Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Dauer des Weltsystems.
Bestimmtheit zu sagen, ob sie convergiren oder nicht. Poisson
hat jedoch gefunden, daß die Beschaffenheit dieser beiden Elemente
auch von zwei Gleichungen abhänge, die in Beziehung auf un-
sern Gegenstand von der größten Wichtigkeit sind. Wenn näm-
lich diese Gleichungen auch nur zwei reelle und gleiche, oder auch
wenn sie zwei imaginäre Wurzeln haben, so mögen jene Reihen
immerhin convergent seyn: diese beiden Elemente können doch
proportional mit der Zeit, d. h. ohne Ende wachsen, und die end-
liche Zerstörung des Systems würde darum nicht weniger gewiß
heraufgeführt werden.

Nun hat aber schon früher Laplace gezeigt, daß die Wurzeln
dieser beiden Gleichungen in einem bestimmten Falle immer reell
und unter sich ungleich seyn werden, und dieser Fall tritt dann
ein, wenn die Planeten alle sich nach derselben Richtung um die
Sonne bewegen. Dieß hat aber glücklicher Weise in unserem
Systeme statt, wo sich alle Planeten ohne Ausnahme von West
nach Ost bewegen, und die unmittelbare Folge davon ist, daß
die Excentricitäten sowohl, als auch die Neigungen der Bahnen
dieser Planeten nicht mehr ohne Ende wachsen, sondern daß sie
immer nur zwischen zwei Gränzen, und zwar zwischen zwei sehr
engen Gränzen auf und nieder gehen können, und dadurch ge-
schieht es endlich, daß die Stabilität unseres Systems gesichert,
und die Fortdauer desselben gleichsam für immerwährende Zeiten
bedingt wird.

§. 156. (Merkwürdige, hieher gehörende Gleichungen.) Der-
selbe Laplace nämlich, dem wir so viele schöne Entdeckungen in
diesen höheren Gefilden der Sternkunde verdanken, hat gefunden,
daß zwischen den drei Elementen, von welchen hier vorzüglich die
Rede ist, und zwischen den Massen der Planeten mehrere Glei-
chungen existiren, deren Grund wir zwar hier nicht näher angeben
können, die aber zu wichtig und zu interessant sind, um ganz über-
gangen zu werden.

Man denke sich von irgend einem Planeten, z. B. von Merkur
das dreifache Produkt, dessen Faktoren die Masse dieser Planeten,
das Quadrat seiner Excentricität, und die Quadratwurzel seiner
großen Axe sind. Nennt man dieses Produkt für Merkur a, für
Venus a', für die Erde a'' u. s. w., so zeigen jene höheren Rech-

14 *

Dauer des Weltſyſtems.
Beſtimmtheit zu ſagen, ob ſie convergiren oder nicht. Poiſſon
hat jedoch gefunden, daß die Beſchaffenheit dieſer beiden Elemente
auch von zwei Gleichungen abhänge, die in Beziehung auf un-
ſern Gegenſtand von der größten Wichtigkeit ſind. Wenn näm-
lich dieſe Gleichungen auch nur zwei reelle und gleiche, oder auch
wenn ſie zwei imaginäre Wurzeln haben, ſo mögen jene Reihen
immerhin convergent ſeyn: dieſe beiden Elemente können doch
proportional mit der Zeit, d. h. ohne Ende wachſen, und die end-
liche Zerſtörung des Syſtems würde darum nicht weniger gewiß
heraufgeführt werden.

Nun hat aber ſchon früher Laplace gezeigt, daß die Wurzeln
dieſer beiden Gleichungen in einem beſtimmten Falle immer reell
und unter ſich ungleich ſeyn werden, und dieſer Fall tritt dann
ein, wenn die Planeten alle ſich nach derſelben Richtung um die
Sonne bewegen. Dieß hat aber glücklicher Weiſe in unſerem
Syſteme ſtatt, wo ſich alle Planeten ohne Ausnahme von Weſt
nach Oſt bewegen, und die unmittelbare Folge davon iſt, daß
die Excentricitäten ſowohl, als auch die Neigungen der Bahnen
dieſer Planeten nicht mehr ohne Ende wachſen, ſondern daß ſie
immer nur zwiſchen zwei Gränzen, und zwar zwiſchen zwei ſehr
engen Gränzen auf und nieder gehen können, und dadurch ge-
ſchieht es endlich, daß die Stabilität unſeres Syſtems geſichert,
und die Fortdauer deſſelben gleichſam für immerwährende Zeiten
bedingt wird.

