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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
der Schnur wieder auf diese Linie fällt, so oft wird man auch den
Augenblick des wahren Mittags dieses Tages haben. Es ist übri-
gens für sich klar, daß man, statt jener Schnur, auch den Fen-
sterrahmen oder die Fenstermauer selbst gebrauchen und ihren
Schatten wie zuvor beobachten kann, vorausgesetzt, daß dieser
Rahmen, oder daß die Fensterwand vollkommen vertical ist, wo-
von man sich leicht mittelst eines Bleilothes überzeugen wird.

Allein dadurch erhält man nur die Zeit des Mittages und
daher vielleicht durch mehrere Wochen keine Zeitbestimmung, selbst
wenn die Witterung günstig, die Sonne aber im Mittage zufäl-
lig durch Wolken bedeckt ist. Auch wird diese Methode dadurch
sehr beschränkt, daß nicht jede Wohnung zu jenen Beobachtungen
gelegene Fenster darbietet.

Es wäre daher zu wünschen, daß man dieses an sich ebenso
einfache als sichere Verfahren auch auf jede Stunde des Tages
und auf jede Lage des Fensters, wenn dasselbe nur nicht gegen
Nord steht, ausdehnen könnte.

Man kann das auch, aber, wie dieß in beinahe allen Din-
gen zu geschehen pflegt, dieser Vortheil läßt sich nur auf Kosten
eines anderen erreichen. So ist es bekanntlich ein Grundgesetz der
Mechanik, daß man bei der Wirkung jeder Maschine die Zeit nur
auf Kosten der dazu verwendeten Kraft oder diese auf Kosten je-
ner ersparen kann. Und ebenso kann man auch hier, wie überhaupt
sehr oft in der beobachtenden Astronomie, von der Zeit des Mit-
tags oder von der beschränkenden Lage des Fensters sich ganz un-
abhängig machen, wenn man sich dafür eine übrigens sehr leichte
trigonometrische Rechnung gefallen lassen will. Dem Astronomen
ist dieß allerdings kein Hinderniß, und die mit diesen Rechnungen
nicht Bekannten werden doch wohl unter ihren Freunden leicht
einen finden, der sie dieser kleinen Mühe überheben wird; für
diese will ich diese erweiterte Methode der Zeitbestimmung hier
kurz auseinander setzen.

Ich setze also voraus, daß man an einem Tage, für welchen
man den Stand seiner Uhr, etwa durch Hülfe jenes Gnomons,
genau kennt, aus irgend einem auch nicht gegen Süden gelegenen
Fenster den Schatten jener Schnur oder auch den Schatten des
verticalen Fensterstockes, auf dem Boden oder an der Wand des

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
der Schnur wieder auf dieſe Linie fällt, ſo oft wird man auch den
Augenblick des wahren Mittags dieſes Tages haben. Es iſt übri-
gens für ſich klar, daß man, ſtatt jener Schnur, auch den Fen-
ſterrahmen oder die Fenſtermauer ſelbſt gebrauchen und ihren
Schatten wie zuvor beobachten kann, vorausgeſetzt, daß dieſer
Rahmen, oder daß die Fenſterwand vollkommen vertical iſt, wo-
von man ſich leicht mittelſt eines Bleilothes überzeugen wird.

Allein dadurch erhält man nur die Zeit des Mittages und
daher vielleicht durch mehrere Wochen keine Zeitbeſtimmung, ſelbſt
wenn die Witterung günſtig, die Sonne aber im Mittage zufäl-
lig durch Wolken bedeckt iſt. Auch wird dieſe Methode dadurch
ſehr beſchränkt, daß nicht jede Wohnung zu jenen Beobachtungen
gelegene Fenſter darbietet.

Es wäre daher zu wünſchen, daß man dieſes an ſich ebenſo
einfache als ſichere Verfahren auch auf jede Stunde des Tages
und auf jede Lage des Fenſters, wenn daſſelbe nur nicht gegen
Nord ſteht, ausdehnen könnte.

