Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Eigenschaften der Körper. Elemente, aus welchen sie bestehen, viel größer, als der gegen-seitige Zusammenhang derselben durch die Molecularkraft. Wenn daher ein solcher Körper an seinen Gränzen nicht eingeschlossen wird, so trennen sich die Theile desselben, oder sie fließen aus ein- ander. Wird er aber in einem Gefäße fest gehalten, so setzt er sich, durch dieses Gewicht seiner Elemente, in dem untersten Theile des Gefäßes, dessen Raum er durchaus gleichförmig erfüllt. Auch ein fester Körper, in dasselbe Gefäß gebracht, würde durch das Gewicht seiner Elemente dasselbe thun, wenn er nicht durch die stärkere Cohäsion dieser Elemente daran gehindert würde. Obschon aber bei den festen Körpern diese Attraction der Atome viel größer ist, als bei den flüssigen, so ist sie doch auch bei den letztern noch bedeutend größer, als bei den luftförmigen Körpern. Wenn das Wasser erwärmt wird, so löst es sich in noch viel kleinere und noch viel weiter von einander getrennte Theile auf, die in der Gestalt von Dünsten sich in die Atmospäre erheben, und wenn dann diesen Dünsten ihre höhere Temperatur wieder entzogen wird, so tritt die frühere Cohäsionskraft wieder ein, welche die zerstreuten Theile des Dunstes in runde Tropfen sammelt und sie in ihrer früheren Gestalt, als Wasser, wieder der Erde zuführt. Wenn Flüssigkeiten in größeren Höhen, z. B. von einer Thurm- spitze, ausgegossen werden, so fallen sie, nicht in ganzen Massen, sondern wie Sand oder Staub, in runden abgesonderten Tropfen herab, die desto größer sind, je größer die Cohäsionskraft der Flüs- sigkeit ist. So fällt Oel in großen, Aether und Alcohol aber in sehr kleinen Tropfen zur Erde. Die Regentropfen, die an der Außenseite unseres Fensterglases einander näher kommen, vereini- gen sich und laufen in einander, so wie Quecksilbertropfen, die einander auf einer horizontalen Glastafel begegnen, zum Zeichen, daß sie von einander angezogen werden. Dieselbe Anziehung der Atome gibt auch den Körnern unseres Schrotes die kugelförmige Gestalt. Wenn das geschmolzene Bley von einer größeren Höhe herabgegossen wird, theilt es sich, wie dort das Wasser, durch seine Cohäsionskraft in runde Tropfen, die, ehe sie den Boden er- reichen, auskühlen und daher ihre kugelförmige Gestalt beibe- halten. Dieselbe Kraft, welche diesen Tropfen ihre runde Form gibt, hat auch jene großen Körper des Himmels, die Sonne, den Eigenſchaften der Körper. Elemente, aus welchen ſie beſtehen, viel größer, als der gegen-ſeitige Zuſammenhang derſelben durch die Molecularkraft. Wenn daher ein ſolcher Körper an ſeinen Gränzen nicht eingeſchloſſen wird, ſo trennen ſich die Theile deſſelben, oder ſie fließen aus ein- ander. Wird er aber in einem Gefäße feſt gehalten, ſo ſetzt er ſich, durch dieſes Gewicht ſeiner Elemente, in dem unterſten Theile des Gefäßes, deſſen Raum er durchaus gleichförmig erfüllt. Auch ein feſter Körper, in daſſelbe Gefäß gebracht, würde durch das Gewicht ſeiner Elemente daſſelbe thun, wenn er nicht durch die ſtärkere Cohäſion dieſer Elemente daran gehindert würde. Obſchon aber bei den feſten Körpern dieſe Attraction der Atome viel größer iſt, als bei den flüſſigen, ſo iſt ſie doch auch bei den letztern noch bedeutend größer, als bei den luftförmigen Körpern. Wenn das Waſſer erwärmt wird, ſo löst es ſich in noch viel kleinere und noch viel weiter von einander getrennte Theile auf, die in der Geſtalt von Dünſten ſich in die Atmoſpäre erheben, und wenn dann dieſen Dünſten ihre höhere Temperatur wieder entzogen wird, ſo tritt die frühere Cohäſionskraft wieder ein, welche die zerſtreuten Theile des Dunſtes in runde Tropfen ſammelt und ſie in ihrer früheren Geſtalt, als Waſſer, wieder der Erde zuführt. Wenn Flüſſigkeiten in größeren Höhen, z. B. von