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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
bolländischer Künstler, i. J. 1590 auf diese Entdeckung gekom-
men seyn, indem seine Kinder unter den vielen vorräthigen Glas-
linsen zufällig zwei derselben zusammen brachten, und dadurch die
entfernten Gegenstände zu ihrer Verwunderung sehr vergrößert
erblickten. Andere erzählen dieselbe Anekdote von Jakob Metius,
aus Alkmar, oder von Johann Lippersheim aus Middelburg in
Holland, die Beide diese Entdeckung nahe um dieselbe Zeit ge-
macht haben sollen.

Ein Stück Kieselerde mit Potasche vermischt, und ein Spiel
der Kinder eines Brillenmachers öffnete uns also zwei neue, un-
bekannte Welten. -- Dieses zufällige Spiel lehrte uns mit dem
mikroscopischen Auge der Milbe die Blüthentheile der Moose, das
kunstreiche Gewebe und den Farbenschmelz der Schmetterlings-
flügel und jene Geschöpfe erblicken, die den Wassertropfen zu
Tausenden bewohnen, und die heerdenweise durch das Oehr einer
Nadel ziehen, während sie uns zugleich mit den Augen eines
höheren Wesens die fernsten Gränzen unseres Planetensystems
betrachten, und selbst weit jenseits dieser Gränzen die zahllosen
Wunder des Himmels kennen lehrte, gegen welche alles, was uns
hier unten groß und mächtig erschien, nur als ein bedeutungsloses
Nichts verschwindet. Gewiß ein merkwürdiges Beispiel, das uns
zugleich erheben und demüthigen, aber auch auffordern muß, keine,
auch nicht die geringste Erscheinung der Natur zu vernachlässigen,
da sie, obgleich anfangs unbedeutend scheinend, doch immer einen
Ring mehr in der Kette unserer Kenntnisse bilden kann, und
daher als ein Schatz von bisher unbekanntem Werthe zu dem
großen Vorrathe anderer Schätze, zu demjenigen Erbe gelegt werden
soll, welches wir unsern Nachkommen mit der Hoffnung überlassen
können, daß Zeit und Glück auch erst einen späten Enkel begün-

ein höheres, über alle Sterblichen weit erhabenes Wesen zu
halten. Aber davon sind wir so weit entfernt, daß selbst noch
lange nachher unsere größten Gelehrten von dieser durch einen
bloßen Zufall gemachten Entdeckung die wahren Gründe derselben
nicht einmal gehörig angeben können." In der That waren
die ersten optischen Schriftsteller lange in Verlegenheit, die ein-
fachsten Erscheinungen und Eigenschaften des Fernrohrs theoretisch
richtig zu erklären.
17 *

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
bolländiſcher Künſtler, i. J. 1590 auf dieſe Entdeckung gekom-
men ſeyn, indem ſeine Kinder unter den vielen vorräthigen Glas-
linſen zufällig zwei derſelben zuſammen brachten, und dadurch die
entfernten Gegenſtände zu ihrer Verwunderung ſehr vergrößert
erblickten. Andere erzählen dieſelbe Anekdote von Jakob Metius,
aus Alkmar, oder von Johann Lippersheim aus Middelburg in
Holland, die Beide dieſe Entdeckung nahe um dieſelbe Zeit ge-
macht haben ſollen.

Ein Stück Kieſelerde mit Potaſche vermiſcht, und ein Spiel
der Kinder eines Brillenmachers öffnete uns alſo zwei neue, un-
bekannte Welten. — Dieſes zufällige Spiel lehrte uns mit dem
mikroſcopiſchen Auge der Milbe die Blüthentheile der Mooſe, das
kunſtreiche Gewebe und den Farbenſchmelz der Schmetterlings-
flügel und jene Geſchöpfe erblicken, die den Waſſertropfen zu
Tauſenden bewohnen, und die heerdenweiſe durch das Oehr einer
Nadel ziehen, während ſie uns zugleich mit den Augen eines
höheren Weſens die fernſten Gränzen unſeres Planetenſyſtems
betrachten, und ſelbſt weit jenſeits dieſer Gränzen die zahlloſen
Wunder des Himmels kennen lehrte, gegen welche alles, was uns
hier unten groß und mächtig erſchien, nur als ein bedeutungsloſes
Nichts verſchwindet. Gewiß ein merkwürdiges Beiſpiel, das uns
zugleich erheben und demüthigen, aber auch auffordern muß, keine,
auch nicht die geringſte Erſcheinung der Natur zu vernachläſſigen,
da ſie, obgleich anfangs unbedeutend ſcheinend, doch immer einen
Ring mehr in der Kette unſerer Kenntniſſe bilden kann, und
daher als ein Schatz von bisher unbekanntem Werthe zu dem
großen Vorrathe anderer Schätze, zu demjenigen Erbe gelegt werden
ſoll, welches wir unſern Nachkommen mit der Hoffnung überlaſſen
können, daß Zeit und Glück auch erſt einen ſpäten Enkel begün-

