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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
so ließen sie doch für die erhöhten Forderungen der neueren Astro-
nomie noch gar manches zu wünschen übrig. Ihr großes Volum
machte sie kostbar, und zum Gebrauche unbequem, und es war
äußerst schwer, wo nicht unmöglich, einen so großen Kreisbogen
in einer und derselben Ebene, ohne theilweise Biegungen und
Krümmungen zu erhalten. Nicht minder schwer war es, das
Fernrohr in allen seinen Lagen der Ebene des Quadranten genau
parallel zu machen, und die zwei letzten Ursachen machten das
Instrument zur Beobachtung der absoluten Zeitbestimmung oder
der Rectascension in der Ebene des Meridians nicht mit der
Schärfe geeignet, welche die so weit vorgerückten Bedürfnisse der
Wissenschaft zu erfordern schienen. Wegen der Unbeweglichkeit
des Instruments waren die Rectificationen desselben beschwerlich
und unsicher. Endlich waren sie, eben wegen ihrer Größe, den
Einwirkungen der Temperatur ausgesetzt. Die höheren Theile
des Observationszimmers sind gewöhnlich wärmer, als die näher
an dem Fußboden liegenden, wodurch das Instrument oben mehr
als unten, und überhaupt in seinen verschiedenen Theilen verschie-
den ausgedehnt wird, was auf die damit angestellten Beobach-
tungen einen um so nachtheiligeren Einfluß haben muß, je schwerer
es ist, diese Ausdehnung zu bemerken oder von ihren Wirkungen
Rechnungen zu tragen.

Diese Schwierigkeiten, mit denen die neueren Astronomen zu
kämpfen hatten, entsprangen vorzüglich aus der Entdeckung eines
neuen Instrumentes, durch welches unser edelster Sinn wunderbar
erhöht, und unsere Kenntniß der Erde und des Himmels auf eine
Weise erweitert wurde, von welchen sich die Alten keine Vorstel-
lung machen konnten.

Die Ausbildung und Vervollkommnung der Astronomie in
ihrem ganzen Umfange hängt vorzüglich von drei Gegenständen
ab. Erstens von dem Grade der Genauigkeit, mit welcher wir
die äußeren Objecte dieser Wissenschaft, die himmlischen Körper,
sehen können. Was man nicht oder doch nicht deutlich sieht,
kann man auch nicht oder doch nicht genau beobachten. Mit
freien Augen unterscheiden wir Winkel, die mehrere Minuten
unter sich verschieden sind, nicht mehr, also wird auch ein Beob-
achter mit unbewaffnetem Auge für eine und selbst für mehrere

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
ſo ließen ſie doch für die erhöhten Forderungen der neueren Aſtro-
nomie noch gar manches zu wünſchen übrig. Ihr großes Volum
machte ſie koſtbar, und zum Gebrauche unbequem, und es war
äußerſt ſchwer, wo nicht unmöglich, einen ſo großen Kreisbogen
in einer und derſelben Ebene, ohne theilweiſe Biegungen und
Krümmungen zu erhalten. Nicht minder ſchwer war es, das
Fernrohr in allen ſeinen Lagen der Ebene des Quadranten genau
parallel zu machen, und die zwei letzten Urſachen machten das
Inſtrument zur Beobachtung der abſoluten Zeitbeſtimmung oder
der Rectaſcenſion in der Ebene des Meridians nicht mit der
Schärfe geeignet, welche die ſo weit vorgerückten Bedürfniſſe der
Wiſſenſchaft zu erfordern ſchienen. Wegen der Unbeweglichkeit
des Inſtruments waren die Rectificationen deſſelben beſchwerlich
und unſicher. Endlich waren ſie, eben wegen ihrer Größe, den
Einwirkungen der Temperatur ausgeſetzt. Die höheren Theile
des Obſervationszimmers ſind gewöhnlich wärmer, als die näher
an dem Fußboden liegenden, wodurch das Inſtrument oben mehr
als unten, und überhaupt in ſeinen verſchiedenen Theilen verſchie-
den ausgedehnt wird, was auf die damit angeſtellten Beobach-
tungen einen um ſo nachtheiligeren Einfluß haben muß, je ſchwerer
es iſt, dieſe Ausdehnung zu bemerken oder von ihren Wirkungen
Rechnungen zu tragen.

