Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Eigenschaften der Körper.
oder seine Gestalt besteht. Endlich können auch zwei oder meh-
rere Körper nicht zugleich an demselben Orte seyn. Sie
können sich verdrängen, um die Orte der verdrängten einzu-
nehmen; sie können sich neben den kleinsten Theilen anderer Körper
eindrängen, wie Wasser in den Schwamm, wie Salz in das
Wasser; aber diese kleinsten Theile selbst müssen unverändert fort-
bestehen und der Ort, den einer dieser Theile einnimmt, kann
nicht zugleich von einem andern eingenommen werden, wenn an-
ders unser Begriff vom Körper nicht seine Bedeutung verlieren
soll. Darin besteht die Undurchdringlichkeit oder die Impene-
trabilität
der Körper.

Gestalt und Volum sind zwei verschiedene und von einander
unabhängige Eigenschaften jedes Körpers. Das Volum kann bei
derselben Gestalt sehr verschieden seyn und umgekehrt. Das Volum
der Sonne ist Millionenmal größer, als das der Erde, aber
die Gestalt beider ist gleich, weil beide Kugeln sind. So können
zwei Körper z. B. eine Kugel und ein Würfel sehr verschiedene
Gestalten und doch dasselbe Volum, d. h. denselben Rauminhalt
haben. Eben so kann die Oberfläche einer Kugel gleich groß mit
der einer ebenen Tafel oder die Länge eines Kreisbogens gleich
groß mit der einer geraden Linie seyn, während doch die Ge-
stalten dieser Flächen oder dieser Linien sehr verschieden sind.

§. 3. (Besondere Eigenschaften der Körper.) Wenn man
aber den Begriff eines Körpers, wie er uns durch die Erfahrung
gegeben wird, noch näher untersucht, so findet man, außer jenen
allgemeinen Eigenschaften desselben, noch mehrere andere, die ihm
zwar nicht mehr nothwendig zukommen, die aber, als Resultate
unserer Beobachtungen und wegen ihrer Anwendbarkeit in der
Folge, eine besondere Betrachtung verdienen.

§. 4. (I. Porosität.) Das Volum, welches die Körper ein-
nehmen, wird, der Erfahrung gemäß, von den Theilen, selbst von
den kleinsten Theilen dieser Körper nicht vollständig eingenommen;
denn diese Theile sind nicht in absoluter Berührung unter ein-
ander, sondern sie sind durch Zwischenräume, Poren, getrennt,
deren Inhalt selbst nicht zu dem eigentlichen Körper gehört. Das
Volum eines jeden Körpers besteht also aus solchen, den Körper
constituirenden Theilen desselben und aus den diese Theile tren-

Eigenſchaften der Körper.
oder ſeine Geſtalt beſteht. Endlich können auch zwei oder meh-
rere Körper nicht zugleich an demſelben Orte ſeyn. Sie
können ſich verdrängen, um die Orte der verdrängten einzu-
nehmen; ſie können ſich neben den kleinſten Theilen anderer Körper
eindrängen, wie Waſſer in den Schwamm, wie Salz in das
Waſſer; aber dieſe kleinſten Theile ſelbſt müſſen unverändert fort-
beſtehen und der Ort, den einer dieſer Theile einnimmt, kann
nicht zugleich von einem andern eingenommen werden, wenn an-
ders unſer Begriff vom Körper nicht ſeine Bedeutung verlieren
ſoll. Darin beſteht die Undurchdringlichkeit oder die Impene-
trabilität
der Körper.

Geſtalt und Volum ſind zwei verſchiedene und von einander
unabhängige Eigenſchaften jedes Körpers. Das Volum kann bei
derſelben Geſtalt ſehr verſchieden ſeyn und umgekehrt. Das Volum
der Sonne iſt Millionenmal größer, als das der Erde, aber
die Geſtalt beider iſt gleich, weil beide Kugeln ſind. So können
zwei Körper z. B. eine Kugel und ein Würfel ſehr verſchiedene
Geſtalten und doch daſſelbe Volum, d. h. denſelben Rauminhalt
haben. Eben ſo kann die Oberfläche einer Kugel gleich groß mit
der einer ebenen Tafel oder die Länge eines Kreisbogens gleich
groß mit der einer geraden Linie ſeyn, während doch die Ge-
ſtalten dieſer Flächen oder dieſer Linien ſehr verſchieden ſind.

§. 3. (Beſondere Eigenſchaften der Körper.) Wenn man
aber den Begriff eines Körpers, wie er uns durch die Erfahrung
gegeben wird, noch näher unterſucht, ſo findet man, außer jenen
allgemeinen Eigenſchaften deſſelben, noch mehrere andere, die ihm
zwar nicht mehr nothwendig zukommen, die aber, als Reſultate
unſerer Beobachtungen und wegen ihrer Anwendbarkeit in der
Folge, eine beſondere Betrachtung verdienen.

§. 4. (I. Poroſität.) Das Volum, welches die Körper ein-
nehmen, wird, der Erfahrung gemäß, von den Theilen, ſelbſt von
den kleinſten Theilen dieſer Körper nicht vollſtändig eingenommen;
denn dieſe Theile ſind nicht in abſoluter Berührung unter ein-
ander, ſondern ſie ſind durch Zwiſchenräume, Poren, getrennt,
deren Inhalt ſelbſt nicht zu dem eigentlichen Körper gehört. Das
Volum eines jeden Körpers beſteht alſo aus ſolchen, den Körper
conſtituirenden Theilen deſſelben und aus den dieſe Theile tren-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0016" n="4"/><fw place="top" type="header">Eigen&#x017F;chaften der Körper.</fw><lb/>
oder &#x017F;eine <hi rendition="#g">Ge&#x017F;talt</hi> be&#x017F;teht. Endlich können auch zwei oder meh-<lb/>
rere Körper nicht <hi rendition="#g">zugleich</hi> an <hi rendition="#g">dem&#x017F;elben</hi> Orte &#x017F;eyn. Sie<lb/>
können &#x017F;ich <hi rendition="#g">verdrängen</hi>, um die Orte der verdrängten einzu-<lb/>
nehmen; &#x017F;ie können &#x017F;ich neben den klein&#x017F;ten Theilen anderer Körper<lb/>
eindrängen, wie Wa&#x017F;&#x017F;er in den Schwamm, wie Salz in das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er; aber die&#x017F;e klein&#x017F;ten Theile &#x017F;elb&#x017F;t mü&#x017F;&#x017F;en unverändert fort-<lb/>
be&#x017F;tehen und der Ort, den einer die&#x017F;er Theile einnimmt, kann<lb/>
nicht zugleich von einem andern eingenommen werden, wenn an-<lb/>
ders un&#x017F;er Begriff vom Körper nicht &#x017F;eine Bedeutung verlieren<lb/>
&#x017F;oll. Darin be&#x017F;teht die Undurchdringlichkeit oder die <hi rendition="#g">Impene-<lb/>
trabilität</hi> der Körper.</p><lb/>
              <p>Ge&#x017F;talt und Volum &#x017F;ind zwei ver&#x017F;chiedene und von einander<lb/>
unabhängige Eigen&#x017F;chaften jedes Körpers. Das Volum kann bei<lb/>
der&#x017F;elben Ge&#x017F;talt &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn und umgekehrt. Das Volum<lb/>
der Sonne i&#x017F;t Millionenmal größer, als das der Erde, aber<lb/>
die Ge&#x017F;talt beider i&#x017F;t gleich, weil beide Kugeln &#x017F;ind. So können<lb/>
zwei Körper z. B. eine Kugel und ein Würfel &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedene<lb/>
Ge&#x017F;talten und doch da&#x017F;&#x017F;elbe Volum, d. h. den&#x017F;elben Rauminhalt<lb/>
haben. Eben &#x017F;o kann die Oberfläche einer Kugel gleich groß mit<lb/>
der einer ebenen Tafel oder die Länge eines Kreisbogens gleich<lb/>
groß mit der einer geraden Linie &#x017F;eyn, während doch die Ge-<lb/>
&#x017F;talten die&#x017F;er Flächen oder die&#x017F;er Linien &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden &#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>§. 3. (Be&#x017F;ondere Eigen&#x017F;chaften der Körper.) Wenn man<lb/>
aber den Begriff eines Körpers, wie er uns durch die Erfahrung<lb/>
gegeben wird, noch näher unter&#x017F;ucht, &#x017F;o findet man, außer jenen<lb/>
allgemeinen Eigen&#x017F;chaften de&#x017F;&#x017F;elben, noch mehrere andere, die ihm<lb/>
