Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
wie es scheint, schon seit dem Jahre 1667 bei seinen Beobachtun- gen angewendet hat. Allein schon über zwanzig Jahre früher, i. J. 1640, machte Gascoigne in England dieselbe Entdeckung, und ihm muß daher auch die Ehre derselben vorbehalten bleiben.
Wenn man nämlich einen Gegenstand, z. B. einen Faden in die Nähe des Brennpunktes F (Fig. 14) der beiden Linsen eines Fernrohrs bringt, so sieht man denselben durch das Ocular bb' desto reiner, und selbst wenn er weiß, z. B. ein Silberfaden ist, desto schwärzer, je näher er jenem Brennpunkte gebracht wird. Stellt man dann das Fernrohr so, daß irgend ein terrestrisches Object, z. B. die wohlbegränzte Ecke einer Mauer, den Faden eben berührt; bewegt man dann das Auge vor dem Oculare so weit als möglich, rechts und links oder auf und ab, und bleibt der Faden in allen diesen Lagen des Auges immer genau Tangente zum Objecte, so ist dieß eben das beste Zeichen, daß der Faden selbst im Brennpunkte des Fernrohrs, d. h. in demjenigen Orte desselben steht, wo von der vordern, größern Linse des Fernrohrs das kleine Miniaturbildchen des Objectes entworfen wird, von dem wir oben (S. 265) gesprochen haben. Was aber hier von dem terrestrischen Objecte gesagt ist, gilt auch von den Gestirnen. Hat man daher durch diesen Brennpunkt in einer auf die Axe der beiden Linsen (S. 260) senkrechten Ebene zwei Fäden gespannt, die sich unter rechten Winkeln durchkreuzen, so wird man, eben durch den Durch- schnittspunkt der beiden Fäden, einen festen und unveränderlichen Punkt des Feldes haben, mit welchem man die Lage der zu beobachtenden Sterne bequem und sicher vergleichen kann, indem man nämlich bei jeder Beobachtung, durch eine angemessene Be- wegung des Fernrohrs den Stern nur immer in diesen Durch- schnittspunkt der beiden Fäden zu bringen sucht. Man wird sich dabei leicht eine einfache Vorrichtung, z. B. einen im Innern des Fernrohrs angebrachten Ring denken können, der diese Fäden trägt, während er selbst durch äußere kleine Schrauben nach allen Richtungen bewegt, und in jeder derselben festgehalten wird, wo- durch daher die Fäden leicht in die erforderliche Lage gebracht werden können.
Diese einfache, aber folgenreiche Idee ist es, die der oben erwähnte Gascoigne zuerst gehabt und ausgeführt hat. (Phil.
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
wie es ſcheint, ſchon ſeit dem Jahre 1667 bei ſeinen Beobachtun- gen angewendet hat. Allein ſchon über zwanzig Jahre früher, i. J. 1640, machte Gascoigne in England dieſelbe Entdeckung, und ihm muß daher auch die Ehre derſelben vorbehalten bleiben.
