trafen, ein Geschäft, das ihnen, wie wir gesehen haben, keine be- sondere Schwierigkeiten machen konnte, so wollen wir einmal im Gegentheile, ohne alle Rücksicht auf Kometen, diejenigen Perioden unserer Menschengeschichte kurz anführen, die sich durch verheerende und weiter verbreitete Epidemien bemerkbar machten, und dann erst zusehen, welche größere Kometen sich etwa in derselben Zeit gezeigt haben mögen. Zu dem ersten werden wir uns die vor- treffliche "Chronik der Seuchen" unseres braven und fleißigen Schnurrer's und zu dem letzten des schönen Kometenverzeich- nisses (Altona 1823) bedienen, mit dem uns der berühmte Olbers beschenkt hat.
Schon die ersten drei Jahrhunderte nach dem Anfange unserer Zeitrechnung waren durch schwere und beinahe über das ganze rö- mische Reich (von anderen Ländern fehlen uns die Nachrichten), verbreitete Epidemien ausgezeichnet. Im Jahre 42 nach Chr. G., unter der Regierung des Kaisers Claudius, ergoß sich das Men- tagra, eine Art von Elephantiasis, die den ganzen Körper des Erkrankten mit Geschwüren und Borken bedeckte, aus Aegypten über das gesammte römische Reich. -- Im Jahre 154 erschien eben daselbst die Lycanthropie und verbreitete allgemeines Ent- setzen unter die geängstigten Menschen. Die von ihr Ergriffenen irrten, von unsäglichen Schmerzen bis zur Verzweiflung getrieben, wie Wölfe (daher die Benennung) bei Nacht unter den Gräbern und an einsamen Orten umher. Die heutigen Aerzte glauben, daß aus dieser Krankheit unsere, jetzt schon viel gemilderte Katalepsis entstanden ist, wie man denn auch bei vielen anderen, anfangs sehr heftigen Krankheiten diesen endlichen Uebergang in zwar noch immer ähnliche, aber doch auch viel mildere Formen bemerkt. -- Im J. 165 unter K. Antonin herrschte eine über Kleinasien, Nordafrika und ganz Europa verbreitete pestartige Seuche durch volle sieben Jahre. -- Im Jahr 182 wurde ganz Italien von einer Epidemie verheert, die nahe ein Drittheil der Einwohner hinraffte und an der durch mehrere Wochen in Rom täglich gegen 2000 Menschen starben. In der Mitte des dritten Jahrhunderts, unter K. Valerian, brach eine Seuche aus, die über 15 Jahre im römischen Reiche
Littrow's Himmel u. s. Wunder II. 19
Kometen.
trafen, ein Geſchäft, das ihnen, wie wir geſehen haben, keine be- ſondere Schwierigkeiten machen konnte, ſo wollen wir einmal im Gegentheile, ohne alle Rückſicht auf Kometen, diejenigen Perioden unſerer Menſchengeſchichte kurz anführen, die ſich durch verheerende und weiter verbreitete Epidemien bemerkbar machten, und dann erſt zuſehen, welche größere Kometen ſich etwa in derſelben Zeit gezeigt haben mögen. Zu dem erſten werden wir uns die vor- treffliche „Chronik der Seuchen“ unſeres braven und fleißigen Schnurrer’s und zu dem letzten des ſchönen Kometenverzeich- niſſes (Altona 1823) bedienen, mit dem uns der berühmte Olbers beſchenkt hat.