§. 156. (Merkwürdige, hieher gehörende Gleichungen.) Der-
ſelbe Laplace nämlich, dem wir ſo viele ſchöne Entdeckungen in
dieſen höheren Gefilden der Sternkunde verdanken, hat gefunden,
daß zwiſchen den drei Elementen, von welchen hier vorzüglich die
Rede iſt, und zwiſchen den Maſſen der Planeten mehrere Glei-
chungen exiſtiren, deren Grund wir zwar hier nicht näher angeben
können, die aber zu wichtig und zu intereſſant ſind, um ganz über-
gangen zu werden.

Man denke ſich von irgend einem Planeten, z. B. von Merkur
das dreifache Produkt, deſſen Faktoren die Maſſe dieſer Planeten,
das Quadrat ſeiner Excentricität, und die Quadratwurzel ſeiner
großen Axe ſind. Nennt man dieſes Produkt für Merkur a, für
Venus a', für die Erde a'' u. ſ. w., ſo zeigen jene höheren Rech-

14 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0223" n="211"/><fw place="top" type="header">Dauer des Welt&#x017F;y&#x017F;tems.</fw><lb/>
Be&#x017F;timmtheit zu &#x017F;agen, ob &#x017F;ie convergiren oder nicht. Poi&#x017F;&#x017F;on<lb/>
hat jedoch gefunden, daß die Be&#x017F;chaffenheit die&#x017F;er beiden Elemente<lb/>
auch von zwei Gleichungen abhänge, die in Beziehung auf un-<lb/>
&#x017F;ern Gegen&#x017F;tand von der größten Wichtigkeit &#x017F;ind. Wenn näm-<lb/>
lich die&#x017F;e Gleichungen auch nur zwei reelle und gleiche, oder auch<lb/>
wenn &#x017F;ie zwei imaginäre Wurzeln haben, &#x017F;o mögen jene Reihen<lb/>
immerhin convergent &#x017F;eyn: die&#x017F;e beiden Elemente können doch<lb/>
proportional mit der Zeit, d. h. ohne Ende wach&#x017F;en, und die end-<lb/>
liche Zer&#x017F;törung des Sy&#x017F;tems würde darum nicht weniger gewiß<lb/>
heraufgeführt werden.</p><lb/>
              <p>Nun hat aber &#x017F;chon früher Laplace gezeigt, daß die Wurzeln<lb/>
die&#x017F;er beiden Gleichungen in einem be&#x017F;timmten Falle immer reell<lb/>
und unter &#x017F;ich ungleich &#x017F;eyn werden, und die&#x017F;er Fall tritt dann<lb/>
ein, wenn die Planeten alle &#x017F;ich nach der&#x017F;elben Richtung um die<lb/>
Sonne bewegen. Dieß hat aber glücklicher Wei&#x017F;e in un&#x017F;erem<lb/>
Sy&#x017F;teme &#x017F;tatt, wo &#x017F;ich alle Planeten ohne Ausnahme von We&#x017F;t<lb/>
nach O&#x017F;t bewegen, und die unmittelbare Folge davon i&#x017F;t, daß<lb/>
die Excentricitäten &#x017F;owohl, als auch die Neigungen der Bahnen<lb/>
die&#x017F;er Planeten nicht mehr ohne Ende wach&#x017F;en, &#x017F;ondern daß &#x017F;ie<lb/>
immer nur zwi&#x017F;chen zwei Gränzen, und zwar zwi&#x017F;chen zwei &#x017F;ehr<lb/>
engen Gränzen auf und nieder gehen können, und <hi rendition="#g">dadurch</hi> ge-<lb/>
&#x017F;chieht es endlich, daß die Stabilität un&#x017F;eres Sy&#x017F;tems ge&#x017F;ichert,<lb/>
und die Fortdauer de&#x017F;&#x017F;elben gleich&#x017F;am für immerwährende Zeiten<lb/>
bedingt wird.</p><lb/>
              <p>§. 156. (Merkwürdige, hieher gehörende Gleichungen.) Der-<lb/>
&#x017F;elbe Laplace nämlich, dem wir &#x017F;o viele &#x017F;chöne Entdeckungen in<lb/>
die&#x017F;en höheren Gefilden der Sternkunde verdanken, hat gefunden,<lb/>
daß zwi&#x017F;chen den drei Elementen, von welchen hier vorzüglich die<lb/>
Rede i&#x017F;t, und zwi&#x017F;chen den Ma&#x017F;&#x017F;en der Planeten mehrere Glei-<lb/>
