Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente. Erde beträgt, wie wir oben gesehen haben, 859 deutsche Meilen;der Halbmesser der Erdbahn aber, oder mit anderen Worten, die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde hat 20658000 M. Die letzte ist also über 24000mal größer, als die erste. Die ganze Erde ist also nur als ein sehr kleiner Körper, nur als ein beinahe verschwindender Punkt gegen jene hohle Himmelskugel anzusehen, in deren Oberfläche sich die Sonne aufhält. Wollten wir uns z. B. diese beiden Kugeln in ihrem wahren Verhältnisse durch ein Modell darstellen, in welchem der Durchmesser der kleineren, der Erde, einen Schuh beträgt, so müßten wir dem Durchmesser der größeren, der Himmelskugel, einen Durchmesser von 24000 Fuß, also von mehr als einer deutschen Meile geben, da schon 22842 P. Fuß auf eine solche Meile gehen. Also würde auch eine so kleine Kugel von nur einem Schuh im Durchmesser, wenn wir hinter ihr eine feste Fläche anbringen, oder wenn wir sie vor der festen Wand eines Hauses oder vor dem Dache eines Thurmes u. s. w. aufstellen, uns ganz dieselbe Dienste leisten, wie jener vorhergehende zu große, und darum für uns unmögliche Apparat, wenn nur, was allerdings hier Hauptsache ist, wenn nur die Axe dieser kleinen Kugel, wofür hier irgend ein durch ihren Mittelpunkt gehender, und zu beiden Seiten verlängerter Stift genommen werden kann, mit der großen Weltaxe genau parallel gelegt wird. Wegen der so geringen Größe der Erde gegen die ungemeine Entfernung der Sonne kann man nämlich, ohne allen merklichen Fehler, annehmen, daß die Son- nenstrahlen, obschon sie eigentlich aus der Sonne divergent aus- gehen, auf alle Punkte der Erde in unter sich parallelen Richtungen auffallen, und daß es daher, in Beziehung auf unsere Absicht, gleichviel ist, auf welchem Punkte der Oberfläche der Erde man diese Axe anbringt, wenn man sie nur mit der wahren Axe der Erde vollkommen parallel stellt, so daß also auch jene kleine Kugel, von der wir so eben gesprochen haben, ganz überflüssig wird, indem schon ein einfacher, der Erdaxe paralleler Stift ge- nügt, um diesen unsern Endzweck zu erreichen, nämlich um durch den Schatten eines solchen Stifts, den er auf eine hinter ihm stehende, ebene oder krumme Fläche wirft, die wahre Zeit in jedem Augenblicke anzugeben. Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. Erde beträgt, wie wir oben geſehen haben, 859 deutſche Meilen;der Halbmeſſer der Erdbahn aber, oder mit anderen Worten, die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde hat 20658000 M. Die letzte iſt alſo über 24000mal größer, als die erſte. Die ganze Erde iſt alſo nur als ein ſehr kleiner Körper, nur als ein beinahe verſchwindender Punkt gegen jene hohle Himmelskugel anzuſehen, in deren Oberfläche ſich die Sonne aufhält. Wollten wir uns z. B. dieſe beiden Kugeln in ihrem wahren Verhältniſſe durch ein Modell darſtellen, in welchem der Durchmeſſer der kleineren, der Erde, einen Schuh beträgt, ſo müßten wir dem Durchmeſſer der größeren, der Himmelskugel, einen Durchmeſſer von 24000 Fuß, alſo von mehr als einer deutſchen Meile geben, da ſchon 22842 P. Fuß auf eine ſolche Meile gehen. Alſo würde auch eine ſo kleine Kugel von nur einem Schuh im Durchmeſſer, wenn wir hinter ihr eine feſte Fläche anbringen, oder wenn wir ſie vor der feſten Wand eines Hauſes oder vor dem Dache eines Thurmes u. ſ. w. aufſtellen, uns ganz dieſelbe Dienſte leiſten, wie jener vorhergehende zu große, und darum für uns unmögliche Apparat, wenn nur, was allerdings hier Hauptſache iſt, wenn nur die Axe dieſer kleinen