Dieſe Schwierigkeiten, mit denen die neueren Aſtronomen zu
kämpfen hatten, entſprangen vorzüglich aus der Entdeckung eines
neuen Inſtrumentes, durch welches unſer edelſter Sinn wunderbar
erhöht, und unſere Kenntniß der Erde und des Himmels auf eine
Weiſe erweitert wurde, von welchen ſich die Alten keine Vorſtel-
lung machen konnten.

Die Ausbildung und Vervollkommnung der Aſtronomie in
ihrem ganzen Umfange hängt vorzüglich von drei Gegenſtänden
ab. Erſtens von dem Grade der Genauigkeit, mit welcher wir
die äußeren Objecte dieſer Wiſſenſchaft, die himmliſchen Körper,
ſehen können. Was man nicht oder doch nicht deutlich ſieht,
kann man auch nicht oder doch nicht genau beobachten. Mit
freien Augen unterſcheiden wir Winkel, die mehrere Minuten
unter ſich verſchieden ſind, nicht mehr, alſo wird auch ein Beob-
achter mit unbewaffnetem Auge für eine und ſelbſt für mehrere

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[256/0268] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. ſo ließen ſie doch für die erhöhten Forderungen der neueren Aſtro- nomie noch gar manches zu wünſchen übrig. Ihr großes Volum machte ſie koſtbar, und zum Gebrauche unbequem, und es war äußerſt ſchwer, wo nicht unmöglich, einen ſo großen Kreisbogen in einer und derſelben Ebene, ohne theilweiſe Biegungen und Krümmungen zu erhalten. Nicht minder ſchwer war es, das Fernrohr in allen ſeinen Lagen der Ebene des Quadranten genau parallel zu machen, und die zwei letzten Urſachen machten das Inſtrument zur Beobachtung der abſoluten Zeitbeſtimmung oder der Rectaſcenſion in der Ebene des Meridians nicht mit der Schärfe geeignet, welche die ſo weit vorgerückten Bedürfniſſe der Wiſſenſchaft zu erfordern ſchienen. Wegen der Unbeweglichkeit des Inſtruments waren die Rectificationen deſſelben beſchwerlich und unſicher. Endlich waren ſie, eben wegen ihrer Größe, den Einwirkungen der Temperatur ausgeſetzt. Die höheren Theile des Obſervationszimmers ſind gewöhnlich wärmer, als die näher an dem Fußboden liegenden, wodurch das Inſtrument oben mehr als unten, und überhaupt in ſeinen verſchiedenen Theilen verſchie- den ausgedehnt wird, was auf die damit angeſtellten Beobach- tungen einen um ſo nachtheiligeren Einfluß haben muß, je ſchwerer es iſt, dieſe Ausdehnung zu bemerken oder von ihren Wirkungen Rechnungen zu tragen. Dieſe Schwierigkeiten, mit denen die neueren Aſtronomen zu kämpfen hatten, entſprangen vorzüglich aus der Entdeckung eines neuen Inſtrumentes, durch welches unſer edelſter Sinn wunderbar erhöht, und unſere Kenntniß der Erde und des Himmels auf eine Weiſe erweitert wurde, von welchen ſich die Alten keine Vorſtel- lung machen konnten. Die Ausbildung und Vervollkommnung der Aſtronomie in ihrem ganzen Umfange hängt vorzüglich von drei Gegenſtänden ab. Erſtens von dem Grade der Genauigkeit, mit welcher wir die äußeren Objecte dieſer Wiſſenſchaft, die himmliſchen Körper, ſehen können. Was man nicht oder doch nicht deutlich ſieht, kann man auch nicht oder doch nicht genau beobachten. Mit freien Augen unterſcheiden wir Winkel, die mehrere Minuten unter ſich verſchieden ſind, nicht mehr, alſo wird auch ein Beob- achter mit unbewaffnetem Auge für eine und ſelbſt für mehrere

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/268>, abgerufen am 24.11.2024.