenem Ver- dienste, einem Andern überlassen mußte.
Diese beiden Männer gingen Newton in größerer Entfernung voraus. Es fehlte aber auch nicht an anderen, näheren Vorgän- gern, die der großen Entdeckung, durch die Jener sich unsterblich machte, oft nahe genug kamen. Bouilloud, ein Arzt in Frank- reich, stellte in seiner Astronomica Philolaica, die im Jahre 1645 erschien, bereits den Satz auf, daß die Kraft, mit welcher die Sonne auf die Planeten wirkt, sich verkehrt wie das Quadrat der Entfernung dieser Planeten von der Sonne verhalte. Dieß war im Grunde Newtons Basis, aber da es nur als eine Hypothese vor- getragen, und durch keine Beweise unterstützt war, so blieb es ohne weitere Folgen und wurde bald darauf wieder vergessen. -- Bo- relli's Werk über die Satelliten Jupiters, das im Jahre 1666 erschien, stellte ebenfalls die Ansicht auf, "daß die Bewegungen der Planeten um die Sonne nach denselben Gesetzen vor sich gehen müssen, nach welchen sich diese Satelliten in ihren Bahnen um ihren Hauptplaneten bewegen, und nach welchen zugleich der Mond um unsere Erde geht." Eine eben so wichtige als richtige Bemerkung, die aber, aus derselben Ursache, ohne Früchte zu tragen, wieder verloren ging.
Noch näher trat der Sache Robert Hooke, Newtons Zeitge- nosse und Gegner, ein erfindungsreicher Kopf, der schon in dem- selben Jahre, 1666, der königl. Akademie in London eine Abhand- lung über die Abnahme der Schwere der Körper in verschiedenen Höhen über der Erde vorgetragen hatte. Im May desselben Jahres las er in dieser Akademie eine Abhandlung über die Bewegung der Planeten um die Sonne, in welcher er die Ent- stehung der krummen Bahnen der Planeten durch die Verbindung einer constanten Tangentialkraft dieser Himmelskörper mit einer veränderlichen Centrifugglkraft der Sonne zu erklären suchte. In einer im Jahre 1674 von ihm herausgegebenen Schrift stellt er die Sätze auf, "daß alle Himmelskörper eine gegen ihren Mittel- punkt gerichtete Anziehungskraft haben, wodurch sie nicht nur auf ihre eigenen Elemente, sondern auch auf alle anderen Körper
Allgemeine Schwere.
auf Irrwegen und grundloſer Spekulation herumführte, hin- derten ihn, ſeinem Haupte die Krone aufzuſetzen, deren er ſo würdig war, und die er, nicht aus Mangel an eigenem Ver- dienſte, einem Andern überlaſſen mußte.
Dieſe beiden Männer gingen Newton in größerer Entfernung voraus. Es fehlte aber auch nicht an anderen, näheren Vorgän- gern, die der großen Entdeckung, durch die Jener ſich unſterblich machte, oft nahe genug kamen. Bouilloud, ein Arzt in Frank- reich, ſtellte in ſeiner Astronomica Philolaica, die im Jahre 1645 erſchien, bereits den Satz auf, daß die Kraft, mit welcher die Sonne auf die Planeten wirkt, ſich verkehrt wie das Quadrat der Entfernung dieſer Planeten von der Sonne verhalte. Dieß war im Grunde Newtons Baſis, aber da es nur als eine Hypotheſe vor- getragen, und durch keine Beweiſe unterſtützt war, ſo blieb es ohne weitere Folgen und wurde bald darauf wieder vergeſſen. — Bo- relli’s Werk über die Satelliten Jupiters, das im Jahre 1666 erſchien, ſtellte ebenfalls die Anſicht auf, „daß die Bewegungen der Planeten um die Sonne nach denſelben Geſetzen vor ſich gehen müſſen, nach welchen ſich dieſe Satelliten in ihren Bahnen um ihren Hauptplaneten bewegen, und nach welchen zugleich der Mond um unſere Erde geht.“ Eine eben ſo wichtige als richtige Bemerkung, die aber, aus derſelben Urſache, ohne Früchte zu tragen, wieder verloren ging.
