Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Ursprung des Weltsystems.
doppelter oder dreifacher Druck auch zwei- oder dreimal so
dicht macht. Die Physiker haben die hieher gehörenden Ex-
perimente schon sehr weit getrieben, und man kann sagen, daß
sich die Luft endlich so stark zusammendrücken läßt, daß z. B.
das Gold auf ihr schwimmen würde. Denkt man sich eine senk-
rechte, oben offene Höhle im Innern der Erde, und nimmt man
an, daß die Temperatur der Luft in der Höhle mit der außer
derselben, mit welcher sie im freien Zusammenhange ist, die gleiche
Temperatur habe, und daß endlich das Mariotte'sche Gesetz durch-
aus für jede Tiefe, für jede Dichte der Luft gelte, so würde die
Luft in der Höhle immer dichter werden, je tiefer sie läge, und
bei einer Tiefe unter der Oberfläche der Erde von 71/2 deutschen
Meilen würde das Wasser, von 101/2 Meilen das Zinn, von
11 Meilen das Silber, und von 111/2 Meilen das Gold in dieser
Luft schwimmen. Würde z. B. das Gold durch irgend eine Kraft
noch unter diese Tiefe von 111/2 Meilen, in eine noch dichtere
Luft gebracht, und dann sich selbst überlassen, so würde es, gleich
einem unter dem Wasser ausgelassenen Korkholze, bis zu der vo-
rigen Tiefe von 111/2 Meilen hinauffahren.

Nun geht Franklin von dem Gedanken aus, daß die Zerstö-
rungen, die wir auf der Erde bemerken, zu groß sind, als daß
sie hätten entstehen können, wenn die ganze Erde, auch in unsern
gegenwärtigen Zeiten, eine durchaus solide Masse wäre. Er
meint also, sie bestehe in ihrem Innern aus einer Flüssigkeit, die
dichter ist, als alle feste Körper, die wir auf der Erde kennen,
und auf der daher diese festen Körper schwimmen können. Da
nun die Luft, wie wir gesehen haben, durch Vermehrung des auf
ihr lastenden Druckes einer so großen Dichtigkeit fähig werden
kann, so wäre es möglich, daß sie aus Luft besteht, daß sie aus
Luft entstanden ist, die sich gegen den Mittelpunkt hin, etwa
nach dem Mariotte'schen Gesetze, immer mehr und mehr ver-
dichtet habe. In dieser Luft werden sich alle festen Körper, die
entweder in sie gerathen, oder die aus ihr selbst und ihren ur-
sprünglichen, heterogenen Bestandtheilen entstehen, jeder in eine
bestimmte Entfernung von dem Mittelpunkte der Erde setzen,
und wenn ihrer mehrere in gleichen Entfernungen von dem Mittel-
punkte zusammen kommen, auch wohl eine Art von harter Kruste

Urſprung des Weltſyſtems.
doppelter oder dreifacher Druck auch zwei- oder dreimal ſo
dicht macht. Die Phyſiker haben die hieher gehörenden Ex-
perimente ſchon ſehr weit getrieben, und man kann ſagen, daß
ſich die Luft endlich ſo ſtark zuſammendrücken läßt, daß z. B.
das Gold auf ihr ſchwimmen würde. Denkt man ſich eine ſenk-
rechte, oben offene Höhle im Innern der Erde, und nimmt man
an, daß die Temperatur der Luft in der Höhle mit der außer
derſelben, mit welcher ſie im freien Zuſammenhange iſt, die gleiche
Temperatur habe, und daß endlich das Mariotte’ſche Geſetz durch-
aus für jede Tiefe, für jede Dichte der Luft gelte, ſo würde die
Luft in der Höhle immer dichter werden, je tiefer ſie läge, und
bei einer Tiefe unter der Oberfläche der Erde von 7½ deutſchen
Meilen würde das Waſſer, von 10½ Meilen das Zinn, von
11 Meilen das Silber, und von 11½ Meilen das Gold in dieſer
Luft ſchwimmen. Würde z. B. das Gold durch irgend eine Kraft
noch unter dieſe Tiefe von 11½ Meilen, in eine noch dichtere
Luft gebracht, und dann ſich ſelbſt überlaſſen, ſo würde es, gleich
einem unter dem Waſſer ausgelaſſenen Korkholze, bis zu der vo-
rigen Tiefe von 11½ Meilen hinauffahren.