einer Thurm- ſpitze, ausgegoſſen werden, ſo fallen ſie, nicht in ganzen Maſſen, ſondern wie Sand oder Staub, in runden abgeſonderten Tropfen herab, die deſto größer ſind, je größer die Cohäſionskraft der Flüſ- ſigkeit iſt. So fällt Oel in großen, Aether und Alcohol aber in ſehr kleinen Tropfen zur Erde. Die Regentropfen, die an der Außenſeite unſeres Fenſterglaſes einander näher kommen, vereini- gen ſich und laufen in einander, ſo wie Queckſilbertropfen, die einander auf einer horizontalen Glastafel begegnen, zum Zeichen, daß ſie von einander angezogen werden. Dieſelbe Anziehung der Atome gibt auch den Körnern unſeres Schrotes die kugelförmige Geſtalt. Wenn das geſchmolzene Bley von einer größeren Höhe herabgegoſſen wird, theilt es ſich, wie dort das Waſſer, durch ſeine Cohäſionskraft in runde Tropfen, die, ehe ſie den Boden er- reichen, auskühlen und daher ihre kugelförmige Geſtalt beibe- halten. Dieſelbe Kraft, welche dieſen Tropfen ihre runde Form gibt, hat auch jene großen Körper des Himmels, die Sonne, den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0027" n="15"/><fw place="top" type="header">Eigenſchaften der Körper.</fw><lb/> Elemente, aus welchen ſie beſtehen, viel größer, als der gegen-<lb/> ſeitige Zuſammenhang derſelben durch die Molecularkraft. Wenn<lb/> daher ein ſolcher Körper an ſeinen Gränzen nicht eingeſchloſſen<lb/> wird, ſo trennen ſich die Theile deſſelben, oder ſie fließen aus ein-<lb/> ander. Wird er aber in einem Gefäße feſt gehalten, ſo ſetzt er<lb/> ſich, durch dieſes Gewicht ſeiner Elemente, in dem unterſten Theile<lb/> des Gefäßes, deſſen Raum er durchaus gleichförmig erfüllt. Auch<lb/> ein feſter Körper, in daſſelbe Gefäß gebracht, würde durch das<lb/> Gewicht ſeiner Elemente daſſelbe thun, wenn er nicht durch die<lb/> ſtärkere Cohäſion dieſer Elemente daran gehindert würde. Obſchon<lb/> aber bei den feſten Körpern dieſe Attraction der Atome viel größer<lb/> iſt, als bei den flüſſigen, ſo iſt ſie doch auch bei den letztern noch<lb/> bedeutend größer, als bei den luftförmigen Körpern. Wenn das<lb/> Waſſer erwärmt wird, ſo löst es ſich in noch viel kleinere und<lb/> noch viel weiter von einander getrennte Theile auf, die in der<lb/> Geſtalt von Dünſten ſich in die Atmoſpäre erheben, und wenn<lb/> dann dieſen Dünſten ihre höhere Temperatur wieder entzogen<lb/> wird, ſo tritt die frühere Cohäſionskraft wieder ein, welche die<lb/> zerſtreuten Theile des Dunſtes in runde Tropfen ſammelt und ſie<lb/> in ihrer früheren Geſtalt, als Waſſer, wieder der Erde zuführt.<lb/> Wenn Flüſſigkeiten in größeren Höhen, z. B. von einer Thurm-<lb/> ſpitze, ausgegoſſen werden, ſo fallen ſie, nicht in ganzen Maſſen,<lb/> ſondern wie Sand oder Staub, in runden abgeſonderten Tropfen<lb/> herab, die deſto größer ſind, je größer die Cohäſionskraft der Flüſ-<lb/> ſigkeit iſt. So fällt Oel in großen, Aether und Alcohol aber in<lb/> ſehr kleinen Tropfen zur Erde. Die Regentropfen, die an der<lb/> Außenſeite unſeres Fenſterglaſes einander näher kommen, vereini-<lb/> gen ſich und laufen in einander, ſo wie Queckſilbertropfen, die<lb/> einander auf einer horizontalen Glastafel begegnen, zum Zeichen,<lb/> daß ſie von einander angezogen werden. Dieſelbe Anziehung der<lb/> Atome gibt auch den Körnern unſeres Schrotes die kugelförmige<lb/> Geſtalt. Wenn das geſchmolzene Bley von einer größeren Höhe<lb/> herabgegoſſen wird, theilt es ſich, wie dort das Waſſer, durch<lb/> ſeine Cohäſionskraft in runde Tropfen, die, ehe ſie den Boden er-<lb/> reichen, auskühlen und daher ihre kugelförmige Geſtalt beibe-<lb/> halten. Dieſelbe Kraft, welche dieſen Tropfen ihre runde Form<lb/> gibt, hat auch jene großen Körper des Himmels, die Sonne, den<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [15/0027]
Eigenſchaften der Körper.
