Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
nigstens den Augenblick des wahren Mittags genau anzugeben. Allein die anderen Stunden des Tages sind uns noch unbekannt. Wir wollen daher sehen, wie man auch zur Kenntniß dieser letzte- ren gelangen kann.
Ich setze dabei voraus, daß man eine gute, d. h. eine gleich- förmig gehende Uhr habe. Eine solche Uhr mag immerhin täg- lich um eine beträchtliche Zeit, z. B. um eine ganze Minute, vor der wahren Zeit vorausgehen oder hinter ihr zurückbleiben, wenn sie nur im Laufe eines jeden Tages um dieselbe Größe von der Wahrheit abweicht. Unsere vorhergehenden einfachen Beobachtungen an der verticalen Stange werden uns bald von der Brauchbarkeit der Uhr überzeugen, wenn man an dieser Stange mehrere Tage nach ein- ander den Augenblick des wahren Mittags an der Uhr beobachtet und dabei auf die Zeitgleichung (I. S. 313) Rücksicht nimmt.
Gesetzt man hätte folgende Uhrzeiten des wahren Mittags ge- funden, denen ich sogleich die mittlere Zeit dieser Mittage (nach I. S. 314) hinzusetze:
[Tabelle]
Aus diesen Beobachtungen folgt daher, daß die Uhr am 5. Julius im wahren Mittag gegen die mittlere Zeit um 1 Minute 42 Sekunden, und am 20. Julius schon um 10 Minuten 13 Se- kunden zu spät ging. Diese Uhr scheint also, wie man gewöhn- lich urtheilen hört, schlecht zu gehen, da sie in 15 Tagen um volle 8 Minuten 31 Sekunden zu spät geht, also in einem Mo- nate von 30 Tagen um 17 Minuten 2 Sekunden oder mehr als eine Viertelstunde zu spät gehen wird. Allein wenn man den Gang dieser Uhr zwischen den einzelnen Beobachtungstagen näher betrachtet, so findet man, daß sie im Gegentheile eine gute Uhr ist. In der That, während der beiden ersten Tage blieb sie um 1 Minute 8 Sekunden, also täglich um 34,0 Sekunden zurück. In den drei Tagen vom 7. bis zum 10. Julius blieb sie 1 Minute 40 Sekunden, also täglich wieder 33,3 Sekunden zurück. In den zehn letzten Tagen endlich, vom 10. bis zum 20. Julius blieb sie
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
nigſtens den Augenblick des wahren Mittags genau anzugeben. Allein die anderen Stunden des Tages ſind uns noch unbekannt. Wir wollen daher ſehen, wie man auch zur Kenntniß dieſer letzte- ren gelangen kann.
Ich ſetze dabei voraus, daß man eine gute, d. h. eine gleich- förmig gehende Uhr habe. Eine ſolche Uhr mag immerhin täg- lich um eine beträchtliche Zeit, z. B. um eine ganze Minute, vor der wahren Zeit vorausgehen oder hinter ihr zurückbleiben, wenn ſie nur im Laufe eines jeden Tages um dieſelbe Größe von der Wahrheit abweicht. Unſere vorhergehenden einfachen Beobachtungen an der verticalen Stange werden uns bald von der Brauchbarkeit der Uhr überzeugen, wenn man an dieſer Stange mehrere Tage nach ein- ander den Augenblick des wahren Mittags an der Uhr beobachtet und dabei auf die Zeitgleichung (I. S. 313) Rückſicht nimmt.
Geſetzt man hätte folgende Uhrzeiten des wahren Mittags ge- funden, denen ich ſogleich die mittlere Zeit dieſer Mittage (nach I. S. 314) hinzuſetze:
[Tabelle]
Aus dieſen Beobachtungen folgt daher, daß die Uhr am 5. Julius im wahren Mittag gegen die mittlere Zeit um 1 Minute 42 Sekunden, und am 20. Julius ſchon um 10 Minuten 13 Se- kunden zu ſpät ging. Dieſe Uhr ſcheint alſo, wie man gewöhn- lich urtheilen hört, ſchlecht zu gehen, da ſie in 15 Tagen um volle 8 Minuten 31 Sekunden zu ſpät geht, alſo in einem Mo- nate von 30 Tagen um 17 Minuten 2 Sekunden oder mehr als eine Viertelſtunde zu ſpät gehen wird. Allein wenn man den Gang dieſer Uhr zwiſchen den einzelnen Beobachtungstagen näher betrachtet, ſo findet man, daß ſie im Gegentheile eine gute Uhr iſt. In der That, während der beiden erſten Tage blieb ſie um 1 Minute 8 Sekunden, alſo täglich um 34,0 Sekunden zurück. In den drei Tagen vom 7. bis zum 10. Julius blieb ſie 1 Minute 40 Sekunden, alſo täglich wieder 33,3 Sekunden zurück. In den zehn letzten Tagen endlich, vom 10. bis zum 20. Julius blieb ſie
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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
nigſtens den Augenblick des wahren Mittags genau anzugeben.
Allein die anderen Stunden des Tages ſind uns noch unbekannt.
Wir wollen daher ſehen, wie man auch zur Kenntniß dieſer letzte-
ren gelangen kann.
Ich ſetze dabei voraus, daß man eine gute, d. h. eine gleich-
förmig gehende Uhr habe. Eine ſolche Uhr mag immerhin täg-
lich um eine beträchtliche Zeit, z. B. um eine ganze Minute, vor
der wahren Zeit vorausgehen oder hinter ihr zurückbleiben, wenn
ſie nur im Laufe eines jeden Tages um dieſelbe Größe von der
Wahrheit abweicht. Unſere vorhergehenden einfachen Beobachtungen
an der verticalen Stange werden uns bald von der Brauchbarkeit der
Uhr überzeugen, wenn man an dieſer Stange mehrere Tage nach ein-
ander den Augenblick des wahren Mittags an der Uhr beobachtet
und dabei auf die Zeitgleichung (I. S. 313) Rückſicht nimmt.
Geſetzt man hätte folgende Uhrzeiten des wahren Mittags ge-
funden, denen ich ſogleich die mittlere Zeit dieſer Mittage
(nach I. S. 314) hinzuſetze:
Aus dieſen Beobachtungen folgt daher, daß die Uhr am 5.
Julius im wahren Mittag gegen die mittlere Zeit um 1 Minute
42 Sekunden, und am 20. Julius ſchon um 10 Minuten 13 Se-
kunden zu ſpät ging. Dieſe Uhr ſcheint alſo, wie man gewöhn-
lich urtheilen hört, ſchlecht zu gehen, da ſie in 15 Tagen um
volle 8 Minuten 31 Sekunden zu ſpät geht, alſo in einem Mo-
nate von 30 Tagen um 17 Minuten 2 Sekunden oder mehr als
eine Viertelſtunde zu ſpät gehen wird. Allein wenn man den
Gang dieſer Uhr zwiſchen den einzelnen Beobachtungstagen näher
betrachtet, ſo findet man, daß ſie im Gegentheile eine gute Uhr
iſt. In der That, während der beiden erſten Tage blieb ſie um
1 Minute 8 Sekunden, alſo täglich um 34,0 Sekunden zurück. In
den drei Tagen vom 7. bis zum 10. Julius blieb ſie 1 Minute
40 Sekunden, alſo täglich wieder 33,3 Sekunden zurück. In den
zehn letzten Tagen endlich, vom 10. bis zum 20. Julius blieb ſie
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/309>, abgerufen am 28.11.2024.
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