Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Eigenschaften der Körper.
Zustande zu erhalten, so sieht man dieses Salz in regelmäßigen
Gestalten an dem Boden und den Wänden des Gefäßes sich an-
setzen, und diese Gestalten sind durchaus dieselben für dieselbe
Gattung des Salzes, und verschieden für verschiedene Gattungen:
Kugel, Würfel, drei- vier und mehrseitige Pyramiden u. s. f.
Wenn man diese Krystalle gehörig spaltet, um sie in immer klei-
nere Theile zu theilen, so bemerkt man, daß die ursprüngliche
Gestalt derselben, z. B. die Würfelform, auch bei den kleinsten
Theilen dieser Krystalle wieder erscheint, und daß diese kleinsten
Theile an ihren Seitenflächen eine sehr hohe Politur haben, die
man durch keine mechanische Kunst erreichen kann. Es scheint
daher, als ob die letzten Theile der krystallisirten und vielleicht
aller Körper der Natur, oder daß die Atome dieser Körper
durchaus eine bestimmte und für jeden Körper eigenthümliche Ge-
stalt haben, wie diese denn auch schon bei den meisten, selbst bei
Steinen und Metallen durch unmittelbare Beobachtungen nachge-
wiesen worden ist. Vielleicht hängen die Eigenschaften, durch
welche sich diese Körper unter einander auszeichnen, nur von diesen
Gestalten und gegenseitigen Stellungen ihrer Atome ab. Unsere
Flüssigkeiten krystallisiren alle in der Kälte, und wenn unsere Luft-
arten in eine so niedere Temperatur gebracht werden könnte, in
welcher sie ebenfalls zu festen Körpern werden, so würden sie ohne
Zweifel dieselben Erscheinungen zeigen. Es ist sehr wahrscheinlich,
daß diese letzten Elemente aller Körper ihrer Gestalt und Natur
nach unveränderlich und unzerstörbar sind, da wir sie nach allen,
auch den gewaltsamsten Veränderungen wieder finden, welche wir
mit diesen Körpern, durch mechanische oder chemische Kräfte vor-
nehmen, und daß sie endlich, obschon sie selbst, ihrer ungemein
geringen Dimensionen wegen, noch durch keine Kunst in den Be-
reich unserer Sinne gebracht werden konnten, doch von einer be-
stimmten, wenn gleich uns unangeblichen Größe seyn müssen.

§. 9. (Bewegung der Körper; Anziehung und Abstoßung der-
selben.) Außer diesen, allen Körpern der Natur gemeinsamen Eigen-
schaften bemerken wir aber noch eine andere, die in ganz besonderem
Grade unsere nähere Betrachtung verdient. Wir sehen, daß bei-
nahe alle diese Körper und selbst die Theile, aus welchen sie

Eigenſchaften der Körper.
Zuſtande zu erhalten, ſo ſieht man dieſes Salz in regelmäßigen
Geſtalten an dem Boden und den Wänden des Gefäßes ſich an-
ſetzen, und dieſe Geſtalten ſind durchaus dieſelben für dieſelbe
Gattung des Salzes, und verſchieden für verſchiedene Gattungen:
Kugel, Würfel, drei- vier und mehrſeitige Pyramiden u. ſ. f.
Wenn man dieſe Kryſtalle gehörig ſpaltet, um ſie in immer klei-
nere Theile zu theilen, ſo bemerkt man, daß die urſprüngliche
Geſtalt derſelben, z. B. die Würfelform, auch bei den kleinſten
Theilen dieſer Kryſtalle wieder erſcheint, und daß dieſe kleinſten
Theile an ihren Seitenflächen eine ſehr hohe Politur haben, die
man durch keine mechaniſche Kunſt erreichen kann. Es ſcheint
daher, als ob die letzten Theile der kryſtalliſirten und vielleicht
aller Körper der Natur, oder daß die Atome dieſer Körper
durchaus eine beſtimmte und für jeden Körper eigenthümliche Ge-
ſtalt haben, wie dieſe denn auch ſchon bei den meiſten, ſelbſt bei
Steinen und Metallen durch unmittelbare Beobachtungen nachge-
wieſen worden iſt. Vielleicht hängen die Eigenſchaften, durch
welche ſich dieſe Körper unter einander auszeichnen, nur von dieſen
Geſtalten und gegenſeitigen Stellungen ihrer Atome ab. Unſere
Flüſſigkeiten kryſtalliſiren alle in der Kälte, und wenn unſere Luft-
arten in eine ſo niedere Temperatur gebracht werden könnte, in
welcher ſie ebenfalls zu feſten Körpern werden, ſo würden ſie ohne
Zweifel dieſelben Erſcheinungen zeigen. Es iſt ſehr wahrſcheinlich,
daß dieſe letzten Elemente aller Körper ihrer Geſtalt und Natur
nach unveränderlich und unzerſtörbar ſind, da wir ſie nach allen,
auch den gewaltſamſten Veränderungen wieder finden, welche wir
mit dieſen Körpern, durch mechaniſche oder chemiſche Kräfte vor-
nehmen, und daß ſie endlich, obſchon ſie ſelbſt, ihrer ungemein
geringen Dimenſionen wegen, noch durch keine Kunſt in den Be-
reich unſerer Sinne gebracht werden konnten, doch von einer be-
ſtimmten, wenn gleich uns unangeblichen Größe ſeyn müſſen.

§. 9. (Bewegung der Körper; Anziehung und Abſtoßung der-
ſelben.) Außer dieſen, allen Körpern der Natur gemeinſamen Eigen-
ſchaften bemerken wir aber noch eine andere, die in ganz beſonderem
Grade unſere nähere Betrachtung verdient. Wir ſehen, daß bei-
nahe alle dieſe Körper und ſelbſt die Theile, aus welchen ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0022" n="10"/><fw place="top" type="header">Eigen&#x017F;chaften der Körper.</fw><lb/>
Zu&#x017F;tande zu erhalten, &#x017F;o &#x017F;ieht man die&#x017F;es Salz in regelmäßigen<lb/>
Ge&#x017F;talten an dem Boden und den Wänden des Gefäßes &#x017F;ich an-<lb/>
&#x017F;etzen, und die&#x017F;e Ge&#x017F;talten &#x017F;ind durchaus die&#x017F;elben für die&#x017F;elbe<lb/>
Gattung des Salzes, und ver&#x017F;chieden für ver&#x017F;chiedene Gattungen:<lb/>
Kugel, Würfel, drei- vier und mehr&#x017F;eitige Pyramiden u. &#x017F;. f.<lb/>
Wenn man die&#x017F;e Kry&#x017F;talle gehörig &#x017F;paltet, um &#x017F;ie in immer klei-<lb/>
nere Theile zu theilen, &#x017F;o bemerkt man, daß die ur&#x017F;prüngliche<lb/>
Ge&#x017F;talt der&#x017F;elben, z. B. die Würfelform, auch bei den klein&#x017F;ten<lb/>
Theilen die&#x017F;er Kry&#x017F;talle wieder er&#x017F;cheint, und daß die&#x017F;e klein&#x017F;ten<lb/>
Theile an ihren Seitenflächen eine &#x017F;ehr hohe Politur haben, die<lb/>
man durch keine mechani&#x017F;che Kun&#x017F;t erreichen kann. Es &#x017F;cheint<lb/>
daher, als ob die letzten Theile der kry&#x017F;talli&#x017F;irten und vielleicht<lb/>
aller Körper der Natur, oder daß die <hi rendition="#g">Atome</hi> die&#x017F;er Körper<lb/>
durchaus eine be&#x017F;timmte und für jeden Körper eigenthümliche Ge-<lb/>
&#x017F;talt haben, wie die&#x017F;e denn auch &#x017F;chon bei den mei&#x017F;ten, &#x017F;elb&#x017F;t bei<lb/>
Steinen und Metallen durch unmittelbare Beobachtungen nachge-<lb/>
wie&#x017F;en worden i&#x017F;t. Vielleicht hängen die Eigen&#x017F;chaften, durch<lb/>
welche &#x017F;ich die&#x017F;e Körper unter einander auszeichnen, nur von die&#x017F;en<lb/>
Ge&#x017F;talten und gegen&#x017F;eitigen Stellungen ihrer Atome ab. Un&#x017F;ere<lb/>
Flü&#x017F;&#x017F;igkeiten kry&#x017F;talli&#x017F;iren alle in der Kälte, und wenn un&#x017F;ere Luft-<lb/>
arten in eine &#x017F;o niedere Temperatur gebracht werden könnte, in<lb/>
welcher &#x017F;ie ebenfalls zu fe&#x017F;ten Körpern werden, &#x017F;o würden &#x017F;ie ohne<lb/>
Zweifel die&#x017F;elben Er&#x017F;cheinungen zeigen. Es i&#x017F;t &#x017F;ehr wahr&#x017F;cheinlich,<lb/>
daß die&#x017F;e letzten Elemente aller Körper ihrer Ge&#x017F;talt und Natur<lb/>
nach unveränderlich und unzer&#x017F;törbar &#x017F;ind, da wir &#x017F;ie nach allen,<lb/>
auch den gewalt&#x017F;am&#x017F;ten Veränderungen wieder finden, welche wir<lb/>
mit die&#x017F;en Körpern, durch mechani&#x017F;che oder chemi&#x017F;che Kräfte vor-<lb/>
nehmen, und daß &#x017F;ie endlich, ob&#x017F;chon &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, ihrer ungemein<lb/>
geringen Dimen&#x017F;ionen wegen, noch durch keine Kun&#x017F;t in den Be-<lb/>
reich un&#x017F;erer Sinne gebracht werden konnten, doch von einer be-<lb/>
