Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
aber auch durch den erhabenen Gegenstand, auf den es gerichtet ist, und durch die Genüsse, die ein glücklicher Erfolg desselben gewährt, ein edles und in hohem Grade beglückendes Geschäft, um welches ihn der größte Theil der übrigen Menschen beneiden würde, wenn sie die Annehmlichkeiten desselben näher kennen möchten.
Wir wollen nun diese Instrumente und die Art, sie anzuwen- den, so weit dieses mit dem Zwecke der gegenwärtigen Schrift vereinbar ist, näher betrachten.
§. 3. (Instrumente der Alten: Gnomon.) Das älteste und zugleich einfachste Instrument, welches wir kennen, ist der Gno- mon, von dem wir bereits früher (I. S. 209) gesprochen haben. Er besteht in einer auf den Horizont vertical stehenden Säule, und ist vorzüglich zu Sonnenbeobachtungen bestimmt. Indem man nämlich die Länge des Schattens mißt, welche diese von der Sonne beschienene Säule auf den horizontalen Boden wirft, auf welchem sie steht, kann man daraus und aus der bekannten Länge der Säule selbst die Höhe der Sonne finden, wie an dem erwähnten Orte gezeigt worden ist. Wenn man nämlich die Länge der Säule durch die des Schattens dividirt, so erhält man die Tangente der Höhe der Sonne.
Die Alten beobachteten die Sonne am Gnomon vorzüglich zur Zeit der beiden Solstitien (I. S. 103) oder im Anfange des Sommers und des Winters, wo die Sonne im Mittage am höchsten oder am tiefsten steht, um daraus die wahre Größe der Schiefe der Ecliptik (I. S. 107) abzuleiten. Wir haben bereits an dem angeführten Orte die älteste Beobachtung an den Gnomon, und überhaupt die älteste aller astronomischen Beobachtungen, die auf uns gekommen ist, angeführt, die in dem Jahre 1100 vor Chr. G. in China gemacht, und uns von dem Jesuiten Gaubil mitgetheilt worden ist. Verbinden wir damit noch eine andere, die ebenfalls durch ihr hohes Alterthum ausgezeichnet ist. Der Grieche Pytheas, der durch seine astronomischen Kenntnisse, und durch seine zur Verbesserung der Geographie unternommenen großen Reisen bei den Alten in hohem Ansehen stand, beobachtete in Marseille im
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
aber auch durch den erhabenen Gegenſtand, auf den es gerichtet iſt, und durch die Genüſſe, die ein glücklicher Erfolg deſſelben gewährt, ein edles und in hohem Grade beglückendes Geſchäft, um welches ihn der größte Theil der übrigen Menſchen beneiden würde, wenn ſie die Annehmlichkeiten deſſelben näher kennen möchten.
Wir wollen nun dieſe Inſtrumente und die Art, ſie anzuwen- den, ſo weit dieſes mit dem Zwecke der gegenwärtigen Schrift vereinbar iſt, näher betrachten.
§. 3. (Inſtrumente der Alten: Gnomon.) Das älteſte und zugleich einfachſte Inſtrument, welches wir kennen, iſt der Gno- mon, von dem wir bereits früher (I. S. 209) geſprochen haben. Er beſteht in einer auf den Horizont vertical ſtehenden Säule, und iſt vorzüglich zu Sonnenbeobachtungen beſtimmt. Indem man nämlich die Länge des Schattens mißt, welche dieſe von der Sonne beſchienene Säule auf den horizontalen Boden wirft, auf welchem ſie ſteht, kann man daraus und aus der bekannten Länge der Säule ſelbſt die Höhe der Sonne finden, wie an dem erwähnten Orte gezeigt worden iſt. Wenn man nämlich die Länge der Säule durch die des Schattens dividirt, ſo erhält man die Tangente der Höhe der Sonne.
Die Alten beobachteten die Sonne am Gnomon vorzüglich zur Zeit der beiden Solſtitien (I. S. 103) oder im Anfange des Sommers und des Winters, wo die Sonne im Mittage am höchſten oder am tiefſten ſteht, um daraus die wahre Größe der Schiefe der Ecliptik (I. S. 107) abzuleiten. Wir haben bereits an dem angeführten Orte die älteſte Beobachtung an den Gnomon, und überhaupt die älteſte aller aſtronomiſchen Beobachtungen, die auf uns gekommen iſt, angeführt, die in dem Jahre 1100 vor Chr. G. in China gemacht, und uns von dem Jeſuiten Gaubil mitgetheilt worden iſt. Verbinden wir damit noch eine andere, die ebenfalls durch ihr hohes Alterthum ausgezeichnet iſt. Der Grieche Pytheas, der durch ſeine aſtronomiſchen Kenntniſſe, und durch ſeine zur Verbeſſerung der Geographie unternommenen großen Reiſen bei den Alten in hohem Anſehen ſtand, beobachtete in Marſeille im
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Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
aber auch durch den erhabenen Gegenſtand, auf den es gerichtet
iſt, und durch die Genüſſe, die ein glücklicher Erfolg deſſelben
gewährt, ein edles und in hohem Grade beglückendes Geſchäft,
um welches ihn der größte Theil der übrigen Menſchen beneiden
würde, wenn ſie die Annehmlichkeiten deſſelben näher kennen
möchten.
Wir wollen nun dieſe Inſtrumente und die Art, ſie anzuwen-
den, ſo weit dieſes mit dem Zwecke der gegenwärtigen Schrift
vereinbar iſt, näher betrachten.
§. 3. (Inſtrumente der Alten: Gnomon.) Das älteſte und
zugleich einfachſte Inſtrument, welches wir kennen, iſt der Gno-
mon, von dem wir bereits früher (I. S. 209) geſprochen haben.
Er beſteht in einer auf den Horizont vertical ſtehenden Säule,
und iſt vorzüglich zu Sonnenbeobachtungen beſtimmt. Indem
man nämlich die Länge des Schattens mißt, welche dieſe von
der Sonne beſchienene Säule auf den horizontalen Boden wirft,
auf welchem ſie ſteht, kann man daraus und aus der bekannten
Länge der Säule ſelbſt die Höhe der Sonne finden, wie an dem
erwähnten Orte gezeigt worden iſt. Wenn man nämlich die
Länge der Säule durch die des Schattens dividirt, ſo erhält man
die Tangente der Höhe der Sonne.
Die Alten beobachteten die Sonne am Gnomon vorzüglich zur
Zeit der beiden Solſtitien (I. S. 103) oder im Anfange des
Sommers und des Winters, wo die Sonne im Mittage am
höchſten oder am tiefſten ſteht, um daraus die wahre Größe der
Schiefe der Ecliptik (I. S. 107) abzuleiten. Wir haben bereits an
dem angeführten Orte die älteſte Beobachtung an den Gnomon, und
überhaupt die älteſte aller aſtronomiſchen Beobachtungen, die auf
uns gekommen iſt, angeführt, die in dem Jahre 1100 vor Chr. G.
in China gemacht, und uns von dem Jeſuiten Gaubil mitgetheilt
worden iſt. Verbinden wir damit noch eine andere, die ebenfalls
durch ihr hohes Alterthum ausgezeichnet iſt. Der Grieche Pytheas,
der durch ſeine aſtronomiſchen Kenntniſſe, und durch ſeine zur
Verbeſſerung der Geographie unternommenen großen Reiſen bei
den Alten in hohem Anſehen ſtand, beobachtete in Marſeille im
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/242>, abgerufen am 16.02.2025.
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