Wenn man nämlich einen Gegenſtand, z. B. einen Faden in die Nähe des Brennpunktes F (Fig. 14) der beiden Linſen eines Fernrohrs bringt, ſo ſieht man denſelben durch das Ocular bb' deſto reiner, und ſelbſt wenn er weiß, z. B. ein Silberfaden iſt, deſto ſchwärzer, je näher er jenem Brennpunkte gebracht wird. Stellt man dann das Fernrohr ſo, daß irgend ein terreſtriſches Object, z. B. die wohlbegränzte Ecke einer Mauer, den Faden eben berührt; bewegt man dann das Auge vor dem Oculare ſo weit als möglich, rechts und links oder auf und ab, und bleibt der Faden in allen dieſen Lagen des Auges immer genau Tangente zum Objecte, ſo iſt dieß eben das beſte Zeichen, daß der Faden ſelbſt im Brennpunkte des Fernrohrs, d. h. in demjenigen Orte deſſelben ſteht, wo von der vordern, größern Linſe des Fernrohrs das kleine Miniaturbildchen des Objectes entworfen wird, von dem wir oben (S. 265) geſprochen haben. Was aber hier von dem terreſtriſchen Objecte geſagt iſt, gilt auch von den Geſtirnen. Hat man daher durch dieſen Brennpunkt in einer auf die Axe der beiden Linſen (S. 260) ſenkrechten Ebene zwei Fäden geſpannt, die ſich unter rechten Winkeln durchkreuzen, ſo wird man, eben durch den Durch- ſchnittspunkt der beiden Fäden, einen feſten und unveränderlichen Punkt des Feldes haben, mit welchem man die Lage der zu beobachtenden Sterne bequem und ſicher vergleichen kann, indem man nämlich bei jeder Beobachtung, durch eine angemeſſene Be- wegung des Fernrohrs den Stern nur immer in dieſen Durch- ſchnittspunkt der beiden Fäden zu bringen ſucht. Man wird ſich dabei leicht eine einfache Vorrichtung, z. B. einen im Innern des Fernrohrs angebrachten Ring denken können, der dieſe Fäden trägt, während er ſelbſt durch äußere kleine Schrauben nach allen Richtungen bewegt, und in jeder derſelben feſtgehalten wird, wo- durch daher die Fäden leicht in die erforderliche Lage gebracht werden können.
Dieſe einfache, aber folgenreiche Idee iſt es, die der oben erwähnte Gascoigne zuerſt gehabt und ausgeführt hat. (Phil.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0288"n="276"/><fwplace="top"type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.</fw><lb/>
wie es ſcheint, ſchon ſeit dem Jahre 1667 bei ſeinen Beobachtun-<lb/>
gen angewendet hat. Allein ſchon über zwanzig Jahre früher,<lb/>
i. J. 1640, machte Gascoigne in England dieſelbe Entdeckung,<lb/>
und ihm muß daher auch die Ehre derſelben vorbehalten bleiben.</p><lb/><p>Wenn man nämlich einen Gegenſtand, z. B. einen Faden in<lb/>
die Nähe des Brennpunktes <hirendition="#aq">F</hi> (Fig. 14) der beiden Linſen eines<lb/>
Fernrohrs bringt, ſo ſieht man denſelben durch das Ocular <hirendition="#aq">bb'</hi><lb/>
deſto reiner, und ſelbſt wenn er weiß, z. B. ein Silberfaden iſt,<lb/>
deſto ſchwärzer, je näher er jenem Brennpunkte gebracht wird.<lb/>
Stellt man dann das Fernrohr ſo, daß irgend ein terreſtriſches<lb/>
Object, z. B. die wohlbegränzte Ecke einer Mauer, den Faden<lb/>
eben berührt; bewegt man dann das Auge vor dem Oculare ſo<lb/>
weit als möglich, rechts und links oder auf und ab, und bleibt<lb/>
der Faden in allen dieſen Lagen des Auges immer genau Tangente<lb/>
zum Objecte, ſo iſt dieß eben das beſte Zeichen, daß der Faden ſelbſt<lb/>
im Brennpunkte des Fernrohrs, d. h. in demjenigen Orte deſſelben<lb/>ſteht, wo von der vordern, größern Linſe des Fernrohrs das kleine<lb/>
Miniaturbildchen des Objectes entworfen wird, von dem wir oben<lb/>
(S. 265) geſprochen haben. Was aber hier von dem terreſtriſchen<lb/>
Objecte geſagt iſt, gilt auch von den Geſtirnen. Hat man daher<lb/>
