Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.Anzahl, Entfernung und Größe der Fixsterne. entfernt wäre, so würden wir die Milchstraße nur mehr als einenRing oder als eine Scheibe von 60 Graden im Durchmesser sehen. In der Entfernung von 100 Durchmessern würden wir die ganze Milchstraße nur mehr unter einem Winkel von 36 Minuten im Durchmesser erblicken, also kleiner, als der bekannte Nebelfleck in der Andromeda, der ebenfalls eine linsenförmige Gestalt hat. Wie also, wenn dieser Nebel selbst wieder eine, aber eine so §. 199. (Daraus folgende Anzahl der Fixsterne.) Wenn aber Anzahl, Entfernung und Größe der Fixſterne. entfernt wäre, ſo würden wir die Milchſtraße nur mehr als einenRing oder als eine Scheibe von 60 Graden im Durchmeſſer ſehen. In der Entfernung von 100 Durchmeſſern würden wir die ganze Milchſtraße nur mehr unter einem Winkel von 36 Minuten im Durchmeſſer erblicken, alſo kleiner, als der bekannte Nebelfleck in der Andromeda, der ebenfalls eine linſenförmige Geſtalt hat. Wie alſo, wenn dieſer Nebel ſelbſt wieder eine, aber eine ſo §. 199. (Daraus folgende Anzahl der Fixſterne.) Wenn aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0321" n="311"/><fw place="top" type="header">Anzahl, Entfernung und Größe der Fixſterne.</fw><lb/> entfernt wäre, ſo würden wir die Milchſtraße nur mehr als einen<lb/> Ring oder als eine Scheibe von 60 Graden im Durchmeſſer<lb/> ſehen. In der Entfernung von 100 Durchmeſſern würden wir<lb/> die ganze Milchſtraße nur mehr unter einem Winkel von 36<lb/> Minuten im Durchmeſſer erblicken, alſo kleiner, als der bekannte<lb/> Nebelfleck in der Andromeda, der ebenfalls eine linſenförmige<lb/> Geſtalt hat.</p><lb/> <p>Wie alſo, wenn dieſer Nebel ſelbſt wieder eine, aber eine ſo<lb/> weit von uns entfernte Milchſtraße wäre, daß wir die einzelnen<lb/> Sterne derſelben nicht mehr unterſcheiden können und daß uns<lb/> das Ganze nur mehr als eine ſchwache Lichtwolke erſcheint?<lb/> Solcher Nebel giebt es aber noch ſehr viele am Himmel und die<lb/> Muthmaßung, welche wir hier von ihm aufgeſtellt haben, hat<lb/> wenigſtens ſehr viel Wahrſcheinlichkeit. In der That hat auch<lb/> Herſchel mehrere dieſer wunderbaren Gebilde des Himmels noch<lb/> als ſehr gedrängte Sternhaufen erkannt; ſeine mächtigen Fernröhre<lb/> haben eine große Menge von ſehr kleinen und äußerſt dicht ge-<lb/> drängten Sternchen in ihnen erkennen laſſen, während andere,<lb/> wahrſcheinlich noch viel weiter entfernte, ſich nicht in Sterne<lb/> auflöſen ließen, und ſelbſt in ſeinen ſtärkſten Teleſcopen immer<lb/> noch die frühere Nebelgeſtalt beibehielten. Er hat daraus den<lb/> Schluß gezogen, daß dieſe letzten wenigſtens noch 10000 Stern-<lb/> weiten von uns entfernt ſeyn müſſen. In einer ſolchen Entfernung<lb/> würde aber unſere eigene Milchſtraße kaum mehr eine Secunde<lb/> am Himmel bedecken und uns daher ganz unſichtbar ſeyn. Wie<lb/> viel größer müſſen aber dann viele von jenen Milchſtraßen ſeyn,<lb/> da ſie uns, jener Entfernung ungeachtet, doch noch oft unter<lb/> einem Durchmeſſer von mehreren Minuten erſcheinen.</p><lb/> <p>§. 199. (Daraus folgende Anzahl der Fixſterne.) Wenn aber<lb/> dieß alles ſich in der That ſo verhält, wer wird es dann noch<lb/> unternehmen, die Sterne des Himmels zu zählen? — Offenbar<lb/> führen uns die vorhergehenden Betrachtungen dahin, die Anzahl<lb/> der Fixſterne als ganz unzählbar, als wahrhaft unendlich groß<lb/> anzunehmen. Wir ſind gleichſam gezwungen, den Weltenraum<lb/> nach allen Richtungen hin als unbegränzt und überall und ohne<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0321]
Anzahl, Entfernung und Größe der Fixſterne.
entfernt wäre, ſo würden wir die Milchſtraße nur mehr als einen
Ring oder als eine Scheibe von 60 Graden im Durchmeſſer
ſehen. In der Entfernung von 100 Durchmeſſern würden wir
die ganze Milchſtraße nur mehr unter einem Winkel von 36
Minuten im Durchmeſſer erblicken, alſo kleiner, als der bekannte
Nebelfleck in der Andromeda, der ebenfalls eine linſenförmige
Geſtalt hat.
Wie alſo, wenn dieſer Nebel ſelbſt wieder eine, aber eine ſo
weit von uns entfernte Milchſtraße wäre, daß wir die einzelnen
Sterne derſelben nicht mehr unterſcheiden können und daß uns
das Ganze nur mehr als eine ſchwache Lichtwolke erſcheint?
Solcher Nebel giebt es aber noch ſehr viele am Himmel und die
Muthmaßung, welche wir hier von ihm aufgeſtellt haben, hat
wenigſtens ſehr viel Wahrſcheinlichkeit. In der That hat auch
Herſchel mehrere dieſer wunderbaren Gebilde des Himmels noch
als ſehr gedrängte Sternhaufen erkannt; ſeine mächtigen Fernröhre
haben eine große Menge von ſehr kleinen und äußerſt dicht ge-
drängten Sternchen in ihnen erkennen laſſen, während andere,
wahrſcheinlich noch viel weiter entfernte, ſich nicht in Sterne
auflöſen ließen, und ſelbſt in ſeinen ſtärkſten Teleſcopen immer
noch die frühere Nebelgeſtalt beibehielten. Er hat daraus den
Schluß gezogen, daß dieſe letzten wenigſtens noch 10000 Stern-
weiten von uns entfernt ſeyn müſſen. In einer ſolchen Entfernung
würde aber unſere eigene Milchſtraße kaum mehr eine Secunde
am Himmel bedecken und uns daher ganz unſichtbar ſeyn. Wie
viel größer müſſen aber dann viele von jenen Milchſtraßen ſeyn,
da ſie uns, jener Entfernung ungeachtet, doch noch oft unter
einem Durchmeſſer von mehreren Minuten erſcheinen.
§. 199. (Daraus folgende Anzahl der Fixſterne.) Wenn aber
dieß alles ſich in der That ſo verhält, wer wird es dann noch
unternehmen, die Sterne des Himmels zu zählen? — Offenbar
führen uns die vorhergehenden Betrachtungen dahin, die Anzahl
der Fixſterne als ganz unzählbar, als wahrhaft unendlich groß
anzunehmen. Wir ſind gleichſam gezwungen, den Weltenraum
nach allen Richtungen hin als unbegränzt und überall und ohne
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