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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
die westliche Seite des Tellers jetzt auf die östliche kömmt, und
bringt wieder durch eine kleine Bewegung des Kreisrohrs, die
Fäden beider Fernröhre neuerdings genau auf einander, und liest
auch in dieser zweiten Lage den Kreis wieder ab, so gibt die halbe
Summe der beiden Ablesungen an dem Meridiankreise sofort den
Nadirpunkt (I. S. 26) des Kreises, der dann, um 180° vermehrt
oder vermindert, der gesuchte Zenithpunkt desselben seyn wird.

Dabei wird vorausgesetzt, daß das kleine Fernrohr des Colli-
mators wenigstens nahe senkrecht auf der horizontalen Fläche des
Quecksilbers sey. Man kann dieses leicht durch kleine Gewichte er-
reichen, die man in verschiedenen Punkten des eisernen Tellers
auflegt und daselbst verschiebt. Wenn auf diese Weise das Fern-
rohr des Collimators auch nur nahe senkrecht gestellt ist, so wird
die optische Axe dieses Fernrohrs, bei der erwähnten Drehung des
Tellers um 180 Grade, die Oberfläche eines sehr spitzen Kegels
beschreiben, von dessen kreisförmiger Basis man, durch jenes
Verfahren, zwei einander genau gegenüberstehende Punkte beob-
achtet, in deren Mitte, als in dem Mittelpunkte dieser Basis,
die auf dem Quecksilber vertical stehende, also nach dem Zenithe
des Beobachters gehende Linie liegen muß, daher man auch die
Mitte der beiden Ablesungen am Kreise zu nehmen hat, um den
gesuchten Punkt desselben zu erhalten.

Uebrigens muß der Kreuzfaden des Collimators genau in dem
Brennpunkte seines Objektivs liegen, was man durch das oben
(S. 281) erklärte Verfahren leicht erreichen wird, weil man sonst
diesen Kreuzfaden durch das große Fernrohr des Kreises nicht
deutlich sehen kann. Eine kleine äußere Schraube, die den die
Kreuzfäden tragenden Ring (S. 276) in der Ebene dieses Ringes
bewegt, wird dazu dienen, den einen dieser Fäden mit dem ho-
rizontalen Faden des Kreisrohres nahe parallel zu stellen.

Man sieht, daß der eigentliche Zweck des Collimators ist,
uns den Stellvertreter eines Fixsterns zu geben, der in einem
sehr kleinen Kreise sich bewegt, dessen Mittelpunkt das Zenith oder
eigentlich das Nadir des Beobachters ist. Wenn man die Zenith-
distanz dieses Sterns in den beiden Punkten seines Kreises beob-
achtet, die dem Süd- und Nordpunkte des Himmels am nächsten
liegen, und wenn man dann die Mitte der beiden Ablesungen

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
die weſtliche Seite des Tellers jetzt auf die öſtliche kömmt, und
bringt wieder durch eine kleine Bewegung des Kreisrohrs, die
Fäden beider Fernröhre neuerdings genau auf einander, und liest
auch in dieſer zweiten Lage den Kreis wieder ab, ſo gibt die halbe
Summe der beiden Ableſungen an dem Meridiankreiſe ſofort den
Nadirpunkt (I. S. 26) des Kreiſes, der dann, um 180° vermehrt
oder vermindert, der geſuchte Zenithpunkt deſſelben ſeyn wird.

Dabei wird vorausgeſetzt, daß das kleine Fernrohr des Colli-
mators wenigſtens nahe ſenkrecht auf der horizontalen Fläche des
Queckſilbers ſey. Man kann dieſes leicht durch kleine Gewichte er-
reichen, die man in verſchiedenen Punkten des eiſernen Tellers
auflegt und daſelbſt verſchiebt. Wenn auf dieſe Weiſe das Fern-
rohr des Collimators auch nur nahe ſenkrecht geſtellt iſt, ſo wird
die optiſche Axe dieſes Fernrohrs, bei der erwähnten Drehung des
Tellers um 180 Grade, die Oberfläche eines ſehr ſpitzen Kegels
beſchreiben, von deſſen kreisförmiger Baſis man, durch jenes
Verfahren, zwei einander genau gegenüberſtehende Punkte beob-
achtet, in deren Mitte, als in dem Mittelpunkte dieſer Baſis,
die auf dem Queckſilber vertical ſtehende, alſo nach dem Zenithe
des Beobachters gehende Linie liegen muß, daher man auch die
Mitte der beiden Ableſungen am Kreiſe zu nehmen hat, um den
geſuchten Punkt deſſelben zu erhalten.