Schon die erſten drei Jahrhunderte nach dem Anfange unſerer Zeitrechnung waren durch ſchwere und beinahe über das ganze rö- miſche Reich (von anderen Ländern fehlen uns die Nachrichten), verbreitete Epidemien ausgezeichnet. Im Jahre 42 nach Chr. G., unter der Regierung des Kaiſers Claudius, ergoß ſich das Men- tagra, eine Art von Elephantiaſis, die den ganzen Körper des Erkrankten mit Geſchwüren und Borken bedeckte, aus Aegypten über das geſammte römiſche Reich. — Im Jahre 154 erſchien eben daſelbſt die Lycanthropie und verbreitete allgemeines Ent- ſetzen unter die geängſtigten Menſchen. Die von ihr Ergriffenen irrten, von unſäglichen Schmerzen bis zur Verzweiflung getrieben, wie Wölfe (daher die Benennung) bei Nacht unter den Gräbern und an einſamen Orten umher. Die heutigen Aerzte glauben, daß aus dieſer Krankheit unſere, jetzt ſchon viel gemilderte Katalepſis entſtanden iſt, wie man denn auch bei vielen anderen, anfangs ſehr heftigen Krankheiten dieſen endlichen Uebergang in zwar noch immer ähnliche, aber doch auch viel mildere Formen bemerkt. — Im J. 165 unter K. Antonin herrſchte eine über Kleinaſien, Nordafrika und ganz Europa verbreitete peſtartige Seuche durch volle ſieben Jahre. — Im Jahr 182 wurde ganz Italien von einer Epidemie verheert, die nahe ein Drittheil der Einwohner hinraffte und an der durch mehrere Wochen in Rom täglich gegen 2000 Menſchen ſtarben. In der Mitte des dritten Jahrhunderts, unter K. Valerian, brach eine Seuche aus, die über 15 Jahre im römiſchen Reiche
Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder II. 19
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Kometen.
trafen, ein Geſchäft, das ihnen, wie wir geſehen haben, keine be-
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Gegentheile, ohne alle Rückſicht auf Kometen, diejenigen Perioden
unſerer Menſchengeſchichte kurz anführen, die ſich durch verheerende
und weiter verbreitete Epidemien bemerkbar machten, und dann
erſt zuſehen, welche größere Kometen ſich etwa in derſelben Zeit
gezeigt haben mögen. Zu dem erſten werden wir uns die vor-
treffliche „Chronik der Seuchen“ unſeres braven und fleißigen
Schnurrer’s und zu dem letzten des ſchönen Kometenverzeich-
niſſes (Altona 1823) bedienen, mit dem uns der berühmte Olbers
beſchenkt hat.
Schon die erſten drei Jahrhunderte nach dem Anfange unſerer
Zeitrechnung waren durch ſchwere und beinahe über das ganze rö-
miſche Reich (von anderen Ländern fehlen uns die Nachrichten),
verbreitete Epidemien ausgezeichnet. Im Jahre 42 nach Chr. G.,
unter der Regierung des Kaiſers Claudius, ergoß ſich das Men-
tagra, eine Art von Elephantiaſis, die den ganzen Körper des
Erkrankten mit Geſchwüren und Borken bedeckte, aus Aegypten
über das geſammte römiſche Reich. — Im Jahre 154 erſchien
eben daſelbſt die Lycanthropie und verbreitete allgemeines Ent-
ſetzen unter die geängſtigten Menſchen. Die von ihr Ergriffenen
irrten, von unſäglichen Schmerzen bis zur Verzweiflung getrieben,
wie Wölfe (daher die Benennung) bei Nacht unter den Gräbern
und an einſamen Orten umher. Die heutigen Aerzte glauben, daß
aus dieſer Krankheit unſere, jetzt ſchon viel gemilderte Katalepſis
entſtanden iſt, wie man denn auch bei vielen anderen, anfangs ſehr
heftigen Krankheiten dieſen endlichen Uebergang in zwar noch immer
ähnliche, aber doch auch viel mildere Formen bemerkt. — Im J. 165
unter K. Antonin herrſchte eine über Kleinaſien, Nordafrika und ganz
Europa verbreitete peſtartige Seuche durch volle ſieben Jahre. —
Im Jahr 182 wurde ganz Italien von einer Epidemie verheert,
die nahe ein Drittheil der Einwohner hinraffte und an der durch
mehrere Wochen in Rom täglich gegen 2000 Menſchen ſtarben.
In der Mitte des dritten Jahrhunderts, unter K. Valerian,
brach eine Seuche aus, die über 15 Jahre im römiſchen Reiche
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/299>, abgerufen am 16.02.2025.
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