Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Anzahl, Entfernung und Größe der Fixsterne.
er doch jetzt offenbar kleiner als Pollux ist. Der Stern a in der
Wasserschlange (Hydra) wurde von den ältern Beobachtern zur
ersten Klasse gezählt, da er doch jetzt nur mehr zur zweiten gerechnet
werden kann. Die sieben schönen Sterne im Sternbilde des großen
Bären scheinen ihr Licht immerfort zu ändern, so daß bald dieser
bald jener als der größte von allen erscheint. So gehört jetzt der
Stern d in dem bekannten Vierecke dieses Sternbildes nur mehr
zur vierten Klasse, da ihn doch Tycho Brahe noch in die zweite
setzte.

Wenn aber die Fixsterne, wie es scheint, ihr Licht in der
That mit der Zeit ändern, könnte dieß nicht auch mit unserer
Sonne, die doch ebenfalls nur ein Fixstern ist, der Fall seyn?
Welchen Einfluß würde aber eine solche Ab- oder Zunahme des
Sonnenlichtes auf unsere Vegetation und auf alle lebenden Wesen
haben? Vielleicht werden unsere Geologen einmal aus dieser
Quelle die Veränderungen erklären, welche unsere Erde in der
Vorzeit ohne Zweifel erlitten hat, da wir jetzt, vielleicht nach
Myriaden von Jahren, noch so viele unverkennbare Spuren dieser
Veränderungen auf der Oberfläche der Erde finden.

§. 190. (Eintheilung der kleineren Sterne.) Die sechs er-
wähnten Klassen sollen nur die mit freien Augen noch sichtbaren
Sterne in sich begreifen. Allein außer ihnen giebt es noch eine
ungleich größere Menge von Sternen, die man nur durch Fern-
röhre sehen kann. Geübte, mit guten Telescopen versehene Beob-
achter pflegen diese letztern noch in zehn neue Klassen zu theilen,
so daß man im Allgemeinen sechszehn Klassen von Fixsternen hat,
deren scheinbare Größe immer abnimmt, wie die Zahl ihrer Klassen
zunimmt. Daß bei den höhern Klassen die Unbestimmtheit der
Begränzung noch zunehmen muß, ist wohl für sich klar, so wie,
daß man mit der letzten oder sechszehnten Klasse noch nicht den
ganzen gestirnten Himmel erschöpft zu haben meinen kann. In
der That finden sich auch jenseits dieser kleinsten Sterne noch
andere Gegenstände, die wahrscheinlich wieder aus Sternen, aber
aus so kleinen und so nahe gedrängten Sternen bestehen, daß auch
unsere stärksten Fernröhre nicht mehr hinreichen, sie als solche
deutlich erkennen zu lassen.


Anzahl, Entfernung und Größe der Fixſterne.
er doch jetzt offenbar kleiner als Pollux iſt. Der Stern α in der
Waſſerſchlange (Hydra) wurde von den ältern Beobachtern zur
erſten Klaſſe gezählt, da er doch jetzt nur mehr zur zweiten gerechnet
werden kann. Die ſieben ſchönen Sterne im Sternbilde des großen
Bären ſcheinen ihr Licht immerfort zu ändern, ſo daß bald dieſer
bald jener als der größte von allen erſcheint. So gehört jetzt der
Stern δ in dem bekannten Vierecke dieſes Sternbildes nur mehr
zur vierten Klaſſe, da ihn doch Tycho Brahe noch in die zweite
ſetzte.

Wenn aber die Fixſterne, wie es ſcheint, ihr Licht in der
That mit der Zeit ändern, könnte dieß nicht auch mit unſerer
Sonne, die doch ebenfalls nur ein Fixſtern iſt, der Fall ſeyn?
Welchen Einfluß würde aber eine ſolche Ab- oder Zunahme des
Sonnenlichtes auf unſere Vegetation und auf alle lebenden Weſen
haben? Vielleicht werden unſere Geologen einmal aus dieſer
Quelle die Veränderungen erklären, welche unſere Erde in der
Vorzeit ohne Zweifel erlitten hat, da wir jetzt, vielleicht nach
Myriaden von Jahren, noch ſo viele unverkennbare Spuren dieſer
Veränderungen auf der Oberfläche der Erde finden.