Uebrigens muß der Kreuzfaden des Collimators genau in dem
Brennpunkte ſeines Objektivs liegen, was man durch das oben
(S. 281) erklärte Verfahren leicht erreichen wird, weil man ſonſt
dieſen Kreuzfaden durch das große Fernrohr des Kreiſes nicht
deutlich ſehen kann. Eine kleine äußere Schraube, die den die
Kreuzfäden tragenden Ring (S. 276) in der Ebene dieſes Ringes
bewegt, wird dazu dienen, den einen dieſer Fäden mit dem ho-
rizontalen Faden des Kreisrohres nahe parallel zu ſtellen.

Man ſieht, daß der eigentliche Zweck des Collimators iſt,
uns den Stellvertreter eines Fixſterns zu geben, der in einem
ſehr kleinen Kreiſe ſich bewegt, deſſen Mittelpunkt das Zenith oder
eigentlich das Nadir des Beobachters iſt. Wenn man die Zenith-
diſtanz dieſes Sterns in den beiden Punkten ſeines Kreiſes beob-
achtet, die dem Süd- und Nordpunkte des Himmels am nächſten
liegen, und wenn man dann die Mitte der beiden Ableſungen

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[331/0343] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. die weſtliche Seite des Tellers jetzt auf die öſtliche kömmt, und bringt wieder durch eine kleine Bewegung des Kreisrohrs, die Fäden beider Fernröhre neuerdings genau auf einander, und liest auch in dieſer zweiten Lage den Kreis wieder ab, ſo gibt die halbe Summe der beiden Ableſungen an dem Meridiankreiſe ſofort den Nadirpunkt (I. S. 26) des Kreiſes, der dann, um 180° vermehrt oder vermindert, der geſuchte Zenithpunkt deſſelben ſeyn wird. Dabei wird vorausgeſetzt, daß das kleine Fernrohr des Colli- mators wenigſtens nahe ſenkrecht auf der horizontalen Fläche des Queckſilbers ſey. Man kann dieſes leicht durch kleine Gewichte er- reichen, die man in verſchiedenen Punkten des eiſernen Tellers auflegt und daſelbſt verſchiebt. Wenn auf dieſe Weiſe das Fern- rohr des Collimators auch nur nahe ſenkrecht geſtellt iſt, ſo wird die optiſche Axe dieſes Fernrohrs, bei der erwähnten Drehung des Tellers um 180 Grade, die Oberfläche eines ſehr ſpitzen Kegels beſchreiben, von deſſen kreisförmiger Baſis man, durch jenes Verfahren, zwei einander genau gegenüberſtehende Punkte beob- achtet, in deren Mitte, als in dem Mittelpunkte dieſer Baſis, die auf dem Queckſilber vertical ſtehende, alſo nach dem Zenithe des Beobachters gehende Linie liegen muß, daher man auch die Mitte der beiden Ableſungen am Kreiſe zu nehmen hat, um den geſuchten Punkt deſſelben zu erhalten. Uebrigens muß der Kreuzfaden des Collimators genau in dem Brennpunkte ſeines Objektivs liegen, was man durch das oben (S. 281) erklärte Verfahren leicht erreichen wird, weil man ſonſt dieſen Kreuzfaden durch das große Fernrohr des Kreiſes nicht deutlich ſehen kann. Eine kleine äußere Schraube, die den die Kreuzfäden tragenden Ring (S. 276) in der Ebene dieſes Ringes bewegt, wird dazu dienen, den einen dieſer Fäden mit dem ho- rizontalen Faden des Kreisrohres nahe parallel zu ſtellen. Man ſieht, daß der eigentliche Zweck des Collimators iſt, uns den Stellvertreter eines Fixſterns zu geben, der in einem ſehr kleinen Kreiſe ſich bewegt, deſſen Mittelpunkt das Zenith oder eigentlich das Nadir des Beobachters iſt. Wenn man die Zenith- diſtanz dieſes Sterns in den beiden Punkten ſeines Kreiſes beob- achtet, die dem Süd- und Nordpunkte des Himmels am nächſten liegen, und wenn man dann die Mitte der beiden Ableſungen

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/343>, abgerufen am 24.11.2024.