Nun geht Franklin von dem Gedanken aus, daß die Zerſtö-
rungen, die wir auf der Erde bemerken, zu groß ſind, als daß
ſie hätten entſtehen können, wenn die ganze Erde, auch in unſern
gegenwärtigen Zeiten, eine durchaus ſolide Maſſe wäre. Er
meint alſo, ſie beſtehe in ihrem Innern aus einer Flüſſigkeit, die
dichter iſt, als alle feſte Körper, die wir auf der Erde kennen,
und auf der daher dieſe feſten Körper ſchwimmen können. Da
nun die Luft, wie wir geſehen haben, durch Vermehrung des auf
ihr laſtenden Druckes einer ſo großen Dichtigkeit fähig werden
kann, ſo wäre es möglich, daß ſie aus Luft beſteht, daß ſie aus
Luft entſtanden iſt, die ſich gegen den Mittelpunkt hin, etwa
nach dem Mariotte’ſchen Geſetze, immer mehr und mehr ver-
dichtet habe. In dieſer Luft werden ſich alle feſten Körper, die
entweder in ſie gerathen, oder die aus ihr ſelbſt und ihren ur-
ſprünglichen, heterogenen Beſtandtheilen entſtehen, jeder in eine
beſtimmte Entfernung von dem Mittelpunkte der Erde ſetzen,
und wenn ihrer mehrere in gleichen Entfernungen von dem Mittel-
punkte zuſammen kommen, auch wohl eine Art von harter Kruſte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0208" n="196"/><fw place="top" type="header">Ur&#x017F;prung des Welt&#x017F;y&#x017F;tems.</fw><lb/>
doppelter oder dreifacher Druck auch zwei- oder dreimal &#x017F;o<lb/>
dicht macht. Die Phy&#x017F;iker haben die hieher gehörenden Ex-<lb/>
perimente &#x017F;chon &#x017F;ehr weit getrieben, und man kann &#x017F;agen, daß<lb/>
&#x017F;ich die Luft endlich &#x017F;o &#x017F;tark zu&#x017F;ammendrücken läßt, daß z. B.<lb/>
das Gold auf ihr &#x017F;chwimmen würde. Denkt man &#x017F;ich eine &#x017F;enk-<lb/>
rechte, oben offene Höhle im Innern der Erde, und nimmt man<lb/>
an, daß die Temperatur der Luft in der Höhle mit der außer<lb/>
der&#x017F;elben, mit welcher &#x017F;ie im freien Zu&#x017F;ammenhange i&#x017F;t, die gleiche<lb/>
Temperatur habe, und daß endlich das Mariotte&#x2019;&#x017F;che Ge&#x017F;etz durch-<lb/>
aus für jede Tiefe, für jede Dichte der Luft gelte, &#x017F;o würde die<lb/>
Luft in der Höhle immer dichter werden, je tiefer &#x017F;ie läge, und<lb/>
bei einer Tiefe unter der Oberfläche der Erde von 7½ deut&#x017F;chen<lb/>
Meilen würde das Wa&#x017F;&#x017F;er, von 10½ Meilen das Zinn, von<lb/>
11 Meilen das Silber, und von 11½ Meilen das Gold in die&#x017F;er<lb/>
Luft &#x017F;chwimmen. Würde z. B. das Gold durch irgend eine Kraft<lb/>
noch unter die&#x017F;e Tiefe von 11½ Meilen, in eine noch dichtere<lb/>
Luft gebracht, und dann &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t überla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o würde es, gleich<lb/>
einem unter dem Wa&#x017F;&#x017F;er ausgela&#x017F;&#x017F;enen Korkholze, bis zu der vo-<lb/>
rigen Tiefe von 11½ Meilen hinauffahren.</p><lb/>
              <p>Nun geht Franklin von dem Gedanken aus, daß die Zer&#x017F;tö-<lb/>
rungen, die wir auf der Erde bemerken, zu groß &#x017F;ind, als daß<lb/>
&#x017F;ie hätten ent&#x017F;tehen können, wenn die ganze Erde, auch in un&#x017F;ern<lb/>
gegenwärtigen Zeiten, eine durchaus &#x017F;olide Ma&#x017F;&#x017F;e wäre. Er<lb/>
meint al&#x017F;o, &#x017F;ie be&#x017F;tehe in ihrem Innern aus einer Flü&#x017F;&#x017F;igkeit, die<lb/>
dichter i&#x017F;t, als alle fe&#x017F;te Körper, die wir auf der Erde kennen,<lb/>
und auf der daher die&#x017F;e fe&#x017F;ten Körper &#x017F;chwimmen können. Da<lb/>