§. 190. (Eintheilung der kleineren Sterne.) Die ſechs er-
wähnten Klaſſen ſollen nur die mit freien Augen noch ſichtbaren
Sterne in ſich begreifen. Allein außer ihnen giebt es noch eine
ungleich größere Menge von Sternen, die man nur durch Fern-
röhre ſehen kann. Geübte, mit guten Teleſcopen verſehene Beob-
achter pflegen dieſe letztern noch in zehn neue Klaſſen zu theilen,
ſo daß man im Allgemeinen ſechszehn Klaſſen von Fixſternen hat,
deren ſcheinbare Größe immer abnimmt, wie die Zahl ihrer Klaſſen
zunimmt. Daß bei den höhern Klaſſen die Unbeſtimmtheit der
Begränzung noch zunehmen muß, iſt wohl für ſich klar, ſo wie,
daß man mit der letzten oder ſechszehnten Klaſſe noch nicht den
ganzen geſtirnten Himmel erſchöpft zu haben meinen kann. In
der That finden ſich auch jenſeits dieſer kleinſten Sterne noch
andere Gegenſtände, die wahrſcheinlich wieder aus Sternen, aber
aus ſo kleinen und ſo nahe gedrängten Sternen beſtehen, daß auch
unſere ſtärkſten Fernröhre nicht mehr hinreichen, ſie als ſolche
deutlich erkennen zu laſſen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0312" n="302"/><fw place="top" type="header">Anzahl, Entfernung und Größe der Fix&#x017F;terne.</fw><lb/>
er doch jetzt offenbar kleiner als Pollux i&#x017F;t. Der Stern &#x03B1; in der<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;chlange (<hi rendition="#aq">Hydra</hi>) wurde von den ältern Beobachtern zur<lb/>
er&#x017F;ten Kla&#x017F;&#x017F;e gezählt, da er doch jetzt nur mehr zur zweiten gerechnet<lb/>
werden kann. Die &#x017F;ieben &#x017F;chönen Sterne im Sternbilde des großen<lb/>
Bären &#x017F;cheinen ihr Licht immerfort zu ändern, &#x017F;o daß bald die&#x017F;er<lb/>
bald jener als der größte von allen er&#x017F;cheint. So gehört jetzt der<lb/>
Stern &#x03B4; in dem bekannten Vierecke die&#x017F;es Sternbildes nur mehr<lb/>
zur vierten Kla&#x017F;&#x017F;e, da ihn doch Tycho Brahe noch in die zweite<lb/>
&#x017F;etzte.</p><lb/>
            <p>Wenn aber die Fix&#x017F;terne, wie es &#x017F;cheint, ihr Licht in der<lb/>
That mit der Zeit ändern, könnte dieß nicht auch mit un&#x017F;erer<lb/>
Sonne, die doch ebenfalls nur ein Fix&#x017F;tern i&#x017F;t, der Fall &#x017F;eyn?<lb/>
Welchen Einfluß würde aber eine &#x017F;olche Ab- oder Zunahme des<lb/>
Sonnenlichtes auf un&#x017F;ere Vegetation und auf alle lebenden We&#x017F;en<lb/>
haben? Vielleicht werden un&#x017F;ere Geologen einmal aus die&#x017F;er<lb/>
Quelle die Veränderungen erklären, welche un&#x017F;ere Erde in der<lb/>
Vorzeit ohne Zweifel erlitten hat, da wir jetzt, vielleicht nach<lb/>
Myriaden von Jahren, noch &#x017F;o viele unverkennbare Spuren die&#x017F;er<lb/>
Veränderungen auf der Oberfläche der Erde finden.</p><lb/>
            <p>§. 190. (Eintheilung der kleineren Sterne.) Die &#x017F;echs er-<lb/>
wähnten Kla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen nur die mit freien Augen noch &#x017F;ichtbaren<lb/>
Sterne in &#x017F;ich begreifen. Allein außer ihnen giebt es noch eine<lb/>
ungleich größere Menge von Sternen, die man nur durch Fern-<lb/>
röhre &#x017F;ehen kann. Geübte, mit guten Tele&#x017F;copen ver&#x017F;ehene Beob-<lb/>
achter pflegen die&#x017F;e letztern noch in zehn neue Kla&#x017F;&#x017F;en zu theilen,<lb/>
&#x017F;o daß man im Allgemeinen &#x017F;echszehn Kla&#x017F;&#x017F;en von Fix&#x017F;ternen hat,<lb/>