zwar nicht mehr nothwendig zukommen, die aber, als Re&#x017F;ultate<lb/>
un&#x017F;erer Beobachtungen und wegen ihrer Anwendbarkeit in der<lb/>
Folge, eine be&#x017F;ondere Betrachtung verdienen.</p><lb/>
              <p>§. 4. (<hi rendition="#aq">I.</hi> Poro&#x017F;ität.) Das Volum, welches die Körper ein-<lb/>
nehmen, wird, der Erfahrung gemäß, von den Theilen, &#x017F;elb&#x017F;t von<lb/>
den klein&#x017F;ten Theilen die&#x017F;er Körper nicht voll&#x017F;tändig eingenommen;<lb/>
denn die&#x017F;e Theile &#x017F;ind nicht in ab&#x017F;oluter Berührung unter ein-<lb/>
ander, &#x017F;ondern &#x017F;ie &#x017F;ind durch Zwi&#x017F;chenräume, Poren, getrennt,<lb/>
deren Inhalt &#x017F;elb&#x017F;t nicht zu dem eigentlichen Körper gehört. Das<lb/>
Volum eines jeden Körpers be&#x017F;teht al&#x017F;o aus &#x017F;olchen, den Körper<lb/>
con&#x017F;tituirenden Theilen de&#x017F;&#x017F;elben und aus den die&#x017F;e Theile tren-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0016] Eigenſchaften der Körper. oder ſeine Geſtalt beſteht. Endlich können auch zwei oder meh- rere Körper nicht zugleich an demſelben Orte ſeyn. Sie können ſich verdrängen, um die Orte der verdrängten einzu- nehmen; ſie können ſich neben den kleinſten Theilen anderer Körper eindrängen, wie Waſſer in den Schwamm, wie Salz in das Waſſer; aber dieſe kleinſten Theile ſelbſt müſſen unverändert fort- beſtehen und der Ort, den einer dieſer Theile einnimmt, kann nicht zugleich von einem andern eingenommen werden, wenn an- ders unſer Begriff vom Körper nicht ſeine Bedeutung verlieren ſoll. Darin beſteht die Undurchdringlichkeit oder die Impene- trabilität der Körper. Geſtalt und Volum ſind zwei verſchiedene und von einander unabhängige Eigenſchaften jedes Körpers. Das Volum kann bei derſelben Geſtalt ſehr verſchieden ſeyn und umgekehrt. Das Volum der Sonne iſt Millionenmal größer, als das der Erde, aber die Geſtalt beider iſt gleich, weil beide Kugeln ſind. So können zwei Körper z. B. eine Kugel und ein Würfel ſehr verſchiedene Geſtalten und doch daſſelbe Volum, d. h. denſelben Rauminhalt haben. Eben ſo kann die Oberfläche einer Kugel gleich groß mit der einer ebenen Tafel oder die Länge eines Kreisbogens gleich groß mit der einer geraden Linie ſeyn, während doch die Ge- ſtalten dieſer Flächen oder dieſer Linien ſehr verſchieden ſind. §. 3. (Beſondere Eigenſchaften der Körper.) Wenn man aber den Begriff eines Körpers, wie er uns durch die Erfahrung gegeben wird, noch näher unterſucht, ſo findet man, außer jenen allgemeinen Eigenſchaften deſſelben, noch mehrere andere, die ihm zwar nicht mehr nothwendig zukommen, die aber, als Reſultate unſerer Beobachtungen und wegen ihrer Anwendbarkeit in der Folge, eine beſondere Betrachtung verdienen. §. 4. (I. Poroſität.) Das Volum, welches die Körper ein- nehmen, wird, der Erfahrung gemäß, von den Theilen, ſelbſt von den kleinſten Theilen dieſer Körper nicht vollſtändig eingenommen; denn dieſe Theile ſind nicht in abſoluter Berührung unter ein- ander, ſondern ſie ſind durch Zwiſchenräume, Poren, getrennt, deren Inhalt ſelbſt nicht zu dem eigentlichen Körper gehört. Das Volum eines jeden Körpers beſteht alſo aus ſolchen, den Körper conſtituirenden Theilen deſſelben und aus den dieſe Theile tren-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/16
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/16>, abgerufen am 09.11.2024.