nun die Luft, wie wir ge&#x017F;ehen haben, durch Vermehrung des auf<lb/>
ihr la&#x017F;tenden Druckes einer &#x017F;o großen Dichtigkeit fähig werden<lb/>
kann, &#x017F;o wäre es möglich, daß &#x017F;ie aus Luft be&#x017F;teht, daß &#x017F;ie aus<lb/>
Luft ent&#x017F;tanden i&#x017F;t, die &#x017F;ich gegen den Mittelpunkt hin, etwa<lb/>
nach dem Mariotte&#x2019;&#x017F;chen Ge&#x017F;etze, immer mehr und mehr ver-<lb/>
dichtet habe. In die&#x017F;er Luft werden &#x017F;ich alle fe&#x017F;ten Körper, die<lb/>
entweder in &#x017F;ie gerathen, oder die aus ihr &#x017F;elb&#x017F;t und ihren ur-<lb/>
&#x017F;prünglichen, heterogenen Be&#x017F;tandtheilen ent&#x017F;tehen, jeder in eine<lb/>
be&#x017F;timmte Entfernung von dem Mittelpunkte der Erde &#x017F;etzen,<lb/>
und wenn ihrer mehrere in gleichen Entfernungen von dem Mittel-<lb/>
punkte zu&#x017F;ammen kommen, auch wohl eine Art von harter Kru&#x017F;te<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0208] Urſprung des Weltſyſtems. doppelter oder dreifacher Druck auch zwei- oder dreimal ſo dicht macht. Die Phyſiker haben die hieher gehörenden Ex- perimente ſchon ſehr weit getrieben, und man kann ſagen, daß ſich die Luft endlich ſo ſtark zuſammendrücken läßt, daß z. B. das Gold auf ihr ſchwimmen würde. Denkt man ſich eine ſenk- rechte, oben offene Höhle im Innern der Erde, und nimmt man an, daß die Temperatur der Luft in der Höhle mit der außer derſelben, mit welcher ſie im freien Zuſammenhange iſt, die gleiche Temperatur habe, und daß endlich das Mariotte’ſche Geſetz durch- aus für jede Tiefe, für jede Dichte der Luft gelte, ſo würde die Luft in der Höhle immer dichter werden, je tiefer ſie läge, und bei einer Tiefe unter der Oberfläche der Erde von 7½ deutſchen Meilen würde das Waſſer, von 10½ Meilen das Zinn, von 11 Meilen das Silber, und von 11½ Meilen das Gold in dieſer Luft ſchwimmen. Würde z. B. das Gold durch irgend eine Kraft noch unter dieſe Tiefe von 11½ Meilen, in eine noch dichtere Luft gebracht, und dann ſich ſelbſt überlaſſen, ſo würde es, gleich einem unter dem Waſſer ausgelaſſenen Korkholze, bis zu der vo- rigen Tiefe von 11½ Meilen hinauffahren. Nun geht Franklin von dem Gedanken aus, daß die Zerſtö- rungen, die wir auf der Erde bemerken, zu groß ſind, als daß ſie hätten entſtehen können, wenn die ganze Erde, auch in unſern gegenwärtigen Zeiten, eine durchaus ſolide Maſſe wäre. Er meint alſo, ſie beſtehe in ihrem Innern aus einer Flüſſigkeit, die dichter iſt, als alle feſte Körper, die wir auf der Erde kennen, und auf der daher dieſe feſten Körper ſchwimmen können. Da nun die Luft, wie wir geſehen haben, durch Vermehrung des auf ihr laſtenden Druckes einer ſo großen Dichtigkeit fähig werden kann, ſo wäre es möglich, daß ſie aus Luft beſteht, daß ſie aus Luft entſtanden iſt, die ſich gegen den Mittelpunkt hin, etwa nach dem Mariotte’ſchen Geſetze, immer mehr und mehr ver- dichtet habe. In dieſer Luft werden ſich alle feſten Körper, die entweder in ſie gerathen, oder die aus ihr ſelbſt und ihren ur- ſprünglichen, heterogenen Beſtandtheilen entſtehen, jeder in eine beſtimmte Entfernung von dem Mittelpunkte der Erde ſetzen, und wenn ihrer mehrere in gleichen Entfernungen von dem Mittel- punkte zuſammen kommen, auch wohl eine Art von harter Kruſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/208
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/208>, abgerufen am 23.11.2024.