Noch näher trat der Sache Robert Hooke, Newtons Zeitge- noſſe und Gegner, ein erfindungsreicher Kopf, der ſchon in dem- ſelben Jahre, 1666, der königl. Akademie in London eine Abhand- lung über die Abnahme der Schwere der Körper in verſchiedenen Höhen über der Erde vorgetragen hatte. Im May deſſelben Jahres las er in dieſer Akademie eine Abhandlung über die Bewegung der Planeten um die Sonne, in welcher er die Ent- ſtehung der krummen Bahnen der Planeten durch die Verbindung einer conſtanten Tangentialkraft dieſer Himmelskörper mit einer veränderlichen Centrifugglkraft der Sonne zu erklären ſuchte. In einer im Jahre 1674 von ihm herausgegebenen Schrift ſtellt er die Sätze auf, „daß alle Himmelskörper eine gegen ihren Mittel- punkt gerichtete Anziehungskraft haben, wodurch ſie nicht nur auf ihre eigenen Elemente, ſondern auch auf alle anderen Körper
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[32/0044]
Allgemeine Schwere.
auf Irrwegen und grundloſer Spekulation herumführte, hin-
derten ihn, ſeinem Haupte die Krone aufzuſetzen, deren er ſo
würdig war, und die er, nicht aus Mangel an eigenem Ver-
dienſte, einem Andern überlaſſen mußte.
Dieſe beiden Männer gingen Newton in größerer Entfernung
voraus. Es fehlte aber auch nicht an anderen, näheren Vorgän-
gern, die der großen Entdeckung, durch die Jener ſich unſterblich
machte, oft nahe genug kamen. Bouilloud, ein Arzt in Frank-
reich, ſtellte in ſeiner Astronomica Philolaica, die im Jahre 1645
erſchien, bereits den Satz auf, daß die Kraft, mit welcher die
Sonne auf die Planeten wirkt, ſich verkehrt wie das Quadrat der
Entfernung dieſer Planeten von der Sonne verhalte. Dieß war im
Grunde Newtons Baſis, aber da es nur als eine Hypotheſe vor-
getragen, und durch keine Beweiſe unterſtützt war, ſo blieb es ohne
weitere Folgen und wurde bald darauf wieder vergeſſen. — Bo-
relli’s Werk über die Satelliten Jupiters, das im Jahre 1666
erſchien, ſtellte ebenfalls die Anſicht auf, „daß die Bewegungen
der Planeten um die Sonne nach denſelben Geſetzen vor ſich gehen
müſſen, nach welchen ſich dieſe Satelliten in ihren Bahnen um
ihren Hauptplaneten bewegen, und nach welchen zugleich der
Mond um unſere Erde geht.“ Eine eben ſo wichtige als richtige
Bemerkung, die aber, aus derſelben Urſache, ohne Früchte zu
tragen, wieder verloren ging.
Noch näher trat der Sache Robert Hooke, Newtons Zeitge-
noſſe und Gegner, ein erfindungsreicher Kopf, der ſchon in dem-
ſelben Jahre, 1666, der königl. Akademie in London eine Abhand-
lung über die Abnahme der Schwere der Körper in verſchiedenen
Höhen über der Erde vorgetragen hatte. Im May deſſelben
Jahres las er in dieſer Akademie eine Abhandlung über die
Bewegung der Planeten um die Sonne, in welcher er die Ent-
ſtehung der krummen Bahnen der Planeten durch die Verbindung
einer conſtanten Tangentialkraft dieſer Himmelskörper mit einer
veränderlichen Centrifugglkraft der Sonne zu erklären ſuchte. In
einer im Jahre 1674 von ihm herausgegebenen Schrift ſtellt er
die Sätze auf, „daß alle Himmelskörper eine gegen ihren Mittel-
punkt gerichtete Anziehungskraft haben, wodurch ſie nicht nur
auf ihre eigenen Elemente, ſondern auch auf alle anderen Körper
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/44>, abgerufen am 24.11.2024.
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