Elemente, aus welchen ſie beſtehen, viel größer, als der gegen-
ſeitige Zuſammenhang derſelben durch die Molecularkraft. Wenn
daher ein ſolcher Körper an ſeinen Gränzen nicht eingeſchloſſen
wird, ſo trennen ſich die Theile deſſelben, oder ſie fließen aus ein-
ander. Wird er aber in einem Gefäße feſt gehalten, ſo ſetzt er
ſich, durch dieſes Gewicht ſeiner Elemente, in dem unterſten Theile
des Gefäßes, deſſen Raum er durchaus gleichförmig erfüllt. Auch
ein feſter Körper, in daſſelbe Gefäß gebracht, würde durch das
Gewicht ſeiner Elemente daſſelbe thun, wenn er nicht durch die
ſtärkere Cohäſion dieſer Elemente daran gehindert würde. Obſchon
aber bei den feſten Körpern dieſe Attraction der Atome viel größer
iſt, als bei den flüſſigen, ſo iſt ſie doch auch bei den letztern noch
bedeutend größer, als bei den luftförmigen Körpern. Wenn das
Waſſer erwärmt wird, ſo löst es ſich in noch viel kleinere und
noch viel weiter von einander getrennte Theile auf, die in der
Geſtalt von Dünſten ſich in die Atmoſpäre erheben, und wenn
dann dieſen Dünſten ihre höhere Temperatur wieder entzogen
wird, ſo tritt die frühere Cohäſionskraft wieder ein, welche die
zerſtreuten Theile des Dunſtes in runde Tropfen ſammelt und ſie
in ihrer früheren Geſtalt, als Waſſer, wieder der Erde zuführt.
Wenn Flüſſigkeiten in größeren Höhen, z. B. von einer Thurm-
ſpitze, ausgegoſſen werden, ſo fallen ſie, nicht in ganzen Maſſen,
ſondern wie Sand oder Staub, in runden abgeſonderten Tropfen
herab, die deſto größer ſind, je größer die Cohäſionskraft der Flüſ-
ſigkeit iſt. So fällt Oel in großen, Aether und Alcohol aber in
ſehr kleinen Tropfen zur Erde. Die Regentropfen, die an der
Außenſeite unſeres Fenſterglaſes einander näher kommen, vereini-
gen ſich und laufen in einander, ſo wie Queckſilbertropfen, die
einander auf einer horizontalen Glastafel begegnen, zum Zeichen,
daß ſie von einander angezogen werden. Dieſelbe Anziehung der
Atome gibt auch den Körnern unſeres Schrotes die kugelförmige
Geſtalt. Wenn das geſchmolzene Bley von einer größeren Höhe
herabgegoſſen wird, theilt es ſich, wie dort das Waſſer, durch
ſeine Cohäſionskraft in runde Tropfen, die, ehe ſie den Boden er-
reichen, auskühlen und daher ihre kugelförmige Geſtalt beibe-
halten. Dieſelbe Kraft, welche dieſen Tropfen ihre runde Form
gibt, hat auch jene großen Körper des Himmels, die Sonne, den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |