Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Ursprung des Weltsystems.
die Ebene der Aequatoren ihrer Hauptplaneten gelegt haben, so
wie sie auch die Bahnen aller dieser Körper zu vollkommenen
Kreisen gemacht haben würde. Jede kleine Störung dieser
Regelmäßigkeit wird aber Veränderungen in den Neigungen
sowohl, als auch in den Excentricitäten dieser Bahnen hervorge-
bracht haben, und es scheint, daß diese Störungen nie groß genug
gewesen sind, um das eine oder das andere dieser beiden Elemente
zu stark von ihrem ursprünglichen Zustande zu entfernen, daher
wir die Neigungen sowohl, als auch die Excentricitäten aller
Planetenbahnen in so enge Gränzen eingeschlossen finden.

Nach dieser Hypothese, die mit den früher (II. S. 387)
mitgetheilten Erscheinungen bei den Nebelmassen des Himmels sehr
wohl übereinstimmt, befand sich also die Sonne, oder wenigstens
die nächste Umgebung, die Atmosphäre ihres Kerns, ursprünglich
in einem luftförmigen Zustande. Die Masse dieser Atmosphäre
mag nahe den siebenhundertsten Theil der ganzen Sonnemmasse
betragen haben, da die Massen aller Planeten und Satelliten, die
aus dieser Atmosphäre entstanden sind, dasselbe Verhältniß zur
gegenwärtigen Masse der Sonne haben. Da diese Atmosphäre
in der Nähe der Sonne dichter, als an ihrer äußersten Gränze
seyn mußte, so sollten auch die unteren Planeten (I. S. 214) eine
größere Dichtigkeit haben, als die weiter von der Sonne entfern-
ten, oberen Planeten, was auch in der That sehr nahe mit den
bisher über die Dichtigkeit der Planeten erhaltenen Beobachtungen
zusammentrifft.

§. 151. (Rücksicht auf die Kometen bei dieser Hypothese.) Bei
dieser Darstellung des Ursprungs unseres Planetensystems ist, wie
man sieht, auf die Kometen keine Rücksicht genommen worden.
Wenn man aber die Kometen für, den Nebelmassen des Himmels
ähnliche Körper hält, mit denen sie so vieles gemein zu haben
scheinen, so kann man nicht ohne viele Wahrscheinlichkeit anneh-
men, daß diese kleineren Nebelmassen von einem Sonnensysteme
zu dem anderen in dem Weltenraume umherirren, und daß sie
durch die Condensation des Urnebels entstehen, der in so erstau-
nenswürdiger Menge in dem Universum zerstreut ist. Aus diesem
Gesichtspunkte betrachtet wären daher die Kometen für das Son-
nensystem das, was die Aerolithen für unsere Erde sind, da diese

Urſprung des Weltſyſtems.
die Ebene der Aequatoren ihrer Hauptplaneten gelegt haben, ſo
wie ſie auch die Bahnen aller dieſer Körper zu vollkommenen
Kreiſen gemacht haben würde. Jede kleine Störung dieſer
Regelmäßigkeit wird aber Veränderungen in den Neigungen
ſowohl, als auch in den Excentricitäten dieſer Bahnen hervorge-
bracht haben, und es ſcheint, daß dieſe Störungen nie groß genug
geweſen ſind, um das eine oder das andere dieſer beiden Elemente
zu ſtark von ihrem urſprünglichen Zuſtande zu entfernen, daher
wir die Neigungen ſowohl, als auch die Excentricitäten aller
Planetenbahnen in ſo enge Gränzen eingeſchloſſen finden.

Nach dieſer Hypotheſe, die mit den früher (II. S. 387)
mitgetheilten Erſcheinungen bei den Nebelmaſſen des Himmels ſehr
wohl übereinſtimmt, befand ſich alſo die Sonne, oder wenigſtens
die nächſte Umgebung, die Atmoſphäre ihres Kerns, urſprünglich
in einem luftförmigen Zuſtande. Die Maſſe dieſer Atmoſphäre
mag nahe den ſiebenhundertſten Theil der ganzen Sonnemmaſſe
betragen haben, da die Maſſen aller Planeten und Satelliten, die
aus dieſer Atmoſphäre entſtanden ſind, daſſelbe Verhältniß zur
gegenwärtigen Maſſe der Sonne haben. Da dieſe Atmoſphäre
in der Nähe der Sonne dichter, als an ihrer äußerſten Gränze
ſeyn mußte, ſo ſollten auch die unteren Planeten (I. S. 214) eine
größere Dichtigkeit haben, als die weiter von der Sonne entfern-
ten, oberen Planeten, was auch in der That ſehr nahe mit den
bisher über die Dichtigkeit der Planeten erhaltenen Beobachtungen
zuſammentrifft.

§. 151. (Rückſicht auf die Kometen bei dieſer Hypotheſe.) Bei
dieſer Darſtellung des Urſprungs unſeres Planetenſyſtems iſt, wie
man ſieht, auf die Kometen keine Rückſicht genommen worden.
Wenn man aber die Kometen für, den Nebelmaſſen des Himmels
ähnliche Körper hält, mit denen ſie ſo vieles gemein zu haben
ſcheinen, ſo kann man nicht ohne viele Wahrſcheinlichkeit anneh-
men, daß dieſe kleineren Nebelmaſſen von einem Sonnenſyſteme
zu dem anderen in dem Weltenraume umherirren, und daß ſie
durch die Condenſation des Urnebels entſtehen, der in ſo erſtau-
nenswürdiger Menge in dem Univerſum zerſtreut iſt. Aus dieſem
Geſichtspunkte betrachtet wären daher die Kometen für das Son-
nenſyſtem das, was die Aerolithen für unſere Erde ſind, da dieſe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0215" n="203"/><fw place="top" type="header">Ur&#x017F;prung des Welt&#x017F;y&#x017F;tems.</fw><lb/>
die Ebene der Aequatoren ihrer Hauptplaneten gelegt haben, &#x017F;o<lb/>
wie &#x017F;ie auch die Bahnen aller die&#x017F;er Körper zu vollkommenen<lb/><hi rendition="#g">Krei&#x017F;en</hi> gemacht haben würde. Jede kleine Störung die&#x017F;er<lb/>
Regelmäßigkeit wird aber Veränderungen in den Neigungen<lb/>
&#x017F;owohl, als auch in den Excentricitäten die&#x017F;er Bahnen hervorge-<lb/>
bracht haben, und es &#x017F;cheint, daß die&#x017F;e Störungen nie groß genug<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ind, um das eine oder das andere die&#x017F;er beiden Elemente<lb/>
zu &#x017F;tark von ihrem ur&#x017F;prünglichen Zu&#x017F;tande zu entfernen, daher<lb/>
wir die Neigungen &#x017F;owohl, als auch die Excentricitäten aller<lb/>
Planetenbahnen in &#x017F;o enge Gränzen einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en finden.</p><lb/>
              <p>Nach die&#x017F;er Hypothe&#x017F;e, die mit den früher (<hi rendition="#aq">II.</hi> S. 387)<lb/>
mitgetheilten Er&#x017F;cheinungen bei den Nebelma&#x017F;&#x017F;en des Himmels &#x017F;ehr<lb/>
wohl überein&#x017F;timmt, befand &#x017F;ich al&#x017F;o die Sonne, oder wenig&#x017F;tens<lb/>
die näch&#x017F;te Umgebung, die Atmo&#x017F;phäre ihres Kerns, ur&#x017F;prünglich<lb/>
in einem luftförmigen Zu&#x017F;tande. Die Ma&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er Atmo&#x017F;phäre<lb/>
mag nahe den &#x017F;iebenhundert&#x017F;ten Theil der ganzen Sonnemma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
betragen haben, da die Ma&#x017F;&#x017F;en aller Planeten und Satelliten, die<lb/>
aus die&#x017F;er Atmo&#x017F;phäre ent&#x017F;tanden &#x017F;ind, da&#x017F;&#x017F;elbe Verhältniß zur<lb/>
gegenwärtigen Ma&#x017F;&#x017F;e der Sonne haben. Da die&#x017F;e Atmo&#x017F;phäre<lb/>
in der Nähe der Sonne dichter, als an ihrer äußer&#x017F;ten Gränze<lb/>
&#x017F;eyn mußte, &#x017F;o &#x017F;ollten auch die unteren Planeten (<hi rendition="#aq">I.</hi> S. 214) eine<lb/>
größere Dichtigkeit haben, als die weiter von der Sonne entfern-<lb/>
ten, oberen Planeten, was auch in der That &#x017F;ehr nahe mit den<lb/>
bisher über die Dichtigkeit der Planeten erhaltenen Beobachtungen<lb/>
zu&#x017F;ammentrifft.</p><lb/>
              <p>§. 151. (Rück&#x017F;icht auf die Kometen bei die&#x017F;er Hypothe&#x017F;e.) Bei<lb/>
die&#x017F;er Dar&#x017F;tellung des Ur&#x017F;prungs un&#x017F;eres Planeten&#x017F;y&#x017F;tems i&#x017F;t, wie<lb/>
man &#x017F;ieht, auf die Kometen keine Rück&#x017F;icht genommen worden.<lb/>
Wenn man aber die Kometen für, den Nebelma&#x017F;&#x017F;en des Himmels<lb/>
ähnliche Körper hält, mit denen &#x017F;ie &#x017F;o vieles gemein zu haben<lb/>
&#x017F;cheinen, &#x017F;o kann man nicht ohne viele Wahr&#x017F;cheinlichkeit anneh-<lb/>
men, daß die&#x017F;e kleineren Nebelma&#x017F;&#x017F;en von einem Sonnen&#x017F;y&#x017F;teme<lb/>
zu dem anderen in dem Weltenraume umherirren, und daß &#x017F;ie<lb/>
durch die Conden&#x017F;ation des Urnebels ent&#x017F;tehen, der in &#x017F;o er&#x017F;tau-<lb/>
nenswürdiger Menge in dem Univer&#x017F;um zer&#x017F;treut i&#x017F;t. Aus die&#x017F;em<lb/>
Ge&#x017F;ichtspunkte betrachtet wären daher die Kometen für das Son-<lb/>
nen&#x017F;y&#x017F;tem das, was die Aerolithen für un&#x017F;ere Erde &#x017F;ind, da die&#x017F;e<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0215] Urſprung des Weltſyſtems. die Ebene der Aequatoren ihrer Hauptplaneten gelegt haben, ſo wie ſie auch die Bahnen aller dieſer Körper zu vollkommenen Kreiſen gemacht haben würde. Jede kleine Störung dieſer Regelmäßigkeit wird aber Veränderungen in den Neigungen ſowohl, als auch in den Excentricitäten dieſer Bahnen hervorge- bracht haben, und es ſcheint, daß dieſe Störungen nie groß genug geweſen ſind, um das eine oder das andere dieſer beiden Elemente zu ſtark von ihrem urſprünglichen Zuſtande zu entfernen, daher wir die Neigungen ſowohl, als auch die Excentricitäten aller Planetenbahnen in ſo enge Gränzen eingeſchloſſen finden. Nach dieſer Hypotheſe, die mit den früher (II. S. 387) mitgetheilten Erſcheinungen bei den Nebelmaſſen des Himmels ſehr wohl übereinſtimmt, befand ſich alſo die Sonne, oder wenigſtens die nächſte Umgebung, die Atmoſphäre ihres Kerns, urſprünglich in einem luftförmigen Zuſtande. Die Maſſe dieſer Atmoſphäre mag nahe den ſiebenhundertſten Theil der ganzen Sonnemmaſſe betragen haben, da die Maſſen aller Planeten und Satelliten, die aus dieſer Atmoſphäre entſtanden ſind, daſſelbe Verhältniß zur gegenwärtigen Maſſe der Sonne haben. Da dieſe Atmoſphäre in der Nähe der Sonne dichter, als an ihrer äußerſten Gränze ſeyn mußte, ſo ſollten auch die unteren Planeten (I. S. 214) eine größere Dichtigkeit haben, als die weiter von der Sonne entfern- ten, oberen Planeten, was auch in der That ſehr nahe mit den bisher über die Dichtigkeit der Planeten erhaltenen Beobachtungen zuſammentrifft. §. 151. (Rückſicht auf die Kometen bei dieſer Hypotheſe.) Bei dieſer Darſtellung des Urſprungs unſeres Planetenſyſtems iſt, wie man ſieht, auf die Kometen keine Rückſicht genommen worden. Wenn man aber die Kometen für, den Nebelmaſſen des Himmels ähnliche Körper hält, mit denen ſie ſo vieles gemein zu haben ſcheinen, ſo kann man nicht ohne viele Wahrſcheinlichkeit anneh- men, daß dieſe kleineren Nebelmaſſen von einem Sonnenſyſteme zu dem anderen in dem Weltenraume umherirren, und daß ſie durch die Condenſation des Urnebels entſtehen, der in ſo erſtau- nenswürdiger Menge in dem Univerſum zerſtreut iſt. Aus dieſem Geſichtspunkte betrachtet wären daher die Kometen für das Son- nenſyſtem das, was die Aerolithen für unſere Erde ſind, da dieſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/215
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/215>, abgerufen am 24.11.2024.