Kugel, wofür hier irgend ein durch ihren Mittelpunkt gehender, und zu beiden Seiten verlängerter Stift genommen werden kann, mit der großen Weltaxe genau parallel gelegt wird. Wegen der ſo geringen Größe der Erde gegen die ungemeine Entfernung der Sonne kann man nämlich, ohne allen merklichen Fehler, annehmen, daß die Son- nenſtrahlen, obſchon ſie eigentlich aus der Sonne divergent aus- gehen, auf alle Punkte der Erde in unter ſich parallelen Richtungen auffallen, und daß es daher, in Beziehung auf unſere Abſicht, gleichviel iſt, auf welchem Punkte der Oberfläche der Erde man dieſe Axe anbringt, wenn man ſie nur mit der wahren Axe der Erde vollkommen parallel ſtellt, ſo daß alſo auch jene kleine Kugel, von der wir ſo eben geſprochen haben, ganz überflüſſig wird, indem ſchon ein einfacher, der Erdaxe paralleler Stift ge- nügt, um dieſen unſern Endzweck zu erreichen, nämlich um durch den Schatten eines ſolchen Stifts, den er auf eine hinter ihm ſtehende, ebene oder krumme Fläche wirft, die wahre Zeit in jedem Augenblicke anzugeben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0320" n="308"/><fw place="top" type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. 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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Erde beträgt, wie wir oben geſehen haben, 859 deutſche Meilen;
der Halbmeſſer der Erdbahn aber, oder mit anderen Worten,
die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde hat 20658000 M.
Die letzte iſt alſo über 24000mal größer, als die erſte. Die
ganze Erde iſt alſo nur als ein ſehr kleiner Körper, nur als ein
beinahe verſchwindender Punkt gegen jene hohle Himmelskugel
anzuſehen, in deren Oberfläche ſich die Sonne aufhält. Wollten
wir uns z. B. dieſe beiden Kugeln in ihrem wahren Verhältniſſe
durch ein Modell darſtellen, in welchem der Durchmeſſer der
kleineren, der Erde, einen Schuh beträgt, ſo müßten wir dem
Durchmeſſer der größeren, der Himmelskugel, einen Durchmeſſer
von 24000 Fuß, alſo von mehr als einer deutſchen Meile geben,
da ſchon 22842 P. Fuß auf eine ſolche Meile gehen. Alſo würde
auch eine ſo kleine Kugel von nur einem Schuh im Durchmeſſer,
wenn wir hinter ihr eine feſte Fläche anbringen, oder wenn wir
ſie vor der feſten Wand eines Hauſes oder vor dem Dache eines
Thurmes u. ſ. w. aufſtellen, uns ganz dieſelbe Dienſte leiſten,
wie jener vorhergehende zu große, und darum für uns unmögliche
Apparat, wenn nur, was allerdings hier Hauptſache iſt, wenn
nur die Axe dieſer kleinen Kugel, wofür hier irgend ein durch
ihren Mittelpunkt gehender, und zu beiden Seiten verlängerter
Stift genommen werden kann, mit der großen Weltaxe
genau parallel gelegt wird. Wegen der ſo geringen Größe
der Erde gegen die ungemeine Entfernung der Sonne kann man
nämlich, ohne allen merklichen Fehler, annehmen, daß die Son-
nenſtrahlen, obſchon ſie eigentlich aus der Sonne divergent aus-
gehen, auf alle Punkte der Erde in unter ſich parallelen
Richtungen auffallen, und daß es daher, in Beziehung auf unſere
Abſicht, gleichviel iſt, auf welchem Punkte der Oberfläche der Erde
man dieſe Axe anbringt, wenn man ſie nur mit der wahren Axe
der Erde vollkommen parallel ſtellt, ſo daß alſo auch jene kleine
Kugel, von der wir ſo eben geſprochen haben, ganz überflüſſig
wird, indem ſchon ein einfacher, der Erdaxe paralleler Stift ge-
nügt, um dieſen unſern Endzweck zu erreichen, nämlich um durch
den Schatten eines ſolchen Stifts, den er auf eine hinter ihm
ſtehende, ebene oder krumme Fläche wirft, die wahre Zeit in jedem
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