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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Venus.
und daher dichtern Schichten der Atmosphäre dieses Planeten ein-
treten. Dadurch wird nicht bloß die Existenz der Atmosphäre der
Venus, sondern auch ihre Aehnlichkeit mit derjenigen der Erde
bewiesen, wenigstens in Beziehung auf ihre Dichte und Höhe,
nicht aber in Rücksicht auf ihre andern Eigenschaften, die vielleicht
mit denen unserer Luft nichts gemein haben. So haben wir zwar
oben von Wolken gesprochen, die Schröter zuweilen über der
Oberfläche der Venus gesehen hat, allein diese grauen Flecken sind
so matt und lichtschwach, daß sie mehr leichten Dünsten oder
Nebeln, als eigentlichen Wolken gleichen, und sie gehören über-
dieß zu den sehr seltenen Erscheinungen. Die Bewohner dieses
Planeten scheinen daher eine viel reinere Luft, einen viel heiterern
Himmel zu haben, als wir, und da es ihm an so starken Aus-
dünstungen fehlt, wie bei uns die Seen und Meere erzeugen, so
mag es dort wohl auch an solchen großen Wasserbehältern fehlen
und überhaupt alles in dem Zustande der Trockenheit oder der
Krystallisation seyn, den wir ebenfalls auf unserm Monde
bemerken.

§. 57. (Berge auf der Venus.) Die so eben erwähnte Licht-
grenze der Venus ist nicht nur, in Beziehung auf ihr Licht, all-
mählig an Helligkeit abnehmend, sondern sie ist auch, so wie wir
dieß sehr deutlich bei unserm Monde bemerken, nicht regelmäßig
in ihrer Krümmung fortgehend, sondern vielmehr häufig gebrochen
und gleichsam ausgezackt. Besonders auffallend sieht man dieß an
den beiden Enden der Lichtgrenze, an den sogenannten Hörnern
derselben, die bald viel zu tief in die dunkle Seite hineintreten,
bald wieder sich zurückziehen, bald abgestumpft, bald wieder sehr
zugespitzt erscheinen. Dieß scheint auf hohe Berge und tiefe Thäler
zu deuten, durch welche der regelmäßige Zug der Lichtgrenze,
unterbrochen wird. Diese Vermuthung wird vollkommen bestätigt
durch die vielen isolirten, lichten Punkte, die man in der Nacht-
seite, oft in einer beträchtlichen Entfernung von der Lichtgrenze,
erblickt, und die nichts anders seyn können, als hohe Berge, deren
Gipfel von der untergehenden Sonne noch beschienen werden, wenn
ihr Fuß bereits tief in die Schatten der Nacht herabgesunken ist.
Man sieht leicht, daß eben diese Entfernung der Lichtpunkte von

Venus.
und daher dichtern Schichten der Atmoſphäre dieſes Planeten ein-
treten. Dadurch wird nicht bloß die Exiſtenz der Atmoſphäre der
Venus, ſondern auch ihre Aehnlichkeit mit derjenigen der Erde
bewieſen, wenigſtens in Beziehung auf ihre Dichte und Höhe,
nicht aber in Rückſicht auf ihre andern Eigenſchaften, die vielleicht
mit denen unſerer Luft nichts gemein haben. So haben wir zwar
oben von Wolken geſprochen, die Schröter zuweilen über der
Oberfläche der Venus geſehen hat, allein dieſe grauen Flecken ſind
ſo matt und lichtſchwach, daß ſie mehr leichten Dünſten oder
Nebeln, als eigentlichen Wolken gleichen, und ſie gehören über-
dieß zu den ſehr ſeltenen Erſcheinungen. Die Bewohner dieſes
Planeten ſcheinen daher eine viel reinere Luft, einen viel heiterern
Himmel zu haben, als wir, und da es ihm an ſo ſtarken Aus-
dünſtungen fehlt, wie bei uns die Seen und Meere erzeugen, ſo
mag es dort wohl auch an ſolchen großen Waſſerbehältern fehlen
und überhaupt alles in dem Zuſtande der Trockenheit oder der
Kryſtalliſation ſeyn, den wir ebenfalls auf unſerm Monde
bemerken.