Man kann das auch, aber, wie dieß in beinahe allen Din-
gen zu geſchehen pflegt, dieſer Vortheil läßt ſich nur auf Koſten
eines anderen erreichen. So iſt es bekanntlich ein Grundgeſetz der
Mechanik, daß man bei der Wirkung jeder Maſchine die Zeit nur
auf Koſten der dazu verwendeten Kraft oder dieſe auf Koſten je-
ner erſparen kann. Und ebenſo kann man auch hier, wie überhaupt
ſehr oft in der beobachtenden Aſtronomie, von der Zeit des Mit-
tags oder von der beſchränkenden Lage des Fenſters ſich ganz un-
abhängig machen, wenn man ſich dafür eine übrigens ſehr leichte
trigonometriſche Rechnung gefallen laſſen will. Dem Aſtronomen
iſt dieß allerdings kein Hinderniß, und die mit dieſen Rechnungen
nicht Bekannten werden doch wohl unter ihren Freunden leicht
einen finden, der ſie dieſer kleinen Mühe überheben wird; für
dieſe will ich dieſe erweiterte Methode der Zeitbeſtimmung hier
kurz auseinander ſetzen.

Ich ſetze alſo voraus, daß man an einem Tage, für welchen
man den Stand ſeiner Uhr, etwa durch Hülfe jenes Gnomons,
genau kennt, aus irgend einem auch nicht gegen Süden gelegenen
Fenſter den Schatten jener Schnur oder auch den Schatten des
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[303/0315] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. der Schnur wieder auf dieſe Linie fällt, ſo oft wird man auch den Augenblick des wahren Mittags dieſes Tages haben. Es iſt übri- gens für ſich klar, daß man, ſtatt jener Schnur, auch den Fen- ſterrahmen oder die Fenſtermauer ſelbſt gebrauchen und ihren Schatten wie zuvor beobachten kann, vorausgeſetzt, daß dieſer Rahmen, oder daß die Fenſterwand vollkommen vertical iſt, wo- von man ſich leicht mittelſt eines Bleilothes überzeugen wird. Allein dadurch erhält man nur die Zeit des Mittages und daher vielleicht durch mehrere Wochen keine Zeitbeſtimmung, ſelbſt wenn die Witterung günſtig, die Sonne aber im Mittage zufäl- lig durch Wolken bedeckt iſt. Auch wird dieſe Methode dadurch ſehr beſchränkt, daß nicht jede Wohnung zu jenen Beobachtungen gelegene Fenſter darbietet. Es wäre daher zu wünſchen, daß man dieſes an ſich ebenſo einfache als ſichere Verfahren auch auf jede Stunde des Tages und auf jede Lage des Fenſters, wenn daſſelbe nur nicht gegen Nord ſteht, ausdehnen könnte. Man kann das auch, aber, wie dieß in beinahe allen Din- gen zu geſchehen pflegt, dieſer Vortheil läßt ſich nur auf Koſten eines anderen erreichen. So iſt es bekanntlich ein Grundgeſetz der Mechanik, daß man bei der Wirkung jeder Maſchine die Zeit nur auf Koſten der dazu verwendeten Kraft oder dieſe auf Koſten je- ner erſparen kann. Und ebenſo kann man auch hier, wie überhaupt ſehr oft in der beobachtenden Aſtronomie, von der Zeit des Mit- tags oder von der beſchränkenden Lage des Fenſters ſich ganz un- abhängig machen, wenn man ſich dafür eine übrigens ſehr leichte trigonometriſche Rechnung gefallen laſſen will. Dem Aſtronomen iſt dieß allerdings kein Hinderniß, und die mit dieſen Rechnungen nicht Bekannten werden doch wohl unter ihren Freunden leicht einen finden, der ſie dieſer kleinen Mühe überheben wird; für dieſe will ich dieſe erweiterte Methode der Zeitbeſtimmung hier kurz auseinander ſetzen. Ich ſetze alſo voraus, daß man an einem Tage, für welchen man den Stand ſeiner Uhr, etwa durch Hülfe jenes Gnomons, genau kennt, aus irgend einem auch nicht gegen Süden gelegenen Fenſter den Schatten jener Schnur oder auch den Schatten des verticalen Fenſterſtockes, auf dem Boden oder an der Wand des

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/315>, abgerufen am 28.11.2024.