&#x017F;timmten, wenn gleich uns unangeblichen Größe &#x017F;eyn mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>§. 9. (Bewegung der Körper; Anziehung und Ab&#x017F;toßung der-<lb/>
&#x017F;elben.) Außer die&#x017F;en, allen Körpern der Natur gemein&#x017F;amen Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften bemerken wir aber noch eine andere, die in ganz be&#x017F;onderem<lb/>
Grade un&#x017F;ere nähere Betrachtung verdient. Wir &#x017F;ehen, daß bei-<lb/>
nahe alle die&#x017F;e Körper und &#x017F;elb&#x017F;t die Theile, aus welchen &#x017F;ie<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0022] Eigenſchaften der Körper. Zuſtande zu erhalten, ſo ſieht man dieſes Salz in regelmäßigen Geſtalten an dem Boden und den Wänden des Gefäßes ſich an- ſetzen, und dieſe Geſtalten ſind durchaus dieſelben für dieſelbe Gattung des Salzes, und verſchieden für verſchiedene Gattungen: Kugel, Würfel, drei- vier und mehrſeitige Pyramiden u. ſ. f. Wenn man dieſe Kryſtalle gehörig ſpaltet, um ſie in immer klei- nere Theile zu theilen, ſo bemerkt man, daß die urſprüngliche Geſtalt derſelben, z. B. die Würfelform, auch bei den kleinſten Theilen dieſer Kryſtalle wieder erſcheint, und daß dieſe kleinſten Theile an ihren Seitenflächen eine ſehr hohe Politur haben, die man durch keine mechaniſche Kunſt erreichen kann. Es ſcheint daher, als ob die letzten Theile der kryſtalliſirten und vielleicht aller Körper der Natur, oder daß die Atome dieſer Körper durchaus eine beſtimmte und für jeden Körper eigenthümliche Ge- ſtalt haben, wie dieſe denn auch ſchon bei den meiſten, ſelbſt bei Steinen und Metallen durch unmittelbare Beobachtungen nachge- wieſen worden iſt. Vielleicht hängen die Eigenſchaften, durch welche ſich dieſe Körper unter einander auszeichnen, nur von dieſen Geſtalten und gegenſeitigen Stellungen ihrer Atome ab. Unſere Flüſſigkeiten kryſtalliſiren alle in der Kälte, und wenn unſere Luft- arten in eine ſo niedere Temperatur gebracht werden könnte, in welcher ſie ebenfalls zu feſten Körpern werden, ſo würden ſie ohne Zweifel dieſelben Erſcheinungen zeigen. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſe letzten Elemente aller Körper ihrer Geſtalt und Natur nach unveränderlich und unzerſtörbar ſind, da wir ſie nach allen, auch den gewaltſamſten Veränderungen wieder finden, welche wir mit dieſen Körpern, durch mechaniſche oder chemiſche Kräfte vor- nehmen, und daß ſie endlich, obſchon ſie ſelbſt, ihrer ungemein geringen Dimenſionen wegen, noch durch keine Kunſt in den Be- reich unſerer Sinne gebracht werden konnten, doch von einer be- ſtimmten, wenn gleich uns unangeblichen Größe ſeyn müſſen. §. 9. (Bewegung der Körper; Anziehung und Abſtoßung der- ſelben.) Außer dieſen, allen Körpern der Natur gemeinſamen Eigen- ſchaften bemerken wir aber noch eine andere, die in ganz beſonderem Grade unſere nähere Betrachtung verdient. Wir ſehen, daß bei- nahe alle dieſe Körper und ſelbſt die Theile, aus welchen ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/22
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/22>, abgerufen am 24.11.2024.