§. 57. (Berge auf der Venus.) Die ſo eben erwähnte Licht-
grenze der Venus iſt nicht nur, in Beziehung auf ihr Licht, all-
mählig an Helligkeit abnehmend, ſondern ſie iſt auch, ſo wie wir
dieß ſehr deutlich bei unſerm Monde bemerken, nicht regelmäßig
in ihrer Krümmung fortgehend, ſondern vielmehr häufig gebrochen
und gleichſam ausgezackt. Beſonders auffallend ſieht man dieß an
den beiden Enden der Lichtgrenze, an den ſogenannten Hörnern
derſelben, die bald viel zu tief in die dunkle Seite hineintreten,
bald wieder ſich zurückziehen, bald abgeſtumpft, bald wieder ſehr
zugeſpitzt erſcheinen. Dieß ſcheint auf hohe Berge und tiefe Thäler
zu deuten, durch welche der regelmäßige Zug der Lichtgrenze,
unterbrochen wird. Dieſe Vermuthung wird vollkommen beſtätigt
durch die vielen iſolirten, lichten Punkte, die man in der Nacht-
ſeite, oft in einer beträchtlichen Entfernung von der Lichtgrenze,
erblickt, und die nichts anders ſeyn können, als hohe Berge, deren
Gipfel von der untergehenden Sonne noch beſchienen werden, wenn
ihr Fuß bereits tief in die Schatten der Nacht herabgeſunken iſt.
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[71/0081] Venus. und daher dichtern Schichten der Atmoſphäre dieſes Planeten ein- treten. Dadurch wird nicht bloß die Exiſtenz der Atmoſphäre der Venus, ſondern auch ihre Aehnlichkeit mit derjenigen der Erde bewieſen, wenigſtens in Beziehung auf ihre Dichte und Höhe, nicht aber in Rückſicht auf ihre andern Eigenſchaften, die vielleicht mit denen unſerer Luft nichts gemein haben. So haben wir zwar oben von Wolken geſprochen, die Schröter zuweilen über der Oberfläche der Venus geſehen hat, allein dieſe grauen Flecken ſind ſo matt und lichtſchwach, daß ſie mehr leichten Dünſten oder Nebeln, als eigentlichen Wolken gleichen, und ſie gehören über- dieß zu den ſehr ſeltenen Erſcheinungen. Die Bewohner dieſes Planeten ſcheinen daher eine viel reinere Luft, einen viel heiterern Himmel zu haben, als wir, und da es ihm an ſo ſtarken Aus- dünſtungen fehlt, wie bei uns die Seen und Meere erzeugen, ſo mag es dort wohl auch an ſolchen großen Waſſerbehältern fehlen und überhaupt alles in dem Zuſtande der Trockenheit oder der Kryſtalliſation ſeyn, den wir ebenfalls auf unſerm Monde bemerken. §. 57. (Berge auf der Venus.) Die ſo eben erwähnte Licht- grenze der Venus iſt nicht nur, in Beziehung auf ihr Licht, all- mählig an Helligkeit abnehmend, ſondern ſie iſt auch, ſo wie wir dieß ſehr deutlich bei unſerm Monde bemerken, nicht regelmäßig in ihrer Krümmung fortgehend, ſondern vielmehr häufig gebrochen und gleichſam ausgezackt. Beſonders auffallend ſieht man dieß an den beiden Enden der Lichtgrenze, an den ſogenannten Hörnern derſelben, die bald viel zu tief in die dunkle Seite hineintreten, bald wieder ſich zurückziehen, bald abgeſtumpft, bald wieder ſehr zugeſpitzt erſcheinen. Dieß ſcheint auf hohe Berge und tiefe Thäler zu deuten, durch welche der regelmäßige Zug der Lichtgrenze, unterbrochen wird. Dieſe Vermuthung wird vollkommen beſtätigt durch die vielen iſolirten, lichten Punkte, die man in der Nacht- ſeite, oft in einer beträchtlichen Entfernung von der Lichtgrenze, erblickt, und die nichts anders ſeyn können, als hohe Berge, deren Gipfel von der untergehenden Sonne noch beſchienen werden, wenn ihr Fuß bereits tief in die Schatten der Nacht herabgeſunken iſt. Man ſieht leicht, daß eben dieſe Entfernung der Lichtpunkte von

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/81>, abgerufen am 25.11.2024.