deren &#x017F;cheinbare Größe immer abnimmt, wie die Zahl ihrer Kla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
zunimmt. Daß bei den höhern Kla&#x017F;&#x017F;en die Unbe&#x017F;timmtheit der<lb/>
Begränzung noch zunehmen muß, i&#x017F;t wohl für &#x017F;ich klar, &#x017F;o wie,<lb/>
daß man mit der letzten oder &#x017F;echszehnten Kla&#x017F;&#x017F;e noch nicht den<lb/>
ganzen ge&#x017F;tirnten Himmel er&#x017F;chöpft zu haben meinen kann. In<lb/>
der That finden &#x017F;ich auch jen&#x017F;eits die&#x017F;er klein&#x017F;ten Sterne noch<lb/>
andere Gegen&#x017F;tände, die wahr&#x017F;cheinlich wieder aus Sternen, aber<lb/>
aus &#x017F;o kleinen und &#x017F;o nahe gedrängten Sternen be&#x017F;tehen, daß auch<lb/>
un&#x017F;ere &#x017F;tärk&#x017F;ten Fernröhre nicht mehr hinreichen, &#x017F;ie als &#x017F;olche<lb/>
deutlich erkennen zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0312] Anzahl, Entfernung und Größe der Fixſterne. er doch jetzt offenbar kleiner als Pollux iſt. Der Stern α in der Waſſerſchlange (Hydra) wurde von den ältern Beobachtern zur erſten Klaſſe gezählt, da er doch jetzt nur mehr zur zweiten gerechnet werden kann. Die ſieben ſchönen Sterne im Sternbilde des großen Bären ſcheinen ihr Licht immerfort zu ändern, ſo daß bald dieſer bald jener als der größte von allen erſcheint. So gehört jetzt der Stern δ in dem bekannten Vierecke dieſes Sternbildes nur mehr zur vierten Klaſſe, da ihn doch Tycho Brahe noch in die zweite ſetzte. Wenn aber die Fixſterne, wie es ſcheint, ihr Licht in der That mit der Zeit ändern, könnte dieß nicht auch mit unſerer Sonne, die doch ebenfalls nur ein Fixſtern iſt, der Fall ſeyn? Welchen Einfluß würde aber eine ſolche Ab- oder Zunahme des Sonnenlichtes auf unſere Vegetation und auf alle lebenden Weſen haben? Vielleicht werden unſere Geologen einmal aus dieſer Quelle die Veränderungen erklären, welche unſere Erde in der Vorzeit ohne Zweifel erlitten hat, da wir jetzt, vielleicht nach Myriaden von Jahren, noch ſo viele unverkennbare Spuren dieſer Veränderungen auf der Oberfläche der Erde finden. §. 190. (Eintheilung der kleineren Sterne.) Die ſechs er- wähnten Klaſſen ſollen nur die mit freien Augen noch ſichtbaren Sterne in ſich begreifen. Allein außer ihnen giebt es noch eine ungleich größere Menge von Sternen, die man nur durch Fern- röhre ſehen kann. Geübte, mit guten Teleſcopen verſehene Beob- achter pflegen dieſe letztern noch in zehn neue Klaſſen zu theilen, ſo daß man im Allgemeinen ſechszehn Klaſſen von Fixſternen hat, deren ſcheinbare Größe immer abnimmt, wie die Zahl ihrer Klaſſen zunimmt. Daß bei den höhern Klaſſen die Unbeſtimmtheit der Begränzung noch zunehmen muß, iſt wohl für ſich klar, ſo wie, daß man mit der letzten oder ſechszehnten Klaſſe noch nicht den ganzen geſtirnten Himmel erſchöpft zu haben meinen kann. In der That finden ſich auch jenſeits dieſer kleinſten Sterne noch andere Gegenſtände, die wahrſcheinlich wieder aus Sternen, aber aus ſo kleinen und ſo nahe gedrängten Sternen beſtehen, daß auch unſere ſtärkſten Fernröhre nicht mehr hinreichen, ſie als ſolche deutlich erkennen zu laſſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/312
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/312>, abgerufen am 25.11.2024.