ein höheres, über alle Sterblichen weit erhabenes Weſen zu
halten. Aber davon ſind wir ſo weit entfernt, daß ſelbſt noch
lange nachher unſere größten Gelehrten von dieſer durch einen
bloßen Zufall gemachten Entdeckung die wahren Gründe derſelben
nicht einmal gehörig angeben können.“ In der That waren
die erſten optiſchen Schriftſteller lange in Verlegenheit, die ein-
fachſten Erſcheinungen und Eigenſchaften des Fernrohrs theoretiſch
richtig zu erklären.
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[259/0271] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. bolländiſcher Künſtler, i. J. 1590 auf dieſe Entdeckung gekom- men ſeyn, indem ſeine Kinder unter den vielen vorräthigen Glas- linſen zufällig zwei derſelben zuſammen brachten, und dadurch die entfernten Gegenſtände zu ihrer Verwunderung ſehr vergrößert erblickten. Andere erzählen dieſelbe Anekdote von Jakob Metius, aus Alkmar, oder von Johann Lippersheim aus Middelburg in Holland, die Beide dieſe Entdeckung nahe um dieſelbe Zeit ge- macht haben ſollen. Ein Stück Kieſelerde mit Potaſche vermiſcht, und ein Spiel der Kinder eines Brillenmachers öffnete uns alſo zwei neue, un- bekannte Welten. — Dieſes zufällige Spiel lehrte uns mit dem mikroſcopiſchen Auge der Milbe die Blüthentheile der Mooſe, das kunſtreiche Gewebe und den Farbenſchmelz der Schmetterlings- flügel und jene Geſchöpfe erblicken, die den Waſſertropfen zu Tauſenden bewohnen, und die heerdenweiſe durch das Oehr einer Nadel ziehen, während ſie uns zugleich mit den Augen eines höheren Weſens die fernſten Gränzen unſeres Planetenſyſtems betrachten, und ſelbſt weit jenſeits dieſer Gränzen die zahlloſen Wunder des Himmels kennen lehrte, gegen welche alles, was uns hier unten groß und mächtig erſchien, nur als ein bedeutungsloſes Nichts verſchwindet. Gewiß ein merkwürdiges Beiſpiel, das uns zugleich erheben und demüthigen, aber auch auffordern muß, keine, auch nicht die geringſte Erſcheinung der Natur zu vernachläſſigen, da ſie, obgleich anfangs unbedeutend ſcheinend, doch immer einen Ring mehr in der Kette unſerer Kenntniſſe bilden kann, und daher als ein Schatz von bisher unbekanntem Werthe zu dem großen Vorrathe anderer Schätze, zu demjenigen Erbe gelegt werden ſoll, welches wir unſern Nachkommen mit der Hoffnung überlaſſen können, daß Zeit und Glück auch erſt einen ſpäten Enkel begün- *) *) ein höheres, über alle Sterblichen weit erhabenes Weſen zu halten. Aber davon ſind wir ſo weit entfernt, daß ſelbſt noch lange nachher unſere größten Gelehrten von dieſer durch einen bloßen Zufall gemachten Entdeckung die wahren Gründe derſelben nicht einmal gehörig angeben können.“ In der That waren die erſten optiſchen Schriftſteller lange in Verlegenheit, die ein- fachſten Erſcheinungen und Eigenſchaften des Fernrohrs theoretiſch richtig zu erklären. 17 *

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/271>, abgerufen am 24.11.2024.