durch dieſen Brennpunkt in einer auf die Axe der beiden Linſen<lb/>
(S. 260) ſenkrechten Ebene <hirendition="#g">zwei</hi> Fäden geſpannt, die ſich unter<lb/>
rechten Winkeln durchkreuzen, ſo wird man, eben durch den Durch-<lb/>ſchnittspunkt der beiden Fäden, einen feſten und unveränderlichen<lb/>
Punkt des Feldes haben, mit welchem man die Lage der zu<lb/>
beobachtenden Sterne bequem und ſicher vergleichen kann, indem<lb/>
man nämlich bei jeder Beobachtung, durch eine angemeſſene Be-<lb/>
wegung des Fernrohrs den Stern nur immer in dieſen Durch-<lb/>ſchnittspunkt der beiden Fäden zu bringen ſucht. Man wird ſich<lb/>
dabei leicht eine einfache Vorrichtung, z. B. einen im Innern<lb/>
des Fernrohrs angebrachten Ring denken können, der dieſe Fäden<lb/>
trägt, während er ſelbſt durch äußere kleine Schrauben nach allen<lb/>
Richtungen bewegt, und in jeder derſelben feſtgehalten wird, wo-<lb/>
durch daher die Fäden leicht in die erforderliche Lage gebracht<lb/>
werden können.</p><lb/><p>Dieſe einfache, aber folgenreiche Idee iſt es, die der oben<lb/>
erwähnte Gascoigne zuerſt gehabt und ausgeführt hat. (<hirendition="#aq">Phil.</hi><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[276/0288]
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
wie es ſcheint, ſchon ſeit dem Jahre 1667 bei ſeinen Beobachtun-
gen angewendet hat. Allein ſchon über zwanzig Jahre früher,
i. J. 1640, machte Gascoigne in England dieſelbe Entdeckung,
und ihm muß daher auch die Ehre derſelben vorbehalten bleiben.
Wenn man nämlich einen Gegenſtand, z. B. einen Faden in
die Nähe des Brennpunktes F (Fig. 14) der beiden Linſen eines
Fernrohrs bringt, ſo ſieht man denſelben durch das Ocular bb'
deſto reiner, und ſelbſt wenn er weiß, z. B. ein Silberfaden iſt,
deſto ſchwärzer, je näher er jenem Brennpunkte gebracht wird.
Stellt man dann das Fernrohr ſo, daß irgend ein terreſtriſches
Object, z. B. die wohlbegränzte Ecke einer Mauer, den Faden
eben berührt; bewegt man dann das Auge vor dem Oculare ſo
weit als möglich, rechts und links oder auf und ab, und bleibt
der Faden in allen dieſen Lagen des Auges immer genau Tangente
zum Objecte, ſo iſt dieß eben das beſte Zeichen, daß der Faden ſelbſt
im Brennpunkte des Fernrohrs, d. h. in demjenigen Orte deſſelben
ſteht, wo von der vordern, größern Linſe des Fernrohrs das kleine
Miniaturbildchen des Objectes entworfen wird, von dem wir oben
(S. 265) geſprochen haben. Was aber hier von dem terreſtriſchen
Objecte geſagt iſt, gilt auch von den Geſtirnen. Hat man daher
durch dieſen Brennpunkt in einer auf die Axe der beiden Linſen
(S. 260) ſenkrechten Ebene zwei Fäden geſpannt, die ſich unter
rechten Winkeln durchkreuzen, ſo wird man, eben durch den Durch-
ſchnittspunkt der beiden Fäden, einen feſten und unveränderlichen
Punkt des Feldes haben, mit welchem man die Lage der zu
beobachtenden Sterne bequem und ſicher vergleichen kann, indem
man nämlich bei jeder Beobachtung, durch eine angemeſſene Be-
wegung des Fernrohrs den Stern nur immer in dieſen Durch-
ſchnittspunkt der beiden Fäden zu bringen ſucht. Man wird ſich
dabei leicht eine einfache Vorrichtung, z. B. einen im Innern
des Fernrohrs angebrachten Ring denken können, der dieſe Fäden
trägt, während er ſelbſt durch äußere kleine Schrauben nach allen
Richtungen bewegt, und in jeder derſelben feſtgehalten wird, wo-
durch daher die Fäden leicht in die erforderliche Lage gebracht
werden können.
Dieſe einfache, aber folgenreiche Idee iſt es, die der oben
erwähnte Gascoigne zuerſt gehabt und ausgeführt hat. (Phil.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/288>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.