chungen exi&#x017F;tiren, deren Grund wir zwar hier nicht näher angeben<lb/>
können, die aber zu wichtig und zu intere&#x017F;&#x017F;ant &#x017F;ind, um ganz über-<lb/>
gangen zu werden.</p><lb/>
              <p>Man denke &#x017F;ich von irgend einem Planeten, z. B. von Merkur<lb/>
das dreifache Produkt, de&#x017F;&#x017F;en Faktoren die Ma&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er Planeten,<lb/>
das Quadrat &#x017F;einer Excentricität, und die Quadratwurzel &#x017F;einer<lb/>
großen Axe &#x017F;ind. Nennt man die&#x017F;es Produkt für Merkur <hi rendition="#aq">a</hi>, für<lb/>
Venus <hi rendition="#aq">a</hi>', für die Erde <hi rendition="#aq">a</hi>'' u. &#x017F;. w., &#x017F;o zeigen jene höheren Rech-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">14 *</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0223] Dauer des Weltſyſtems. Beſtimmtheit zu ſagen, ob ſie convergiren oder nicht. Poiſſon hat jedoch gefunden, daß die Beſchaffenheit dieſer beiden Elemente auch von zwei Gleichungen abhänge, die in Beziehung auf un- ſern Gegenſtand von der größten Wichtigkeit ſind. Wenn näm- lich dieſe Gleichungen auch nur zwei reelle und gleiche, oder auch wenn ſie zwei imaginäre Wurzeln haben, ſo mögen jene Reihen immerhin convergent ſeyn: dieſe beiden Elemente können doch proportional mit der Zeit, d. h. ohne Ende wachſen, und die end- liche Zerſtörung des Syſtems würde darum nicht weniger gewiß heraufgeführt werden. Nun hat aber ſchon früher Laplace gezeigt, daß die Wurzeln dieſer beiden Gleichungen in einem beſtimmten Falle immer reell und unter ſich ungleich ſeyn werden, und dieſer Fall tritt dann ein, wenn die Planeten alle ſich nach derſelben Richtung um die Sonne bewegen. Dieß hat aber glücklicher Weiſe in unſerem Syſteme ſtatt, wo ſich alle Planeten ohne Ausnahme von Weſt nach Oſt bewegen, und die unmittelbare Folge davon iſt, daß die Excentricitäten ſowohl, als auch die Neigungen der Bahnen dieſer Planeten nicht mehr ohne Ende wachſen, ſondern daß ſie immer nur zwiſchen zwei Gränzen, und zwar zwiſchen zwei ſehr engen Gränzen auf und nieder gehen können, und dadurch ge- ſchieht es endlich, daß die Stabilität unſeres Syſtems geſichert, und die Fortdauer deſſelben gleichſam für immerwährende Zeiten bedingt wird. §. 156. (Merkwürdige, hieher gehörende Gleichungen.) Der- ſelbe Laplace nämlich, dem wir ſo viele ſchöne Entdeckungen in dieſen höheren Gefilden der Sternkunde verdanken, hat gefunden, daß zwiſchen den drei Elementen, von welchen hier vorzüglich die Rede iſt, und zwiſchen den Maſſen der Planeten mehrere Glei- chungen exiſtiren, deren Grund wir zwar hier nicht näher angeben können, die aber zu wichtig und zu intereſſant ſind, um ganz über- gangen zu werden. Man denke ſich von irgend einem Planeten, z. B. von Merkur das dreifache Produkt, deſſen Faktoren die Maſſe dieſer Planeten, das Quadrat ſeiner Excentricität, und die Quadratwurzel ſeiner großen Axe ſind. Nennt man dieſes Produkt für Merkur a, für Venus a', für die Erde a'' u. ſ. w., ſo zeigen jene höheren Rech- 14 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/223
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/223>, abgerufen am 28.11.2024.